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Eine Wandmalerei der Provisional IRA in Coalisland, Grafschaft Tyrone

Die East Tyrone Brigade (auch Tyrone Brigade) der Provisional Irish Republican Army (IRA) war eine der aktivsten und berüchtigsten IRA-Einheiten während des Nordirlandkonfliktes. Es wird vermutet, dass ihre Mitglieder größtenteils aus den östlichen Gegenden der Grafschaft Tyrone stammten. Diese ländliche Gegend Nordirlands ist katholisch-nationalistisch dominiert und hat eine lange irisch-republikanische Tradition. Es gab aber auch viele Mitglieder aus den anderen Teilen Tyrones, aus dem Norden der Grafschaft Monaghan, aus dem Südosten der Grafschaft Londonderry, aus dem Nordwesten der Grafschaft Armagh und aus dem Norden der Grafschaft Fermanagh.[1] Diese zum Teil nahe der inner-irischen Grenze liegenden Gebiete bildeten auch den Aktionsradius der Brigade bei ihren Terroranschlägen und Überfällen.

Laut der Sutton-Datenbank des Projekts Cain (Conflict Archive on the Internet) der University of Ulster tötete die IRA-Brigade weit über 200 Menschen. Im gleichen Zeitraum wurden nach dem irischen Journalisten Ed Moloney 53 Mitglieder der Brigade getötet.[2]

Anfänge

1969 spaltete sich die Irish Republican Army nach den schweren nordirischen Unruhen, die den Beginn des Nordirlandkonflikts markierten. Der moderate Flügel gründete die sozialistisch orientierte Official Irish Republican Army und der radikale militaristische Flügel die anfangs rein irisch-republinisch orientierte Provisional Irish Republican Army. Die Dogmatiker gewannen schnell die Oberhand, so dass die Official IRA bald keine Rolle mehr spielte.

1971 verlagerte die Provisional IRA ihre Strategie von “Verteidigung” auf "Vergeltung" und begann Angriffe auf Patrouillen der British Army und Royal Ulster Constabulary (RUC) zu starten. Am 9. Februar 1971 tötete die East Tyrone Brigade durch einen Sprengsatz am Straßenrand fünf zivile Fernsehtechniker in ihrem Landrover nahe der Ortschaft Trillick, da die IRA diese für eine Armeepatrouille hielt.

Bei einem weiteren Sprengstoffanschlag am 17. Mai 1973 brachte die Brigade fünf britische Soldaten außer Dienst um, als sie in Omagh ein Hotel verließen und eine für sie bestimmte Sprengfalle auf dem Parkplatz explodierte.

Mitte der 1970er Jahre war Tommy McKearney Befehlshaber der East Tyrone Brigade. Sein Bruder Sean starb 1974 mit einem weiteren IRA-Mann bei einer vorzeitigen Zündung ihrer eigenen Bombe. Am 19. Oktober 1977 verhaftete man McKearney wegen des Mordes an Stanley Adams, der ein Briefträger sowie britischer Teilzeitsoldat des Ulster Defence Regiments (UDR) war, und verurteilte ihn zu mindestens 20 Jahren Haft.

Ein weiterer IRA-Führer in East Tyrone war zu dieser Zeit Kevin McKenna, der später von 1983 bis 1997 Stabschef der IRA wurde.

1980er Jahre

Am Abend des 21. Januars 1981 ermordete eine IRA-Einheit mit Mitgliedern der East Brigade, mutmaßlich unter Führung von Jim Lynagh,[3] den 86-jährigen Sir Norman Stronge sowie dessen 48-jährigen Sohn Sir James Stronge. Sir Norman war als Unionist von 1945 bis 1969 Sprecher des nordirischen Unterhauses. Sein Sohn Sir James war ebenfalls ein unionistischer Politiker und von 1969 bis 1972 Parlamentsabgeordneter in Nordirland.[4] Sie wurden von den mit Maschinengewehren und Granaten bewaffneten IRA-Männern überrascht, als sie in der Bibliothek ihres Familienlandsitzes Tynan Abbey saßen.[5]

Die IRA zündete nach der Ermordung der beiden Männer im Gebäude zwei Bomben, in deren Folge das Herrenhaus bis auf die Grundmauern niederbrannte. Die Explosionen wurden von einer RUC-Sreife beobachtet, die daraufhin zum Tatort fuhr und eine Straßensperre an der Auffahrt von Tynan Abbey errichtete. Im Anschluss daran brach ein zehnminütiges schweres Feuergefecht aus, bei dem alle IRA-Männer unerkannt flüchten konnten.[6]

