Benutzer:Bin im Garten/Projekt BG/Reisebericht

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Ich schreibe seit September 2005 für die Wikipedia, damals noch als RosarioVanTulpe. Später habe ich auch technische Zeichnungen (Diagramme, Schaltpläne usw.) für meine Artikel angefangen und bin so zum Fotografieren für Commons gekommen, nachdem ich gelesen hatte, dass die Wikipedia im Vergleich zu gedruckten Enzyklopädien relativ spärlich bebildert ist. Anfangs noch mit einem einfachen Knipsapparat, jetzt schon mit einer Spiegelreflexkamera, auch wenn ich mich noch nicht zu den richtig teuren Profiobjektiven durchringen konnte.

Mein Schwerpunkt beim Schreiben ist unter anderem Bulgarien, da ich die Sprache beherrsche und das Land kenne. Nach einem 5tägigen Kurzurlaub mit meiner Frau in Sofia im April 2009, ich war 20 Jahre nicht mehr in Bulgarien gewesen, stand fest, dass ich noch mal hinfahre, um für meine Wikipedia-Artikel Fotos zu machen. Meine Frau konnte ich nicht dafür begeistern das nächste mal mitzukommen, sie beschwerte sich, dass es in einigen Ecken von Sofia so aussah, wie die Bilder von "Libanon nach dem Krieg". Da ich bei einem Tagesausflug zum Rilakloster die sehr moderaten Taxipreise sah (0,59 Lewa/km = 0,30 Euro/km), beschloss ich mich das nächste mal mit einem Taxi durch Bulgarien zu bewegen. Eine Fahrt mit dem eigenen Auto schloss ich aus, da mir der Taxifahrer unschöne Schauergeschichten über die geldgierigen korrupten Verkehrspolizisten in Bulgarien erzählte. Zu dieser Taxifahrt inspiriert hat mich auch der preisgekrönten Roman "Apostoloff" von Sibylle Lewitscharoff, in dem sich die Erzählerin einige Tage im Taxi durch Bulgarien chauffieren ließ, um Eindrücke aus dem Land ihres durch Suizid verstorbenen Vaters zu gewinnen.

Im Oktober 2010 bin ich dann ohne meine Frau wieder nach Sofia geflogen, per e-mail hatte ich den mir aus dem Vorjahr vertrauten Taxifahrer für eine Woche engagiert. Da meine 73jährige Mutter auch bulgarisch kann und Interesse zeigte, habe ich sie mit auf diese Reise genommen. Wir sind eine Woche im Taxi durch Nordwest-Bulgarien gefahren und ich konnte viel fotografieren. Die Fotos schlummern leider immer noch auf meiner Festplatte und warten darauf auf Commons hochgeladen zu werden. Zwischendurch habe ich einfach noch so viele andere Fotos gemacht und zu tun gehabt.

Im April 2011 habe ich eine zweite Fotoreise unternommen, dieses mal war Südwest-Bulgarien dran. Wieder mit dem gleichen Taxi und meiner Mutter, dieses Mal aber für 10 Tage: Städte, Festungen, Museen. Die Bilder schlummern auch noch auf meiner Festplatte.

Im Oktober 2011 habe ich meine dritte Fotoexkursion unternommen, über die ich hier etwas ausführlicher berichten will.

Ostrhodopen

Als Ziel meiner 3. Fotoexkursion für die Wikipedia habe ich mir die Ost-Rhodopen ausgesucht. Die Region war zur Zeit des Byzantinischen Reiches als Arpezos gekannt. Das Gebiet ist ungefähr 100 x 100 km groß, hüglige Mittelgebirgslandschaft. Die Westrhodpen sind dagegen wesentlich höher.

Im Laufe der letzten Jahre habe ich zahlreiche Artikel zu bulgarischen Städten geschrieben, erst mal alle großen Städte abgedeckt, dann die kleineren, bis alle Städte, die auf der CIA-Karte-Bulgarien eingetragen sind auch einen eigenen Artikel hatten. Dann folgten touristische Sehenswürdigkeiten aus der Liste der 100 nationalen touristischen Objekte Bulgariens. Nach meinem Artikel über Perperikon war ich aber vor den Rhodopen zurückgeschreckt, da es dort so viele historische Burgen gab.

