Benutzer:MYR67/Artikelwerkstatt Charles Winter

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Charles Winter, doppeltes Selbstporträt (Fotomontage), circa 1860

Charles David Winter (geb. 16. Januar 1821, gest. 7. Februar 1904)[1] war ein französischer Lithograf, Maler und Fotograf mit Sitz im elsässischen Straßburg.

Lebensweg

Charles Winter wurde als Charles-David bzw. Carl-David Heintz am 16. Januar 1821 als uneheliches Kind seiner Mutter Madeleine Heintz geboren. Diese heiratete am 5. Januar 1822 David Winter, der ihren Sohn als seinen Sohn anerkannte.[2] Die Familie lebte in ärmlichen Verhältnissen, und da seine Eltern beide früh starben, wurde Charles Winter schon sehr jung Waise.

Winter war zunächst als Maler und Lithograf tätig. Schon im Jahr 1840, also sehr bald nach Erfindung der Fotografie im Jahr 1839, wurde er durch eine Wanderausstellung mit der Fotografie bekanntgemacht.[3]

Wann genau Winters eigene Tätigkeit als Fotograf begann, ist unbekannt; wahrscheinlich Ende der 1840er Jahre. Er eröffnete ein Fotoatelier in Straßburg in der Rue des Calves 1.[4] Er betrieb Ateliers in der Rue des Veaux und bald danach in der Rue des Ecrivains.[5] Im Jahr 1868 eröffnete Winter eine Filiale seines Fotoateliers in der Passage Pomme-de-Pin am Kléber-Platz in Straßburg.[6]

Winter spezialisierte sich zunächst auf Porträtfotos im Daguerreotypie-Verfahren. Bis 1851 hatte er das Papiernegativ-Verfahren (Kalotypie) übernommen; 1854 beherrschte er die Kollodium-Nassplattent-Technik und betrieb ein erfolgreiches Studio für Porträts und für Fotos im Visitformat (Carte de visite).[7] Er wurde ein gefragter und erfolgreicher Porträtfotograf, der von 1863 bis 1867 ungefähr 4.500 Porträts aufgenommen hat, vor allem von führenden Persönlichkeiten.[8] Unter den von Winter fotografisch Porträtierten waren unter anderem der Rektor der Straßburger Universität, Johann Friedrich (bzw. Jean-Frédéric) Bruch (1792–1874), der elsässische Bildhauer Philipp Graß (1801–1876), der Medizin-Professor, Journalist und Politiker Émile Küss (1815–1871), der Buchbinder, Verlagsbuchhändler und Bibliothekar Frédéric Piton (1800-1871), der Journalist und Politiker Auguste Schneegans (1835–1898) sowie der Dichter, Volkskundler, protestantische Theologe, Archäologe und Historiker August Stöber (1808–1884).

Winter ging von 1870 bis 1873 eine Partnerschaft mit dem französischen Zeichner, Maler und Fotografen Georges Émile Schweitzer (1837–1903) ein.[9]

Winter reproduzierte viele Kunstwerke und stellt mehrere Fotoalben zu unterschiedlichen Themen zusammen.[10] Er spezialisierte sich auch auf Architektur- und Landschaftsfotografie.[11] Unter anderem fotografierte er Szenen in den Schweizer Alpen.[12]

Bekannt geworden sind Winters Stadt- und Architektur-Fotografien, die die Anbriss- und Neubauarbeiten im Zentrum von Straßburg in den Jahren von 1855 bis 1880 dokumentieren, ferner seine Aufnahmen vom Bau einer Eisenbahnbrücke über den Rhein in den Jahren 1858 bis 1861 und von der Restoration des Straßburger Münsters von 1857 bis 1859.[13]

Fotografien von Winter wurden 1857 und 1859 bei der Société française de photographie ausgestellt.[14]

Winter blieb an neuen fototechnischen Entwicklungen interessiert.[15]

