Benutzer:IgorCalzone1/Leave No Trace FA
Filmanalyse und Themen
Filmgenre und Filmaufbau/Drehbuchfreiheiten
Oliver Kaevervon Zeit Online: "Im Gegensatz zu vielen Kollegen und Kolleginnen, die ihr Werk nicht festgelegt wissen wollen, ordnet Granik ihre Filme ganz offensiv dem sozialen Realismus zu. Ein schwieriger, weil schwammiger Begriff. Aber Winter’s Bone und Leave No Trace zeigen, was sie damit meint: Klassisches Filmhandwerk ohne verfremdende Elemente, das sich ganz in den Dienst einer Geschichte stellt, die an einem sehr spezifischen Ort spielt. In Winter’s Bone waren das die abgelegenen Ozarks in Missouri, wo Jennifer Lawrences Figur zwischen ärmlichen Blockhütten und Crystal-Meth-Küchen auf die Suche nach ihrem verschollenen Vater ging. Dort waren die Härte und Kälte der Natur und der Menschen den Gesichtern der Laiendarsteller eingeschrieben."[1]
Carsten Baumgardt von Filmstarts erklärt, Leave No Trance sei ein intelligent konstruiertes, komplex geschriebenes und tief berührendes Vater-Tochter-Drama, das viel über Amerika erzählt. Auf die naheliegenden dramatischen Zuspitzungen verzichte Debra Granik dabei, und so zeige Will keine wahnsinnigen Colonel-Kurtz-Attitüden und Tom fange auch nicht plötzlich an, den rebellischen Teenager raushängen zu lassen: „Die Konflikte werden nicht aufgebauscht, wirken dafür aber umso realer, denn die Regisseurin und die Schauspieler bringen uns die Figuren mit großem Feingefühl samt aller ihrer Widersprüche nahe.“ Schon mit Werken wie Winter’s Bone und Stray Dog habe sich Granik als Chronistin des armen weißen Amerikas in der Indie-Filmszene etabliert und so sei auch Leave No Trace nicht nur ein Film über eine Zwei-Personen-Familie, sondern eben auch eine Erzählung über Amerika, so Baumgardt: „Ein Amerika, wie es auch sein kann, ein Amerika mit dem Herz am rechten Fleck.“[2]
Auch Richard Brody von The New Yorker meint, Granik unternehme nicht weniger als auf die amerikanische selbstverschuldete politische Katastrophe von heute zu verweisen, wenn sie im Film behauptet, dass es ein direktes und unvermeidliches Ergebnis des amerikanischen Abenteurertums ist, also der unbekümmerten Missachtung/Haltung derer ist, die sich freiwillig zum (Militär)Dienst gemeldet haben, aber auch der Unfähigkeit, geistig verwundete/traumatisierte Veteranen wieder in die Gesellschaft zu reintegrieren oder sie mit der Gesellschaft zu versöhnen, die ihren Seelenfrieden zerstört und ihre Identitäten zerstört hat und ihnen nur Pillen (oder auch keine) gibt/verabreicht. Das Drama von Leave No Trace sei diffus und vage, aber sein Mangel an Spezifität öffne die Tür zur kraftvollen Abstraktion einer zentralen und entscheidenden Idee, so Brody. Graniks Film lege nahe, dass die USA/das Land, größtenteils unter Seelenschlachten begraben liegt, die eine Folge seiner zwei Jahrzehnte voller schlechter Kriege sind. / Granik is doing nothing less than pointing at the present-day American self-inflicted political catastrophe and asserting that it’s a direct and inevitable result of American military adventurism, cavalier disregard for those who volunteered for service, and the inability to reintegrate mentally wounded veterans into society—or to reconcile them with the society that destroyed their peace of mind, shattered their identities, and offers them pills (or none). The drama of “Leave No Trace” is diffuse and vague, but its lack of specificity opens the door to the powerful abstraction of a central and decisive idea. Granik’s film suggests that, largely out of view, the country is buried in soul-wreckage that results directly from its two decades of bad wars. Without any overt expressions of ideology or political discussion, of resentments or hatreds, she shows the ravaged ground in which poisonous politics grow.[3]
Alistair Ryder vom Film Inquiry beschreibt LNT als ein von Herzen kommendes Charakterdrama um zwei der wahrscheinlich besten Darbietungen des ganzen Jahres.[4]
Die 4-H-Szene wurde dem Skript für den Film hinzugefügt. Die Familie, auf der der Film basiert, nahm nicht am 4-H-Programm der Organisation für Kinder und Jugendliche teil, während sie auf der Farm lebte. Die Interaktion mit dem 4-H-Club ist auch nicht in dem Buch enthalten, auf dem der Film basiert.