Aber dieses mal habe ich mir gleich 14 Tage Zeit genommen, um die Ostrhodopen zu fotografieren. Meine Mutter hatte keine Lust mehr und ich wollte die Kosten für das Taxi reduzieren. Also hatte ich mich durchgerungen einen Mietwagen zu nehmen, mit Navi ingesamt 200 Euro, da wird man nicht arm bei. Meine besogte Frau wollte mich nur nicht ganz alleine fahren lassen, also brauchte ich noch einen Reisebegleiter. Eine Anfrage zwei Monate vor Reisebeginn bei Уикипедия:Разговори, dem bulgarischen Gegenstück zu Wikipedia:Fragen zur Wikipedia, ergab zwei Interessenten, einer hatte dann doch keine Zeit. Und so bin ich dann zusammen mit dem bulgarischen User:Spasimir zum Fotografieren durch die Rhodopen gekurvt. Zum Schluss hatten wir 8000 Fotos, von denen ich wohl 2000 hochladen werde. Da er als "armer Student" (Lehrer für Geschichte und Geografie) nur einen einfachen Knipser hatte, haben wir hauptsächlich mit meiner Spiegelreflexkamera fotografiert. Wir haben uns ausgezeichnet verstanden.

Die bulgarische Wikipedia hat im Vergleich zur deutschsprachigen WP nur ein Zehntel der Artikelzahl (1,3 Mill : 120.000). Wenn man das ins Verhältnis zur Anzahl der Mutersprachler setzt (95 Mill. zu 10 Mill.), dann fällt die bulgarische WP im Vergleich zur deutschen WP gar nicht so weit ab. Natürlich muss man die Länge und die Qualität der Artikel in der deutschen WP berücksichtigen. Aber das kann man auf den unterschiedlichen Lebensstandard zurückführen - in Bulgarien haben wesentlich weniger Leute einen Computer und wesentlich mehr Leute drückende finanzielle Sorgen. Trotzdem ist die bulgarische WP für meine Artikelarbeit die beste Quelle zu Städteartikeln und zur Geografie Bulgariens. In den letzten 6 Jahren hat die Qualität solcher Artikel in der bulgarischen WP deutlich zugenommen. Auch haben der Umfang und die Qualität der im Internet verfügbaren Informationen über Bulgarien unheimlich zugenommen. Mit den Bildern hapert es aber noch stark, weshalb ich mich auch auf die Reise gemacht habe.

Vom 9. - 22. Oktober 2011 waren wir auf der Route Sofia - Samokow - Kardschali - Chaskowo - Plowdiw - Sofia unterwegs. Die Polizei hat uns nicht belästigt. Zum Glück hatten wir auch keine ausländische Nummer mit unserem bulgarischen Mietwagen. Ein einziges Mal wurden wir im Grenzkontrollbereich (30-km-Zone zur griechischen Grenze) freundlich angehalten, die Ausweise überprüft und nachdem die Polizisten nach 10 Minuten das OK über ihr Handy bekamen, durften wir weiterfahren. Bei meiner Fahrt durch Nordwest-Bulgarien waren unsere Ausweise noch drei mal von Polizisten überprüft worden.

Meine Sichtung der möglichen Fotoobjekte in der bulgarischen WP hatte ergeben, dass es noch sehr viele Dörfer in den Rhodopen gab, über die es nur Miniartikel gab, bei denen sich die Information auf den einzigen lapidaren SAtz beschränkte: "Das Dorf liegt in einer gebirgigen Region." Was soll ich über ein solches Dorf in der deutschen WP schreiben? Warum soll ich es überhaupt fotografieren? Aber natürlich gab es noch eine ganze Reihe anderer Objekte (besonders Burgruinen) ohne Fotos oder mit sehr wenigen in geringer Auflösung.

