Benutzer:Maxeto0910/Pilotprojekte zum bedingungslosen Grundeinkommen

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Es gab zahlreiche Testläufe zum bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) durch Pilotprojekte in mehreren Ländern, die die langfristigen Auswirkungen eines BGE auf Bürger untersuchen sollten.

In Deutschland verlost der Verein Mein Grundeinkommen von Michael Bohmeyer seit 2014 regelmäßig ein BGE von 1000 € an bisher über 800 Menschen.[1]

Umsetzungsmodelle und Testprojekte

Deutschland

Abgrenzung

Obwohl die ähnlich klingende Bezeichnung dies suggeriert, ist das im Juli 2019 in Berlin eingeführte Pilotprojekt Solidarisches Grundeinkommen (SGE) des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller kein bedingungsloses Grundeinkommen. Es handelt sich dabei vielmehr um eine begrenzte Zahl neu geschaffener Stellen im öffentlich geförderten Beschäftigungssektor, in denen Arbeitslose, die bestimmte Kriterien erfüllen, nach Tarif- oder Mindestlohn bezahlt werden.[2] Der Wirtschaftswissenschaftler Bert Rürup nannte das Solidarische Grundeinkommen eine „unsolidarische Mogelpackung“.[3]

Initiativen und Projekte

Mitte 2010 wollte die Breuninger-Stiftung in Deutschland einen Feldversuch starten: 100 Bürger im wirtschaftlich potenten Stuttgart und 100 Bürger in einer wirtschaftlich schwachen Region in Brandenburg sollten für zwei Jahre ein monatliches Grundeinkommen von 800 Euro plus der notwendigen Beiträge zur Sozialversicherung erhalten.[4] Die Finanzierung gelang nicht.

Im Juni 2014 startete der Berliner Startup-Gründer Michael Bohmeyer das Projekt Mein Grundeinkommen, bei dem er per Crowdfunding Geld sammelt, um mehreren Menschen für ein Jahr ein bedingungsloses Grundeinkommen von 1.000 € pro Monat zu ermöglichen. Die Grundeinkommen werden unter allen registrierten Bewerbern verlost. Ziel des Projektes ist es unter anderem, die Reaktion der Ausgewählten auf das Grundeinkommen zu testen.[5][6][7]

Im Juni 2017 vereinbarte die neue Landesregierung in Schleswig-Holstein ein Zukunftslabor als Modellprojekt zur Diskussion und Bewertung „neuer Absicherungsmodelle, zum Beispiel ein Bürgergeld, ein Grundeinkommen oder die Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme“. Der Grünen-Politiker Robert Habeck bevorzugt hierbei ein BGE als Modellversuch, der schleswig-holsteinische Sozialminister Heiner Garg (FDP) bevorzugt ein liberales Bürgergeld.[8]

Die Initiative Expedition Grundeinkommen führt seit 2020 in mehreren Bundesländern Volksbegehren durch, deren Ziel Modellversuche zum Grundeinkommen in den jeweiligen Ländern sind.

Im Juni 2021 startete ein Versuch mit 122 Personen in Deutschland, denen über 3 Jahre monatlich 1200 € gezahlt werden. Eine Vergleichsgruppe, die keine Zahlungen erhält, umfasst knapp 1400 Personen. Die Teilnehmer wurden unter etwa zwei Millionen Bewerbern ausgewählt.[9]

Schweiz

Die Regisseurin und Filmemacherin Rebecca Panian startete 2018 eine Initiative für ein Pilotprojekt, um 2019 in einem Schweizer Dorf ein Jahr lang das BGE zu testen. Sie wollte als Projektleiterin den Test filmisch begleiten. Die Kosten sollten über Crowdfunding oder eine Stiftung finanziert werden. Wegen der Bevölkerungsstruktur wurde Rheinau ZH, eine Gemeinde mit 1300 Einwohnern, ausgewählt. Der Gemeinderat stimmte einem BGE für alle mit Stichtag 5. Juni 2018 in Rheinau lebenden Personen zu, die freiwillig am Projekt teilnehmen wollten. Erwachsene über 25 Jahren sollten monatlich 2500 Schweizer Franken erhalten (rund 2.600 Euro). Für jüngere Personen waren etwa 625 Franken vorgesehen. Das BGE sollte mit zusätzlichem Einkommen verrechnet werden.[10][11][12] Für den Test hatten sich 770 Personen angemeldet. Das Projekt kam nicht zustande, weil trotz großer medialer Aufmerksamkeit zum Ende des knapp zweimonatigen Spendenzeitraums statt der benötigten 6,1 Millionen nur 150.000 Franken eingegangen waren.[13]

