Benutzer:Hollyinthehills/Neolithische Bastverarbeitung

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Bast

Bast ist ein faseriges Material zwischen Splintholz und Borke. Im Neolithikum wurden unter anderem Lindenbast, Ulmenbast und Eichenbast verwendet. Das Rotten ermöglicht das Trennen des Bastes von der Rinde und kann, je nach Bastschicht, zwischen 6 Wochen und 4 Monaten variieren. Steht der Baum noch voll im Saft ist auch eine direkte Verwendung des noch frischen Stoffes möglich. Es lösen sich häufig mehrere Bastschichten, die es für die Weiterverarbeitung zu trennen gilt. Man erhält immer Bastfaserbündel mit unterschiedlicher Breite bedingt durch den Wuchs des Baumes. Getrockneter Bast, nötig für eine längere Haltbarkeit, muss vor der Verarbeitung kurz in Wasser eingelegt werden. Für Fäden, Schnüre und Geflechte ist Ulmenbast vorzuziehen. Sehr feines und weiches Material bietet der Bast von Seidelbastgewächsen. Bast von Ahornschösslingen kann direkt zu Schnüren verzwirnt werden, da die dünne Rinde sich sofort löst. Birkenrinde ist sehr stabil und besitzt ein geringes Gewicht, weswegen es seit dem Mesolithikum bis in die Gegenwart benutzt wird um daraus Gefäße und Sandalen zu machen. Birkenpech diente schon in der Steinzeit als Klebstoff.

Textile Techniken

Mit Baststreifen lassen sich Dinge zusammenbinden. Wenn man ihn in gestrafftem Zustand drillt und ihn anschließend locker hält, beginnt er sich umeinander zu verdrehen. Mit dem gewonnenen Stoff lassen sich Geflechte, Schnüre und Fäden herstellen.

Zwirnen

Geeignetes Material zum Zwirnen, das nicht bricht, sind Brennnessel-, Flachs-, Hanffasern, Binsen, Seggen und Rinden- oder Baststreifen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten des Drehens, entweder man macht es zwischen den Fingern, Handflächen, auf dem Oberschenkel oder mehrere Personen arbeiten zusammen. Man nimmt zwei gleich dicke Faserbündel, dreht das eine und legt es in Gegenrichtung über das andere. Nun nimmt man das zweite Bündel und wiederholt den Schritt usw. Enden die Fasern, werden weitere dazugelegt und mit gedreht. Im Gegensatz zum heutigen Kordel drehen kann man damit beliebig lange Schnüre anfertigen.

Zwirnflechten oder –binden

Diese Technik ist wahrscheinlich sehr viel älter als die im Neolithikum bekannte Webtechnik. Es werden Baststreifen U-förmig umgelegt als eine Art Kette, deren Schenkel nacheinander in einer Verdrehung der beiden quer dazu verlaufenden Eintragsfäden fixiert werden. Die Anfangskante wird stabiler, wenn man die aufeinanderfolgenden Schenkel in einer Zwirnbindung zusammen nimmt. Darüber hinaus gibt es noch andere Varianten der Anfangskante. Ist man mit der Breite zufrieden, wendet man es und die frei hängenden Baststreifen, fixiert durch die erste Zwirnreihe, werden bei jeder Verdrehung der Eintragsfäden mit gebunden. Variiert man die Abstände zwischen den Zwirnreihen, entstehen mehr oder weniger löchrige Geflechte. In den meisten neolithischen und bronzezeitlichen Zwirngeflechten hat man die Baststreifen vor dem Einlegen in die Zwirnbindung leicht gedreht oder man benutzte gezwirnte Fäden, um die Stabilität eines Geflechtes zu erhöhen. Eine andere Möglichkeit ist es, die Kettenstränge zu halbieren und mit der Hälfte des nächsten Strangs diese in einer Zwirnbindung zu fixieren, auf diese Weise entsteht ein Zickzackmuster, eine transponierte Kette. Vlies- oder Polstergeflechte sind auf diese Weise gemacht, bei der lose hängende Baststreifen mit gebunden werden und auf einer Seite eine Art Fell bilden. Desweiteren gibt es auch unterschiedlich gemusterte Zwirngeflechte aus dünnen Zöpfchen. Einen Wechsel der Flechtrichtung findet man bei Funden am Bodensee

Leinwandbindiges Flechten

Ist eine ebenfalls im Neolithikum vorkommende Methode, welche mehrere Herstellungsarten besitzt. Mögliche Produkte sind Bastmatten in rechteckiger Form oder man spannt einen kreisförmigen Rahmen, welcher dann leinwandbindig verflochten wird.