Schulprojekt

Ich weiß, dass es in Bulgarien ca. 30 Sprachgymnasien gibt, an denen im Stil von bilingualen Schulen sehr intensiv Deutsch unterrichtet wird; neben Englisch und Französisch. Also kam mir der Gedanke, ob man diese Schulen nicht für die deutsche Wikipedia einbinden könnte. Meine Vorstellung war, dass die Schüler vor Ort sind, viel leichter Informationen über die Orte und Geschichte der Region sammeln können. Beim Schreiben der Artikel üben sie Fertigkeiten (schriftliches Detusch formulieren, Themen erarbeiten, ...), die für ihre Sprachausbildung sehr hilfreich sein können. Sie schreiben an etwas, was dauerhaft bleibt und nicht nach der Benotung im Schubfach verschwindet. Es hat auch einen gewissen patriotischen Aspekt, wenn sie über ihre Region in der deutschen WP schreiben. Auch der Tourismus der Region profitiert davon langfristig, wenn die Region in der Wikipedia ausführlicher vertreten ist und somit auch im Internet bekannter wird. Eigentlich eine win-win-Situation für die Wikipedia und für die Schüler. Der Knackpunkt ist, dass die Schüler noch nicht so perfekt deutsch können. Aber bei entsprechender Betreuung durch ihre Lehrer und durch Mentoren der Wikipedia spllte sich das in den Griff bekommen lassen. Meine Befürchtung, dass auf einmal 500 bulgarische Gymnasiasten wie wild in schlechtem Detusch für die Wikipedia losschreiben hat sich zum Glück nicht bestätigt. Leider gab es auch 7 Monate nach meiner Reise nicht einen einzigen Beitrag von den Schülern (so weit ich das überschauen kann).

Aber der Reihe nach. Nach dieser ersten Idee habe ich das deutschsprachige Gymnasium "Christo Botew" (in der bulg. WP) in meinem "Zielgebiet" in Kardschali per e-mail kontaktiert:

"Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin einer der 20 000 deutschen Autoren für die deutschsprachige Wikipedia. ... Wir würden gerne in der Zeit vom 11. bis 20. Oktober 2011 ihre Schule besuchen umd mit einem oder mehreren ihrer Deutschlehrer sprechen, um für die Wikipedia zu werben. Leider kenne ich nicht ihren Informationsstand, so dass sich ein persönliches Gespräch viel effektiver gestalten könnte, als der Schriftverkehr. Es geht um folgende Themen:

  • Können ihre Schüler Artikel für die deutsche Wikipedia schreiben? (beispielsweise zu den einzelnen Dörfern, Persönlichkeiten, Geschichtsereignissen und Sehenswürdigkeiten der Region, es gibt so viel archäologische Ausgrabungsorte in ihrer Region, über die man einen Artikel schreiben könnte - allein zum Historischen Museum Kardzhali gehören 179 archäologische Objekte)
  • Kann diese Arbeit in ihren schulischen oder außerschulischen Deutschunterricht integriert werden? Welche Formen bieten sich dafür an.
  • Wie stark nutzen ihre Schüler die deutsche und bulgarische Wikipedia? Welche Beiträge haben sie bisher dazu geleistet? Welche Kenntnisse über den enzyklopädischen Schreibstil (neutral, mit Quellen belegt, korrekte Zitate, keine "Reiseprospekt-Sprache"), die Regeln (Formatierung von Links) und Vorschriften (Diskussionsseiten, Benutzerseiten, Copyright) haben ihre Schüler über die Wikipedia? In welchen Umfang haben ihre Schüler Zugang zu Computern? Welche Computerkenntnisse und Internetkenntnisse haben ihre Schüler?
  • Können ihre Schüler Fotos für die Wikipedia machen und hochladen? (diese Fotos wrden sowohl in der bulgarischen, als auch in der deutschen Wikipedia verwendet, auch in allen anderen Wikipedias)

... Es gäbe unendlich viele Themen, zu denen ihre Schüler deutsche Artikel schreiben könnten. Weitere Artikelwünsche sind in der Wikipedia im "Portal:Bulgarien" zu finden. ... Meine Hoffnung ist, in einem persönlichen Gespräch ihr Interesse für eine Mitarbeit an der Wikipedia ..."

Die Stellvertretende Direktorin hat mir umgehend freunlich und positiv geantwortet und mich eingeladen. So waren wir beide dann am 12. Oktober um 12 Uhr in der Schule. Die stellvertretende Direktorin hat mir kurz die Schule gezeigt. Das dreistöckige Gebäude wird im ersten Stockwerk zusätzlich von einer Realschule genutzt. Der Unterricht im Gymnasium findet in einer Vormittags- und eine Nachmittagsschicht statt. Wir gingen auch kurz in den Unterricht von drei Deutschklassen. Beim Eintreten der stellvertretenden Direktorin schnellten die Schüler ganz diszipliniert in die Höhe und standen auf (sehr ungewohnt für mich). Dann follgte ein 90 minütiges Gespräch mit den Deutschlehrerinnen im Lehrerzimmer. Sie hatten gerade Schichtwechsel und waren so alle (ca. 10) anwesend, leider mussten dann immer wieder welche zum Unterricht gehen oder kamen später dazu. In Erinnrung ist mir besonders die Frage, ob die Wikipedia also so etwas ähnliches ist, wie ein Diskussionsforum und wie zuverlässig die Informationen in der Wikipedia sind.

