Benutzer:Kesselflicker/Gottesnamen im Judentum

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Die Gottesnamen im Judentum sind für gläubige Juden mehr als bloße Bezeichnungen. Sie repräsentieren die jüdische Konzeption der Natur Gottes und dessen Beziehung zum jüdischen Volk. Aus Ehrfurcht vor der Heiligkeit der Namen Gottes und um besonderen Respekt zu zeigen, hält der Sofer, der handschriftliche Kopien heiliger Texte anfertigt, stets einen Moment inne, bevor er einen Namen abschreibt. Mit Umschreibungen sollen die wahren Namen Gottes verhüllt werden. Die verschiedenen Gottesnamen repräsentieren Gott selbst, aber auch die ihm zugeschriebenen Aspekte.

Die zahlreichen Namen Gottes waren Gegenstand von Auseinandersetzungen unter Bibelgelehrten - einige führen sie als Indiz dafür an, dass die Tora eine Vielzahl von Autoren hatte, während andere erklären, dass verschiedene Aspekte Gottes auch verschiedene Namen hätten, deren Verwendung davon abhinge, welche Rolle Gott im Kontext der Schriftstelle spiele und welche spezifische Eigenschaft betont würde.

Jahwe

Psalm 1, Verse 1 und 2 nach der BHS. Das Tetragramm erscheint in der vorletzten Zeile an zweiter Stelle von links.

Der wichtigste Gottesname im Judentum ist Jahwe (auch Jabe, Jehova, Jao) das im Hebräischen mit dem Tetragramm' יהוה (Transliteration: JHWH, im Hebräischen von rechts nach links geschrieben) geschrieben wird. Es taucht zum ersten Mal im Bereschit auf und wird in der Regel mit "der Herr" übersetzt. Da gläubige Juden es spätestens seit dem 2. nachchristlichen Jahrhundert lange Zeit als blasphemisch betrachtet haben, den Namen auszusprechen, ist die korrekte Aussprache zwischenzeitlich in Vergessenheit geraten, da die hebräischen Originaltexte lediglich aus Konsonanten bestehen. Dies hing mit der Heiligung des Gottesnamens zusammen, die im Dekalog wie das Bilderverbot als unmittelbare Folge des 1. Gebots erscheint (Ex. 20, 7). Wer den Namen Gottes auszusprechen vermied, konnte ihn auch weniger leicht entheiligen oder missbrauchen.

Allerdings hatte Gott nach Ex 3 seinen Namen selbst mitgeteilt, um sich für sein Volk anrufbar zu machen. Daher wurde er im alten Israel auch im Alltag benutzt und anderen Gottesnamen gegenübergestellt. So liest man etwa in den Lachischbriefen:

Möge Jahwe meinen Herrn hören lassen gerade jetzt erfreuliche Nachrichten! ... Und [mein Herr] soll wissen, dass wir auf die [Feuer]-Signale von Lachis achten, gemäß allen Anweisungen, die mein Herr gibt, jedoch sehen wir nicht [die Zeichen von] Azeka.

Neuere Schriftfunde von Israels Nachbarvölkern im Orient, die auf die Religion der Juden eingehen, überliefern den Name ihres Gottes mit “Jawe”, “Jabe” und “Jauwe”. Die Konsonanten b und w liegen sprachlich sehr nahe beeinander. Wegen dieser sprachwissenschaftlichen Überlegung sehen die meisten Wissenschaftlern die Aussprache "Jahwe"/ˈjachːve als historisch relativ korrekt an. Es existieren hierzu auch viele andere Varianten, die durch regionale und kulturelle Unterschiede ihrer Zeit geprägt wurden.

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Das Tetragramm auf einer Darstellung von 1612

Die hebräische Buchstabenfolge ist Jod-He-Waw-Heh (יהוה), man beachte, das die Schreibrichtung im Hebräischen von rechts nach links läuft. Dieser Name findet sich schon in den in paläo-hebräischen Schriftzeichen verfassten ältesten aramäischen Schriften, und es wird vermutet, dass es schon zu jener Zeit beim Vorlesen als Adonai ("mein Herr") gelesen wurde.

