Benutzer:Martin-rnr/Speikobra
Als Speikobras bezeichnet man eine Reihe von Giftnattern (Elapidae), die ihr Gift auf potenzielle Feinde verspritzen können. Das Gift wird durch eine Muskelkontraktion aus der Giftdrüse in speziell angepasste Giftzähne gepumpt, aus denen es dann als Strahl austritt. Dabei zielen die Schlangen auf das Gesicht des Angreifers und können so je nach Art Distanzen von mehreren Metern überbrücken. Auf der Haut zeigt das Gift keine Wirkung; gelangt es jedoch in die Augen, verursacht es starke Schmerzen und eine Beeinträchtigung der Sehfähigkeit. Bleiben die betroffenen Augen unbehandelt, sind längerfristige Schäden bis hin zur Blindheit möglich.
Zu den Speikobras zählen etwa die Hälfte der Echten Kobras (Naja) sowie die Ringhalskobra, die allerdings der eigenständigen Gattung Hemachatus angehört und deren einzige Art ist. Damit stellen die Speikobras keine zusammengehörige taxonomische Verwandschaftsgruppe dar. Bei der speziellen Bauweise des Giftapparats der Speikobras, welche eine Verteidigung mit verspritztem Gift ermöglicht, handelt es sich also um eine in der Evolution mehrfach unabhängig voneinander erworbene Anpassung (Konvergenz). Die Vorkommen von Speikobras liegen in Afrika und Südasien.
„Gift speien“ als Feindabwehr
Bei allen Speikobras ist das „Speien“ ihres Giftes ein wichtiger Bestandteil der Feindabwehr. Falls das Gift in die Augen eines potentiellen Aggressors gelangt, sind die Schmerzen und Beeinträchtigung der Sehfähigkeit meist genug, um Feinde zu vertreiben oder außer Gefecht zu setzen. Es stellt eine vorteilhafte Defensivstrategie mit geringem Risiko dar, denn es erlaubt der Speikobra eine Verteidigung aus sicherer Distanz. Sich mit einem Giftbiss zu verteidigen erfordert physischen Kontakt mit dem Aggressor, was für eine Schlange ein deutlich höheres Risiko darstellt. Dies zeigt sich auch darin, dass Speikobras mögliche Feinde tendenziell häufiger konfrontieren als nicht-speiende Kobras; solche weisen eine höhere Neigung zur Flucht auf.[1] Außerdem wird beim Speien nur ein Bruchteil des für einen Abwehrbiss benötigten Gifts verbraucht.[2] Beim Versprizen von Gift handelt sich um ein angeborenes Verhalten, das selbst bei noch teilweise im Ei befindlichen Schlüpflingen beobachtet werden kann.[3]
Um Beute zu töten bedienen sich Speikobras dennoch des Giftbisses, weil unter normalen Umständen der Tod eines Beutetieres nicht allein durch Gift in den Augen herbeigeführt werden kann.[4] Ebenso dient das Speien nicht dem innerartlichen Kampf, da die Augen von Speikobras wie bei allen Schlangen durch die durchsichtige, sogennante Okularschuppe geschützt sind.[5]
Bau der Giftzähne
Allen Speikobras gemeinsam ist ein spezieller Aufbau ihrer Giftzähne, der ihnen das gezielte Verspritzen von Gift ermöglicht. Die Giftzähne von Kobras besitzen einen geschlossenen Giftkanal, der mit der Giftdrüse verbunden ist und der Absonderung des Gifts dient. Durch eine oben am Zahn gelegene Öffnung des Giftkanals gelangt das Gift aus der Giftdrüse in den Zahn, während es durch eine unten gelegene Öffnung den Zahn verlässt. Beiden Öffnungen liegen auf der Vorderseite des Zahns. Die Anpassungen an die spezielle Verteidigungsweise der Speikobras finden sich vorwiegend im Verlauf des Giftkanals und in der Form des Austrittslochs für das Gift. Der Giftkanal verläuft bei Speikobras im Gegensatz zu anderen Kobras nicht durchgehend senkrecht im Zahn, sondern ist kurz vor seinem Ende stark abgeknickt, so dass er in etwa waagerecht zur Austrittsöffnung des Gifts führt. Dies bewirkt, dass das Gift den Zahn in einem horizontalen, nach vorne gerichteten Strahl und nicht nach unten verlässt.[6] Dazu trägt auch das bei Speikobras modifizierte Austrittsloch bei, welches relativ klein und rundlich bis tränenförmig ist, und damit als eine Art Düse fungieren kann. Es zeigt bei Speikobras nach vorne und liegt mittig, während es bei nicht speienden Kobras eher nach unten zeigt und leicht zur Seite verschoben ist. Bei nicht speienden Kobras ist diese Öffnung außerdem deutlich größer und eher schlitzförmig, und zusätzlich verläuft vom Austrittsloch zur Spitze des Giftzahns eine Rinne, die ebenso einen Austritt des Gifts nach unten begünstigt.[7]