Netzbindung

Netzbindungen sind seit dem Mesolithikum bekannt. Um knotenlose Netze herzustellen, hängt man ein Baststreifen in einen Maschenbogen der vorhergehenden Reihe ein. Anschließend schlingt man den Faden um sich selbst. Die Verschlingtechnik wird häufig bei Fischernetzen angewandt, es wird der Fischer- oder Pfahlbauknoten verwendet. Spiralwulstflechten Zu bearbeiten!

Gebrauchsgegenstände aus Bast und Rinde

Der älteste, komplett erhaltene Gebrauchsgegenstand ist die [[Dolch[[scheide der GletschermumieÖtzi“. Ein vor ca. 3350-3100 v.Chr. hergestelltes Zwirngeflecht aus Lindenbast. Funde aus der Bronzezeit und dem Neolithikum sind meistens nur fragmentarisch erhalten, was eine genaue Rekonstruktion der Größe und Form dieser Geflechte nur bedingt ermöglicht. Bei der Fundstelle Sutz-Lattrigen, Bielersee, ca. 3200-3100 v.Chr., hat sich ein annähernd komplett leinwandbindiger Korb erhalten. Am Bodensee und den Schweizer Seen wurden mehrere Korbfragmente, hergestellt mit der Spiralwulsttechnik, gefunden. Binsen für die Einlage der Wülste, sowie Linden- und Ulmenbast für das Bindematerial fanden hier Anwendung. Die knotenlose Verschlingtechnik wurde wohl für Haarnetze, Tragbeutel und Fischernetze benutzt. Eines der ältesten, in dieser Form aus Weidenrinde hergestellten Netze, wurde bei einem mesolithischen Fundplatz freigelegt. Der Mann vom Hauslabjoch trug zwei aus Birkenrinde bestehende Gefäße mit sich, während eines als Glutbehälter diente. Das Anfertigen von zum Beispiel Taschen und Sandalen aus Birkenrinde ist noch heute in Lettland und Sibirien gebräuchlich. Im Neolithikum wurden Sandalen leinwandbindig oder als dichtes Zwirngeflecht gearbeitet. In Deutschland gefundene Sandalen aus Seeufersiedlungen besitzen unterschiedliche Macharten und bestehen meist aus Lindenbast. Da nur Reste von den Verschnürungen erhalten sind, lässt sich die Befestigung am Fuß nur rekonstruieren.

Siebe

Rekonstruktionsversuche zeigten, dass es sehr zeitaufwendig war ein Sieb herzustellen, da man viel Zeit für das Zwirnen von dünnen Bastfäden benötigt. In eine kreisförmige Holzrute werden zuerst die Zwirnfäden gespannt. Um das Abrutschen der Kettfäden zu vermeiden, wurde abwechselnd oben und unten gearbeitet. Bei diesen Versuchen erkannte man, dass es besser ist zuerst mit geraden Rändern zu arbeiten um es anschließend an die Holzrute festzunähen. Ein Wulstgeflecht aus Binsen und Lindenbast bilden den Rand. Allein für das Flechten wurden 64 Stunden gebraucht ohne die vorher notwendigen Schritte wie das Abziehen der Lindenrinde und das Zurichten der Baststreifen mit einzubeziehen. Funde von Sieben aus Hornstaad am Bodensee hatten Bastfäden von 0,5mm bis 1,4 mm. Eine andere Technik Siebe herzustellen, zeigt der Fund von Auvernier, Neuenburger See in der Schweiz. Es ist ein rechteckiges Zwirngeflecht aus Lindenbast bei dem die Kettstränge in jeder Reihe geteilt und auf der Hälfte S-kreuzig mit dem nächsten Kettstrang zwirngebunden ist und somit ein Zickzackmuster bildet. Der Rand ist aus Rinde gearbeitet.