Nach dem ersten Hungerstreik Ende 1980 brach im Maze Prison ein zweiter Hungerstreik republikanischer Häftlinge aus. Die Gefangenen verlangten beide Male den Sonderstatus von Kriegsgefangenen bzw. politischen Häftlingen und lehnten ihre Behandlung als einfache Kriminelle ab. Der erste Hungerstreik wurde abgebrochen, da die Gefangenen dachten, dass die britische Regierung ihre Forderungen erfüllen würde. Als dies nicht passierte, entschlossen sich die Gefangenen erneut in den Hungerstreik zu treten. Bei dem zweiten Hungerstreik starben am Ende 10 Häftlinge (7 IRA, 3 INLA). Unter ihnen war auch Martin Hurson, der vor seiner Gefangennahme zur East Tyrone Brigade gehörte.

1987 wurde Sean O'Hagan, der damalige Kommandeur der Brigade, festgenommen und zu einer Gefängnisstrafe von 24 Jahren verurteilt.[7] Sein Nachfolger wurde Patrick Kelly.[8]

Loughgall

Datei:Mural of Loughgall Volunteers.gif
Wandmalerei zum Gedenken an die sogenannten acht Loughgall-Märtyrer

Mitte der 1980er Jahre entwickelte die Führung der East Tyrone Brigade den Plan isolierte, ländliche Polizeistationen der Royal Ulster Constabulary (RUC) zu zerstören. Außerdem sollten Bauarbeiter eingeschüchtert oder getötet werden, die sich an der Wiedererrichtung der zerstörten Polizeistationen beteiligen würden, um ihr Operationsgebiet zu einer No-go-Area für britische Sicherheitskräfte zu machen. 1985 probierte die Brigade diese Taktik zum ersten Mal aus. Am 7. Dezember des Jahres griff die IRA mit heftigen Maschinengewehrfeuer, von dem zwei RUC-Wachposten getötet wurden, die Polizeistation von Ballygawley an. Danach drangen die Terroristen ins Gebäude ein und sprengten es. Im folgenden Jahr sprengte die Brigade die Polizeistation des kleinen Dorfes The Birches in North Armagh. Dabei benutzte sie einen Bagger, in dessen Schaufel die Bombe transportiert wurde, um den verstärkten Zaun der Station zu durchbrechen.

Am 8. Mai 1987 verübten mindestens acht Freiwillige der Brigade einen ähnlichen Anschlag auf die unbesetzte Polizeistation des kleinen Dorfes Loughgall, ebenfalls in North Armagh. Bei ihrem Angriff ging die IRA-Einheit wie in The Birches vor. Sie zerstörte dabei einen erheblichen Teil des Gebäudes. Die IRA-Männer hatten jedoch nicht realisiert, dass sie in einen Hinterhalt der britischen Spezialeinheit Special Air Service (SAS) geraten sind. Die SAS tötete die acht IRA-Mitglieder Declan Arthurs, Seamus Donnelly, Tony Gormley, Eugene Kelly, Patrick Kelly (Brigadekommandeur), Jim Lynagh, Pádraig McKearney (Bruder von Tommy McKearney) und Gerry O'Callaghan sowie versehentlich den zufällig vorbeifahrenden Zivilisten Anthony Hughes und verletzte dessen im Auto mitfahrenden Bruder schwer. Dies war der größte Einzelerlust der IRA an Menschenleben seit den 1920er Jahren und ist als Loughgall ambush in die Geschichte eingegangen.

Trotz des Erfolges hatte der SAS-Hinterhalt jedoch keinen nennenswerten Langzeiteffekt auf die Intensität der IRA-Aktivitäten in East Tyrone. In den zwei Jahren vor dem Loughgall ambush tötete die IRA sieben Menschen in East Tyrone und North Armagh, und elf in den zwei Jahren nach dem Hinterhalt.[9]

Nach Loughgall

Ein Jahr nach Loughgall verübte die IRA am 20. August 1988 einen großen Anschlag gegen die British Army, bei dem acht Soldaten starben, als ihr Bus auf der Curr Road nahe Ballygawley gesprengt wurde.

Am 30. August des gleichen Jahres tötete die SAS bei einem Hinterhalt nahe Carrickmore die drei IRA-Mitglieder Gerard Harte, Martin Harte und Brian Mullin, als diese versuchten einen Teilzeitsoldaten außer Dienst des Ulster Defence Regiments (UDR) umzubringen.