In der jüdischen Tradition ist J auch das Imperfekt der 3. Person Singular des Verbs "sein" und bedeutet daher "Gott ist", "Gott wird sein" oder auch "Gott lebt". Diese Erklärung stimmt mit der Schriftstelle aus Schemot (bzw. Exodus 3,14) überein, in der Gott als in der 1. Person Sprechender auftritt: "Ich bin". Die Bedeutung wäre also etwa: "der, der aus sich selbst existiert" oder konkreter "der, der lebt" (das abstrakte Konzept des bloßen Seins ist dem klassischen hebräischen Denken fremd). Die Vorstellung, dass Gott durch sich selbst existiert als der Schöpfer, der nicht selbst geschaffen worden ist, erwächst aus dem hebräischen Konzept des Monotheismus, deshalb auch: Ich bin, der ich bin.

Bedeutung

Im Buch Bereschit (Genesis) erscheint "Jahwe Elohim" im 2. Kapitel (Vers 4) erstmals als Name des Schöpfergottes. Die auffällige Unterscheidung des Namens von dem allgemeinen Titel "Gott, Götter" hat die Forschung schon im 19. Jahrhundert auf verschiedene Quellschriften aufmerksam gemacht, die in der Genesis nebeneinander stehen und den Pentateuch durchziehen (den so genannten "Jahwisten" und den "Elohisten").

Das Buch Schemot (Exodus) gibt im 3. Kapitel eine ausdrückliche Erklärung sowohl für das Nebeneinander von "Elohim" und "Jahwe" als auch für den Gottesnamen selbst. Danach war Gott den Stammvätern der Israeliten anfangs nicht namentlich bekannt, sondern wurde nach dem benannt, dem er zuerst begegnete ("Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs", Vers 6). Erst Mose, der Israel aus Ägypten führte, erhielt auf seine Nachfrage den Eigennamen Gottes. Dabei erklärt Gott selbst seinen Namen mit אהיה אשר אהיה (Vers 14).

Die Bedeutung dieses zentralen Verses ist höchst umstritten. Man nimmt an, dass er auf die eng verwandten Wurzeln הוה (hawah - sein, werden) und היה (hajah - geschehen, veranlassen, da sein) zurückgeht und bewusst mit deren Vieldeutigkeit spielt. Denn Präsens und Futur sind in hebräischen Verben oft identisch. Im Hif'il (hebräischer Kausativstamm) kann Jahwe demnach bedeuten: "Er veranlasst zu werden". Übersetzt man den Vers im Präsens, dann würde er lauten: "Ich bin, der ich bin". Im Futur kann er auch heißen: "Ich werde (für euch) (da) sein" oder "Ich werde mich erweisen, als der ich mich erweisen werde". Diese Bedeutung legt sich aus dem Kontext nahe, weil es in Vers 12 hieß: "Ich werde mit Dir sein" und in Vers 8 das zukünftige Handeln Gottes am Volk Israel genannt wird.

Die Septuaginta übersetzt unter dem Einfluss der griechischen Philosophie später jedoch: "Ich bin der Seiende" oder futurisch: "Ich werde mich als seiend erweisen." Damit verschiebt sie den Sinnakzent bereits vom dynamischen Handeln, in dem Gott sein Wesen zeigt (wer ist Gott-für-uns?), zur eher statischen Theorie des Essenz- oder Substanz-Begriffs (was ist Gott-an-sich?). Wird der Kontext jedoch für die Deutung herangezogen, dann ist der Name untrennbar von der Rettungszusage an Mose und Israel. Zugleich aber enthält diese Offenbarung eine deutliche Zurückweisung: "Ich bin für Dich da", aber "Ich bin, der ich bin" bzw. "Ich werde sein, der ich sein werde" - nicht etwa "der Gott, den Du gerne hättest".

