Benutzer:Genderforschung/Dirty Campaigning

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Dirty Campaigning, in ÖsterreichSchmutzkübelkampagne“ genannt,[1] bezeichnet eine Form von Werbung oder politischer Öffentlichkeitsarbeit, bei der Mitbewerber oder Produkte durch wissentliches gezieltes verbreiten von falschen Eigenschaften diskreditiert werden sollen. Im Kern der Methode bedient man sich der offen oder anonym verbreiteten Lüge.

Diese Art „schmutziger“ Werbung oder Wahlkampfes ist vor allem in den Vereinigten Staaten verbreitet, während sie in Europa verpönt oder gesetzlich verboten sein kann und deshalb nur selten nachgewiesen wird.[Anm 1] Negativkampagnen bei Wahlkämpfen haben in den USA bereits 60 Prozent Anteil.[2]

Ausgangslage

Während sich Negative Campaigning auf überzeichnet dargestellt Tatsachen stützt und im politischen Umfeld zum (akzeptierten) Handwerkszeug gehört, bedient sich Dirty Campaigning im Wesentlichen im Verbreiten von Lügen, Gerüchten und Halbwahrheiten. Beide Methoden sind als Negativkampagnen mit fließendem Übergang subsummierbar. Einer Umfrage unter Wahlkampf-Profis nach halten nur sechs Prozent die Wahlkampf-Inhalte für entscheidend, aber 62 Prozent das Image des Spitzenkandidaten. Dieses Image gilt es durch Dirty Campaigning zu beschädigen. Hinzu kommt das Schwinden traditioneller Parteibindungen und das ansteigen der Zahl der Wechselwähler was immer größere Wahlkampf-Anstrengungen der Parteien erforderlich macht um deren Aufmerksamkeit zu erregen.[3][4][2]

Vor- und Nachteile

Angreifende Wahlwerbung hat eine stärkere Wirkung bei den Wählern und führt zu mehr Aufmerksamkeit, weil die „Mechanismen selektiver Wahrnehmung, die bei positiven Aussagen wirksam sind, bei negativen Botschaften in der Regel nicht zur Anwendung kommen“ und daher negative Botschaften tendenziell besser im Gedächtnis bleiben als positive.[5] Auch erhöht sich die mediale Aufmerksamkeit.[6]

Aus diesem Grund können Negativkampagnen auch dazu genutzt werden, von unliebsamen Themen abzulenken - Agenda-Setting oder Agenda-Cutting.

Besonders die Glaubwürdigkeit des politischen Kontrahenten kann mittels negativer Wahlkampfbotschaften in Misskredit geraten.[7] Negative Aussagen über das gegnerische Lager können zudem für das eigene Klientel einen zusätzlichen Mobilisierungsfaktor darstellen.[8]

Beim Urheber von Negativkampagnen wirken sich diese u.a. auf seine Glaubwürdigkeit aus.[9] Neben dem Bumerang- oder Backlash-Effekt, d.h. dem negativen Rückwirken der Kampagne auf die Glaubwürdigkeit des Urhebers (vgl. Maier & Maier 2005), kann es gerade auf unentschlossene Wähler „demobilisierend“[10] wirken. Zudem gestalten sich mögliche Koalitionsverhandlungen und -bildungen mit dem Attackierten nach der Wahl schwieriger, bzw. können Unglaubwürdigkeit nach sich ziehen.

Unabhängig von den persönlichen Chancen und Gefahren für den Urheber, können Negativkampagnen zum Vertrauensverlust für politische Institutionen, Politikverdrossenheit und abnehmender Wahlbeteiligung führen (vgl. Rhomberg 2008: 201). Die Forschung zu Negativkampagnen oder „Negative Advertising“ (vgl. Kaltenthaler 2000: 63) hat in den USA eine längere Tradition, bei der sich unterschiedliche Verständnisse und Definitionen der Begriffe festgesetzt haben (vgl. Schweitzer 2010b: 18f.). So wird häufig anhand der (rhetorischen) Intensität der Attacke oder am Themenbereich der Botschaft festgemacht, ob es sich um eine Negativkampagne handelt.