Eine weitere Anpassung des Giftkanals stellen nur bei Speikobras vorhandene, typischerweise paarige angelegte Leisten auf der Innenoberfläche des Giftkanals dar. Diese beginnen meist im unteren Drittel des Giftkanals und enden kurz vor der Austrittsöffnung. Sie beeinflussen das Strömungsverhalten des Gifts dergestalt, dass für den Giftstrom im Zahn vor der Austrittsöffnung ein höherer Druck erzielt wird und die Kobra somit ihr Gift weiter speien kann.[8]
Speiverhalten
Ablauf des Speiakts
Wenn Speikobras Gift speien, befinden sie sich meistens bereits in der kobratypischen Drohhaltung mit aufgerichtetem Oberkörper und gespreiztem Nackenschild. Das Maul wird leicht geöffnet, dann verlässt die Zähne ein Giftstrahl, der zunächst nach unten zeigt, dann jedoch innerhalb von etwa 10 Millisekunden in seine typische horizontale Flugbahn aufsteigt. Zum Ende des Speivorgangs biegt sich der Strom von Gift wieder nach unten.[9] Der gesamte Speivorgang dauert im Schnitt etwa 50 Millisekunden.[10] Das Gift kann dabei je nach Art entweder in Form von zwei definierten Strahlen (bei afrikanischen Speikobras) oder als nebelartige Sprühwolke (bei asiatischen Speikobras und der Ringhalskobra) verspritzt werden.[11] Bei afrikanischen Speikobras sind Speidistanzen von bis zu drei Metern möglich, bei asiatischen Arten und Hemachatus bis zu eineinhalb Metern.[12] Die abgegebene Menge von Gift beim Speien variiert stark - für die Rote Speikobra (Naja pallida) werden zum Beispiel 3,2 Milligram Trockengewicht angegeben.[13]
Weil das verspritzte Gift nur spezifisch in den Augen wirkt, müssen Speikobras sehr zielgenau sein. Dabei stellen sich jedoch eine Reihe von Herausforderungen, denn das Zielareal ist vergleichsweise klein, das als Feind wahrgenommene Tier ist in Bewegung, und nachdem das Gift den Zahn verlassen hat, kann seine Flugbahn nicht mehr verändert werden. All diese Faktoren müssen von den Schlangen in der kurzen Zeitspanne des Speivorgangs berücksichtigt werden.[10] Zunächst zielen Speikobras nicht spezifisch auf die Augen, sondern mittig auf das Gesicht des Anrgeifers. Das Gesicht erkennen die Kobras durch seine Form, seine geringe Entfernung (da es meist der Kobra zugewandt ist) und durch seine Bewegungen. Es handelt sich hierbei um ein vorteilhaftes Verhalten, denn nicht immer können die Augen des Angreifers genau erkannt werden. Dies kann der Fall sein, wenn die Sicht der Schlange etwa in der Nacht oder durch getrübte Augen kurz vor der Häutung eingeschränkt ist. Um trotzdem einen Treffer im Auge sicherzustellen, führen Speikobras während dem Austritt des Gifts schnelle Bewegungen ihres Kopfs durch, wodurch das Gift auf dem gesamten Gesicht verteilt wird.[14] Wie weit sie mit diesen kreisförmigen Bewegungen ausschlagen, passen Speikobras der wahrgenommenen Größe des Ziels an. Bei weiter entfernten Zielen, die auf der Netzhaut kleiner erscheinen, wird der Winkel der Giftverteilung verkleinert und somit akkurater.[15] Außerdem sind Speikobras in der Lage, mehrfach in Sukzession Gift zu verspritzen - experimentell sind zum Beispiel 45 aufeinanderfolgende Speiakte bei der Roten Speikobra (Naja pallida) und sogar 57 bei der Afrikanischen Speikobra (Naja nigricollis) nachgewiesen.[16] Selbst wenn der erste Versuch fehlschlägt, so trifft eine Speikobra im Laufe einer Feindbegegnung in weiteren Versuchen sehr wahrscheinlich mindestens ein Auge des Aggressors.[14]
