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Geschichte der Universität Wien

Spätmittelalter

Theologische Fakultät Wien: Gedenktafel an den Judenpogrom von 1421


Die Gründungsurkunde der Universität, heute im Archiv verwahrt, wurde am 12. März 1365 von Herzog Rudolf IV. und seinen Brüdern Albrecht III. und Leopold III. unterzeichnet. Daher rührt auch der Name der Universität Alma Mater Rudolphina. Die Gründungsurkunde enthält in programmatischer Weise das Leitbild der Universität, dass „gemain guot, rechte gerichte, menschlich vernunft und beschaidenhait aufneme und wachse […] und daz ein yeglich weiser mensch vernünftiger und ain unweiser zuo menschlicher vernunft in rechte erkantnüsse mit goetlicher lerung bracht und geczogen werde.“

Die Universität Wien ist somit nach der Karls-Universität Prag die zweitälteste Universität im damaligen Heiligen Römischen Reich nördlich der Alpen und die älteste bestehende Universität im deutschen Sprachraum. Bis zur Aufnahme des geregelten Lehr- und Lernbetriebs sollten jedoch noch fast zwanzig Jahre vergehen; 1383 nützte Herzog Albrecht III. einen Streit an der Sorbonne, um zahlreiche Professoren von Paris nach Wien zu berufen, und nachdem auch der 1365 noch ausgesprochene päpstliche Vorbehalt, eine theologische Fakultät einzurichten, gefallen war, erließ Albrecht III. 1384 einen zweiten Stiftsbrief, mit dem die kontinuierliche Entwicklung begann.



Renaissance-Humanismus

Bis zum Ausgang des Mittelalters wuchs die Universität Wien stetig an und hatte in der Zeit des Humanismus (um 1500) über 6.000 Studenten, womit sie die größte Universität des Reiches geworden war. In den 1520er Jahren führten Pestepidemien, die Bedrohung durch das türkische Heer und die Reformation zu einem starken Schwund bei den Studentenzahlen; im 16. Jahrhundert hatte die Universität zeitweilig nur mehr 30 Studenten. Am 13. Oktober 1623 wurde die Universität mit dem 1551 gegründeten Jesuitenkollegium vereinigt und die gesamte theologische und philosophische Fakultät den Jesuiten (der Gesellschaft Jesu) überantwortet. Nach dieser Reform nahm die Universität wieder einen gewissen Aufschwung.

Zeit der Aufklärung

Tiefgreifende Reformen erfolgten dann unter Maria Theresia und Joseph II. ab 1749, mit denen der Einfluss der Jesuiten zurückgedrängt und schließlich ganz beseitigt und die Universität in eine Staatsanstalt umgewandelt wurde, womit ein fast gänzlicher Verlust der Universitätsautonomie verbunden war. Auf Forschung wurde wenig Wert gelegt, die Lehre straff organisiert.

1848 bis 1938

Die Revolution 1848 richtete sich nicht zuletzt gegen diese Einschränkungen der Lehr- und Lernfreiheit, die dann auch 1849 die Prinzipien der Universitätsreform des Unterrichtsministers Leo Thun-Hohenstein wurden. In diesem Zusammenhang wurde auch die Philosophische Fakultät aufgewertet und den drei „höheren“ Fakultäten (Theologie, Jus, Medizin) gleichgestellt. Im Jahr 1897 wurden Frauen erstmals als ordentliche Hörer zugelassen, wenn auch zunächst nur an der philosophischen Fakultät. Die restlichen Fakultäten folgten teils mit erheblichem Abstand: 1900 die medizinische, 1919 die juristische, 1923 die evangelisch-theologische. Im Jahr 1945 ließ schließlich auch die katholisch-theologische Fakultät Frauen als ordentliche Hörer zu.[1]Acht Jahre nach Beginn des Frauenstudiums an der Universität Wien gelang es der Romanistin Elise Richter 1905 als erster Frau, sich zu habilitieren; sie wurde 1921 auch die erste außerordentliche Professorin. Die erste Ordinaria wurde an der Universität Wien erst 1956 ernannt: die Physikerin Berta Karlik.

Schon lang vor dem „Anschluss“ von 1938 waren demokratiefeindliche und antisemitische Studenten, von einigen Professoren wohlwollend toleriert, an der Universität aktiv. 1928 fanden Hochschulkrawalle statt, 1932 waren ebenfalls Studentenkrawalle zu verzeichnen, die mit Demonstrationen vor dem Haupteingang der Universität verbunden waren.[2] Im Juni 1936 wurde der Physiker und Philosoph Moritz Schlick, Begründer des Wiener Kreises, auf der Philosophenstiege im Hauptgebäude der Universität von einem seiner ehemaligen Studenten erschossen;[3] der Mörder wurde zwei Jahre später vom NS-Regime aus der Haft entlassen.

Zeit des Nationalsozialismus

Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich wurde die Universität Wien 1938 unter Rektor Fritz Knoll nach nationalsozialistischen Gesichtspunkten „gleichgeschaltet“ und eine große Anzahl an Lehrenden und Studierenden aus rassistischen bzw. politischen Gründen vertrieben.[4][5]1943 folgte ihm der Anatom Eduard Pernkopf.

Nachkriegszeit

Im April 1945 erwirkte der damals erst 22-jährige Kurt Schubert, später anerkannter Doyen für Judaistik an der Wiener Universität, von der sowjetischen Besatzungsmacht die Erlaubnis, den Universitätsbetrieb wieder aufzunehmen, weshalb er als inoffizieller erster „Rektor“ der Universität nach dem Krieg gilt. Bereits am 25. April 1945 wurde jedoch der Verfassungsrechtler Ludwig Adamovich senior zum ordentlichen Rektor der Universität Wien gewählt.

Die mit der Universitätsreform 1975 verwirklichte Mitbestimmung von Studenten und universitärem Mittelbau wurde mit der Universitätsreform 1993 (in Wien in Kraft seit dem Jahr 2000) und der Universitätsreform 2002 (in Kraft seit 2004) großteils wieder rückgängig gemacht. Durch die zuletzt genannten Reformen erhielt die Universität nach über 250 Jahren als staatliche oder halbstaatliche Anstalt ihre Rechtsfähigkeit zurück, die Zahl der Fakultäten und Zentren wurde auf 18 erhöht (siehe unten), die medizinische Fakultät als Medizinische Universität Wien ausgegliedert.

Im Jahr 2015 widmeten die Wiener Philharmoniker einen Teil des Programmes ihres Neujahrskonzertes der Universität Wien anlässlich des 650-Jahr-Jubiläums am 12. März 2015.

Einzelnachweis


  1. Katharina Kniefacz: Frauen an der Universität Wien. In: Universität Wien. Universität Wien, 18. März 2018, abgerufen am 15. März 2019.
  2. Bundespolizeidirektion Wien (Hrsg.): 80 Jahre Wiener Sicherheitswache. Verl. f. Jugend u. Volk, Wien 1949, S. 207.
  3. Plakette Moritz Schlick. In: Plakette. Wayback Machine, 11. November 2010, abgerufen am 15. März 2019.
  4. Präambel. In: http://gedenkbuch.univie.ac.at/index.php?id=432. Universität Wien, abgerufen am 15. März 2019.
  5. Unschuldslegende zerstört. In: http://orf.at/stories/2022242/2020834/. ORF.at, 28. Oktober 2010, abgerufen am 15. März 2019.