USA

1967 wurde in den USA unter Präsident Johnson eine Kommission zu einem garantierten Mindesteinkommen eingerichtet, als der bedeutende neoliberale Ökonom Milton Friedman eine an ein Erwerbseinkommen geknüpfte negative Einkommensteuer vorschlug. Nach zwei Jahren wurde der Bericht der Kommission veröffentlicht, die aus Unternehmern, Gewerkschaftern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens bestand und die sich einhellig für ein garantiertes Mindesteinkommen aussprach. Der Bericht fand kaum Resonanz. Bürger und Politiker konnten sich nicht mit der Vorstellung anfreunden, allen Menschen ein bestimmtes Einkommen zu garantieren. Trotz der Empfehlung der Kommission glaubten viele Politiker, dass allein die Idee eines garantierten Einkommens den Arbeitswillen einer ganzen Generation US-Amerikaner unterminieren würde.

Trotzdem gab es von der US-Regierung Pilotprojekte, um die praktischen Folgen eines garantierten Mindesteinkommens zu testen. Zu ihrer Überraschung stellte sich heraus, dass der Antrieb, sich eine Arbeit zu suchen, bei den Empfängern nicht nennenswert schwächer wurde.[14] Weitere Ansätze in den USA sind derzeit folgende Fälle:

  • Alaska: Das oft in diesem Zusammenhang diskutierte Beispiel Alaskas ist trotz der Bedingungslosigkeit der Auszahlung aus dem Alaska Permanent Fund, die dort jeder Bewohner erhält, kein „echtes“ Grundeinkommen, da der Betrag – von 1982 bis 2008 im Schnitt ca. 1100 USD pro Person und Jahr[15] – bei weitem nicht existenzsichernd ist.
  • Stockton, Kalifornien: Seit Februar 2019 wird in Stockton im kleineren Rahmen ein soziales Experiment unter dem Namen Stockton Economic Empowerment Demonstration (SEED) über den Effekt vom sogenannten "Guaranteed Income" durchgeführt.[16] Dazu erhalten 125 zufällig ausgewählten Bürger von Stockton über einen Zeitraum von 24 Monaten 500 US-Dollar pro Monat zur freien Verfügung.[17] Ein unabhängiges Forschungsteam unter der Leitung zweier Professorinnen begleitet das Projekt und wird am Ende einen Bericht erstellen.[18][19]

Brasilien

In Brasilien wurden unter Präsident Lula erste Schritte für ein bedingungsloses Grundeinkommen eingeleitet. Als erste erhielten die Ärmsten einen geringen Betrag, bis 2010 sollten die Zahlungen auf die gesamte Bevölkerung ausgedehnt werden, was aber nicht umgesetzt wurde.[20][21]

Brasilien hat 2004 als erster Staat das Recht auf ein bedingungsloses Grundeinkommen in die Verfassung aufgenommen. Im Gesetz 10.835/2004 wird das Recht aller Brasilianer auf ein bedingungsloses Grundeinkommen festgelegt. Garantiert wird eine staatliche Leistung für alle Bürger, die mindestens fünf Jahre im Land leben. Diese soll die Grundbedürfnisse von Ernährung, Bildung und Gesundheit abdecken – unabhängig davon, ob der Empfänger arbeitet oder Vermögen hat. Eine Klausel im Gesetz (die „renda básica“ solle „schrittweise“ eingeführt werden) schiebt die Umsetzung jedoch auf die lange Bank. Bislang wurde nur die Bolsa Família eingeführt, eine staatliche Leistung für die ärmsten Haushalte im Land. Diese ist an Bedingungen geknüpft und setzt Bedürftigkeitsprüfungen voraus. Zwar erreicht die Bolsa Familia mittlerweile rund ein Viertel aller Brasilianer, jedoch fehlt es vielen weiteren Bedürftigen an Informationen und Unterstützung durch lokale Verwaltungen. Von 2008 bis 2014 zahlte die brasilianische Nichtregierungsorganisation ReCivitas in dem kleinen brasilianischen Dorf Quatinga Velho in der Nähe von São Paulo ein bedingungsloses Grundeinkommen ohne Ausnahme und ohne Bedingung monatlich an alle Empfänger aus, um dessen Wirksamkeit in der Praxis zu erproben.[22] Die Finanzierung des Pilotprojekts beruht bisher hauptsächlich auf Spendeneinnahmen. Das von ReCivitas gezahlte Grundeinkommen beträgt monatlich 30 Real (rund 11 Euro) – für ein Jahr pro Person etwa 130 Euro. Die Bilanz nach vier Jahren: Bis zu 127 Menschen nahmen gleichzeitig das Grundeinkommen in Anspruch. Sie investierten den größten Geldbetrag in die Verbesserung des eigenen Wohnraums, gefolgt von Medizin für ihre Kinder. An dritter Stelle standen unterschiedliche, Einkommen schaffende Maßnahmen.[23][24][25]

