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Entwicklung der elektrischen Straßenbeleuchtung in Berlin

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Die erste elektrische Straßenbeleuchtung am Potsdamer Platz von 1882, Gemälde von 1884

Am Potsdamer Platz und in der Leipziger Straße gingen die ersten elektrischen Kohlebogenlampen der Firma Siemens & Halske am 20. September 1882 in Betrieb.

Die elektrischen Bogenlampen waren im Vergleich zu den bislang verwendeten Gaslampen sehr hell, aber deutlich teurer im Betrieb, und wurden deshalb zunächst nur in ausgewählten Bereichen der Städte installiert. Zunächst zeigten sich noch zahlreiche Kinderkrankheiten im Betrieb. Dank vieler technischer Verbesserungen der Beleuchtungstechnik, der Kraftwerkstechnik und der Energieübertragung konnte sich die elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin in den folgenden rund 50 Jahren stetig weiterentwickeln und einen nennenswerten Anteil der bisherigen Gasbeleuchtungen verdrängen.

Die erste elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin von 1882

Nachdem Siemens & Halske in der Nacht des 11. August 1880 vier elektrische Kohlebogenlampen am Pariser Platz für einige Stunden vorstellte, erhielt das Unternehmen den Auftrag für eine erste dauerhafte elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin. Insgesamt 36 Kohlebogenlampen wurden am Potsdamer Platz und in der Leipziger Straße bis zur Friedrichstraße aufgestellt. Die Stromversorgung erfolgte zunächst durch ein eigens von Siemens nur für diese Aufgabe in der Wilhelmstraße Ecke Prinz-Albrecht-Straße errichtetes Kraftwerk.[1] Diese „Maschinenanlage bestand aus vier durch Ottosche Gasmotoren zu je 12 PS (9 kW) angetriebenen Siemens-Gleichstrom-Dynamo-Maschinen“, die eine Spannung von 500 Volt lieferten. Die 36 Lampen waren in drei Stromkreisen gruppiert, jeder Stromkreis wurde von einer Generatormaschine versorgt. Eine vierte Maschine konnte wechselweise gewartet werden. Der Betrieb dieses Kraftwerks wurde 1886 wieder eingestellt, nachdem die Stromversorung durch eine neue Gesellschaft übernommen wurde.[2][3]

Gründung der Städtischen Electricitäts-Werke (A.G.StEW)

Nachdem die elektrische Straßenbeleuchtung ihre erste Bewährungsprobe bestanden hatte und die Nachfrage nach elektrischem Strom von anderen öffentlichen Einrichtungen, von privaten Unternehmen und privaten Haushalten zunahm, schrieb die Stadt Berlin eine Konzession zur Versorgung der elektrische Straßenbeleuchtung sowie zur Stromerzeugung für andere Abnehmer aus.

Hierzu hatte die Deutsche Edison-Gesellschaft für angewandte Elektricität (DEG) (wenig später in die Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) umfirmiert) im Jahr 1884 mit den Städtischen Electricitäts-Werken (A.G.StEW) ein eigenes Unternehmen gegründet, aus dem am 1.­Oktober 1887 die Berliner Elektricitäts-Werke (BEW) hervorgingen. Die DEG erhielt im Februar 1884 die Konzession zur alleinigen Stromversorgung der Berliner Innenstadt und baute mit der Centralstation Markgrafenstraße ein erstes Kraftwerk in der Markgrafenstraße 44 am Gendarmenmarkt, ein zweites Kraftwerk nahezu baugleiches Kraftwerk in der Mauerstraße 80. Ab 1886 übernahmen die Städtischen Electricitäts-Werke die Stromversorgung der Kohlebogenlampen am Potsdamer Platz und in der Leipziger Straße.

Zwei weitere kleine Kraftwerke entstanden 1890 am Schiffbauerdamm 22 Ecke Luisenstraße und 1899 an der Spandauer Straße zwischen Rathaus und Molkenmarkt.[4]

Die elektrische Straßenbeleuchtung Unter den Linden von 1888

Im November 1887 schrieb die Stadt Berlin einen beschränkten Wettbewerb für die Gestaltung von reich verzierten Bogenlampen-Kandelabern für den Boulevard Unter den Linden aus, den Ludwig Schupmann gewann. Insgesamt wurden 104 Lampen mit einer Lichtpunkthöhe von m nach diesem Entwurf gebaut und im Jahr 1888 auf dem Pariser Platz, Unter den Linden, auf dem Opernplatz und der Kaiser-Wilhelm-Straße aufgestellt, die später nach ihrem Schöpfer als Schupmann-Kandelaber bezeichnet wurden.[5]

Die ersten Großkraftwerke in Berlin

In den folgenden Jahren wurde die Stromversorgung und die elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin weiter ausgebaut. Mit den Kraftwerken Oberspree (1897)[6], Moabit (1900)[7] und Rummelsburg (1907)[8] entstanden die ersten Großkraftwerke an Kanälen und Flüssen, die über leistungsfähige Kohleversorgungen verfügten und mit Wechselstromgeneratoren ausgestattet waren. Dadurch war es nun möglich, den Strom mit höheren Spannungen in die Nähe der Verbraucher zu führen und dort an Umspannwerken auf die benötigten Betriebsspannungen herunterzutransformieren.