Außerdem verfolgen Speikobras die Bewegungen ihres Ziels und erhöhen so ihre Zielgenauigkeit. In Experimenten von Guido Westhoff und Kollegen (2010) führte eine mit einer Maske geschützte Versuchsperson abgehackte Bewegungen mit ihrem Kopf durch, um die Schlangen zu einem Angriff mit verspritztem Gift zu provozieren. Die Kobras verfolgen die Bewegungen ihres Ziels und richten ihren Kopf danach aus; wenn das Ziel einen Richtungswechsel einschlägt, wird im Schnitt 200 Millisekunden später Gift verspritzt. Diese 200 Millisekunden sind die Reaktionszeit, die von der visuellen Wahrnehmung des Auslösers (dem Richtungswechsel) bis zur Aktivierung des Giftapparats vergeht. Die Kobras „hinken“ in den Bewegungen ihres Kopfes durch ihre Reaktionszeit von 200 Millisekunden dem Ziel leicht hinterher. Wenn der Auslöser wahrgenommen wird, beschleunigen die Kobras plötzlich und stark die Bewegung ihres Kopfes in die Richtung, die das Ziel direkt nach dem Richtungswechsel einschlägt. Sie „eilen“ gewissermaßen dem Ziel hinterher und kompensieren für ihre eigene Reaktionszeit. Ansonsten würden die Kobras ihr Gift dorthin verspritzen, wo das Ziel sich vor 200 Millisekunden befand. Die Wahl des Zeitpunkts direkt nach einem Richtungswechsel ist insofern sinnvoll, da kurz nach einem Richtungswechsel noch ein weiterer Richtungswechsel unwahrscheinlich ist. Zu diesen Verfolgungsbewegungen kommen noch die Drehbewegungen zur Verstreuung des Gifts dazu, wodurch komplexe motorische Fähigkeiten und eine neuronale Verarbeitung von Sinneseindrücken notwendig werden, die unter Schlangen ungewöhnlich sind.[17]
Individuelle Speikobras weisen oft stark verschiedene Neigungen dazu auf, ihr Gift zu verspritzen. Bei Experimenten in Gefangenschaft reicht die Palette von sehr nervösen und aggressiven Exemplaren bis hin zu Schlangen, die kaum zum Speien zu bewegen sind.[18]
Mechanismus der Giftabsonderung
Beim Speien von Gift ähnelt die Funktionsweise des Giftapparats zunächst den Abläufen bei einem normalen Biss. Am Anfang steht die Kontraktion des sogenannten Musculus adductor mandibulae externus superficialis;[19] dabei handelt es sich um einen zweigeteilten Muskel des Kobraschädels, bei dem die obere Hälfte am Scheitelbein (Os parietale) und Hinteraugenknochen (Postorbitale) und die untere Hälfte am nicht zähnetragenden Knochen des Unterkiefers (engl. compound bone) ansetzt. Beide Teilmuskeln sind mit der in der Schläfenregion gelegenen Giftdrüse verbunden und üben durch ihre Kontraktion Druck auf sie aus.[20] Dadurch wird das Gift durch den Giftkanal und den Giftzahn gepresst. Um unnötige Absonderung von Gift bei Bewegungen des Unterkiefers zu verhindern, sind die Giftzähne bei Giftschlangen zusätzlich von der bindegewebigen, muskelfreien Zahnscheide eingehüllt, welche eine physische Barriere für den Giftfluss darstellt. Bei einem Biss in Beute oder einen Feind wird sie von der Körperoberfläche des Opfers zurückgedrückt, und damit der Weg für den Giftfluss freigemacht. Speikobras sondern ihr Gift anders als die meisten Giftschlangen jedoch auch ohne physischen Kontakt mit einem Feind oder Beute ab, daher benötigen sie einen speziellen Mechanismus, um ihre Zahnscheide zu verschieben. Dazu dient bei Speikobras der Musculus protractor pterygoideus, der an Scheitelbein (Parietale) und Keilbein (Basisphenoid) ansetzt und auf der hinteren Hälfte des Gaumenbeins (Pterygoid) endet. Seine Kontraktion erzielt Drehungen und Rotationen der Knochen und Gelenke von Oberkiefer und Gaumen, die schlussendlich zu einer Verschiebung der Fangscheide nach oben führen und somit eine physische Barriere für das Gift entfernt. Diese Verschiebungen sind erkennbar als Verformungen und vertikale Verschiebung von Schnauzenkomplex und dem Rand des Mauls der Kobras. Die gleichzeitige Kontraktion dieser beiden Muskeln führt dann zum Ausstoßen des Gifts.[21]
