Benutzer:Bernd Schwabe in Hannover/Mahnmal zur Erinnerung an jüdisches Leben

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Das 1990 durch das hannoversche Berufsschulzentrum errichtete Mahnmal in der Ohestraße

Das Mahnmal zur Erinnerung an jüdisches Leben in Hannover wurde von Schülern des Berufsschulzentrums unter Beteiligung des damaligen Oberbürgermeisters Herbert Schmalstieg gestaltet. Es erinnert an die während der Zeit des Nationalsozialismus begangenen Verbrechen zur Zerstörung jüdischen Lebens in Hannover. Standort des Mahnmals ist die Ohestraße 8 nahe der Ihme im Stadtteil Calenberger Neustadt.[1]

Geschichte

Die Geschichte der Juden speziell in der Calenberger Neustadt reicht Jahrhunderte zurück: Unter dem Schutz des dort zuständigen Landesherrn wohnten beispielsweise im Jahr 1537 acht, 1585 schon siebzehn jüdische Familien in der Neustadt, darunter etwa die des Hoffaktors Michel von Derenburg. Der Schutz häuslicher Religionsausübung war jedoch nur gegen besondere Geld-Abgaben gewährt worden. Seit 1550 begruben die Juden der Neustadt ihre Toten auf dem außerhalb der Stadt gelegenen jüdischen Friedhof.[2] 1588 hatte der Rat der Stadt Hannover einen Religions-edikt erlassen, das sämtlichen Nicht-Protestanten das Wohnen in der Altstadt untersagte;[3] seitdem entwickelte sich die der Stadt vorgelagerte Calenberger Neustadt langsam „zum Zentrum jüdischen Lebens“. 1609 hatten die Juden auf einem Wall der Neustadt eine erste Synagoge errichtet, diese nach Protesten jedoch geschlossen und wieder abgerissen wurde.[2] Nachdem später - mitten im Dreißigjährigen Krieg - Herzog Georg von Calenberg Hannover 1836 einseitig zu seiner Residenz erklärte, wurde aus Platzgründen die der Stadt vorgelagerte Calenberger Neustadt zum Standort für die Behörden, Bediensteten und Soldaten des Landesherrn.[3] Mit der Ausbau der Neustadt war anfangs der Vogt Friedrich Molinus beauftragt,[4] der unter anderem auf dem Damm Häuser errichten ließ, in denen dann Juden wohnen konnten. Die Kauffrau Glückel von Hameln nannte 1660 den Kammeragenten und „HofjudenLeffmann Behrens als Einwohner der Neustadt. Dieser setzte sich für die noch kleine jüdische Gemeinde ein, beispielsweise für den Schutz des jüdischen Friedhofs (1661/71/73), 1687 für die Errichtung des Landrabbinats Hannover und den Bau einer neuen Synagoge 1703/04. Regelmäßig verlängert „Schutzbriefe“ für die Juden der Calenberger Neustadt bezeugen eher Toleranz anstelle Respekt gegenüber den so Geschützten: So durften diese „Schutzjuden“ auch weiterhin lediglich Geldgeschäfte betreiben oder als Kleinhändler Haustürgeschäfte abwickeln. Anderen, sogenannten „unvergleiteten“ Juden wurde jedoch jegliches Existenzrecht abgesprochen.[2]

Die zu Verteidigungszwecken in die Stadtbefestigung Hannovers einbezogene Calenberger Neustadt wurde 1709 zur eigenständigen „Kleinen Stadt“ erhoben, in der sich, anders als in Hannover, allmählich auch andere Nicht-evangelische Religionsgemeinschaften entwickelten.[3]Schon nach dem Edikt von Nantes 1685 hatten sich erste aus Frankreich geflohene Hugenotten in der Neustadt angesiedelt, gefördert durch die von Kurfürst Ernst August gewährten kirchlich-religiösen und beruflichen Privilegien.[5] In der Neustädter „Straße der Toleranz“ reihten sich bald Gotteshäuser verschiedener Religionen, so die ab 1711 errichtete katholische Probsteikirche St. Clemens, die Vorläufer der 1827 und ab 1864 errichteten Synagogen in der Bergstraße und des letzten Kirchenbaus der Ende des 19. Jahrhunderts am Waterlooplatz errichteten Evangelisch-reformierte Kirche.[3]