Laut Ed Moloney war ein hochrangiges Mitglied der Brigade namens Michael "Pete" Ryan, unter direktem Befehl des Armeeratsmitgliedes Thomas Murphy, Kommandant einer IRA-Einheit, die einen permanenten Checkpoint der britischen Armee am 13. Dezember 1989 in Derryard bei Rosslea, nahe der inner-irischen Grenze angriff. Dieser war mit acht Soldaten des King's Own Scottish Borderers (KOSB) und einem RUC-Beamten bemannt. Der Journalist Ian Bruce behauptet statt dessen, dass ein Ire, der im British Parachute Regiment gedient haben soll, Anführer des Angriffs gewesen sei. Er führt für diese Behauptung Geheimdienstquellen an. Quellen aus dem britischen Militär sprechen außerdem davon, dass weitere IRA-Freiwillige aus East Tyrone an der Attacke beteiligt waren. Bei dem Anschlag wurde der gut gesicherte Checkpoint von 11-20 Terroristen überrannt. Dabei fielen die zwei britischen Soldaten James Houston und Michael Patterson, ein weiterer wurde schwerverletzt. Die IRA-Einheit hielt mit einem gepanzerten LKW, der dafür extra präpariert wurde, am Checkpoint und eröffnete das Feuer mit schweren Maschinengewehren, Granaten sowie einem Flammenwerfer. Danach fuhr sie mit dem LKW in den Stützpunkt. Um noch größere Zerstörungen zu verursachen, fuhren anschließend weitere IRA-Männer einen roten Van hinein, der beim Rückzug als Autobombe detonieren sollte, was jedoch nicht geschah. Trotz des schnellen Eingreifens einer sich in der Nähe befindlichen Armeepatrouille, konnten alle Terroristen unter schwerem Beschuss mit dem LKW unerkannt entkommen. Das Fluchtfahrzeug wurde später verlassen an der Grenze mit einer 210 kg schweren Bombe als Sprengfalle entdeckt. So einen Anschlag in dieser Dimension hatte man in Nordirland zuvor noch nicht gesehen. Er rief in parlamentarischen und unionistischen Kreisen Entrüstung hervor.

1990er Jahre

Am 11. Februar 1990 zwang die Brigade einen britischen Armeehelikopter nahe Clogher, Grafschaft Tyrone durch schweres Maschinengewehrfeuer zu einer Notlandung. Dabei wurden drei Soldaten verletzt, einer davon schwer.[10] So etwas hatte vorher und nachher ansonsten nur die South Armagh Brigade geschafft.[11]

Im Oktober 1990 wurden zwei weitere IRA-Mitglieder der Brigade namens Dessie Grew und Martin McCaughey nahe Loughgall von Undercoversoldaten erschossen. Im Juni 1991 starben die drei Brigademitglieder Lawrence McNally, Michael "Pete" Ryan und Tony Doris in einem weiteren SAS-Hinterhalt bei Coagh. Die RUC gab an, dass die Männer auf dem Weg waren, einen Anschlag auf protestantische Arbeiter zu verüben.

Am 17. Januar 1992 tötete die Brigade mit einer Landmine in Teebane, nahe Cookstown, Omagh acht Bauarbeiter und verletzte weitere sechs schwer, als diese auf dem Rückweg von der britischen Armeebasis in Lisanelly waren. Die Männer arbeiteteten am Wiederaufbau von durch die IRA zerstörten Baracken. Alle Arbeiter waren Protestanten, weshalb der Anschlag in weiten Teilen als sektiererisch angesehen wurde.

Weitere vier Brigade-Mitglieder namens Peter Clancy, Kevin Barry O'Donnell, Sean O'Farrell und Patrick Vincent wurden am 16. Februar 1992 in Clonoe nach einem Angriff auf eine gemeinsame Armee- und Polizeistation in Coalisland getötet. Sechs IRA-Männer feuerten mit einem DschK-Maschinengewehr, das sie im hinteren Teil eines gestohlenen LKW montiert hatten, auf die Station, wobei sie Leuchtspurmunition benutzten. Nach dem Angriff flüchteten sie mit dem LKW. Die sechs Terroristen auf dem Parkplatz der katholischen Kirche von Clonoe von der SAS überrascht, als sie versuchten den LKW dort abzustellen und mit bereitstehenden Fluchtautos zu entkommen. Dabei setzten Leuchtgeschosse der SAS das Kirchendach in Brand. Von den sechs IRA-Freiwilligen wurden die vier oben genannten erschossen, wohingegen die anderen beiden entkommen konnten.

