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Die Gründung Münchens ist nicht urkundlich bezeugt. Sie kann nur durch später entstandene Urkunden nachvollzogen werden. Die schriftlich überlieferte Geschichte Münchens beginnt mit dem Augsburger Schied, einer Urkunde vom 14. Juni 1158, in der München als "munichen" erstmals urkundlich erwähnt wurde.
Urkunden
Die maßgeblichen Urkunden zum Erschließen der Gründungsgeschichte Münchens sind der Augsburger Schied[1] vom 14. Juni 1158 und der Regensburger Schied [2] vom 13. Juli 1180, beide durch Kaiser Friedrich I. (HRR) erlassen. Diese Urkunden befinden sich heute im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München. Ein Faksimile des Augsburger Schieds aus dem 19. Jahrhundert mit deutscher Übersetzung ist unter dem irreführenden Titel "Stadtgründungsurkunde" im Münchner Stadtmuseum ausgestellt.
Beide Urkunden beziehen sich auf einen Streit zwischen dem bayerischen Herzog Heinrich dem Löwen und dem jeweils amtierenden Bischof von Freising um Marktrechte. Im Augsburger Schied ist das Bischof Bischof Otto I., im Regensburger Schied dessen Nachfolger, Bischof Albert I.
Im Regensburger Schied ist der 22 Jahre zurückliegende Augsburger Schied nicht erwähnt. Traditionell wird davon ausgegangen, dass beide Urkunden sich auf denselben Streit beziehen und Friedrich I. mit der zweiten Urkunde die erste widerruft, weil Heinrich inzwischen in Ungade gefallen war. Dieses Verständnis geht auf die von Karl Meichelbeck verfasste Geschichte der Diözese Freising (Historia Frisingensis, 1724-29) zurück. Mittlerweile wird jedoch auch die Auffassung vertreten, dass sich beide Urkunden auf verschiedene Konflikte berufen, die durch Friedrich I. getrennt und mit unterschiedlichem Ausgang behandelt wurden.
Ein weiterer Hinweis auf die Gründungsgeschichte Münchens findet sich in den Annalen des Klosters Schäftlarn[3], in denen für das Jahr 1180 ein Eintrag vorhanden ist, der vermerkt, dass München zerstört, Föhring aber wieder aufgebaut wird.
„Dux Heinricus ducatu privatur. Otto maior palatinus loco eius dux. Munichen destruitur. Feringen reedificatur“.“
„Herzog Heinrich wird des Herzogtums beraubt. Pfalzgraf Otto der Große wird an seiner Stelle als Herzog eingesetzt. München wird zerstört. Föhring wird wieder aufgebaut.“
Verlauf
Der Streit zwischen Heinrich dem Löwen und Bischof Otto entzündete sich an dem Markt und der Zollbrücke, die der Bischof in Föhring unterhielt.
Datierung
Da der Markt bei "munichen" durch Heinrich den Löwen gegründet wurde, kann die Gründung erst nach der Übertragung des Herzogtums Bayern an Heinrich am 8. September 1156 auf einem Landtag in Regensburg stattgefunden haben. Spätester Zeitpunkt ist der Augsburger Schied, der auf den 14. Juni 1158 datiert ist.
Ein weiterer Hinweis besteht darin, dass das Gebiet um München herum den Grafen von Wolfratshausen gehörte, die in Freisinger Dienst standen. Erst nach dem Tod Heinrichs II. von Wolfratshausen 1157 konnte Heinrich der Löwe dort einen Markt einrichten. Somit fand die Gründung Münchens wohl 1157/58 statt.
Vermutlich war Heinrich der Löwe am 23. November 1157 auf einem Landtag in Regensburg. Dieser Bayernaufenthalt Heinrichs, der jedoch nicht sicher nachgewiesen ist, wird oft als Zeitpunkt der Gründung des Marktes München angesehen.[5]
Die traditionelle Bezeichnung des 14. Juni 1158 als "Stadtgründungstag" und des Augsburger Schieds als "Stadtgründungsurkunde" ist sachlich falsch, weil der Augsburger Schied die Siedlung als bereits bestehend voraussetzt und nicht als Stadt, sondern als Markt (lat. forum) bezeichnet. Noch im späten 12. Jahrhundert ist lediglich von Dorf (lat. villa) die Rede. Als Stadt (lat. civitas) wird München erst am Anfang des 13. Jahrhunderts bezeichnet. Eine offizielle Verleihung des Titels "Stadt" ist für München nicht überliefert, in diese Rolle ist der Ort wegen seiner zunehmenden Bedeutung erst allmählich hineingewachsen. Das hält die Stadt München jedoch nicht davon ab, jährlich am 14. Juni das Stadtgründungsfest zu feiern, der im Jahr 2008 besonders im Zeichen der 850-Jahr-Feier stand.[6]
Namensgebung
Nach traditioneller Auffassung ist das Wort "munichen", mit dem München bei seiner ersten urkundlichen Erwähnung und auch später mehrmals bezeichnte wird, von "Mönch" (ahd. Munich, mhd. Münch) abgeleitet.