Im deutsch-französischen Krieg 1870/71 fotografierte Charles Winter in seiner Heimatstadt Straßburg und deren Umgebung, unter anderem beschädigte Befestigungsanlagen und Häuser-Ruinen in der weitgehend zerstörten Stein-Vorstadt Straßburgs.[16] Charles Winter verfügte über eine fahrbare Dunkelkammer. Eine Aufnahme zeigt ihn am 29. September 1870 mit dieser inmitten der Trümmer seiner Heimatstadt Straßburg – vermutlich fotografiert von seinem deutschen Fotografen-Kollegen Paul Sinner (1838–1925). Mindestens eine Fotografie von Charles Winter aus diesem Krieg – Belagerung von Straßburg, Straßburg vom Steintor aus, 28. September 1870 – wurde auch von Paul Sinner unter dessen Namen veröffentlicht.[17] Winters und Sinners Aufnahmen erfuhren dadurch eine weite Verbreitung, dass sie als Holzschnitt – zeitversetzt und mit kleineren Abweichungen – in dem illustrierten Unterhaltungsblatt „Über Land und Meer“ publiziert wurden. Die Aufnahmen von Winter und Sinner sind oft verwechselt worden; möglicherweise tauschten diese beiden Fotografen ihre Bilder untereinander auch aus, um sie dann unter eigenem Namen zu verkaufen und zu veröffentlichen.

Nach 1870 gab Winter das Bulletin de la Société de la Conservation des Monuments Historiques d’Alsace heraus, das er mit seinen Fotografien illustrierte.[18]

Im Jahr 1884, etwa zwanzig Jahre vor seinem Tod, gab er seine Fotografen-Tätigkeit endgültig auf.[19]

Die größten Bestände an Fotografien und Alben von Winter befinden sich in der Stadtbibliothek Straßburg und im Museum für moderne und zeitgenössische Kunst in Straßburg.[20]

Rohstoffe und Zettelkasten

Hannavy, Encyclopedia of Nineteenth-Century Photography

WINTER, CHARLES DAVID (1821–1904) French lithographer, painter, and photographer Born in Strasbourg in 1821, Charles David Winter trained as a lithographer and painter before establishing a photographic studio at 1, rue des Calves, Strasbourg, that specialized in daguerreotype portraits. By 1851, he had adopted the paper negative process and by 1854, had mastered the wet collodion technique and was running a successful studio making portraits and cartes de visite. Winter’s greatest accomplishments, however, are his photographs documenting the urban transformation of Strasbourg in the second half of the nineteenth century, including the building and demolitions in the city center (1855–80), the construction of a railroad bridge over the Rhine (1858–61), and the restoration of the Cathedral (1857–59). Winter exhibited at the Société française de photographie in 1857 and 1859. Striking for both their large size and their fine detail, his photographs revealed the formal beauty in new forms of architecture and engineering. Winter also recorded, in wrenching detail, the devastating destruction of Strasbourg following the Franco-Prussian war of 1870. After 1870, Winter illustrated and served as the editor of the Bulletin de la Société de la Conservation des Monuments Historiques d’Alsace. The largest holdings of Winter’s photographs and albums are at the Municipal Library, Strasbourg, and at the Museum of Modern and Contemporary Art, Strasbourg.

Sarah Kennel, „Winter, Charles David“, S. 1501, in: John Hannavy (Hrsg.), „Encyclopedia of Nineteenth-Century Photography“, Routledge-Verlag, New York/ London, 2008, 1630 Seiten, ISBN 978-0-415-97235-2

National Gallery of Art

Biography

Charles David Winter was born Charles David Heintz to Madeleine Heintz in 1821. The following year David Winter married Madeleine and acknowledged Charles David as his son.

Charles David began his career as a lithographer but later turned to photography and opened his own daguerreotype studio in 1848. By 1852 he was making salted paper prints and using the collodion process. Though his photographs of Strasbourg Cathedral were exhibited by the Société française de photographie in 1857 and 1859, Charles David also made portraits, landscapes, and studies of sculptures. He was associated for several years with Emile Schweitzer, but broke with him and left his studio to the care of a successor, Jules Fuchs, in 1884. Winter died in 1904.

National Gallery of Art, „Charles David Winter, French, 1821 - 1904“, https://www.nga.gov/collection/artist-info.24110.html

Getty.edu

Charles H. Winter: Little is known about Charles Winter. Active in Strasbourg, France, he had been a lithographer before turning to photography. Beginning in the 1850s, his career spanned several decades. During this time, Winter made daguerreotypes, albumen prints, and cartes-de-visite. His subjects included Swiss mountaineering scenes and topography as well as portraits. Dates: 1821 - 1904 Role(s): Photographer; Daguerreotypist Nationality: French Resources: Union List of Artists Names Quelle: https://www.getty.edu/art/collection/person/103KM2