So weit ich in die Erwägungen der Lehrer Einblick nehmen konnte, war das vom Ministerium vorgegebene Lehrprogramm sehr voll und die Lehrer mit ihrer Arbeitskapazität voll ausgelastet. Die von mir angedachte Möglichkeit eines Klassenprojektes, das von den Lehrern betreut wird, wurde wegen des damit verbundenen Arbeitsaufwandes für den Klassenlehrer verworfen. Ich hatte angemahnt, dass der Lehrer die Arbeit seiner Schüler überprüfen sollte, damit nicht massenweise minderwertige Beiträge in die Wikipedia eingestellt werden. Man sah die Arbeit an der Wikipedia eher als Möglichkeit für außerschulische Projekte an. Erst die Schüler ab der 10 Klasse hätten die erforderlichen sprachlichen Fähigkeiten, um Artikel zu schreiben. Die Schüler der 12 Klasse waren leider mit den Vorbereitungen für ihr deutsche Sprachdiplom voll ausgelastet.

Auch durch weitere Gespräche mit anderen Schulen (Details weiter unten) ergab sich noch:

  • die Schüler der unteren Jahrgänge (8. oder 9. Klasse) haben auf dem Lehrplan "Landeskunde Deutschland" - in diesem Zusammenhang könnten sie mit ihren noch begrenzten Deutschkenntnissen Artikel aus der deutschen Wikipedia (zum Thema Landeskunde Deutschland) für die bulgarische Wikipedia übersetzen.
  • die Schüler haben sehr viele Projektarbeiten zu schreiben, allerdings meist im Stil von Erörterungen und mit Abwägen von Standpunkten (z.B. Organspende - für und wider)
  • in einem Sofioter Gymnasium wurde mir von einem deutschen Lehrer ausdrücklich gesagt, dass die Schüler durch zusätzliche Arbeitsgemeinschaften schon voll mit ihrem Zeitbudget ausgeschöpft sind
  • auch wurde mir gesagt, dass ein Schüler aus Sofia sich nie hinsetzen würde, um einen Artikel über ein so nebensächliches Thema, wie irgendein bulgarisches Dorf zu schreiben
  • auch habe ich Ausschreibungen der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen gesehen, in denen zu Projektarbeiten aufgerufen wird, von denen die besten mit Reisen nach Deutschland prämiert werden
  • mein Vorschlag, dass ältere Schüler für jüngere Schüler Vorträge über die Wikipedia halten könnten, die dann zensiert werden, wurde leider nicht weiter erörtert

In der folgenden Woche habe ich dann vor Schülern der 10. Klasse einen einstündigen Vortrag über die Wikipedia gehalten. Vor jeweils einer 10. Klasse, insgesamt drei Stunden. 25 Schüler je Klasse, ein Beamer und Laptop stand zur Verfügung.

Ich hatte mich vor meiner Abreise bei Wikimedia e.V. in Berlin erkundigt und um Rat gefragt, nachdem ich über Wikipedia:Wikipedia in der Schule auf ihr Projekt Wikipedia macht Schule aufmerksam geworden war. Das einstündige Telefonat, das ich mit einem ihrer Referenten geführt habe war recht hilfreich, auch haben sie mir schnell noch einige "Mitbringsel" (Wikipedia-Lanyard s und Wikipedia-Bleistifte), sowie Broschüren ("Wikipedia-Einmaleins") zugeschickt. Auch wurden mir einige Manuskripte der Referenten überlassen, am besten gefiel mir davon das Quizz, das am Ende wirklich knifflige Fragen hatte (z. B. Wie lautet der längste Lemmaname). Damit könnte man sicherlich auch "unwillige" Schüler, die schon "alles wissen" interessieren. Acuh einen allgemeinen Folien-Vortrag zur Wikipedia stellte mir Wikimedia zur Verfügung. Ich habe mich in der einen zur Verfügung stehenden Stunde dann aber doch für einen technische Einführung in die WP entschieden. Ich habe einen Schüler an den Laptop gesetzt, bin mit ihm die Anmeldung und einige technische Details durchgegangen (Diskussionsseiten, Kategorien, Portale, Links, Versionsgeschichte). Ohne pädagogische Ausbildung fällt so eine Arbeit mit 25 Schülern aber sehr schwer: man kann nicht mit allen ins Gespräch kommen, es wird halb Vortrag, halb praktische Arbeit. Ich wusste auch bis 10 Minuten vor der Unterrichtsstunde nicht, dass ich so eine Unterrichtsstunde halten werde und welche technischen Hilfsmittel mir dafür zur Verfügung stehen. Ich denke, dass man diese Schüler mit einer Prämie, einem kleinen Preis, für einen Beitrag in der Wikipedia anlocken könnte. Noch besser, als den besten Beitrag zu prämieren, wäre es, wenn man jeden Beitrag, der eine gewisse Mindestanforderung erfüllt, an einer Lotterie teilnehmen lässt.