Systematik und Evolution
Taxonomie
Gegenwärtig zählt man 15 der 28 Arten von Echten Kobras (Naja) sowie die Ringhalskobra aus der monotypischen (nur eine Art enthaltende) Gattung Hemachatus zu den Speikobras. Dabei sind alle afrikanischen Arten der Speikobras in der Untergattung Afronaja zusammengefasst, und alle nicht-speienden Kobras in Afrika werden hingegen entweder den Untergattungen Uraeus oder Boulengerina zugerechnet. Alle asiatischen Kobras, ob speiend oder nicht speiend, werden in die Untergattung Naja gestellt.[22][23]
- Gattung Hemachatus
- Ringhalskobra (H. haemachatus)
- Gattung Echte Kobras (Naja)
- Untergattung Afronaja (afrikanische Arten)
- N. ashei
- N. katiensis
- Mosambik-Speikobra (N. mossambica)
- N. nigricincta
- Afrikanische Speikobra (N. nigricollis)
- Nubische Speikobra (N. nubiae)
- Rote Speikobra (N. pallida)
- Untergattung Naja (asiatische Arten)
- Chinesische Kobra (N. atra)
- N. mandalayensis
- Indochinesische Speikobra (N. siamensis)
- N. saggitifera
- Samar-Kobra (N. samarensis)
- Sumatra-Kobra (N. sumatrana)
- Javanische Speikobra (N. sputatrix)
- Philippinische Kobra (N. philippinensis)
- Untergattung Afronaja (afrikanische Arten)
Entwicklung der Speifähigkeit
Kladogramm der Naja / Hemachatus-Gruppe
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Die Stammesgeschichte der oft pauschal als „Kobras“ zusammengefassten Gattungen von Giftnattern wurde in einer Studie des britischen Herpetologen Wolfang Wüster und Kollegen (2007) erforscht. Die gemeinhin als „Kobras“ bezeichneten Schlangen stellen jedoch keine verwandschaftlich begründete (monophyletische) Gruppe dar, die Königskobra (Ophiophagus hannah) zum Beispiel ist mit den Echten Kobras (Naja) nicht näher verwandt. Wüster und Kollegen zeigten durch die kladistische Analyse von mitochondrialer DNA allerdings, das Hemachatus und Naja Schwestergruppen sind (von einem unmittelbaren gemeinsamen Vorfahren abstammen) und somit zusammen eine natürliche (monophyletische) Verwandschaftsgruppe bilden. Außerdem wurde gezeigt, dass innerhalb von Naja alle afrikanischen Arten eine monophyletische Untergruppe aus drei Untergattungen (Afronaja, Boulengerina und Uraeus) darstellen und somit eine Schwestergruppe zu den asiatischen Kobras der Untergattung Naja bilden.[24]
Die so gewonnenen Erkenntnisse zu den Verwandschaftsverhältnissen von Naja-Arten und Hemachatus zeigen, dass die Fähigkeit zum Verspritzen von Gift keinen gemeinsamen Ursprung hat, sondern in verschiedenen Gruppen unabhängig voneinander evolutionär erworben wurde (konvergente Evolution). Hemachatus und Afronaja enthalten ausschließlich Speikobras, und innerhalb von Naja scheinen auch alle asiatischen Speikobras eine monophyletische Verwandschaftsgruppe zu bilden. Es liegen also drei unabhängige evolutionäre Linien von Speikobras vor, damit haben sich auch die notwendigen Anpassungen des Körperbaus sowie das Verhalten dreimal unabhängig von einander in der Kobra-Gruppe entwickelt. Daher stellen die Speikobras auch kein Taxon im eigentlichen Sinne dar, sondern werden aufgrund einer konvergent erworbenen Anpassung als Gruppe zusammengefasst.[25]
Toxikologie
Symptomatik