Archiv der Stadt Straßburg

Dieser private Bestand, klassifiziert als 57 Z, ist eine Sammlung von Glasplatten aus der Zeit von 1856-1905, hinsichtlich verschiedener Ansichten von Straßburg, in erster Linie das historische Zentrum, die Tore und die Uferstraßen der Stadt, das Viertel "La Petite France" und der Brand des evangelischen Gymnasiums Jean Sturm (29. Juni 1860). Er umfasst genau 98 Artikel, aus der Tätigkeit des Straßburger Bürgers Charles Winter (1821-1904) stammend. Er stammt aus einer bescheidenen Familie, wurde schon sehr jung zum Waisen, geboren und verstorben in Straßburg, konnte die gesellschaftliche Leiter in Straßburg gerade durch die Fotografie erklimmen. Lithograph zunächst, begann er seine Karriere als Fotograf, indem er sein Atelier in der Rue des Veaux und bald danach in der Rue des Ecrivains einrichtete. Schon früh genoss er einen guten Ruf in Insider-Kreisen und zeigte großes Geschick in den fotografischen Techniken. Charles Winter hat nicht die primäre wirtschaftliche Tätigkeit eines jedes Fotografen seiner Zeit vergessen, nämlich die Porträtaufnahmen: so erlangte er in Straßburg eine große Berühmtheit, indem er nicht weniger als 4500 Porträts von 1863 bis 1867 aufgenommen hat (vor allem führende Personen), aufbewahrt in der Mediathek Malraux, Kulturerbe – Bestand unter der Kennzeichnung A1. Der Erfolg hilft, er eröffnete 1868 eine Filiale, in der Passage Pomme-de-Pin und geht eine Partnerschaft ein mit Emile Schweitzer von 1870 bis 1873. Er reproduzierte viele Kunstwerke und erstellt mehrere Fotoalben mit unterschiedlichen Themen, wobei er sich weiterhin für die neuen technischen Prozesse interessiert, bevor er im Jahr 1884 seine Tätigkeit für immer aufgibt

Der Charles Winter Bestand - 57 Z. Die älteste, im Archiv der Stadt Straßburg aufbewahrte Fotosammlung, das Ergebnis der Tätigkeit des Straßburger Fotografen Charles Winter, https://archives.strasbourg.eu/de/n/der-charles-winter-bestand-z/n:501 https://archives.strasbourg.eu/de/n/der-charles-winter-bestand-z/n:501

rootsweb.com

Charles Winter

He was born on January sixteen, 1821 in Strasbourg, except marriage, of Madeleine Sophie Heintz and David Winter, wine waiter. Two other children are born from this union: Gustave Adolphe in 1825 and Edouard Emile in 1826, three months after the death of his/her father. The family moves on several occasions: she passes from the 97 Main street in 1821, to the 3 street Sainte Helene in 1825, with the 6� street of Finkwiller in 1826, to the 5 street of the Wind the same year, and to the 4 street of the Goldsmiths in May 1827. The parents of Charles Winter die quickly of the same disease, phthisis, i.e. tuberculosis: his/her father in 1826, his mother in 1834. Facts that Charles is illegitimate, that Edouard Emile is a posthumous child, that the parents die young people of tuberculosis tend to prove that their social condition is not most favoured. To that a certificate of indigence for succession is added delivered to Mrs Winter on October 29, 1826 is one month after the death of her husband. This certificate shows by its terms the degree of poverty of the family.

It seems that Charles Winter followed a training of lithographer. 1839 are the date of its first known lithography. In 1841, it is indexed as painter. In 1848, it moves in to the 1 street of Calves, where, May 14, it opens a workshop for portraits with the daguerreotype. During its career of photographer, it practises all the kinds of photography and touches with all the fields: portraits, architecture, reports, reproduction of works of art. Two periods however mark its work: from 1863 to 1867, more than four thousand five hundred portraits are stuck in two still preserved albums, and 1870 mark a turning in its production. If the broad topics remain present, of new appear. Many photographs of Winter are known by various publications and works in particular those of Sylvain Morand. We interest here in some topics of the work of the photographer.