Aus eigener Tasche habe ich mir noch das neue Buch "Alles über Wikipedia: und die Menschen hinter der größten Enzyklopädie der Welt." als Geschenk für die Schule zugelegt. Vorher habe ich es natürlich noch schnell selber gelesen (wirklich ein schönes Buch). Da der Rahmen meines Vortrages nicht passend war, habe ich die "Mitbringsel" der stellvertretenden Direktorin übergeben, um sie für einen Schreibwettbewerb den Schülern zu übergeben.

Die Schule hatte auch einen voll ausgerüsteten Informatikraum. Der Informatiklehrer war leider nicht da. Es wurde auch erörtert, ob man im Rahmen des Informatikunterrichtes eins Einführung in die Wikipedia machen könnte. So ein Projekt aus der Ferne durchzuführen, wenn man nur 2 Wochen in der Region ist, erwies sich letztendlich als undurchführbar. Wenn ich nächstes Jahr wieder in der Gegend wäre, würde man sicherlich mehr Zeit von Seiten der Schule dafür einplanen können. Schließlich musste es erst einmal Vorgespräche über einen möglichen Rahmen geben. So betrachte ich meinen Kontakt mit dem Gymnasium als interessanten Versuchsballon.

Ein großes Thema war immer wieder, zu welchen Themen die Schüler denn schreiben könnten.

Durch die positive Ausnahme am Fremdsprachengymnasium in Kardschali ermutigt, habe ich dann noch Kontakt zum Framdsprachengymnasium in der benachbarten Stadt Chaskowo aufgenommen, als wird dort im Museum fotografieren waren. Ohne Voranmeldung wurde ich dort von der stellvertretenden Direktorin freundlich empfangen und an die für den Deutschunterricht leitende Lehrerin "weitergereicht", um zu erörtern, wie die Schüler an der deutschen WP mitarbeiten können. Ein in schlechtem Deutsch geschriebener Wikipediaartikel kann von einem deutschen Autor mit relativ geringem Aufwand korrigiert werden. Ach ja, man müsste nur mehr Zeit haben und noch mal hinfahren, um mit den Schülern an einem Artikel zu arbeiten.

Auf dem Rückweg sind wir auch noch in Plowdiw am Fremdsprachengymnasium vorbeigefahren, ich habe mich einfach durchgefragt. Überraschenderweise standen gleich zwei dieser Gymnasien nebeneindander, ich habe mich dann spontan für das rechte entschieden. Wieder ohne Anmeldung, jede Schule hat einen Wachmann, habe ich mich bei der stellvertretenden Direktorin anmelden lassen. Ich denke, dass die Direktorin einfach zu beschäftigt ist für solche zweitrangigen Sachen. Dieses mal wurde ich aber gleich zur Direktorin durchgereicht, 20 Minuten Wartezeit, sie wurde förmlich von einer Schlange von Besuchern vor ihrem Büro bedrängt. Dann hatte sie ein offenes Ohr für mich, eine Deutschlehrerin und ein Deutschlehrer (der erste männlich Lehrer den ich auf meiner Fototour sah) wurden hinzugezogen. Als Höhepunkt wurde ich dann noch für 10 Minuten in den Unterricht einer 12 Klasse geschoben, um kurz über die Wikipedia zu referieren. Als ich erzählte, dass es sich anbietet Artikel der bulgarischen WP für die deutsche WP zu übersetzen, fragte die Lehrerin nach (in Unkenntnis der Lizenzen), ob es sich sich dann nicht um ein Plagiat handele. Wie immer großes Interesse, dort ergab sich, dass sie nach ihren Prüfungen (im Februar?) einige Monate Zeit für ein frei zu wählendes Projekt hätten, das man auch der WP widmen könnte. Leider hatte ich keine Broschüre "Wikipedia-Einmaleins" mehr übrig, um mich wenigstens irgendwie "offiziell" als Wikipedia-Autor auszuweisen. Überall habe ich meinen Usernamen an die Tafel geschrieben, um meine Hilfe bei Fragen anzubieten. Noch gab es keine weiteren Kontakte aus Bulgarien.