Vorgängersiedlung
Der Augsburger Schied bezieht sich mit seiner Formulierung "forum apud munichen" (Markt bei/zu Munichen) auf eine bereits bestehende Siedlung und nicht einfach auf Mönche. Darauf deutet die Verwendung eines deutschen Toponyms anstelle des lateinischen "apud monacos" für "bei den Mönchen" hin. Ob diese Siedlung jedoch erst mit der Errichtung des Marktes gegründet wurde oder der Markt bei einer bereits bestehenden Siedlung errichtet wurde, ist in der Forschung umstritten.
Wiederlegt ist mittlerweile die Hypothese, es habe auf dem Petersbergl eine Siedlung von Mönchen aus dem Kloster Tegernsee gegeben. Erstens wird heutzutage das in einer Tegernseer Urkunde erwähnte München mit Ostermünchen identifiziert, und zweitens gibt es keine archäologischen Anhaltspunkte für eine Besiedlung des Petersbergls vor der Gründung Münchens. Ursprünglich älter datierte Bauwerksteile werden heute der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts zugerechnet.
Eine weitere Hypothese sieht in Altheim eine Vorgängersiedlung, die ursprünglich den Namen "Munichen" getragen habe. Bei der Verlegung der Siedlung an den Ort des neu gegründeten Markts sei der Name mit übertragen worden und der ursprüngliche Ort als Altheim bezeichnet worden, ein Vorgang, wie er z.B. etwa 100 Jahre später für Schongau und Altenstadt bezeugt ist. Jedoch auch dafür gibt es keine archäologischen Belege, Altheim kann auch als neue Siedlung außerhalb der Befestigung des bereits bestehenden Ortes München entstanden sein.
Selbst wenn es im Gebiet der Münchner Altstadt vereinzelte Siedlungsspuren vor der Mitte des 12. Jahrhunderts gibt, ist München als Ort wohl erst auf die Gründung durch Heinrich den Löwen zurückzuführen und nicht auf eine Vorgängersiedlung.
Überlieferung
Da diese Urkunden früheren Chronisten teilweise nicht bekannt waren, entstanden unterschiedliche Überlieferungen über den Verlauf der Gründung Münchens. Heutzutage ist allgemein eine Gründung durch den Welfenherzog Heinrich den Löwen anerkannt.
Offene Fragen
Literatur
- Richard Bauer: Geschichte Münchens. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Verlag C. H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57288-3.
- Roman Deutinger: Conventio und sententia principum: der Rechtsstreit um München und Föhring 1158 und 1180. In: Hubertus Seibert, Alois Schmid (Hrsg.): München, Bayern und das Reich im 12. und 13. Jahrhundert: lokale Befunde und überregionale Perspektiven. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-10670-5, S. 123–139.
- Lorenz Maier: Vom Markt zur Stadt. Herrschaftsinhaber und Führungsschichten 1158 bis 1294. In: Richard Bauer (Hrsg.): Geschichte der Stadt München. C.H.Becksche Verlagsbuchhandlung, München 1992, ISBN 3-406-35946-9, S. 13–60.
- Freimut Scholz: Die Gründung der Stadt München. Eine spektakuläre Geschichte auf dem Prüfstand. Canaletto Verlag, München 2007, ISBN 978-3-00-022991-6.
- Helmuth Stahleder: Herzogs- und Bürgerstadt. Die Jahre 1157–1505. In: Richard Bauer, Stadtarchiv München (Hrsg.): Chronik der Stadt München. Band 1. Dölling und Galitz Verlag, München 2005, ISBN 3-937904-10-7.
Weblinks
- Michael Grill: Münchens Gründungsgeschichte wird umgeschrieben. In: Abendzeitung. 28. Januar 2009, abgerufen am 27. April 2012.
Einzelnachweise
- ↑ D.F.I. 218. In: Monumenta Germaniae Historica digital. 14. Juni 1158, S. 363 ff, abgerufen am 9. August 2013 (lateinisch).
- ↑ D.F.I. 798. In: Monumenta Germaniae Historica digital. 13. Juli 1180, S. 366 ff, abgerufen am 9. August 2013 (lateinisch).
- ↑ Annales Scheftlarienses maiores. In: Repertorium "Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters". Bayerische Akademie der Wissenschaften, Bayerische Staatsbibliothek, abgerufen am 28. April 2012. ; Digitalisat der Edition in MGH SS 17, S. 337
- ↑ Stahleder, Chronik, Bd. 1, S. 13
- ↑ Stahleder, Chronik, Bd. 1, S. 6
- ↑ 850 Jahre München. In: Stadtportal muenchen.de. Landeshauptstadt München, abgerufen am 27. April 2012.