Bis Februar 2011 waren 26 % der brasilianischen Bevölkerung von dem Programm betroffen, das 50 Millionen Menschen umfasst.[26] Ab März 2020 umfasst das Programm 13,8 Millionen Familien und zahlt durchschnittlich 29 Euro pro Monat in einem Land, in dem der Mindestlohn 161 Euro pro Monat beträgt.[27]

Finnland

Im Juni 2015 wurde im Koalitionsvertrag der finnischen Regierungsparteien festgelegt, als erstes europäisches Land ein (teilweise bedingtes) Grundeinkommen zu testen.[28][29] Zwei Drittel der Finnen befürworteten das in einer Umfrage der finnischen Sozialversicherung Kela[30] vom selben Jahr.[31][32]

Unter Leitung von Kela wurde eine Feldstudie entworfen.[33] Es sollten zunächst verschiedene Modelle untersucht werden: ein tatsächlich bedingungsloses Grundeinkommen, eine bedingungslose Grundsicherung von mindestens 550 Euro unter Beibehaltung zusätzlicher Leistungen wie Wohngeld und eine negative Einkommensteuer. Die Aufwendungen wurden mit 20 Millionen Euro für zwei Jahre veranschlagt.[29][32]

Ab Januar 2017 wurde an 2000 zufällig ausgewählte Arbeitslose anstelle von Arbeitslosengeld ein Grundeinkommen von 560 Euro im Monat bezahlt, befristet auf zwei Jahre.[34] Die finnische Regierung lehnte im April 2018 eine Verlängerung ab.[35] Im Mai 2020 zog die finnische Sozialversicherungsanstalt die Bilanz, die Arbeitslosenquote sei bei den Teilnehmern gesunken, wenn auch nicht signifikant stärker als in der Kontrollgruppe. Bürokratie konnte eingespart werden, und die Teilnehmer hätten signifikant weniger Stress und gesundheitliche Probleme berichtet. Allerdings hatte Finnland während der Studiendauer neue Maßnahmen eingeführt, um arbeitslose Leistungsempfänger zu aktivieren, die sich nur auf die Kontrollgruppe auswirken konnten und daher einen Störfaktor (Confounder) bildeten. Die Aussagen der Probanden zum seelischen und körperlichen Befinden waren zudem subjektiv und unvollständig; nur ein Drittel machte dazu überhaupt Angaben.[36] Kela räumte ein, dass man lediglich sagen könne, „dass die beobachteten Effekte sowohl auf das Grundeinkommen als auch das Aktivierungsmodell zurückzuführen sind“, man wisse aber nicht, wie und in welchem Maße.[37][38]

Im Frühjahr 2020 wurde Bilanz gezogen: Wegen überlagerter Effekte dieses Pilotprojekts und anderer Aktivierungsmaßnahmen sei es schwierig, den Beschäftigungseffekt zu beurteilen. Statt eines Grundeinkommens werden nun Vereinfachungen der sozialen Sicherung durch Pauschalbeträge für einzelne Empfängergruppen erwogen und finanzielle Sonderleistungen für Menschen, die aus eigenem Antrieb etwas für die Gemeinschaft tun.[39][40]

Indien

In Madhya Pradesh (Zentralindien) wurde in bisher 22 Dörfern, in denen besonders schlimme Armut herrscht, ein regelmäßiger Geldtransfer bereitgestellt. Ohne Bedingungen wird in den ausgewählten Dörfern an jeden Bürger ab 18 Jahre ein Monatsbetrag von 200 Rupien ausgezahlt; für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren erhalten die Frauen 100 Rupien. 200 Rupien entsprechen bei Umrechnung mit Kaufkraftparitäten (Methode Weltbank-Atlas) etwa 10 Euro. Es handelt sich also um ein partielles Grundeinkommen (nicht existenz- und teilhabesichernd). Die Verwendung steht den Menschen frei.[41][42][43]

Iran

Ähnlich wie in Alaska hat sich die iranische Regierung für eine Teilhabe der Bürger an den Gewinnen der Ölförderung entschieden. Pro Person wird zweimonatlich ein Betrag von umgerechnet 80 US-Dollar gezahlt, also 480 $ pro Person und Jahr. Mehr als 80 % der Iraner haben den Antrag gestellt.[44]