Herkunft

Der Ursprung des Namen Jahwe ist ungeklärt und wird in der historisch-kritischen Bibelforschung kontrovers diskutiert. Die Bibel gibt jedoch einige Hinweise, woher der Name gekommen sein könnte. Nach Ex 3,1 erhielt Mose den Namen Jahwe "im Lande Midian" am "Berg Gottes", der hier "Horeb" genannt wird. Diese Bezeichnung verwendete die israelitische Geschichtsschreibung für den Berg Sinai, an dem später nach Ex 19-24 die große Theophanie mit der Offenbarung des Dekalogs, der Tora und dem Bundesschluss mit dem ganzen befreiten Volk stattfand.

Die genaue Lage dieses Berges ist unbekannt. Er wurde erst in christlicher Zeit im Süden der heute nach ihm benannten Sinai-Halbinsel lokalisiert und heißt im Arabischen Deschebel Mosa (Moseberg). Westlich von ihm wurden am Dschebel Serbal Inschriften der Nabatäer von etwa 100 v. Chr. gefunden, die belegen, dass in dieser Gegend ein altes Wallfahrtsheiligtum lag.

Das Gebiet der Midianiter, eines Volkes kriegerischer Wüstennomaden, befand sich dagegen östlich des Golfs von Akaba. In diese Richtung weisen auch weitere Bibelstellen, die den Sinai neben dem "Seir", einem Gebirgszug östlich des Wadi El-araba zwischen Totem Meer und Golf von Akaba im damaligen Gebiet Edom nennen. In Dtn 33,2 heißt es:

Jahwe ist vom Sinai gekommen und ist ihnen aufgeleuchtet vom Seir her.

Das "Aufleuchten" spielt auf die "Wolken- und Feuersäule" an, die den Israeliten nach ihrer nächtlichen Flucht aus Ägypten den Weg zum Schilfmeer wies (Ex 13,21f). Dieses Motiv stammt offenbar aus der Sinaierzählung und erinnert an deren Naturphänomene: Donner, Blitz, dichte Wolken (Ex 19,16) wie bei einem Gewitter, zudem Rauch, Feuer "wie von einem Schmelzofen", Erdbeben (Ex 19,18) wie bei einem Vulkanausbruch. Darauf bezieht sich auch der Siegespsalm der Deborah nach dem wunderbaren Durchzug durch das Meer, in dem das Heer des Pharao versank. Darin heißt es (Ri 5,4f):

Jahwe, als Du von Seir her auszogst und von den Gefilden Edoms einher gingst, da erzitterte die Erde, Himmel und Wolken troffen von Wasser. Die Berge, der Sinai wankten vor Jahwe, dem Gott Israels.

Dieses Zitat taucht in Ps 68,8f fast wortgleich wieder auf. Dort heißt Gott geradezu "der vom Sinai".

Obwohl hier literarische Motive eines göttlichen Machterweises im Spiel sind, kann echte Erinnerung dahinter stehen: Dann wäre der Name Jahwe ursprünglich mit einer Berggottheit in vulkanischem Gebiet verbunden gewesen. Tätige Vulkane gab es damals aber nur südöstlich des Golfs von Akaba, nicht auf der Sinaihalbinsel. Auch dieser Gottesberg kann schon vor der Begegnung von Midianitern und Hebräern ein Wallfahrtsort gewesen sein: Nach Ex 3,1 war Mose der Schwiegersohn des "Priesters von Midian".