Nachdem im 17. und 18. Jahrhundert die jüdische Gemeinde in der Calenberger Neustadt langsam angewachsen war,[2] fand sich im ersten Adressbuch der Stadt Hannover 1798 ganz am Ende auch ein „Verzeichnis der Handel und Gewerbe treibenden Judenschaft auf der Calenberger Neustadt“.[6] Von den so erfassten 91 jüdischen Haushalten lebten 42 durch Handel- und Gewerbetreibende, die anderen durch Dienstboten oder in Armut.[2]

Erstmals ab 1810, während der sogenannten Franzosenzeit, erhielten auch die jüdischen Einwohner der Calenberger Neustadt durch das Königreich Westphalen eine völlige Gleichstellung durch die allgemeinen Bürgerrechte, die ihnen ab 1813 durch die welfische Regierung jedoch wieder aberkannt wurden. Erst 1842 wurde im Königreich Hannover ein Gesetz erlassen, das die „Synagogengemeinde“ zunächst als Religionsverband anerkannte mit Selbstverwaltung unter staatlicher Aufsicht. Und schließlich wurde durch die Revolution von 1848/1849 sowohl die Religionsfreiheit als auch die Rechtsgleichheit geltendes Recht und ermöglichte „den“ Juden nun in auch in Hannover und im gesamten Königreich Niederlassungsfreiheit. Für Stellungen in der öffentlichen Verwaltung, in der Justiz und beim Militär blieben jüdische Bewerber jedoch weiterhin ausgeschlossen.[2]

Gedenktafel mit einer stilisierten Abbildung eines Hauses in der Ohestraße

„In der Ohestraße bauten die Juden Hannovers seit 1887 kulturelle und soziale Einrichtungen auf: Schulen und Lehrerausbildung, Kindergarten und öffentliche Küche. Zentralstelle für Wohlfahrtspflege. Die Nationalsozialisten zerstörten die jüdische Gemeinde. 1941/42 sammelte die Gestapo in den Häusern Ohestraße 8 und 9 mehr als 340 Menschen zur Deportation in die Ghettos und Konzentrationslager Warschau, Theresienstadt, Riga und Auschwitz. Zur Erinnerung an das jüdische Leben in der Ohestraße und zur Anklage des Verbrechens seiner Zerstörung wurde 1990 dieses Mahnmal errichtet.“

Literatur

  • Marlis Buchholz: Die hannoverschen Judenhäuser. Zur Situation der Juden in der Zeit der Ghettoisierung und Verfolgung 1941 bis 1945, Hildesheim 1987, ISBN 3784835015
  • Geschichtwerkstatt im Berufsschulzentrum: Mahnmal Ohestraße, hrsg. von der Landeshauptstadt Hannover, der Oberstadtdirektor, Hannover, 1991
  • Peter Schulze: Namen und Schicksale der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus aus Hannover, hrsg. vom Verein zur Förderung des Wissens über jüdische Geschichte und Kultur e.V., Hannover 1995
  • N.N.: Mahnmal zur Erinnerung an jüdisches Leben. Berufsschulzentrum, Ohestraße 8, in: Orte der Erinnerung: Wegweiser zu Stätten der Verfolgung und des Widerstands während der NS-Herrschaft in der Region Hannover, hrsg. vom Netzwerk Erinnerung und Zukunft in der Region Hannover, Hannover 2007, [ohne ISBN] S. 76f.; inhaltlich leicht verändert auch als herunterladbar als PDF-Dokument

Weblinks

Commons: Mahnmal zur Erinnerung an jüdisches Leben (Hannover) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. N.N.: Mahnmal zur Erinnerung an jüdisches Leben ... (siehe Literatur)
  2. a b c d e f Peter Schulze: Juden, in: Stadtlexikon Hannover, S. 326ff.
  3. a b c d Klaus Mlynek: Calenberger Neustadt, in: Stadtlexikon Hannover, S. 105f.
  4. Helmut Zimmermann: MOLINUS, Friedrich, in: Hannoversches Biographisches Lexikon, S. 259
  5. Karin Kürten: Evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Hannover, in: Stadtlexikon Hannover, S. 168f.
  6. Klaus Mlynek: Adressbücher, in: Stadtlexikon Hannover, S. 12