Aufbau / Visuelles
Jon Frosch von The Hollywood Reporter meint, die Regisseurin nähere sich ihren marginalisierten Figuren nicht von Neugier getrieben und komme ohne Spott oder Mitleid aus. Sie begegne ihnen vielmehr mit einem klaren und unsentimentalen Mitgefühl. Das Drehbuch, das von Regisseurin Debra Granik und Anne Rosellini adaptiert wurde, gebe keinen Aufschluss darüber, wie und warum Will und Tom hier landeten, eine Art moderner, waldreicher Prospero und Miranda. Wills Entscheidung, sich selbst und seine Tochter aus der Gesellschaft zu entfernen / sich aus der Gesellschaft zurückzuziehen sei einerseits ein ideologischer Akt (eine Ablehnung des verbraucherkapitalistischen Exzesses), andererseits auch eine Form der (psychologischen) Selbsterhaltung (ein Bedürfnis nach äußerster Ruhe nach dem Kriegstrauma). Granik und ihr Kameramann Michael McDonough seien offensichtlich von der majestätischen Atmosphäre der Szenerie beeindruckt gewesen, so Frisch. Ihre naturalistischen Bilder seien voll von leuchtenden Grüntönen./ unlike some of those aforementioned, you don’t feel the distance between director and milieu. She doesn’t approach her marginalized characters as objects of curiosity or comedy, derision or pity; she comes at them straight-on, with clear-eyed, unsentimental compassion. xxx The screenplay, adapted by Granik and Anne Rosellini, doesn’t spell out how or why Will and Tom ended up here, a kind of modern-day, woods-dwelling Prospero and Miranda. Instead, bits of background information are doled out with merciful understatement, allowing us to piece together a rationale: Will’s choice to remove himself and his daughter from society is an act both of ideology (a rejection of consumer-capitalist excess) and of psychological self-preservation (a need for utmost peace after the trauma of war). Granik and DP Michael McDonough are alive to the setting’s majesty, their naturalistic images brimming with vibrant greens and conjuring a cool dampness you feel in your bones. Like Granik’s other movies, this one is unflinching, but never bombards you with the grimy specifics of struggle. While the park is a challenging environment, it's also Will and Tom's private paradise, and they've built a functional, even fulfilling life inside it; when Tom asserts at one point that she and her dad have never been “homeless,” you understand what she means. Further distinguishing Granik’s films from others in a similar regional-realist-indie vein are the flickers of hopefulness and flashes of warmth that illuminate them. As hard-bitten and desperate as her characters often are — Will sells benzos to other vets for grocery money — she allows them to be sympathetic; even sinister ones, like the witchy henchwoman played by Dale Dickey in Winter’s Bone (the actress shows up in Leave No Trace in a more benevolent mode), are granted moments of almost heroic decency. In Granik’s new movie, that generosity is extended to characters like a social worker (a very good Dana Millican) who seem minor but are evidence of the director’s humanism — her faith that even broken American institutions are full of people doing their best.[5]
Figurenanalyse
Will: Richard Brody von The New Yorker xxx Es gibt einen Hinweis, dass Wills Frau, Toms Mutter, tot ist; Es gibt etwas in seiner Vergangenheit, dass er sich versteckt, und Tom weiß, dass er etwas versteckt (es ist nicht klar, ob sie weiß, was es ist), aber der Film bietet keine Details über beide Geschichten. Will wirft Tom auf, sich der Gefangennahme zu entziehen; Sie ändern von Zeit zu Zeit den Standort ihres Camps (es ist unklar, wie lange sie schon im Wald waren), und er setzt sie durch Übungen, um sie auf die Spuren aufmerksam zu machen, die sie verlässt. / There’s a hint that Will’s wife, Tom’s mother, is dead; there’s something in his past that he’s hiding, and Tom knows that he’s hiding something (it’s not clear whether she knows what it is), but the movie offers no specifics about either story. Will raises Tom to evade capture; they change the location of their camp from time to time (it’s unclear how long they’ve been in the woods), and he puts her through drills to make her aware of the traces that she leaves.[6]