Schreibweisen

Erst die Masoreten führten ein Punktationssystem für die Vokale ein und vereinheitlichten damit die Aussprache. Dabei punktierten sie unter und über das Tetragramm die Vokale von "Adonai" (= Herr). Diese Vokalisierung sollte verhindern, dass jemand, der nicht gut hebräisch lesen kann oder unkonzentriert ist, versehentlich den Namen Gottes ausspricht. Dem der hebräischen Schrift Kundigen dagegen sagte diese Punktation (Vokalisation), dass an dieser Stelle etwas anderes geschrieben stand (ketib), als zu lesen war (qere), und er demnach das Wort "Adonai" auszusprechen habe. Wo die Kombination Adonai JHWH erscheint, die als Adonai Elohim zu lesen ist, wurde JHWH entsprechend den Vokalen von Elohim punktiert.

Nahm man die Lesart wörtlich, dann entstand in Kombination mit den Konsonanten das Wort „JeHoWaH“ /jeˈhoːva/, latinisiert „Jehova“: Das A - hebräisch Schwa - in einer Anfangssilbe wird nach Konsonant zu kurzem E, während es bei "Adonai" als A (Ajin) erscheint, um die Aussprache ohne Konsonant hörbar zu machen. Das verbreitete Unwissen über diese Eigenheiten der masoretischen Bibelvokalisierung hat zu dem Missverständnis geführt, dass der Gott Israels "Jehovah" heiße.

Die Biblia Hebraica Stuttgartensia kennt den Masoreten folgend verschiedene Vokalisierungen des Namens wie "JeHWáH", "JeHWíH" und "JeHoWáH":

JHWH Jehwáh Jehwíh Jehowáh Jehowíh
Darstellung
JHWH.jpg
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Verschiedene Lehrmeinungen besagen zum Beispiel:

  • dass die "Vokalisation des Tetragrammatons ursprünglich JeHuàH oder JaHuàH gewesen sei" (The Mysterious Name of Y.H.W.H., Dr. M. Reisel, 1957, Seite 74).
  • "Sanchuniathon schreibet Jevo, Diodorus aus Sicilien, Macrobius, Clemens Alexandrinus, der heil. Hieronymus und Origenes, Jao; die Samaritaner, Epiphanius, Theodoretus, Jahe, oder Jave; Ludwig Cappel lieset Javoh; Drusius, Jahve; Hottinger, Jehva; Mercerus, Jehovah; Castellio, Jovah; und le Clerc, Jawoh, oder Javoh." (Romanus Teller, 1749)
  • "Hinweise [lassen] erkennen, ja sogar beweisen, daß Jahwéh nicht die richtige Aussprache des Tetragrammatons war . . . Der Name selbst lautete wahrscheinlich JAHÔH" (Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft, Jg. 54, 1936, S. 269).
  • "Die Aussprache Yahvé, die in einigen neueren Übersetzungen verwendet wird, stützt sich auf ein paar alte Zeugen, aber sie sind nicht schlüssig. Zieht man Eigennamen, die den göttlichen Namen zum Bestandteil haben, in Betracht, wie zum Beispiel den hebräischen Namen des Propheten Elia (Eliyahou), dann könnte die Aussprache genausogut Jaho oder Jahou sein." (Kommentar in der revidierten französischen Segond-Übersetzung)
  • "Im Namen Jehovah selbst sind drei Zeitformen des hebräischen Verbes „sein“ zu finden: JE = erste Silbe von Jehi = er wird sein, HOV = erste Silbe von hoveh = er ist, AH = letzte Silbe von hajah = er war. So läßt sich die Bedeutung des Namens Gottes schon erahnen. Die hebräische Übersetzung des Wortes Jehovah ist: DER EWIG DA SEIENDE." (Der heilige Name Gottes, St. Johannis-Druckerei, 1988, Seite 13)

Diese unterschiedlichen Thesen lassen ausser acht, dass der Name Jahwe unterschiedliche regionale und kulturelle Prägung erfahren hat und somit unterschiedliche Aussprachen in verschiedenen Dialekten nebeneinander bestehen können.