Italien

In Italien führte die Regierung auf Betreiben der Fünf-Sterne-Bewegung am 6. März 2019 ein Bürgergeld in Höhe von 780 € (Singles) bzw. 1280 € (Paare) ein. Obwohl es weder bedingungslos ist, noch von allen beantragt werden kann, wurde es von einigen als BGE-ähnlich eingestuft. Das Vorhaben wurde von Seiten der Gewerkschaften, Kirchen und Industrie als überteuert und Konjunkturbremse kritisiert, da die eingeplanten 15 Milliarden Euro Kosten komplett auf Kredit finanziert werden sollen und dieser Betrag auf der Investitionsseite fehlen würde. Das Kalkül der Regierung ist hingegen, dass die Binnenkonjunktur durch den gesteigerten Konsum der ärmsten Bevölkerungsschichten gestärkt werde und sich die Kosten so refinanzierten.[45]

Kanada

Mincome war ein soziales Experiment der Jahre 1974 bis 1978, welches die Auswirkungen eines garantierten jährlichen Einkommenszuschusses in Abhängigkeit von Arbeit (negative Einkommensteuer) untersuchen sollte. Dabei wurde ein Zuschuss jeder Person und jeder Familie in Dauphin gewährt, welche unter die Armutsgrenze fiel. In der Stichprobe (Sample) der wissenschaftlichen Begleitung und Datenerhebung waren 1.300 Familien.[46]

2016 wurde bekannt, dass in der Provinz Ontario ein neues Pilotprojekt geplant war.[47] In den Städten bzw. der Umgebung von Hamilton, Thunder Bay und Lindsay sollten ab 2017 drei Jahre die Auswirkungen eines BGE in den Bereichen Gesundheit und Bildung sowie auf die Arbeitsmarktchancen für Geringverdiener untersucht werden.[48] Das Projekt wurde nach einem Jahr vorzeitig beendet, als es nach den Wahlen in Ontario Mitte 2018 zu einem Regierungswechsel gekommen war.[49]

Kuba

Zwischen 1964 und 1973 herrschte in Kuba die Periode des „historischen Lohns“ – einem Einheitslohn unter Arbeitszwang in einer planwirtschaftlichen Verteilung der Arbeit, der von einem Autor als „fast bedingungsloses Grundeinkommen“ bezeichnet wurde. Es bestand keine Zuverdienstmöglichkeit über den Einheitslohn hinaus.[50]

Folge dieser Bedingungen war ein rasantes Absinken der Arbeitsproduktivität. Staatlich festgesetzte Preise sorgten dafür, dass die Produktion der Waren häufig deutlich teurer war als der Verkaufserlös. In der Zuckerernte wurden immer mehr Menschen benötigt, um das gleiche Ernteergebnis einzufahren. Es kam zum starken Absinken der gesamten Produktion in Industrie und Landwirtschaft, was zu einer scharfen Versorgungskrise führte, die teilweise bis heute anhält.

Da diese Art des Einheitslohnes an die formale Bedingung der Aufnahme eines Arbeitsplatzes gekoppelt war, kam es nicht zu einem massiven Fernbleiben vom Arbeitsplatz. Jedoch musste in rückblickenden Studien festgestellt werden, dass zurückgehende Arbeitsproduktivität eines der Hauptprobleme für die Versorgungskrise war. Die Hoffnung, „dass die von der Ausbeutung befreiten Kubaner, statt der Not gehorchend, Erwerbsarbeit zu leisten, aus freier Entscheidung ihr Bestes für den Aufbau eines sozialistischen Kuba geben würden, wenn man ihnen nur die Zusammenhänge klar mache und mit gutem Beispiel vorangehen würde“, hierzu zeigte man beispielsweise Che Guevara im persönlichen Einsatz beim Schlagen von Zuckerrohr, erfüllte sich nicht.[50][51]

Kuwait

Kuwait begann im Februar 2012 ein Experiment mit bedingungslosem Grundeinkommen, das jedoch zeitlich für seine 1,155 Millionen Bürger mit 1000 Dinar / Bürger (3.580 Dollar / Bürger) begrenzt war.[52][53]

Macau

Macau verteilt seit 2008 im Rahmen des Vermögensbeteiligungsmechanismus der Region einen Fonds an alle Einwohner, ob dauerhaft oder nicht. Im Jahr 2014 verteilte die Regierung 9.000 Patacas (rund 1.127 US-Dollar) an jeden ständigen Einwohner und 5.400 Patacas (676 US-Dollar) an nicht ständige oder mehr als 600.000 Begünstigte.[54]

Mongolei

Die Regierung der Mongolei hat erste Schritte unternommen, um ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen. Ähnlich wie in Alaska soll das Geld aus Einnahmen durch den Verkauf von Bodenschätzen (hier: Gold, Kupfer) stammen. Der Fonds, aus dem die Auszahlung erfolgen soll, wurde bereits eingerichtet, und die Regierung hat die Auszahlung bereits zugesagt.[55]