The Portraits

Nevertheless, the portraits constitute the principal activity of the photographer and his principal income source. In 1848, it informs the readers of the bottom Mail Rhine that it opens a workshop for portraits. From 1851, the technique of the daguerreotype 13) yields the place to the one of the negative one to the collodion that considerably reduces the pose time and that allows the reproduction of the tests. After 1854, the format "visit card" of Disdéri assures the success of the workshop of Winter. The of strasbourg corporation meet again in these portraits individually or in groups as at the time of the big demonstrations as the meeting of the choral corporations of alsace in 1863 and 1867. Two albums of portraits "visit card" are preserved to the Municipal Library of Strasburg. Each container two hundred orderlies. The first portraits are stuck in October 1863, the last ones in August 1867. Thus during near of four years, it there affixed one of the tests that it had just realized. These two albums are the alone preserved. They are doubtless the elements of a series of albums. Besides, of other albums photo of smaller format constitute sometimes a setting element. Every orderly contains usually twelve portraits divide up in three rows of four. The month during which were taken the photos is indicated at the top of every orderly. Winter mentions equally the name of the personage in on this side portrait.

In all, 4564 portraits were preserved and students. They allow knowing the quantitative and quality attendance of the workshop, to understand the scenic space and the present and to release a sociology of the personages photographed by Winter. The attendance is unequal on the four concerned years. The maximum is attained in 1865 with 1495 stuck portraits, be more than 125 a months. The monthly evolution allows releasing attendance cycles. The months more weak are January, February, May and November. They follow the months the more forts. The months of been and October bring with Winter a numerous clientele. In 1865, July, August and September constitute 32% of his annual clientele. Some exceptions are of course visible. July is the peak point of the year 1865, January the one of the year 1864. Which are the reasons of these fluctuations? It is necessary doubtless to look for them with the intention of the visit card. She is a means of social recognition and of representation. Echanger and send portraits "visit card" is a manner to do to recognize itself. In the corporation of the nineteenth century, the religion is very important. The Christmas parties and of Easter (usually in April) can use pretext to the exchange of cards. In regards to the months of been, the climatic factor plays a lot. The situated workshop under a verri�re allows then to obtain from better lightings. The portraits principally represent single individuals. To many returns nevertheless, Winter photographes two indeed more persons at once. More rarely, about once on hundred, the visit cards represent others "personages" : busts in sculpture or in paint, dogs, toys, deceased persons (three cases). The settings brighten the portrait when it is not a matter not any a bust where the face releases itself on a white bottom. These setting elements are the following ones: table in metal, some drinks, round table, column, pedestal, railing, tr�pied and books, jars of flowers.

In most of the cases, the bottom is united, dark or following clear the lighting. This bottom a picture put some places by roulettes. John Sagne specified: the setting that presents a big usage flexibility, itself ready to all evocation of the distant places. Without doing a step, the customer travels by simple movement of a bottom on a pulley or by simple movement of tips of a canvas 14). Winter has access to some painted funds. The one representative a parlor wall bourgeois with mirror and sections of tapisserie of which the edges are raised, a second one a tapisserie to flowers, symbol of a less easy parlor. Three others invite more to change of surroundings: the one face a very enlightened forest. It is used for the hunt scenes, as the one of Leroux, of Becker, count and the comtesse of Pourtal�s. Another represents a view on a river of which the banks are trimmed trees. A unique painted bottom is present on an alone photo. It represents a situated place out Carries it Jews to Strasburg. The back ground of the canvas is constituted fortifications and arrow of the Cathedral. These painted funds participate therefore imaginary one customer. This one goes out of the reality to give itself another picture of himself, the one to which it would want to resemble. Of which one (quelle(s)) left (partie(s)) corporation are originating from the customers of the photographer? The question is delicate and the response not very evident for several reasons. Winter indicates only the family names of the customers. The first one name are omitted with a few exceptions. Of more, the spelling is often random. The photographer writes the names as it hears them. For example, it writes the name Matuszinski, "Matenzenski". The categories more represented are the following ones: the ministers as Buhlmann, Edel; the professors as Fustel of Coulanges, Kuss, Schutzenberger, S�dillot, the artists and letter men as Brion, Fatty, Kirstein, Schuller; the officiaies as Fr�d�ric of Turckheim receiver municipal, the Judge Lauth; the craftsmen and industrial as the brewer Gruber, the manufacturer of hats Kampmann, and Zuber. The sociology of the clientele of Winter would not know to include final conclusions. The ten percent rediscovered indicate tracks that are the most evident ones. Most of the recognized persons be part of the bourgeois corporation of the city. This "bourgeoisie" looked for a representation that the high prices of the portraits in paint could not furnish for them. The photograph and the visit card there reach. These two albums of portraits give an example of the activity of a photographer of the end of the Second Worsens, 4564 portraits in four years mean a constant presence of the photographer to his workshop to prepare its veneer to the collodion. In fact, they had to be prepared practically at the same time the customer arrived. They can serve only again humid. All preparation for the advance is impossible. The albums constitute an exceptional testimony for they set up a big party of the of strasbourg corporation offering him thus a so hoped representation. The portraits are therefore well the principal activity of the photographer. Even if the second album finishes itself in August 1867, nothing prevents his clientele to flow the following years. Winter continues this activity after 1870. Nevertheless, a less important number of portraits reached us.