Kurzformen und Attribute

In poetischen Texten des Alten Testaments findet sich auch die Kurzform Jah. In dieser Form ist er auch enthalten im Wort Halleluja (hebr.: "halelu-Jah" was "Preiset Jah" bedeutet), das auch im Neuen Testament mehrfach vorkommt (Offenbarung 19, 1. 3. 4. 6). Die Aussprache "Jahwe" für die lange Form des Namens wurde v. a. aufgrund dieser Kurzformen als wahrscheinlichste Variante erschlossen. Jedoch verweisen einige Hebraisten darauf, dass die vier Konsonanten JHWH nach der gängigen hebräischen Vokalisation als dreisilbiges Wort ausgesprochen wurden. Demnach erschien der Gottesname entweder in einsilbiger Kurzform Jah oder als dreisilbige Form, z.B. Jehova oder Jahou(wa).

Elohim

Andere alttestamentliche Bezeichnungen Jahwes sind El oder Elohim, wobei El die Kurzform von hebr. Eloha ist. Dies bedeutet wörtlich übersetzt soviel wie "Mächtiger". Elohim wird im Zusammenhang mit der Bezeichnung Jahwes als pluralis majestatis von Eloha verwendet.

Zebaot

Ein weiteres Attribut Jahwes lautet Zebaot (der Heerscharen) und kennzeichnet Jahwe als Anführer des Engel-Heers. Zebaot kommt fast ausschließlich in Kombination mit der Konsonantenfolge JHWH vor.

Griechische Übersetzung

Schon in der im dritten vorchristlichen Jahrhundert entstandenen griechischen Übersetzung des Alten Testaments, der Septuaginta, wird möglicherweise, teilweise analog zu Adonaj, das griechische Κύριος (Kyrios, Herr) für den Gottesnamen gebraucht, wobei diese Änderung eventuell erst im 2. oder 1. vorchristlichen Jahrhundert im bereits bestehenden Text vorgenommen wurde. Eine andere Annahme geht davon aus, dass zunächst in den ursprünglichen Handschriften der Septuaginta der Name Jahwe - wahrscheinlich in hebräischer Schrift - beibehalten wurde und es erst später zu einem Wechsel zu "Kyrios" kam. In einzelnen, meist jüdischen Abschriften der Septuaginta, ist der Name יהוה - mit althebräischen, hebräischen oder griechischen Buchstaben mitten im griechischen Text geschrieben - noch bis ins 9. Jahrhundert nach Christus nachweisbar (Ambrosiana O 39 sup.).

Da in späterer Zeit viele Gelehrte hebräisch nicht mehr verstanden, wurde die hebräische Variante vereinzelt als "PIPI" gelesen, da man sie mit den griechischen Buchstaben Π Ι Π Ι verwechselte. Teilweise wurde der Name, in griechischen Buchstaben transliteriert, als ΙΑΩ geschrieben, was die Aussprache "Jao" bzw. "Jaho" nahelegen würde (einen Buchstaben für den H-Laut hat die griechische Schrift nicht). Diese Form wird auch von Klemens von Alexandria überliefert. Sie enthält mit Alpha und Omega den Anfangs- und Endbuchstaben des griechischen Alphabets und spielt damit ebenfalls auf das "ewige Dasein" Gottes von Anfang bis Ende der Schöpfung an.

Übersetzung im christlichen Sprachraum

Die Schreibweise Jehova(h) ist seit dem 13. Jahrhundert belegt. Sie geht auf den Dominikanermönch Raymund Martini zurück, der sie 1278 in seinem Werk "Pugio Fidei adversus Mauros et Judaeos" einführte. Später findet sie sich in vielen alten deutschen Bibelübersetzungen wie der unrevidierten Elberfelder Bibel, den Erstauflagen der katholischen Van-Eß-Übersetzung und auch an einzelnen Stellen in der englischen King-James-Bibel. Diese Verwendung übertrug sich auch in Hunderte von Kircheninschriften, Kirchenliedern, Münzen und literarischen Werke bis ins 20. Jahrhundert im deutschsprachigen Raum.