Vor meiner Abreise hatte ich noch einen Tag als Reserve in Sofia übrig gelassen. Also habe ich in meinem Übermut noch zwei Sprachgymnasien kontaktiert (den Mietwagen hatte ich schon zurückgegeben und deshalb für einen Tag ein TAxi "gemietet"). In einer Millionenstadt ist es aber gar nicht so einfach sich zu einem Sprachgymnasium durchzufragen (ich war einfach schlecht vorbereitet), es gibt wohl vier Stück davon in Sofia. Endlich hatten wir eines gefunden, die Sekretärin bat mich eine halbe Stunde zu warten. Ich nutzte die Zeit, um ein paar Fotos vom Schulgebäude zu machen und schon fing der Ärger an. Neben dem Gymnasium gab es noch einen deutschen Kindergarten und eine deutsche Grundschule. Ein netter alter Pförtner sagte mir, dass man es nicht so gern hätte, wenn ich Bilder mache. Ich sagte, dass ich keine Kinder auf dem Fotos hätte und ich nur von der Straße aus fotografiere, was jeder sehen könne. Irgendwann kam dann ein Herr auf mich zu, der mich fragte, was ich da mache und dass ich das nicht dürfe. Er sprach deutsch, bestätigte mir aber erst auf mehrmalige Nachfrage, dass er von der Schule kommt. Nachdem ich auf meine Panoramafreiheit bestand klärte er mich auf, dass es sich um ein privates Sprachgymnasium handelt, an dem auch Kinder "hochgestellter" Bulgaren lernen und dass man um Entführungen besogt sei und deshalb keine Bilder wünsche. Das fing ja schön an, ich wartete doch noch auf ein nettes "Werbegespräch" für die Wikipedia. Also habe ich ihm gezeigt, wie ich die Bilder in meinem Fotoapparat gelöscht habe. Das Gespräch bei der Geschäftsführerin der Schule verlief auch positiv, auch sie zog die leitende Deutschlehrerin hinzu.

Als letztes besuchte ich noch mitten im wuseligen Stadtzentrum von Sofia ein Gymnasium. Auch dort emfping mich die Direktorin ohne Anmeldung, schnell und freundlich. Das Gespräch kippte dann aber irgendwie mit ihrer Frage: "Was für einen langfristigen Nutzen haben die Schüler davon?" Ich war einfach nicht mehr konzentriert genug und konnte die Frage nicht mehr wirklich gut beantworten. Dann wurde ich an den leitenden Deutschlehrer "weitergereicht". Er dämpfte meinen enthusiastischen Vortrag und bat mich um eine schriftliche Ausarbeitung. Diesen Aufruf könne er dann auf die Internetseite des Gymnasiums stellen. Vielleicht war er mit seinem "Pessimismus" am ehrlichsten und und der Realität am nächsten. Er war ein von Deutschland offiziell geschickter deutscher Lehrer. In der bulgarischen Provinz gibt es keine Lehrer aus Deutschland mehr. Die letzten wurden von der DDR geschickt.

In anderen Gymnasien hatte ich schon gehört, dass ihnen von deutschen Lehrern empfohlen wurde für ihre Projekte nicht die Wikipedia zu benutzen. Aber natürlich habe die Schüler in Bulgarien die deutsche WP als Einstiegsinformationsquelle verwendet.

Und da ich mich für Luftbilder interessiere bin ich zufällig an einem Flughafen (Dolna Banja - 100 km südlich von Sofia) vorbeigekommen, den ich schon im Internet entdeckt hatte. Dort vermietet eine Firma ein Ultraleichtflugzeug für Fotoflüge. Zufällig kam gerade der Chef (und Pilot) der Firma, um mir das Flugzeug zu zeigen (250 Lewa/Std. = 130 Euro/Std.) Ein 4stündiger Flug wäre noch bezahlbar und man käme bis zum Rosental. Mit 40 Flugstunden (10.000 Lewa = 5.100 Euro) könnte man in 2 Wochen fast ganz Bulgarien fotografieren, aber das ist mir dann doch etwas zu teuer für meinen privaten Geldbeutel.