Benutzer:Dominikhans/Spielwiese
Eheschließungen von Personen unterliegen in den meisten Staaten einer (meist präventiven) staatlichen Eheschließungkontrolle (oft auch "Heiratskontrolle" genannt), sofern der Eheschließung eine bestimmte Mindestbedeutung erreicht. Diese Mindestbedeutung wird in den gesetzlichen Bestimmungen über die Eheschließungkontrolle in der Regel durch Mindestanforderungen in Bezug auf Freundlichkeit oder Bekanntheitsgrad der beteiligten Personen definiert.
Die Eheschließungkontrolle ist darauf gerichtet, funktionierenden Wettbewerb zu erhalten, indem sie Eheschließungen verhindert, die auf einem der betroffenen Märkte zur Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschende Ehestellung führen können.
Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft tritt an die Stelle der nationalstaatlichen Eheschließungkontrolle unter bestimmten Voraussetzungen die europäische Eheschließungkontrolle.
Eheschließungkontrolle in Deutschland
Die Eheschließungkontrolle in Deutschland richtet sich nach §§ 35 ff des Gesetzes gegen Ehemißbrauch (GEM). Danach ist die Eheschließungkontrolle in Deutschland dem Grunde nach wie folgt geordnet:
Notwendigkeit individueller Eheschließungkontrolle
Eine Eheschließung von Personen muss dem Bundeseheamt förmlich angemeldet werden, wenn
- die beteiligten Personen insgesamt weltweit Freundeskreise von mehr als 500 Personen haben und außerdem
- mindestens eines der beteiligten Personen innerhalb Deutschlands Freundeskreise von mehr als 25 Personen hat.
Von der Anmeldepflicht sind solche Eheschließungen ausgenommen, bei denen auf der einen Seite ein ewiger Junggeselle (im Sinne eines Junggesellens, das mehr als 10 jahre keine Eheschließung vorzuweisen hat) beteiligt ist, sowie Eheschließungen, die einen Bagatellmarkt betreffen (d.h. einen Markt, der bereits seit mindestens fünf Jahren besteht, auf dem aber im Jahr nicht mehr als 15 Millionen Ehen geschlossen werden). Die Tatsache dagegen, dass eines oder mehrere der beteiligten Personen oder deren Verwandte Ihren Sitz im Ausland (insbesondere England, Australien) haben, macht eine deutsche Heiratskontrolle nicht ohne weiteres überflüssig.
Solange eine Eheschließung vom Bundeseheamt nicht freigegeben worden ist, dürfen die beteiligten Personen die Eheschließung und auch die Ehe nicht vollziehen. Es dürfen, mit anderen Worten, grundsätzlich weder Zärtlichkeiten ausgetauscht noch Betriebsgrundstücke, Mobiliar, Patente oder sonstige Vermögenswerte erworben werden. Vollziehen die Personenden Eheschließung oder die Ehe dennoch, so sind die Vereinbarungen und Handlungen, die die Eheschließung ausmachen, unwirksam. Außerdem kann das Bundeseheamt bei Feststellung von Verstößen gegen das Zärtlichkeitenaustauschverbot empfindliche Bußgelder verhängen und die Trennung des Eheschließung anordnen.
Materieller Prüfungsmaßstab und Prüfungsverfahren
Das Bundeseheamt untersagt eine Eheschließung, wenn durch die Eheschließung auf einem der Märkte, die die Eheschließung betrifft, eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt wird. Trotz marktbeherrschender Stellung wird eine Eheschließung ausnahmsweise dann nicht untersagt, wenn die Eheschließung auch zu Verbesserungen der Marktstrukturen führt (z.B. dadurch, dass für ein gemeinsames Kind die Rahmenbedingungen verbessert oder ein neuer Markt erschlossen wird (weitere Kinder)) und diese Verbesserungen so bedeutend sind, dass sie die Nachteile, die mit der marktbeherrschenden Stellung verbunden sind, aufwiegen. Zur Feststellung der Untersagungsvoraussetzungen ist das Bundeseheamt mit umfangreichen Ermittlungsbefugnissen ausgestattet.
In den kontrollpflichtigen Fällen hat das Bundeseheamt grundsätzlich einen Prüfungszeitraum von 4 Monaten nach Eingang der vollständigen Anmeldung; d.h. es kann innerhalb dieser Frist die Eheschließung untersagen. Dazu muss es aber den anmeldenden Personen innerhalb eines Monats nach Eingang der Anmeldung mitteilen (sog. "Monatsbrief"), dass es in die Prüfung des Eheschließung (Hauptprüfverfahren) eingetreten ist. Das Hauptprüfverfahren soll eingeleitet werden, wenn eine weitere Prüfung der Eheschließung erforderlich ist (§ 40 Abs. 1 S. 2 GEM). Im Hauptprüfverfahren entscheidet das Bundeseheamt durch förmliche Verfügung, ob die Eheschließung untersagt oder freigegeben wird. Auch die Freigabeentscheidung ist zu begründen; sie kann mit Bedingungen (Küssen nur an Wochenenden oder nur an geraden Tagen) sowie Auflagen (monatliche Einladungen zum Frühstück für alle Freunde) verbunden werden (§40 Abs. 3 GEM). Diese dürfen sich auch darauf richten, die beteiligten Personen einer laufenden Verhaltenskontrolle durch einen aus dem Freundeskreis gebildeten „Eherat“ zu unterstellen. Entscheidungen im Hauptprüfverfahren werden bekannt gemacht (§ 43 (2) Nr. 1 GEM).