Die katholische Einheitsübersetzung gebraucht an etwa 120 Stellen Jahwe, schreibt an den meisten Stellen aber Herr. Die meisten evangelischen Bibelübersetzungen schließen sich der jüdischen Tradition an und schreiben Herr (teilweise auch als HErr oder HERR, um an dieser Stelle zu unterscheiden, ob Jahwe oder Adonaj im Urtext steht; für Adonaj Jahwe entsprechend Herr Gott.). In den meisten anderen Sprachen wird dies ähnlich gehandhabt.

Die Zeugen Jehovas verwenden den Namen Jehova heute u.a. in ihrer Bibelübersetzung "Neue-Welt-Übersetzung der heiligen Schrift", sowohl in den hebräisch-aramäischen Schriften des Alten (6973 mal) als auch den griechischen Schriften des Neuen Testaments (237 mal).

Auch die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ("Mormonen") verwendet Jehova, allerdings nicht ausschließlich. Diese Form erscheint vor allem in den Tempelritualen dieser Kirche und hat dort eine spezielle esoterische Bedeutung. Außerhalb des Tempels wird meist der Herr oder englisch the Lord gesagt.

Wiedergabe des Namens im Judentum

Im Judentum wird Gottes Namensoffenbarung in engem Zusammenhang mit seinem "Herabkommen", "Retten" (Ex 3,8) oder "Erbarmen" als unvorhersehbare und unbegreifliche Zuwendung zum Menschen verstanden. Jüdische Ausleger betonen daher besonders den Aspekt von Gottes Gnade, die als besonders heilig angesehen wird.

Weder Tora noch Mischna verbieten den Gebrauch des Gottesnamens. Aber ein Jude, der den Namen öffentlich in negativem Kontext aussprach, lief im alten Israel Gefahr, als Gotteslästerer die Todesstrafe zu erleiden (3. Mose 24,16). Die Heiligkeit des Namens sollte vor solchem Missbrauch geschützt werden: Daher vermieden bereits die Chassidim - eine jüdische Richtung der "Frommen", die etwa seit den Makkabäerkriegen im 2. vorchristlichen Jahrhundert entstand - die Aussprache des Gottesnamens. Auch Jesus von Nazaret vermied ihn und verbot den Eid, der vor Gericht oft mit dem Anrufen Gottes als Zeuge verbunden war (Mt 5,33-37). Doch erst mit der Kanonisierung der hebräisch-aramäischen Schriften (um 135 n. Chr.) wurde die generelle auch schriftliche Vermeidung des Gottesnamens üblich.

Jüdische Übersetzer berücksichtigen dies gewöhnlich. Moses Mendelssohn, der die Hebräische Bibel im 18. Jahrhundert als erster jüdischer Theologe ins Deutsche übertrug, übersetzte Schemot (2. Mose) 3,13-15:

13 Mosche sprach zu Gott: "Wenn ich nun zu den Kindern Jisraels komme und ihnen sage: 'Der Gott eurer Väter sendet mich', und sie sagen: 'Wie ist sein Name?' Was soll ich ihnen antworten?" 14 Gott sprach zu Mosche: "Ich bin das Wesen, welches ewig ist." Er sprach weiter: "So sollst Du zu den Kindern Jisraels sprechen: 'Das ewige Wesen, das sich nennt: 'Ich bin ewig' hat mich zu euch gesandt.'" 15 Gott sprach weiter zu Mosche: "So sollst Du zu den Kindern Jisraels sprechen: 'Das ewige Wesen, der Gott eurer Voreltern, der Gott Awrahams, Jizchaks und Jaakows sendet mich zu euch. Dies ist immer mein Name, und dies soll immer mein Denkwort sein in zukünftigen Zeiten'..."