Charles Winter, a photographer, http://freepages.rootsweb.com/~lankshear/genealogy/PhotoDating/charles_winter.htm

Gerhard Paul, »In Straßburg auf der Schanz«

[...] Alle ihre Aufnahmen sind Nachher-Bilder der militärischen Aktion, so auch die Fotografie von Charles Winter, die auch von Paul Sinner unter dessen Namen veröffentlicht wurde und zum Symbolbild, gleichsam zur Ikone des Kampfes um Straßburg und des Deutsch-Französischen Krieges insgesamt wurde (Abb. 1).[6] Winters Fotografie fällt aus den Aufnahmen seiner Kollegen heraus, weil sie komponierter erscheint. Er ist ein erfahrener Fotograf, der genau weiß, welche Aufnahmen gefragt sind und wie er diese zu arrangieren hat. Von erhöhter Position aus richtet er den Blick seiner Kamera, dabei die in der Malerei beliebte Rückenansicht nutzend, über zwei Wache schiebende Soldaten auf die Steinstraße und über die zerstörte Vorstadt auf das historische Münster im Hintergrund. Seine Aufnahme ist der symbolisch überhöhte Blick des Siegers auf die zerstörte Stadt, gleichsam die fotografische Variante des populären Liedes von der „Wacht am Rhein“.

Abb. 1: Charles Winter, Belagerung von Straßburg, Straßburg vom Steintor aus, 28. September 1870. Quelle: Musée de la ville Strasbourg, Musée d’art modern et contemporain, cabinet des arts graphique, gemeinfrei

Winters und Sinners Aufnahmen entsprechen dem Verlangen eines bürgerlichen Publikums nach patriotischer Erbauung. Sie werden als Holzschnitt zeitversetzt und mit kleineren Abweichungen in dem illustrierten Unterhaltungsblatt „Über Land und Meer“ publiziert (Abb. 2). Sie erhalten damit eine Publizität, von denen Kollegen von Winter und Sinner mit ihren Aufnahmen nur träumen können. Indem der Xylograph den bei Winter und Sinner rechtsstehenden Soldaten als Vordergrundmotiv weglässt, verstärkt er die Mittelachse und betont damit das axiale Blickfeld zum Münster. Dieses tritt sowohl in den Fotografien Winters und Sinners als auch im Holzstich als unbeschädigtes Sujet auf.

Fast identische Perspektiven auf die Szene finden sich auch bei anderen Fotografen und Xylographen, weshalb die Aufnahmen – insbesondere die von Winter und Sinner – oft verwechselt werden. Denkbar ist allerdings auch, dass die Fotografen ihre Bilder untereinander austauschten und dann unter ihrem Namen verkauften und veröffentlichten.

Alle Aufnahmen haben gemeinsam, dass sie fotografische Variationen des klassischen Blicks vom Feldherrenhügel sind und sich daher in den vertrauten Konventionen und Perspektiven der traditionellen Kriegs- und Schlachtenmalerei bewegen. Nur sind es im modernen Krieg nicht mehr Feldherren, sondern einfache Soldaten, über deren Schulter die Fotografen und damit die Betrachter auf das Geschehen schauen. Und wie in der klassischen Malerei des Krieges entziehen sich in der Totalen die Opfer des Bombardements dem Blick. [...] Fotografisch hatten sich einige von ihnen wie Carl Friedrich Mylius und Charles Winter auf Architektur- und Landschaftsfotografie spezialisiert. [...] Auch sein Kollege Charles Winter verfügte über eine fahrbare Dunkelkammer. Eine Aufnahme zeigt ihn am 29. September 1870 mit dieser inmitten der Trümmer seiner Heimatstadt Straßburg – vermutlich fotografiert von seinem Kollegen Paul Sinner (Abb. 4). Auch Winter war vorher Maler und Lithograf gewesen, bevor ihn 1840 eine Wanderausstellung erstmals mit der Fotografie bekannt machte. [...] Alle diese Fotografen handelten in eigenem Auftrag, auf eigenes Risiko und auf eigene Kosten. Für sie waren ihre Aufnahmen in erster Linie kommerzielle Waren, für die Käufer gefunden werden mussten, nicht publizistische Informationsträger. Nur in Einzelfällen erreichten ihre Aufnahmen ein größeres Publikum, wenn etwa Xylographen ihre Aufnahmen in reproduzierbare Holzstiche übertrugen. [...] [3] Charles Winter, Strasbourg au moment de sa reddition, fin septembre 1870, Bibliothèque nationale de France (BNUS) 003, online unter DNA – les Dernières Nouvelles d’Alsace, https://www.dna.fr/magazine-tourisme-et-patrimoine/2020/06/08/la-dechirure-de-1870 [30.11.2021].