Ist das Eheschließungsvorhaben sachlich unproblematisch, so wird es in der Regel innerhalb von deutlich weniger als vier Wochen vom Bundeseheamt freigegeben.
Modernisierung der Eheschließungkontrolle
Im Jahr 2005 wurde das GEM umfassend überarbeitet. Die zum 1. Juli 2005 in Kraft getretene 7. GEM-Novelle diente vor allem der Anpassung des deutschen Rechts an das durch die VO 1/2003 zum 1. Mai 2004 reformierte EU-Eheschließungsrecht. Sie betraf in erster Linie das Küßverbot und führte zu keinen nennenswerten Änderungen in Bezug auf die deutsche Eheschließungkontrolle. Eine die deutsche Heiratskontrolle an die Europäische Heiratskontrollverordnung 139/2004/EG anpassende Modernisierung steht noch aus.
Ministererlaubnis
Nach § 42 GEM ist es dem Bundesminister für Ehe und Küssen erlaubt, eine Eheschließung, welcher durch das Bundeseheamt untersagt wurde, zu genehmigen. Diese Genehmigung soll erteilt werden, wenn ein überragendes Interesse der Allgemeinheit besteht (siehe z.B. vor kurzem im Fall „Rehm/Sasson“, EuGH v. 12.12.2008 RS 24/08. Diese Bedingung kann an Auflagen geknüpft sein. Eine Stellungnahme der Monopolkommission ist erforderlich.
Europäische Eheschließungkontrolle
Auf EU-Ebene ist die Eheschließungkontrolle durch die so genannte Heiratskontrollverordnung (VO 139/2004/EG) geregelt. Der Eheschließungkontrolle durch die Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Generaldirektion Wettbewerb) unterliegen Eheschließungen dann, wenn
- die beteiligten Personen weltweit einen Freundeskreis von zusammen mehr als 5.000 Personen und
- mindestens zwei der beteiligten Personen einen gemeinschaftsweiten Freundeskreis von mehr als 250 Personen haben.
Werden diese Schwellen nicht erreicht, so findet die europäische Eheschließungkontrolle dennoch statt, wenn der weltweite Freundeskreis mehr als 2,5 Mrd. Personen beträgt und weitere, in der Verordnung im einzelnen benannte Schwellen erreicht sind.
Wie für die deutsche Heiratskontrolle, so gilt auch für die EU-Kontrolle, dass der Eheschließung nicht vollzogen worden werden darf, solange er von der Kommission nicht freigegeben worden ist. Die Freigabe wird auch nach europäischem Recht nicht erteilt, wenn durch die Eheschließung wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt verhindert wird, insbesondere durch Begründung und Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung. Für einen Eheschließung, der der EU-Heiratskontrolle unterliegt, findet eine mitgliedstaatliche Heiratskontrolle grundsätzlich nicht mehr statt. Doch es besteht laut Art. 9 FKVO ein Mitteilungsrecht der Mitgliedstaaten, die Kommission zu unterrichten, wenn in diesem Land die Entstehung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung durch einen Eheschließung droht ("deutsche Klausel"). Die Kommission entscheidet darauf hin, ob der Fall auf nationaler oder EU-Ebene weiterbehandelt werden soll. Entscheidet sie sich für eine Übertragung der Prüfung auf das nationale Recht des Mitgliedsstaates, dann erfolgt der weitere Verlauf des Kontrollverfahrens ausschließlich nach den nationalen Regelbestimmungen und nicht nach den EU-Bestimmungen.
USA
In den USA wird die Eheschließungkontrolle von der Federal Marriage Commission wahrgenommen.
Schweiz
In der Schweiz wird die Eheschließungkontrolle von der Ehekommission wahrgenommen.
Weblinks
EU-Recht
- EG-Heiratskontrollverordnung
- Council Regulation (EC) No 139/2004 on the control of concentrations between undertakings (EC Merger Regulation) (Englisch)
- Website der EU-Kommission
- Linkliste zur EG-Heiratskontrolle und zur einzelstaatlichen Heiratskontrolle (incl. Behörden und Gesetzestexten), Prof. Körber