Diese Übersetzung von hebr. "ehjeh ascher ehjeh" mit "Ich bin das ewige Wesen" berücksichtigte die Eigenart des Hebräischen, wonach "Ehje" sowohl "Ich war", "ich bin" und "ich werde sein" bedeuten kann. Andererseits deutete Mendelssohn die dem Subjekt "Ich" (Gott) vorbehaltene Selbstoffenbarung in der Zeit, die sich der Ausdeutung seines "Wesens" in gewisser Weise entzieht, analog zur griechischen Metaphysik als Eigenschaft der immerwährenden Präsenz Gottes. Nachfolgende jüdische Übersetzer orientierten sich an seinem Kompromiss.

Martin Buber und Franz Rosenzweig lehnten diese Wiedergabe im 20. Jahrhundert jedoch ab und begründeten dies so:

Die Einsicht in den pronominalen Charakter oder Gehalt der ursprünglichen Namensform gab die Richtung an. Darum steht in unserer Verdeutschung Ich und Mein, wo Gott redet, Du und Dein, wo er angeredet wird, Er und Sein, wo von ihm geredet wird. ... An einzelnen Stellen der Schrift - außerhalb des Pentateuch -, wo der Name in seiner vollen Erschlossenheit sich manifestiert, weil eben die Gegenwärtigkeit Gottes verkündigt werden soll, musste 'Er ist da' gewagt werden.

Nichtjuden sollten im Umgang mit Menschen jüdischen Glaubens den Gottesnamen - also die Vokalisierung des Tetragramms - möglichst nicht aussprechen oder aufschreiben, sondern analog zur jüdischen Praxis umschreiben: Dabei wird die Bezeichnung "der Herr" von Juden und Christen gleichermaßen akzeptiert, während "Adonaj", "HaShem" (der Name) eher innerjüdische Begriffe sind. Manche strenggläubigen Juden sprechen oder schreiben auch das Wort "Gott" nicht gern aus und vermeiden es mit Schreibweisen wie G´tt.

Deutungen der Buchstaben in der Kabbala

Eine lange Tradition hat auch die Namensdeutung des Tetragramms mithilfe der spekulativen Zahlensymbolik, wie sie in der jüdischen Kabbala des Mittelalters üblich war. Diese "Kabbalistik" wurde dann auch von christlichen Theologen und Mystikern übernommen und mit spekulativen Erklärungen zum Namen "Jesus" (Jeschuah) verbunden. Diese Werke wurden von den jüdischen Kabbalisten jedoch meist abgelehnt.

Ein Beispiel für solche Namensspekulation bietet der christliche Okkultist "Papus". Er beschreibt in seinem Werk Die Kabbala (siehe Literatur) ausführlich die Bedeutung der Buchstaben des heiligen Tetragramms (יהוה) und erklärt sie zusammengefasst so:

Das Jod (י), das eigentlich nur als Punkt dargestellt wird, bedeutet das Prinzip, d.h. der Uranfang, aber auch das letzte Wesen der Dinge. Alle Buchstaben des hebräischen Alphabets sind nur durch verschiedene Gruppierungen des Jods entstanden. Das synthetische Studium der Natur brachte die Alten auf den Gedanken, dass es nur ein einziges Gesetz gebe, das alle Produktion der Natur beherrsche. Das Jod symbolisiert darin die Urquelle der Schöpfung. Der Anfang aller Dinge ist jedoch gleichzeitig der Urzweck am Ende aller Dinge.
An diesen Anfang aller Dinge stellt die Kabbala die absolute Bejahung des Seins durch sich selbst, das Ur-Ich, die das Iod symbolisch zum Ausdruck bringt.
Aber das Ich kann sich nur begreifen durch Gegenüberstellung des Nicht-Ichs. Kaum ist die Bejahung des Ichs vollzogen, so tritt sofort die Gegenwirkung des absoluten Ichs auf sich selbst ein, wodurch in einer Art Teilung der Einheit die Erkenntnis der eigenen Identität folgt. Dieses Prinzip ist der Ursprung der Dualität, der Gegenüberstellung, der Zweiheit, das Sinnbild des weiblichen Wesens, wie die Einheit das Sinnbild des männlichen Wesens ist.
Das He, zweiter Buchstabe des großen, heiligen Namens, symbolisiert das Passive, sowie Jod das Symbol des Aktiven ist, und ebenso das Nicht-Ich oder Du in Beziehung zum Ich, das Weib in Beziehung zum Mann.
Die Gegenüberstellung des Ich und des Nicht-Ich lässt sofort einen weiteren Faktor entstehen, eben die Beziehung zwischen diesem Nicht-Ich und Ich. Das Vau (ו), symbolisiert die Beziehung, ursprünglich einen Haken und Bindeglied in der Natur.
Außerhalb dieser Trinität (יהו (IHV), die als Gesetz betrachtet wird, existiert nichts. So bilden in Wahrheit nur drei Buchstaben den großen heiligen Namen.
Der vierte Buchstabe, das He, ist nur eine Wiederholung des Zweiten... [Er] symbolisiert den Übergang und das Werden. Dieses Symbol wird in der Kabbala verglichen mit dem Verhältnis,