Wenn eine Speikobra mit ihrem Schlangengift einen Menschen ins Auge trifft, stellen sich beim Getroffenen unmittelbar starke Schmerzen in den Augen ein. Es bilden sich Schwellungen (Ödeme) der Bindehaut (Chemosis) sowie der Augenlider, Epiphora tritt auf und am entstehen Auge weißliche Abscheidungen. Die Hornhaut trübt sich und es bildet sich eine Hornhautentzündung (Keratitis) aus. Am folgenden Tag tritt oft Regenbogenhautentzündung (Uveitis) und eine Überemfpfindlichkeit der Augen gegenüber Licht (Photophobie) auf. Es kann sich eine Eiteransammlung in der Vorderkammer des Auges (Hypopyon) bilden, die Iris kann getrübt sein. Das Auge ist gerötet.[26]
In den Tagen nach der Vergiftung bleibt der Schmerz bestehen, jedoch beginnt auch die Regeneration des geschädigten Gewebes. Das Sehvermögen bleibt eingeschränkt; in schweren Fällen kann unter Umständen noch bis zu 8 Tage lang die visuelle Wahrnehmung auf die Unterscheidung von Licht und Dunkelheit beschränkt sein. Nach etwa zwei Wochen ist das Sehvermögen üblicherweise wiederhergestellt, sofern eine Behandlung erfolgte. Trübungen in der Hornhaut können jedoch noch länger verbleiben. Erfolgt hingegen keine oder nur eine verspätete Behandlung, können im Auge Infektionen, ein Durchbruch (Perforation) der Hornhaut sowie Nekrosen auftreten. Dabei kann es auch zu langfristigen Einschränkungen der Sehfähigkeit bis hin zur Blindheit kommen.[26]
Der genaue Ablauf und die Schwere der Symptome variieren von Fall zu Fall, dabei spielt die Menge des erhaltenen Gifts und insbesondere auch die Artzugehörigkeit der Kobra eine entscheidende Rolle. Einige Arten sind weniger toxisch als andere, und tendenziell verlaufen Vergiftungen durch afrikanische Speikobras heftiger als diejenigen durch asiatische Arten.[27]
Zusammensetzung und Wirkweise des Gifts
Das Gift von Speikobras ähnelt in der Zusammensetzung den Giften anderer Giftnattern, und enthält Neurotoxine, Cytotoxine, Cardiotoxine und Enzyme wie Phospholipase A2 (PLA2). Für die schädliche Wirkung in den Augen scheinen insbesondere die cardiotoxischen Bestandteile verantwortlich zu sein.[28] Der genaue Wirkmechanismus ist noch nicht abschließend ergründet, eine Versuchsreihe mit den verschiedenen Fraktionen von Kobragiften identifizierte jedoch bei Speikobras die Cardiotoxine als maßgeblich für die toxische Aktivität in den Augen. Interessant ist dabei, dass ähnliche cardiotoxische Komponenten in Giften von nicht-speienden Kobras in ähnlicher Menge vorhanden sind; das nicht-fraktionierte Gift von solchen Kobras wirkt aber sehr viel weniger schädigend auf Augen als Gift von Speikobras. Der Toxikologe Mohammad Ismail und Kollegen (1993) vermuten, dass in den Giften von nicht speienden Kobras mehr saure Proteine enthalten sind (zum Beispiel saure PLA2) als bei Speikobras. Von diesen ist bekannt, dass sie sich mit Cardiotoxinen verbinden können (Dimerisation) - solche Bindungen könnten die augenschädigenden Aktivitäten von Cardiotoxinen bei nicht-speienden Kobras einschränken.[29]
Epidemiologie
Die Epidemiologie von Speikobravergiftungen ist gegenwärtig noch unzureichend erforscht. Bei einer in Nord-Nigeria (Local Government Area Malumfashi durchgeführten Studie aus dem Jahr 1980 wird für Augenvergiftungen durch die Afrikanische Speikobra (Naja nigricollis) eine Inzidenz von sechs bis acht Fällen unter 100.000 Menschen pro Jahr angeben. Angriffe dieser Art erfolgen in den ländlichen Gebieten Afrikas meist im Haus der Betroffenen, in der Nähe ihres Hauses oder bei der Feldarbeit. Zu der Häufigkeit von Zwischenfällen mit asiatischen Speikobras liegen keine statistisch relevanten Daten vor. In den Verbreitungsgebieten von Speikobras werden Haustiere wie Hunde nicht selten Opfer des Giftspeiens von Speikobras.[30]