Des Weiteren war die IRA in Tyrone zwischen 1988 und 1994 Ziel einer Mordkampagne der loyalistischen Terrororganisation Ulster Volunteer Force (UVF). In diesem Zeitraum tötete die UVF 40 Menschen im Osten Tyrones. Die meisten von ihnen waren katholische Zivilisten ohne Verbindungen zu irisch-republikanischen Terrororganisationen. Sechs der Opfer waren jedoch IRA-Mitglieder, von denen drei zusammen mit einem Zivilisten am 3. März 1991 in einem Pub in Cappagh getötet wurden. Als Vergeltung tötete die IRA das hochrangige UVF-Mitglied Leslie Dallas, der auch ein ehemaliger Soldat des UDR war. Am 25. April 1993 tötete sie einen weiteren ehemaligen UDR-Soldaten in Kildress, als eine Bombe unter seinem Auto explodierte. Später behauptete die IRA, dass er Kontakte zu loyalistischen Terrorgruppen hatte.

Der irische Journalist Ed Moloney und Autor des Buches A Secret History of the IRA stellte fest, dass von der East Tyrone Brigade im Nordirlandkonflikt 53 Mitglieder getötet wurden - nach der Belfast Brigade die zweithöchste Verlustrate einer IRA-Brigade. Davon wurden alleine 28 Freiwillige zwischen 1987 und 1992 von britischen Sicherheitskräften getötet.[12]

Trotz der hohen Verluste blieb die Brigade bis zum Waffenstillstand 1994 eine der aktivsten IRA-Einheiten und setzte die britischen Sicherheitskräfte in der Region noch immer unter Druck. Die Einheit verübte seit 1992 insgesamt acht Mörserangriffe gegen Einrichtungen der britischen Sicherheitskräfte und war auch für sechzehn Bombenanschläge und Schießereien verantwortlich. Während des selben Zeitraumes tötete sie dabei vier Mitglieder der Sicherheitskräfte.

Opferzahlen

Laut der Sutton-Datenbank waren unter den über weit 200 von der East Tyrone Brigade getöteten Menschen ungefähr 80 Zivilisten, 100 Soldaten der britischen Armee sowie 40 Polizeibeamte der RUC.

Einzelnachweise

  1. Mark Urban: Big Boys' Rules. Faber and Faber, 1992, ISBN 0-571-16809-4., S. 220.
  2. Moloney, E.: A Secret History, S. 319.
  3. Mark Urban: Big Boys' Rules, S. 223..
  4. Biographies of Members of the Northern Ireland House of Commons. election.demon.co.uk. Abgerufen am 29. Januar 2011.
  5. Turtle Bunbury; Stronge of Tynan Abbey
  6. Northern Ireland: Tit-for-Tat Murder. Time Magazine (2. Februar 1981). Abgerufen am 29. Januar 2011.
  7. File on paramilitary prisoners freed early. The Daily Telegraph (24. Mäez 1999). Abgerufen am 29. Januar 2011.
  8. Brendan O'Brien: The long war: IRA and Sinn Féin. Faber and Faber, 1999, ISBN 0-8156-0597-8., S. 151.
  9. Mark Urban: Big Boys' Rules, S. 242..
  10. Copter Forced Down in Ulster. New York Times. 12. Februar 1990. Abgerufen am 15. Februar 2007.
  11. Toby Harnden: Bandit Country, S. 258f.
  12. Ed Moloney: A Secret History, S. 319.

Quellen

  • Moloney, Ed: A Secret History of the IRA, W. W. Norton and Company, 2002. ISBN 0-14-101041-X.
  • O'Brien, Brendan: The Long War-the IRA and Sinn Féin, O'Brien Press, 1999. ISBN 0-86278-606-1.
  • Ryder, Chris: A Special Kind of Courage: 321 EOD Squadron - Battling the Bombers, Methuen, 2005. ISBN 0413772233
  • Urban, Mark: Big Boys' Rules, Faber and Faber, 1992. ISBN 0-571-16112-X

Weblinks

Kategorie:Nordirlandkonflikt

Derry Brigade: 1st Battalion Bogside and Brandywell 2nd Battalion Creggan 3rd Battalion Shantallow and Carnhill 4th Battalion Top of The Hill and Waterside

20/40 - 60 volunteers

Martin McGuinness Adjutant

http://report.bloody-sunday-inquiry.org/volume08/chapter147/

138 Tote: 62 BA, 12 UDR, 25 RUC, 38 Zivilisten