Gerhard Paul, „»In Straßburg auf der Schanz«. Die Fotografie des Deutsch-Französischen Krieges (1870/71)“, in: Visual History, Online-Nachschlagewerk für die historische Bildforschung, 6. Dezember 2021, https://visual-history.de/2021/12/06/die-fotografie-des-deutsch-franzoesischen-krieges-1870-71/

Georges Émile Schweitzer

Georges Émile Schweitzer (1837–1903), https://www.wikidata.org/wiki/Q3588757 . fr.wikipedia.org: https://fr.wikipedia.org/wiki/%C3%89mile_Schweitzer . Wikimedia Commons, Category:Émile Schweitzer, https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:%C3%89mile_Schweitzer ; https://web.archive.org/web/20070630170432/http://www.bacm.creditmutuel.fr/ILLUSTRATEURS.html

Literatur und Quellen

  • Sylvain Morand, „Charles Winter, photographe: un pionnier strasbourgeois, 1821-1904“, Musées de Strasbourg, (Ausstellungskatalog), Straßburg 1985. [Vorwort: Jean Favière; Texte und Anmerkungen: Sylvain Morand].
  • Sarah Kennel, „Winter, Charles David“, S. 1501, in: John Hannavy (Hrsg.), „Encyclopedia of Nineteenth-Century Photography“, Routledge-Verlag, New York/ London, 2008, 1630 Seiten, ISBN 978-0-415-97235-2

Weblinks etc.