Jon Frosch von The Hollywood Reporter: Will hätte sich im Film in einen weniger fairen Vater verwandeln können zu einer Art schweigsamer Tyrann, der seine Tochter indoktriniert und sie der Normalität beraubt, doch hier sei Will anders konzipiert. Will, wunderbar gespielt von Foster, sei er ein guter Vater, aufmerksam und hingebungsvoll, so Frosch. In seiner Beziehung zu Tom gebe es Balance und Zärtlichkeit. Die Verbindung zwischen den Beiden sei so stark, dass sie, wenn die Polizei sie aus ihrem Lager entfernt und sie sich auf verschiedenen Etagen eines Sozialzentrums wiederfinden, man den Schmerz und die Panik dieser Trennung spüren könne, so Frosch. In einem der aufsehenerregendsten Momente des Films stehen sie im Wohnzimmer in ihrem neuen möbeilierten Haus herum und sind sich nicht sicher, was sie jetzt tun sollen, wenn das grundlegende Überleben nicht länger eine Vollzeitbeschäftigung ist. Frosch zitiert: "Wir können weiterhin/immer noch unsere eigenen Gedanken denken", versichert Will Tom, obwohl er damit nur versuche, sich selbst zu beruhigen. Während Tom sich ihrer neuen Situation annimmt, lernt Fahrrad zu fahren, sich mit einem Jungen aus der Gegend anfreundet, der Kaninchen großzieht und sogar eine gewisse irritierte Freude an den Sonntagsgottesdiensten findet. Es hilft nicht, dass die Arbeit, die Will bekommt, Bäume auf der Farm zu fällen, im Wesentlichen seinen Werten und seinem Weltbild entgegensteht. Ein Bild von Will, der zwischen Reihen von beschnittenen Kiefern kauert, während ein Hubschrauber laut über ihm kreist, bereit, die Bäume zum Verkauf wegzuholen, erzählt uns alles, was wir wissen müssen. Es dauert nicht lange, bis er Tom bittet, ihre Sachen zu packen und zurück in den Wald zu gehen. Ben Foster sei ein bemerkenswert ausdrucksstarker, vielseitiger Performer, und er mache Will zu einer authentisch komplexen Figur: sanft, sensibel, aber auch starr, so Frosch. Fosters Zerbrechlichkeit passe wunderbar zu McKenzies Stabilität/Stärke und Ausgeglichenheit. Die junge Schauspielerin habe eine süße, mädchenhafte Stimme, die Toms stahlharte Entschlossenheit ebenso widerlegt wie eine Neugier, die vor Ihren Augen zu blühen scheint, so Frosch. The suspense in Leave No Trace is less about where the pair ends up than how they can get there without breaking each other’s hearts. The movie takes its time, but in its unassuming way, draws you close and keeps you there. You want to see whether this father and daughter will understand, as Granik clearly does, that if holding fast — to people, ideas, ways of life — is an expression of love, so is letting go.[7]
Tom: Stephanie Zacharek von xxx Der Blick auf Toms Gesicht zeige ihre Unsicherheit und ihre Sehnsucht. "Ja, ich möchte mit anderen jungen Leuten zusammen sein" und "Ja, ich würde gerne mehr über Kaninchen lernen", dies sage alles über Tom, die sich zwar als Individuum definieren, aber auch irgendwie dazugehören will, so Zacharek. Um das zu tun, müssen sie aus der Unsichtbarkeit heraustreten / aus ihrem Versteck hervorkommen. Ihr Vater habe ihr gut beigebracht, wie man seine Spuren verwischt, doch Tom wissen nicht, dass der einzige Weg, das Leben zu leben, darin besteht, sie/diese Welt/ihr Versteck zu verlassen, so Zacharek. / The look on Tom’s face—of uncertainty, of yearning, of “Yes, I would like to be with other young people” and “Yes, I would like to learn more about rabbits”—says everything about youth, about wanting to define yourself as an individual but also wanting, in some way, to belong. To do that, you must step out of invisibility. Tom’s father has taught her well how to erase her tracks. She doesn’t yet know that the only way to live life is to leave them.[8]
Themen
„Es ist eine Geschichte der Trennung, der expliziten oder impliziten Trennung von der Gesellschaft als Ganzes, im Interesse eines unausgesprochenen inneren Exils / Rückzugs – eine Erfahrung, die Will als eine Art verzweifelte Flucht erlebt, als Flüchtling/Fliehender nicht nur von der Gesellschaft, sondern auch von sich selbst. / It’s a story of disconnection, of explicit or implicitly disconnecting from society at large, in the interest of an unspoken internal exile—one that Will experiences as a sort of desperate flight, as a fugitive not only from society but from himself, which Granik inscribes into the American landscape at large.“
- ↑ Oliver Kaever: "Leave No Trace" : Das Glück im Verschwinden. In: Zeit Online, 10. September 2018.
- ↑ Carsten Baumgardt: Leave No Trace. In: filmstarts.de. Abgerufen am 27. Juni 2018.
- ↑ https://www.newyorker.com/culture/the-front-row/review-leave-no-trace-explores-the-ground-in-which-poisonous-politics-grow
- ↑ https://www.filminquiry.com/leave-no-trace-2018-review/
- ↑ https://www.hollywoodreporter.com/review/leave-no-trace-review-1075523
- ↑ https://www.newyorker.com/culture/the-front-row/review-leave-no-trace-explores-the-ground-in-which-poisonous-politics-grow
- ↑ https://www.hollywoodreporter.com/review/leave-no-trace-review-1075523
- ↑ http://time.com/5325262/leave-no-trace-movie-review/
- ↑ https://www.newyorker.com/culture/the-front-row/review-leave-no-trace-explores-the-ground-in-which-poisonous-politics-grow