Namibia

In Namibia erhielten die Einwohner der Ortschaft Otjivero-Omitara ein bedingungsloses Grundeinkommen, das „Basic Income Grant“ (BIG) genannt wird. Ziel war es, die Auswirkungen des BIG auf die Armut zu erfassen, zu belegen und die namibische Regierung von einer landesweiten Einführung des Grundeinkommens zu überzeugen.[56][57]

Von Januar 2008 bis Dezember 2009 hat die den BIG in Otjivero organisierende BIG Koalition den ca. 1000 registrierten Bewohnern der Ortschaft ein Basic Income Grant (BIG) von monatlich 100 N$ ausgezahlt. Der erste Halbjahresreport liegt als Zusammenfassung in deutscher Übersetzung vor,[58] darüber hinaus der ausführliche Jahresbericht 2008 auf Englisch.[59] Das Projekt wurde aufgrund seiner positiven Effekte (Reduzierung der Unterernährung, der Arbeitslosigkeit, Anzahl der Schulabbrüche und Rückgang der Kriminalität) auf privater Basis mit einer Auszahlung von monatlich 80 N$ zunächst weitergeführt.[60] Laut BIG Koalition konnte diese reduzierte Zahlung nur bis März 2012 gesichert werden.[61] Die namibische Regierung mochte das Grundeinkommen nicht landesweit umsetzen, worüber die Initiatoren ihre Enttäuschung zum Ausdruck bringen. Seit März 2012 hing die Auszahlung des reduzierten Grundeinkommens vom Spendeneingang ab, der eine zuverlässige monatliche Auszahlung nicht mehr zulässt. Die Zahlungen wurden 2013 endgültig eingestellt.

An den sehr positiven Schlussfolgerungen, die bereits ein halbes Jahr nach Projektbeginn gezogen wurden, ist verschiedentlich methodische und inhaltliche Kritik geübt worden.[62][63][64]

Kenia

Ende 2016 startete die US-amerikanische Wohltätigkeitsorganisation GiveDirectly in Kenia ein Pilotprojekt mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen, welches die Auswirkungen auch wissenschaftlich untersucht. Begleitet wird das Projekt von Ökonomen der Universität Princeton und dem MIT. Die Projektdauer ist auf 10 bis 12 Jahre angelegt. Die geplanten Gesamtausgaben belaufen sich auf 30 Millionen Dollar Spendengelder, wovon bisher bis Februar 2017 etwa 23,7 Millionen Dollar eingenommen wurden.[65]

Bis 2017 nahmen 6.000 Teilnehmer aus wenigen Ortschaften als Empfänger teil. 2017 soll die Anzahl der Empfänger auf 26.000 Menschen in 200 Dörfern ausgedehnt werden. Jede der ausgewählten Personen erhält ein Grundeinkommen von rund 20 € pro Monat bzw. 0,75 Cent täglich über einen Zeitraum von 10 Jahren. Der Monatsbetrag entspricht etwa einem halben kenianischen monatlichen Durchschnittslohn.

Zur Untersuchung der Auswirkungen bei verschiedenen Arten der Auszahlung sind die Empfänger in Gruppen unterteilt, die ihr Grundeinkommen jeweils auf unterschiedliche Weise erhalten. Um Aussagen über die Auszahlungsform mit dem größten Nutzen zu gewinnen, werden Daten zum sozioökonomischen Hintergrund, Lebensstil, Risikobereitschaft oder Lebenseinstellung erfasst. Erste Ergebnisse werden nach zwei Jahren nach Start des Projektes erwartet.[66]

In 40 Dörfern erhalten die Teilnehmer zehn Jahre lang jeweils 20 € monatlich. In anderen 80 Dörfern erhalten die Teilnehmer das Grundeinkommen nur zwei Jahre lang, und in weiteren 80 Dörfern gibt es die Gesamtsumme als Einmalzahlung. 100 Dörfer ohne Grundeinkommen dienen als Kontrollgruppe.[67] Um die Transfers auch in entlegenste Gebiete leisten zu können, wird das in Kenia entwickelte mobile Bezahlsystem M-Pesa eingesetzt.