Das Kraftwerk Rummelsburg war bei Inbetriebsnahme sofort mit Dampfturbinen ausgestattet, die anderen Kraftwerke wurden schrittweise von Kolbendampfmaschinen auf Dampfturbinen umgestellt.

Im Ersten Weltkrieg wurde das große Kraftwerk Zschornewitz bei Bitterfeld in der Nähe des Braunkohlenabbaugebietes bei Golpa / Möhlau gebaut. Zur Versorung Berlins entstand die Golpa-Leitung, eine 110 kV Hochspannungsfreileitung. Diese Leitung wurde in Berlin fortgesetzt, um die vorhandenen Kraftwerke miteinander zu vernetzen.

Die großen Kohlebogenlampen an besonderen Plätzen

Links: Bogenlampen-Kandelaber vor dem Brandenburger Tor von Ludwig Hoffmann. Rechts: Bogenlampen-Kandelaber vom Potsdamer Platz von Emil Högg. Beide Bilder von 1905

Auch bei den Kohlebogenlampen gab es technische Verbesserungen, mit denen sowohl die Lichtstärke erhöht als auch der Stromverbrauch gesenkt werden konnte. Wichtige Fortschritte wurden bei automatischen Mechanismen erzielt, die für einen konstanten Abstand der Kohleelektroden und damit eine gleichmäßige Helligkeit sorgten. Bei den Intensivflammenbogenlampen waren die Elektroden nicht mehr axial gegeneinander gerichtet, sondern schräg nach unten gestellt. Zusätzlich drückte ein Magnetfeld den Lichtbogen nach unten, wodurch eine besonders starke Bodenbeleuchtung erzielt werden konnte. Weiterhin wurden hinsichtlich der Leuchtstärke verbesserte Kohlestäbe entwickelt, indem unterschiedliche Stoffe wie Calziumsalze oder Flussspat beigemengt wurden. Hugo Bremer erhielt für seine Effektkohlen auf der Pariser Weltausstellung im Jahre 1900 die höchste Auszeichnung, den Grand Prix. Die Intensivflammenbogenlampen eigneten sich besonders für hohe Kandelaber zur Ausleuchtung besonderer Plätze. Die verschiedenen Varianten der verbesserten Kohlebogenlampen wurden hinsichtlich ihrer Vorzüge, aber auch ihrer Nachteile im Dauerbetrieb ausgiebig in der Fachöffentlichkeit diskutiert.[9]

Kurz nach der Jahrhundertwende sollten an ausgewählten Plätzen Berlins besonders hohe und hell strahlende Bogenlampen-Kandelaber aufgestellt werden. Von den Berliner Elektrizitäts-Werken wurde dazu im Jahr 1903 unter den Mitgliedern der Vereinigung Berliner Architekten ein „Wettbewerb zur architektonischen Ausbildung von Bogenlichtkandelabern“ ausgeschrieben. Es sollte ein Lichtträger für fünf Bogenlampen entworfen werden, deren Lichtpunkte 22 m über der Straßenkrone liegen. Der Stadtbaumeister Emil Högg erhielt den ersten Preis. Der zweite Preis fiel an Alfons Schneegans, der dritte Preis an Hermann A. Krause. Angekauft wurden die Entwürfe von Alf J. Balcke und Richard Walter. Nicht prämierte Beiträge wurden auch von Alfred Grenander und Bruno Möhring eingereicht.[10] In seiner ausführlichen Rezension kritisiert der Architekt Ernst Spindler, dass sich die eingereichten Entwürfe noch sehr an traditionellen Formen und Verzierungen orientieren und zu wenig neuzeitliche Lösungen entwickeln, die sich aus der Funktion ergeben.[11]

Wenig später entwarf Stadtbaurat Ludwig Hoffmann für den Platz vor dem Brandenburger Tor (Tiergartenseite) zwei hohe, je dreiflammige Kandelaber mit einer Lichtpunkthöhe von 16 m; August Vogel stellte die Kandelabermodelle her. Die Kandelaber wurden von der Gießerei Martin & Piltzing ausgeführt und mit einigen Verzögerungen im Mai 1905 fertiggestellt.[12][13][14][15]

