Benutzer:Erzer/Vorgesetztenverantwortlichkeit
Die Vorgesetztenveranwortlichkeit (englisch: superior responsibility) ist eine Rechtsfigur im Völkerstrafrecht, mittels derer ein Vorgesetzter für die Straftaten eines Untergebenen (insbesondere bei Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit) strafrechtlich verantwortlich gemacht wird. Ursprünglich wurden allein militärische Vorgesetze erfasst, die Rechtsfigur wurde daher als Befehlshaberverantwortlichkeit (englisch: command responsibility) bezeichnet. Mittlerweile erstreckt sich diese auch auf zivile Vorgesetze, so dass der allgemeinere Begriff der Vorgesetzenverantwortlichkeit überwiegend verwendet wird.
Historischer Präzedenfall für die Anwendung der Vorgesetzenverantwortlichkeit war der Prozess gegen den japanischen General Yamashita Tomoyuki.[1] Sie wurde seitdem vom Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien, vom Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda und vom Rote-Khmer-Tribunal angewendet und gehört zum gesicherten Bestand des Völkergewohnheitsrechts.[2] Die rechtsdogmatische Einstufung und konkrete Ausgestaltung der Vorgesetzenverantwortlichkeit ist im Einzelnen stark umstritten.[3] Eine exzessive Anwendung ist im Hinblick auf das strafrechtliche Schuldprinzip problematisch.
Im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs ist die Vorgesetztenverantwortlichkeit in Artikel 28 geregelt. Zu den generellen Voraussetzungen gehören:[4]
- Vorliegen eines Vorgesetzten-Untergebenen-Verhältnis
- Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Vorgesetzten, dass der Untergebene ein Völkerrechtsverbrechen bereits begangen hat oder im Begriff ist, ein solches zu begehen
- Unterlassen der erforderlichen und angemessenen Maßnahmen, um die Begehung des Verbrechens zu verhindern oder eine strafrechtliche Verfolgung des Täters einzuleiten
Darüber hinaus ist die Vorgesetzenverantwortlichkeit Bestandteil einiger nationaler Rechtsordnungen mit im Einzelnen teilweise stark abweichenden Regelungen. Im deutschen Völkerstrafgesetzbuch ist sie in § 4 gesetzlich normiert.
Siehe auch
Literatur
- Boris Burghard: Die Vorgesetztenverantwortlichkeit im völkerrechtlichen Straftatsystem: Eine Untersuchung zur Rechtsprechung der internationalen Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda, 2008, ISBN 978-3830515265.
- Boris Burghard: Die Vorgesetztenverantwortlichkeit nach Völkerstrafrecht und deutschem Recht (§ 4 VStGB), in: Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik, 2010, S. 695ff.
- Chantal Meloni: Command Responsibility - Mode of Liability for the Crimes of Subordinates or Separate Offence of the Superior?, in: Journal of International Criminal Justice, 2007, 619ff.
- Gerhard Werle (Hrsg.): Völkerstrafrecht, 3. Auflage, 2012, ISBN 978-3-16-151837-9, Rn. 537ff.
Einzelnachweise
- ↑ Trial of Tomoyuki Yamashita (judicial summary), in der Legal Tools-Datenbank.
- ↑ Gerhard Werle, Völkerstrafrecht, 3. Auflage 2012, Rn. 541, m.w.N.
- ↑ Gerhard Werle, Völkerstrafrecht, 3. Auflage 2012, Rn. 542, m.w.N.; Chantal Meloni: Command Responsibility - Mode of Liability for the Crimes of Subordinates or Separate Offence of the Superior?, in: Journal of International Criminal Justice, 2007, 619ff.
- ↑ Gerhard Werle, Völkerstrafrecht, 3. Auflage 2012, Rn. 545ff.
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