Prominente Unterstützer des Projektes sind unter anderen Pierre Omidyar, Gründer des Online-Auktionshauses eBay, Facebook-Mitgründer Dustin Moskovitz und Jacqueline Fuller, Chefin der Organisation Google Giving.[68]

Uganda

Ein Programm in Uganda vergab nach dem Zufallsprinzip unbeaufsichtigte Zuschüsse in Höhe von 382 $ an 535 $ junge Bewerber im Alter von 15 bis 35 Jahren. Die Ergebnisse zeigten, dass „das Programm das Unternehmensvermögen um 57 %, die Arbeitszeit um 17 % und das Einkommen um 38 % erhöht“. Darüber hinaus gründeten viele der Projektbeteiligten ein eigenes Unternehmen, um Arbeitsplätze für andere zu schaffen. Im Januar 2017 startete die gemeinnützige Organisation Eight in einem unbekannten Dorf mit 50 Haushalten eine weitere Pilotstudie, die auf zwei Jahre ausgelegt war. Das Experiment, das in einem Dokumentarfilm aufgezeichnet wurde, zielte darauf ab, die Auswirkungen des Grundeinkommens in vier Bereichen zu bewerten: Bildungsbeteiligung von Mädchen und Frauen, Zugang zur Gesundheitsversorgung, Engagement in demokratischen Institutionen und lokale wirtschaftliche Entwicklung. Das monatliche Einkommenseinkommen an die Dorfbewohner beträgt 18,25 $ für Erwachsene und 9,13 $ für Kinder.[69]

Probleme

Der zentrale Sinn und Zweck von Experimenten zum BGE ist, dass diese die Situation, dass alle Bürger ein BGE erhalten, adäquat simulieren und damit zum Gewinn neuer Erkenntnisse über die Wirkungen eines BGE beitragen. Dabei gibt es jedoch einige potenzielle Probleme.[70][46]

Auch in einem Modellexperiment müsste das BGE für alle, hoch genug und von unbegrenzter Dauer sein, was jedoch i. d. R. nicht der Fall ist.[71][72] Solange dies nicht sichergestellt ist, wird sich laut Kritikern der gewünschte gesellschaftliche Mehrwert eines BGE nicht einstellen können. So könne beispielsweise eine Beschränkung auf ein bestimmtes Gebiet einen Migrationsdruck auslösen und ein selektives BGE zu Neiddebatten führen.