das zwischen einem Getreidekorn und seiner mütterlichen Ähre besteht. Die Ähre, als manifestierte Dreiheit im Jod-He-Vau, investiert ihr ganzes Wirken in die Erzeugung des Getreidekerns: der Schlußbuchstabe He.

Dieses Getreidekorn bildet der Übergang von der gebärende Mutterähre zur nächsten Generation, die dieser (weibliche) Kraftanstrengung seine Entstehung verdankt. Die abschließende, weibliche Hieroglyphe He symbolisiert somit den ewigen Generationswechsel, der in der einzigartigen Komplexität, den wir Leben nennen, die göttliche Unsterblichkeit aller Lebewesen sicherstellt.

Das Jüdische Museum Berlin bot zur Kabbala im August 2004 eine Sonderausstellung mit dem Titel "10+5=Gott. Die Macht der Zeichen". Der Titel bezog sich auf darauf, dass der Konsonant "Jod" gemäß seiner Stellung im hebräischen Alphabet den Zahlenwert 10, He den Wert 5 erhält. Beide zusammen repräsentieren die hebräische Kurzform des Tetragramms (JH, "Jahu" oder "Jah"). Der Ausstellungskatalog bemerkte dazu: "... den Namen Gottes zu schreiben ist im Judentum ein Tabu. Dargestellt wird die 15 daher mit den Buchstaben (Waw) und (Teth) = 6+9." Die Ausstellung selbst verwendete jedoch die originalen Zahlenwerte für "Gott" öffentlich, ohne dies als Problem zu sehen.

Der jüdische Gottesnamen in der Kunst

Der Name Gottes findet sich auf hunderten von Altären, Glasfenstern und Kunstwerken vieler europäischer Kirchengebäude. Meistens wird er als "Jehova", "Jehovah" oder als Tetragramm wiedergegeben, weil das die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts übliche Form war.

Der jüdische Maler Marc Chagall deutete die Gegenwart Gottes in zwei seiner Werke seines "Exodus-Zyklus" (1962-1966) durch Verwendung des Tetragramms an, in "Der brennende Dornbusch" und "Bezalel fertigt die Geräte für das Heiligtum".

Im 17. Jahrhundert findet sich der Name "Iehova" auf einigen Münzprägungen europäischer Staaten, weshalb diese Münzen "Jehova-Taler" (einige davon auch Purim-Taler) genannt werden. Auf den Abdrücken sieht man häufig den Namen von einer Sonne umrankt. Diese Symbolik ist in jener Zeit gut belegt.

Literatur

  • Papus (Gerard Encausse): Die Kabbala. Fourierverlag, Papus, deutsche Übersetzung Julius Nestler, 1900
  • Walter Zimmerli: Ich bin Jahwe. In: Gottes Offenbarung, Theologische Bücherei band 19, 1969
  • Walter Zimmerli: Der offenbare Name. In: Grundriss der alttestamentlichen Theologie. 1972

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