Neben den Vergiftungen des Auges sind Speikobras jedoch ebenso durch ihren Giftbiss medizinisch relevant - ebenfalls 1980 in Malumfashi wurden im Schnitt 48 von 100.000 Menschen pro Jahr von der Afrikanischen Speikobra gebissen.[31] Auch in Asien sind Bisse durch Speikobras häufig, so verursacht etwa auf den Philippinen die Philippinische Speikobra die meisten Bissunfälle durch Giftschlangen.[32]
Behandlung
Falls das Gift einer Speikobra in die Augen einer Person gelangt, sollten diese zunächst so bald wie möglich und sehr großzügig mit Wasser oder einer beliebigen anderen milden Flüssigkeit ausgewaschen werden. Alternativ ist zum Beispiel auch Milch oder bei Ermangelung anderer Optionen, etwa in Trockengebieten, selbst Urin verwendbar. Diese Maßnahme zur Ersten Hilfe hat sich als sehr effektiv herausgestellt, um weitere Komplikationen vorzubeugen. In der Praxis ist diese Behandlung jedoch nicht selten erschwert, da sich die Augen des Patienten aufgrund des intensiven Schmerzes oft krampfhaft schließen (Blepharospasmus). In solchen Fällen wird die Gabe von einem gefäßverengenden Mittel (Vasokonstriktor) in die Augen wie etwa 0,5 % Adrenalin sowie lokalanästhetischen Betäubungstropfen (zum Beispiel 0,4 % Oxybuprocain) empfohlen, um die Verkrampfung zu lösen. Gleichzeitig wird so dem Patienten eine Linderung der Schmerzen verschafft (Analgesie). Die Anwendung von Betäubungstropfen sollte jedoch nur beschränkt erfolgen, da die Anästhetika oft selbst toxisch auf Zellen der Hornhaut wirken und die Produktion von Tränenflüssigkeit behindern, und so zum Beispiel die Entstehung von bakteriellen Infektionen im geschädigten Auge begünstigen. Eine weitere Maßnahme nach Augenkontakt mit dem Gift stellt die Gabe von Zykloplegika (z.B. Homatropin) und Mydriatika (z.B. Atropin oder Scopolamin) dar, welche eine für den Patienten unangenehmen Verkrampfung des inneren Augenmuskels Musculus ciliaris verhindern und einer Regenbogenhautentzündung (Uveitis) sowie Verklebungen im Auge (Synechien) vorbeugen. Bei Personen mit einer flachen vorderen Augenkammer ist als Nebenwirkung dieser Mittel jedoch ein Glaukomanfall möglich. Die topische Anwendung oder intravenöse Verabreichung eines Antivenins (Gegengift) ist bei Speikobra-Vergiftungen im Auge kontraindiziert: In den Augen ist die Anwendung eines Antivenins aufgrund des Auswaschens nicht notwendig und kann stattdessen zu Irritationen führen, und weil das Gift sich aus den Augen nicht in den Blutkreislauf verbreitet, ist intravenös verabreichtes Antivenin wirkungslos und kann zu einer schädlichen Überreaktion des Immunsystems (Anaphylaxie) führen. Ein Augenpflaster kann bis zum Abklingen der Symptome getragen werden.[33]
Im Anschluss an die ersten Hilfsmaßnahmen nach einem Vorfall mit einer Speikobra sollten die Augen mit einer Spaltlampe im Verfahren der Fluoresceinangiographie untersucht werden, um eine eventuelle Erosion der Hornhaut zu erkennen. Dabei wird der Farbstoff Fluorescein in das Auge geben, der tote Zellen der Hornhaut durch Fluoreszenz anzeigt. Sollte eine solche Erosion vorliegen, ist eine örtliche Behandlung mit Antibiotika (zum Beispiel Tetracyclin) indiziert, um eine sekundäre Infektion des Auges zu verhindern.[34]
Haustiere können nach dem Angriff einer Speikobra ähnlich wie Menschen durch intensives Auswaschen der betroffenen Augen sowie im Anschluss durch die topische Gabe von Antibiotika behandelt werden. Zur Analgesie kann in die Augen außerdem Adrenalin oder Atropin gegeben werden.[34]
Weblinks
Quellen
Literatur
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Belege
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