Ein häufig angeführtes Argumente gegen ein BGE ist, dass es nicht finanzierbar sei.[73] Befürworter des BGE behaupten, dass dieses durch eine Umstrukturierung des Steuersystems sowie Einsparungen bei Bürokratie und Verwaltung durchaus finanzierbar sei.[74] Doch dieser zentrale Aspekt ließe sich bei einem Modellversuch nicht verifizieren.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vom Probieren zum Studieren. In: www.mein-grundeinkommen.de. Mein Grundeinkommen, abgerufen am 20. Juni 2021.
  2. Maria Mast: Solidarisches Grundeinkommen: "Der Job ist nicht toll bezahlt, aber auch nicht prekär". In: Zeit Online. 4. Juli 2019, abgerufen am 1. August 2019.
  3. Bert Rürup: Solidarisches Grundeinkommen – eine unsolidarische Mogelpackung. (PDF; 309 kB) In: Handelsblatt Research Institute. 6. April 2018, abgerufen am 1. August 2019.
  4. Praxistest für Grundeinkommen. In: manager-magazin.de
  5. Torsten Hampel: Michael Bohmeyers Experiment beginnt. In: Der Tagesspiegel. 24. September 2014.
  6. Was würden Sie mit 12.000 Euro anstellen? In: stern.de
  7. Berliner verlost 12.000 Euro für ein Jahr Nichtstun. In: welt.de
  8. Jamaika-Koalition: Schleswig-Holstein testet Bedingungsloses Grundeinkommen, Berliner Zeitung, 28. Juni 2017
  9. Focus: Faulheitsprämie oder wegweisend? Jetzt startet das deutsche Grundeinkommen
  10. Raffaela Angstmann: In der Zürcher Gemeinde Rheinau soll das Grundeinkommen getestet werden. In: Neue Zürcher Zeitung. 5. Juni 2018, abgerufen am 17. Juni 2018.
  11. Rheinau bedingungslos glücklich? In: detektor.fm. 7. Juni 2018, abgerufen am 17. Juni 2018.
  12. Charlotte Theile: Ein Dorf testet das Grundeinkommen. In: Süddeutsche Zeitung. 6. Juni 2018, abgerufen am 17. Juni 2018.
  13. Corina Gall: Experiment zum Grundeinkommen in Zürcher Gemeinde scheitert. In: www.nzz.ch. 4. Dezember 2018, abgerufen am 7. Dezember 2018.
  14. Jeremy Rifkin: Das Ende der Arbeit, ISBN 3-596-16971-2, S. 205–208
  15. The Permanent Fund Dividend (Memento vom 18. September 2008 im Internet Archive)
  16. The Stockton Economic Empowerment Demonstration. SEED, abgerufen am 22. November 2019.
  17. https://www.stocktondemonstration.org/
  18. Chris Weller: Krisengebeutelte Stadt in den USA führt das Grundeinkommen ein — die Erklärung ist erstaunlich. In: Business Insider. 31. Januar 2018, abgerufen am 4. November 2019.
  19. Rebecca Loya, Thomas M. Shapiro: Das Grundeinkommen und Martin Luther King. In: der Freitag. 25. April 2019, abgerufen am 4. November 2019.
  20. Vgl. ka-news.de: „44 Millionen Brasilianer erhalten heute bereits ein fast vollständig aus einer Kapitaltransaktionssteuer finanziertes Grundeinkommen; die Initiative ging von Suplicy aus. Zusammen mit Präsident da Silva plant er [Eduardo Suplicy] nun die endgültige Einführung eines gesetzlichen Grundeinkommens in Brasilien bis zum Jahre 2010“.
  21. lateinamerika-nachrichten.de Almosen für alle!: Brasilien garantiert seit diesem Jahr seinen Einwohnern eine Grundrente
  22. Quatinga Velho (Memento vom 5. Juni 2017 im Internet Archive)
  23. neues deutschland (2. Oktober 2010): »Eine brasilianische Nichtregierungsorganisation praktiziert Grundeinkommen«
  24. ver.di PUBLIK (11. November 2010): »Sie gingen hin und fingen an«
  25. Quatinga Velho – Bedingungsloses Grundeinkommen. (Memento vom 30. Juni 2013 im Webarchiv archive.today) Zukunftsstiftung Entwicklungshilfe, 2013
  26. Claire Provost: Social security is necessary and globally affordable, says UN. In: The Guardian. 21. Februar 2011, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 28. März 2021]).
  27. Coronavirus-Hit Brazil Considers Major Public Funds For Poor And Unemployed. Abgerufen am 28. März 2021 (englisch).
  28. Finnland testet das bedingungslose Grundeinkommen. In: Berliner Zeitung, 24. Juni 2015, abgerufen am 5. Juni 2016.
  29. a b Bedingungsloses Grundeinkommen: Finnland wagt das Sozial-Experiment. In: n-tv, 30. Juni 2015, u. a. mit „… in sämtlichen diskutierten Szenarien soll das Grundeinkommen an eine Erwerbstätigkeit gekoppelt werden, nach dem Modell einer negativen Einkommensteuer. Wer eine schlecht bezahlte Arbeit annimmt, bekommt vom Staat zusätzlich zum Lohn das Grundeinkommen.“ Abgerufen am 5. Juni 2016.
  30. Kela.fi
  31. Kansa kannattaa perustuloa 1/3: Perustulolla suuri kannatus. Kela, 29. September 2015, abgerufen am 5. Juni 2016 (englisch).
  32. a b Finland’s hugely exciting experiment in basic income, explained. In: Vox.com, 8. Dezember 2015, abgerufen am 5. Juni 2016 (englisch).
  33. Kela: Universal basic income options to be weighed. 19. November 2015.
  34. Geld fürs Nichtstun: Finnland testet Grundeinkommen an Arbeitslosen. In: Spiegel Online, 28. Dezember 2016; u. a. mit „Ablehnen können sie nicht. Sie wurden unter allen Personen zwischen 25 und 58 Jahren, die im November 2016 Arbeitslosengeld oder -unterstützung bekommen haben, ausgelost.“