Für die andere Seite des Brandenburger Tores am Pariser Platz wurden ebenfalls zwei hohe zweiflammige Kandelaber entworfen, die Ludwig Schupmann zugeschrieben wurden (Bildnachweis von 1905).[16] Die beiden Kandelaber standen in der Mitte des Pariser Platzes, jeweils in der Verlängerung der Baumreihen der Mittelpromenade der Linden.[17]

Literatur

  • Berthold Monasch: Der elektrische Lichtbogen bei Gleichstrom und Wechselstrom und seine Anwendungen. Springer, Berlin 1904.
  • Alois Riedler: Emil Rathenau und das Werden der Großwirtschaft. Julius Springer, Berlin 1916 (Online auf archive.org).
  • Der Senator für Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.): 300 Jahre Straßenbeleuchtung in Berlin. Berlin 1979.
  • BEWAG – Berliner Kraft- und Licht-Aktiengesellschaft (Hrsg.): 100 Jahre elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin. Berlin 1982.
  • Herbert Liman: Mehr Licht. Haude & Spener, Berlin 2000, ISBN 3-7759-0429-8.

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Erste elektrische Straßenbeleuchtung. (Aus Hermann Meyer, Fünfzig Jahre bei Siemens.) Polytechnisches Journal, 1921, Band 336, S. 302–309, abgerufen am 24. Mai 2020.
  2. Herbert Liman: Mehr Licht. Haude & Spener, Berlin 2000, ISBN 3-7759-0429-8, S. 31.
  3. Reichshauptstadt und Weltstadt. Die erste elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin am Potsdamer Platz. (Sammelblatt B 03325 zum Berlin-Archiv des Archiv Verlags, Braunschweig)
  4. Alois Riedler: Emil Rathenau und das Werden der Großwirtschaft. Julius Springer, Berlin 1916, S. 49–53 (online auf google books [abgerufen am 6. Mai 2020]).
  5. Ludwig Schupmann; Lichtträger für elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin. Centralblatt der Bauverwaltung, 8. Jahrgang, Nr. 18, 5. Mai 1888, S. 195–196 (Bild bereits auf Seite 194), abgerufen am 29. Dezember 2019.
  6. Kraftwerk Oberspree in der Berliner Landesdenkmalliste
  7. Kraftwerk Moabit in der Berliner Landesdenkmalliste
  8. Kraftwerk Rummelsburg in der Berliner Landesdenkmalliste
  9. Berthold Monasch: Der elektrische Lichtbogen bei Gleichstrom und Wechselstrom und seine Anwendungen. Springer, Berlin 1904, S. 265f, Fig. 140f, abgerufen am 31. Dezember 2019.
  10. Chronik: Wettbewerb zur architektonischen Ausbildung von Bogenlichtkandelabern (Kurze Beschreibung der Preisträger). In: Berliner Architekturwelt, 5. Jg. 1903, Heft 5, S. 179f, abgerufen am 2. Januar 2020.
  11. Ernst Spindler: Der Wettbewerb für Entwürfe zu einem Bogenlicht-Kandelaber (ausführliche Rezension und Bildtafeln der Wettbewerbsbeiträge). In: Berliner Architekturwelt, 5. Jg. 1903, Heft 8, S. 255–262, abgerufen am 2. Januar 2020.
  12. Bildtafel: Bogenlampen-Kandelaber von Ludwig Hoffmann und Kandelaber von Emil Högg, 1905. In: Berliner Architekturwelt, 8. Jg. 1905/1906, Heft 8, Oktober 1905, S. 315, abgerufen am 28. Dezember 2019.
  13. Herbert Liman: Mehr Licht. Haude & Spener, Berlin 2000, ISBN 3-7759-0429-8, S. 34.
  14. Der Senator für Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.): 300 Jahre Straßenbeleuchtung in Berlin. Berlin 1979, S. 27, Bild 4.
  15. Ludwig Hoffmann: Kandelaber vor dem Brandenburger Tor, Berlin (5 Bildtafeln). In: Neubauten der Stadt Berlin, Bd. IV, Wasmuth Verlag, 1905.
  16. Der Senator für Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.): 300 Jahre Straßenbeleuchtung in Berlin. Berlin 1979, S. 27, Bild 3.
  17. Bild: Berlin, Pariser Platz - Trauerzug für Gustav Stresemann am 6. Oktober 1929. In der Bildmitte sind die beiden großen von Ludwig Schupmann gestalteten Bogenlampen-Kandelaber von 1905 zu sehen. Bild aus dem Bestand des Bundesarchivs, abgerufen am 5. Januar 2020.