Einzelnachweise

  1. Library of Congress, „Winter, Charles, 1821-1904“, https://id.loc.gov/authorities/names/n87900485.html
  2. Library of Congress (LoC), „Winter, Charles, 1821-1904“, https://id.loc.gov/authorities/names/n87900485.html
  3. Gerhard Paul, „»In Straßburg auf der Schanz«. Die Fotografie des Deutsch-Französischen Krieges (1870/71)“, in: Visual History, 06. Dezember 2021, https://visual-history.de/2021/12/06/die-fotografie-des-deutsch-franzoesischen-krieges-1870-71/, DOI: https://doi.org/10.14765/zzf.dok-2330
  4. Sarah Kennel, „Winter, Charles David“, S. 1501, in: John Hannavy (Hrsg.), „Encyclopedia of Nineteenth-Century Photography“, Routledge-Verlag, New York/ London, 2008, 1630 Seiten, ISBN 978-0-415-97235-2
  5. Der Charles Winter-Bestand - 57 Z. Die älteste, im Archiv der Stadt Straßburg aufbewahrte Fotosammlung, das Ergebnis der Tätigkeit des Straßburger Fotografen Charles Winter, https://archives.strasbourg.eu/de/n/der-charles-winter-bestand-z/n:501
  6. Der Charles Winter-Bestand - 57 Z. Die älteste, im Archiv der Stadt Straßburg aufbewahrte Fotosammlung, das Ergebnis der Tätigkeit des Straßburger Fotografen Charles Winter, https://archives.strasbourg.eu/de/n/der-charles-winter-bestand-z/n:501 https://archives.strasbourg.eu/de/n/der-charles-winter-bestand-z/n:501
  7. Sarah Kennel, „Winter, Charles David“, S. 1501, in: John Hannavy (Hrsg.), „Encyclopedia of Nineteenth-Century Photography“, Routledge-Verlag, New York/ London, 2008, 1630 Seiten, ISBN 978-0-415-97235-2
  8. Der Charles Winter-Bestand - 57 Z. Die älteste, im Archiv der Stadt Straßburg aufbewahrte Fotosammlung, das Ergebnis der Tätigkeit des Straßburger Fotografen Charles Winter, https://archives.strasbourg.eu/de/n/der-charles-winter-bestand-z/n:501
  9. Der Charles Winter-Bestand - 57 Z. Die älteste, im Archiv der Stadt Straßburg aufbewahrte Fotosammlung, das Ergebnis der Tätigkeit des Straßburger Fotografen Charles Winter, https://archives.strasbourg.eu/de/n/der-charles-winter-bestand-z/n:501
  10. Der Charles Winter-Bestand - 57 Z. Die älteste, im Archiv der Stadt Straßburg aufbewahrte Fotosammlung, das Ergebnis der Tätigkeit des Straßburger Fotografen Charles Winter, https://archives.strasbourg.eu/de/n/der-charles-winter-bestand-z/n:501 https://archives.strasbourg.eu/de/n/der-charles-winter-bestand-z/n:501
  11. Gerhard Paul, „»In Straßburg auf der Schanz«. Die Fotografie des Deutsch-Französischen Krieges (1870/71)“, in: Visual History, Online-Nachschlagewerk für die historische Bildforschung, 6. Dezember 2021, https://visual-history.de/2021/12/06/die-fotografie-des-deutsch-franzoesischen-krieges-1870-71/
  12. Getty.edu, Union List of Artists Names (ULAN), „Charles H. Winter“, https://www.getty.edu/art/collection/person/103KM2
  13. Sarah Kennel, „Winter, Charles David“, S. 1501, in: John Hannavy (Hrsg.), „Encyclopedia of Nineteenth-Century Photography“, Routledge-Verlag, New York/ London, 2008, 1630 Seiten, ISBN 978-0-415-97235-2
  14. Sarah Kennel, „Winter, Charles David“, S. 1501, in: John Hannavy (Hrsg.), „Encyclopedia of Nineteenth-Century Photography“, Routledge-Verlag, New York/ London, 2008, 1630 Seiten, ISBN 978-0-415-97235-2
  15. Der Charles Winter Bestand - 57 Z. Die älteste, im Archiv der Stadt Straßburg aufbewahrte Fotosammlung, das Ergebnis der Tätigkeit des Straßburger Fotografen Charles Winter, https://archives.strasbourg.eu/de/n/der-charles-winter-bestand-z/n:501 https://archives.strasbourg.eu/de/n/der-charles-winter-bestand-z/n:501
  16. Gerhard Paul, „In Straßburg auf der Schanz“. Die Fotografie des Deutsch-Französischen Krieges (1870/71), in: Visual History, 06.12.2021, https://visual-history.de/2021/12/06/die-fotografie-des-deutsch-franzoesischen-krieges-1870-71/ DOI: https://doi.org/10.14765/zzf.dok-2330, Link zur PDF-Datei: https://zeitgeschichte-digital.de/doks/frontdoor/deliver/index/docId/2330/file/visual_history_paul_franzoesischer_krieg_de_2021.pdf
  17. Gerhard Paul, „»In Straßburg auf der Schanz«. Die Fotografie des Deutsch-Französischen Krieges (1870/71)“, in: Visual History, 06. Dezember 2021, https://visual-history.de/2021/12/06/die-fotografie-des-deutsch-franzoesischen-krieges-1870-71/, DOI: https://doi.org/10.14765/zzf.dok-2330
  18. Sarah Kennel, „Winter, Charles David“, S. 1501, in: John Hannavy (Hrsg.), „Encyclopedia of Nineteenth-Century Photography“, Routledge-Verlag, New York/ London, 2008, 1630 Seiten, ISBN 978-0-415-97235-2
  19. Der Charles Winter-Bestand - 57 Z. Die älteste, im Archiv der Stadt Straßburg aufbewahrte Fotosammlung, das Ergebnis der Tätigkeit des Straßburger Fotografen Charles Winter, https://archives.strasbourg.eu/de/n/der-charles-winter-bestand-z/n:501 https://archives.strasbourg.eu/de/n/der-charles-winter-bestand-z/n:501
  20. Sarah Kennel, „Winter, Charles David“, S. 1501, in: John Hannavy (Hrsg.), „Encyclopedia of Nineteenth-Century Photography“, Routledge-Verlag, New York/ London, 2008, 1630 Seiten, ISBN 978-0-415-97235-2