Art und Weise

Offensive Mittel der Kampagnenarbeit sind z.B. „Attack Ads“, die häufig von vermeintlich unabhängigen Unterstützer-Gruppen produziert werden, um nicht mit dem Namen des echten Urhebers aufzutreten.[11]

Beispiele

Österreich

Während der Bundespräsidentenwahl in Österreich 1986 kam es zur sogenannten Waldheim-Affäre wobei von Bundeskanzler Fred Sinowatz (SPÖ) geäußert wurde, man werde „zur rechten Zeit vor der Präsidentenwahl in einer großangelegten Kampagne die österreichische Bevölkerung über Waldheims braune Vergangenheit informieren“ was vom Nachrichtenmagazin Profil wiedergegeben wurde. In der Folge verklagte Sinowatz den Journalisten Alfred Worm wegen übler Nachrede. Worm wurde aufgrund einer Gesprächsmitschrift freigesprochen. Sinowatz und andere SPÖ-Vertreter, die seine Aussage bestritten hatten, wurden 1992 rechtskräftig wegen Falschaussagen zu hohen Geldstrafen verurteilt.[12]

Die Causa wurde als "Silberstein-Affäre" bezeichnet.[13] Im österreichischen Nationalratswahlkampf 2017 wurde eine Facebook-Kampagne gegen den Kanzlerkandidaten der ÖVP, Sebastian Kurz, verdeckt geführt und wurde über den israelischen Spin-Doctor Tal Silberstein abgewickelt. Die Aufdeckung durch das Magazin Profil führte zur zum Rücktritt des SPÖ-Bundesgeschäftsführers Georg Niedermühlbichler[14][15] und zur Suspendierung des SPÖ-Wahlkampfmanagers Paul Pöchhacker.[16]

USA

Datei:Commercial-LBJ1964ElectionAdDaisyGirl.ogv Eine der bekanntesten „Attack Ads“ war Daisy Girl – ein TV-Spot, der für die Wahl von Lyndon B. Johnson werben sollte, indem er seinen Gegner Barry Goldwater als eine potenzielle Gefahr für den Weltfrieden darstellte.

Literatur

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Schmutzkübelkampagne. In: Duden. Abgerufen am 14. November 2017.
  2. a b Schmutzkübel-Wahlkampf. In: Salzburger Nachrichten. 29. August 2006, S. 3.
  3. Warum Negative Campaigning zum politischen Geschäft gehört. Die Presse, 12. Januar 2017, abgerufen am 10. Oktober 2017.
  4. Gernot Bauer: „Wir brauchen einen Feind“. In: profil. 18. September 2017, S. 16–18 (Online [abgerufen am 5. November 2017]).
  5. Melanie Leidecker: Christina Holtz-Bacha (Hrsg.): Die Massenmedien im Wahlkampf. Das Wahljahr 2009. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-17414-3, Angreifende Plakatwerbung im Wahlkampf – effektiv oder riskant?, S. 121 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Nicole Podschuweit: Wirkungen von Wahlwerbung. Aufmerksamkeitsstärke, Verarbeitung, Erinnerungsleistung und Entscheidungsrelevanz. R. Fischer, München 2007, ISBN 978-3-88927-422-9, S. 22 (Zugl.: Mainz, Univ., Magisterarbeit, 2006).
    vgl.a. Schweitzer 2010b: 19
  7. vgl. u.a. Garramone 1984
  8. (vgl. Schweitzer 2010b: 19)
  9. vgl. Garramone 1984
  10. Geise 2011: 163
  11. Kim Lesley Fridkin, Patrick J. Kenney: Do Negative Messages Work? The Impact of Negativity on Citizens’ Evaluations of Candidates. In: American Politics Research. Band 32, Nr. 5, 2004, S. 570–605, doi:10.1177/1532673X03260834.
  12. Roland Widder, Herbert Dachs (Hrsg.): Geschichte der österreichischen Bundesländer seit 1945. Burgenland. Vom Grenzland im Osten zum Tor in den Westen. Band 5. Böhlau Verlag, Wien 2000, ISBN 3-205-98786-1, S. 449.
  13. Barbara Tóth, Florian Klenk, Josef Redl, Nina Horaczek: Die Affäre Silberstein. In: Falter. Nr. 40, 4. Oktober 2017, S. 10–12 (Online [abgerufen am 3. Oktober 2017] Online erschienen am 2. Oktober 2017).
  14. Gernot Bauer: SPÖ-Berater Silberstein organisierte rechte Facebook-Seite gegen Kurz. In: profil. Nr. 40, 2. Oktober 2017, S. 18–19 (profil.at [abgerufen am 1. Oktober 2017]).
  15. Knalleffekt: SP-Bundesgeschäftsführer Niedermühlbichler tritt zurück. In: Der Standard. 30. September 2017, abgerufen am 1. Oktober 2017.
  16. Gerald John: Causa Silberstein: SPÖ suspendiert mutmaßlichen Verbindungsmann. In: Der Standard. 3. Oktober 2017, abgerufen am 3. Oktober 2017.

Anmerkungen

  1. Vgl. Unlauterer Wettbewerb oder § 264 österreichisches Strafgesetzbuch, Verbreitung falscher Nachrichten bei einer Wahl oder Volksabstimmung.

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