  35. sueddeutsche.de>Bedingungsloses Grundeinkommen bald passé. In: sueddeutsche.de
  36. Heikki Hiilamo: Heikki Hiilamo: "Disappointing results from the Finnish basic income experiment". Universität Helsinki, 8. Februar 2019, abgerufen am 7. Mai 2020 (englisch).
  37. Carsten Schmiester: Grundeinkommen-Experiment: Finnen ziehen ernüchtert Bilanz. In: tagesschau.de. 7. Mai 2020, abgerufen am 7. Mai 2020.
  38. Patrick Bernau: Experiment in Finnland: Was ein Grundeinkommen bringt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 6. Mai 2020, abgerufen am 7. Mai 2020.
  39. Carsten Schmiester: Grundeinkommen-Experiment: Finnen ziehen ernüchtert Bilanz. In: tagesschau.de. 7. Mai 2020, abgerufen am 9. Mai 2020.
  40. siehe auch zeit.de 11. Mai 2020: Interview mit der Kela-Projektleiterin
  41. Netzwerk Grundeinkommen (29. November 2012): »Indien: Erfolg mit Pilotprojekten für Sozialtransfers«
  42. Mona Chollet: Gründe für ein Grundeinkommen. In: Le Monde diplomatique. 10. Mai 2013. Abgerufen am 10. Mai 2016.
  43. Playlist auf YouTube mit verschiedenen Filmbeiträgen zum indischen Grundeinkommens-Pilotprojekt
  44. Grundeinkommen im Iran // 8. Februar 2011, von Herbert Wilkens
  45. Ulrike Sauer Rom: Italien führt das Bürgergeld ein. In: sueddeutsche.de. 2019, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 12. März 2019]).
  46. a b K. Widerquist: What (if anything) Can we Learn From the Negative Income Tax Experiments? (PDF) Review in: Journal of Socio-Economics (JSE), 2004, S. 4–9.
  47. Kanadische Provinz Ontario erwägt GrundeinkommenSüddeutsche, 10. März 2016
  48. ontario.ca
  49. Vivien Timmler: Projekt Grundeinkommen in Kanada gestoppt. In: www.sueddeutsche.de. 2. August 2018, abgerufen am 5. August 2018.
  50. a b Jörg Roesler: Der »historische Lohn«: Kubas Erfahrungen mit einem (fast) bedingungslosen Grundeinkommen. (PDF; 87 kB) Rosa-Luxemburg-Stiftung, Januar 2008
  51. Hans-Jürgen Burchardt: Der lange Abschied von einem Mythos, Schmetterling Verlag, 1996, S. 14 ff.
  52. KUWAIT: A Temporary, Partial basic income for Citizens Only | Basic Income News. Abgerufen am 28. März 2021.
  53. Yannick Vanderborght: Kuwait: A Temporary, Partial basic income for Citizens Only. 18. Mai 2011, abgerufen am 12. Mai 2021 (amerikanisches Englisch).
  54. Macau's residents each get 9,000 pataca handout, but critics not satisfied. SCMP, 12. November 2013, abgerufen am 12. Mai 2021 (englisch).
  55. bge-portal.de (Memento vom 22. Oktober 2011 im Internet Archive) Grundeinkommen in der Mongolei
  56. Allgemeine Zeitung: Grundeinkommen für Squatter-Gruppe. 8. August 2007
  57. Bedingungsloses Grundeinkommen hilft den Menschen wieder auf die Beine (Memento vom 28. Juli 2013 im Internet Archive), epo.de
  58. basic income network südtirol: (Memento vom 6. Juli 2009 im Internet Archive) Halbjahresbericht der BIG Coalition Namibia | Zusammenfassung auf Deutsch
  59. Bericht der BIG Coalition Namibia 2008 (PDF; 2,4 MB) | Ausführlicher Jahresbericht 2008
  60. BIG-Projekt geht nächstes Jahr weiter, Allgemeine Zeitung vom 9. Dezember 2009
  61. Pilot Project. bignam.org. Abgerufen am 10. Mai 2016.
  62. K. Shangula: The BIG confusion, in: The Namibian, 1. März 2011
  63. K. Shangula: The proposed BIG: What are the facts?, in: The Namibian, 5. Februar 2011
  64. R. Osterkamp: BIG deserves a fair chance, yes: By doing serious research about it, in: New Era, 21. Mai 2010.
  65. Daniel Bakir: Bedingungsloses Grundeinkommen – in Kenia started das größte Geld-Experiment der Welt. In: stern.de, 11. Februar 2017.
  66. Bedingungsloses Grundeinkommen: Weltgrößter Versuch in Kenia. In: SEIN, 7. März 2017.
  67. Der Ebay-Gründer plant ein historisches Grundeinkommen-Experiment. In: www.businessinsider.de, 21. Februar 2017.
  68. RT Deutsch: Bedingungsloses Grundeinkommen mit eBay: Weltweit größtes Projekt startet in Kenia. In: deutsch.rt.com, 19. Februar 2017.
  69. Kate McFarl: UGANDA: Two-year basic income pilot set to launch in 2017 | BIEN — Basic Income Earth Network. Abgerufen am 1. April 2021 (amerikanisches Englisch).
  70. Makronom: Wieso das BGE-Pilotprojekt die Missverständnisse zum Grundeinkommen noch vergrößert. In: Makronom. 17. September 2020, abgerufen am 20. Juni 2021 (deutsch).
  71. Aria Bendix 09 Dez 2019: Das finnische Experiment zum Grundeinkommen ist gescheitert — Forscher wollen nun den Grund gefunden haben. 9. Dezember 2019, abgerufen am 20. Juni 2021 (deutsch).
  72. Marco Annunziata: Universal Basic Income: A Universally Bad Idea. In: www.forbes.com. Forbes, 27. Juli 2018, abgerufen am 20. Juni 2021 (englisch).
  73. Hannes Koch: Pilotprojekt Grundeinkommen: Nur eine schöne Idee. In: Die Tageszeitung: taz. 2. Juni 2021, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 20. Juni 2021]).
  74. Malte Jahn: Wie ein Grundeinkommen finanzierbar wäre. In: www.focus.de. Focus Online, 30. März 2017, abgerufen am 20. Juni 2021.