Kleidung aus Bast

Funde aus den Feuchtbodensiedlungen vom Federsee, aus den Schweizer Seen und dem Bodensee zeigen neolithische und bronzezeitliche Hüte und Sandalen hauptsächlich aus Lindenbast.

Umhang

Als Schutz vor Regen und Wind wurden bis in die Neuzeit mehrlagige Geflechte aus Gras, Stroh oder Bast benutzt. Vorbild für Rekonstruktionen waren Teile eines dreilagigen Geflechts aus Lindenbast aus Hornstaad am Bodensee. Ohne das addieren der Zeit für die Gewinnung und Zubereitung des benötigten Basts, ergab sich ein Arbeitsaufwand von 35 Stunden. Die Innenseite des Umhangs bildet ein grobes Bastgeflecht mit lose hängenden Streifen. Um den Übergang vom Halsbereich zu den Schultern zu schaffen, wurde die zweite Reihe der Längsstränge halbiert und in zwei Zwirnbindungen befestigt. Für die äußeren zwei Schichten wurden baststreifen U-förmig umgebogen und über eine gezwirnte Schnur gelegt und befestigt. Der Umhang hält warm und schützt kurzzeitig vor Nässe.

Hut

Eine relativ ähnliche Herstellungstechnik besitzen Funde aus Deutschland und der Schweiz. Lose hängende Baststreifen bedecken den Außenrand während das Innere ein löcheriges kegelförmiges Zwirngeflecht ist. Ein gut erhaltenes Beispiel ist der Hut aus Wangen-Hinterhorn vom Bodensee. Damit die Baststreifen eingezwirnt werden können wurde das Zwirngeflecht von unten angefangen. Man benötigt ungefähr 15 Stunden für die Herstellung. Ein aufwendigeres Exemplar ist der aus Vliesgeflecht bestehende Hut vom Zürichsee. Hier wurden für die Zwirnverbindungen keine Baststreifen verwendet, stattdessen sehr dünne Bastfäden; welche aufwendig gezwirnt werden müssen. Bei einem weiteren Hut aus Sipplingen wurde zuerst das Zwirngeflecht hergestellt, während die Streifen im zweiten Schritt aufgenäht wurden.

Literatur

  • M. Egg, K. Spindler: Die Gletschermumie vom Ende der Steinzeit aus den Ötztaler Alpen. Vorbericht. Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz 39, Mainz, 1992.
  • A. Rast-Eicher: Die Textilien. In: J.Schibler u.a. (Hrsg.), Dans les Alpes A l`Aube du Métal. Archéologie et Bende dessinée. Sion, 1995, S. 149-153.
  • B. Gramsch: Ein mesolithischer Birkenrindenbehälter von Friesack. Veröffenltichungen des Brandenburgischen Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte, Heft 27, 1993, S. 7-15.
  • H. Meller: Geisteskraft. Alt-und Mittelpaläolithikum, Halle, 2003.
  • U. Körber-Grohne, A. Feldtkeller: Pflanzliche Rohmaterialien und Herstellungstechniken der Gewebe, Netze, Geflechte sowie anderer Produkte aus den enolithischen Siedlungen Hornstaad, Wangen, Allensbach und Sipplingen am Bodensee. Siedlungsarchäologie im Alpenvorland, Band V. Stuttgart, 1998, S. 131-242.
  • A.Feldtkeller, H. Schlichtherle: Flechten, Knüpfen und Weben in Pfahlbausiedlungen der Jungsteinzeit. Archäologie in Deutschland, Heft 1, 1998, S. 22-27.
  • A.Reichert: Zwirngeflechte in der Ausrüstung des Gletschermannes. Zur Herstellungstechnik der Dolchscheide, des Umhangs und der Innengeflechte der Schuhe. Experimentelle Archäologie im 3. Jahrtausend n. Chr., Internationale Fachtagung der Abreitsgruppe für Experimentelle Archäologie in der Schweiz, ETH Zürich, 1998, Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 58, Heft 1, Zürich, 2001
  • B.Gramsch: Baumbast und Holz. Archäologie in Deutschland, Heft 4, 1999, S.20-21
  • C. Alfaro-Giner:Tejido y cestería en la peninsula iberíca. Historia de su técnica e industrias desde la prehistoria hasta la romanizacíon. Bibliotheca Praehistorica Hispana 21, Madrid, 1984