Benutzer:Micha81/Baustelle

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Bei dem Sex Offender Treatment Programme (SOTP) handelt es sich um Therapiemanuale, die zur Therapie von Sexualstraftätern verwendet werden.

Allgemein

Durchschnittlich beträgt die Behandlungsdauer des SOTP 180 Stunden, wobei eine Sitzung mindestens 2 (in Anstalten bis zu 2,5) Stunden dauert. Die Pausen betragen 20 Minuten. Die von den Entwicklern empfohlene Anzahl der Sitzungen beträgt 91 (+/- 10). [1]

Extended SOTP

Aufbauend auf dem Core-Programme hat dieses Programm folgende Ziele:

  • das Erkennen und Verändern von dysfunktionalen Denkmustern
  • das Verbessern des Umgangs mit Gefühlen
  • das Entwickeln von Fähigkeiten im Zusammenhang mit Beziehungen und Intimitäten
  • das Benennen von sexuell devianten Fantasien und Erregungsmustern sowie das Verstehen deren Zusammenhänge mit Sexualdelikten

Enhanced Thinking Skills Programme

Dieses Programm geht davon aus, dass Straftäter sich antisozial verhalten, da ihnen kognitive Fähigkeiten fehlen, um ihre Ziele auf prosoziale Weise zu erreichen.

Das Programm hat als Ziel die Verbesserung von:

Adapted SOTP Programme

Dieses Programm richtet sich an Sexualstraftäter, deren Intelligenzquotient unter 80 liegt oder die starke Defizite im sprachlichen Bereich haben. Es wird weitgehend auf sprachliche Vermittelung verzichtet und stattdessen mit Bildern und Symbolen gearbeitet. Dabei hat das Programm eine stärker pädagogische Ausrichtung als das Core-Programme.

Healthy Sexual Functioning Programme

Dieses Programm, das sich derzeit noch in einer Entwicklungsphase befindet, hat das Ziel deviante sexuelle Fantasien und Erregungsmuster zu bearbeiten. Ziel ist es dabei, deviante sexuelle Fantasien und Erregungsmuster in der Hintergrund geraten zu lassen, und sich mit legalen Fantasien und Erregungsmustern zu beschäftigen.

Rolling Programme

Dieses Programm richtet sich an Gefangene mit niedrigem oder mittlerem Risiko (gemessen mit dem static-99). Die Behandlungsbereiche entsprechen dabei denen des Core- und Extended Programms. Außerdem gibt es neben einem festen Kanon an Behandlungseinheiten (Darstellung der eigenen Biografie, Deliktanalyse, Opferempathie, Selbstmanagement-Plan), das von allen Gefangen durchlaufen wird, noch eine Reihe individueller Übungen die nur Gefangene mit bestimmten Defiziten und Auffälligkeiten bearbeiten. Bei den Übungen geht es um folgende Bereche: Affektwahrnehmung und -differenzierung, Selbstwertregulation, Bindungsverhalten, Beziehungsgestaltung, Umgang mit Eifersucht, Einsamkeit, Sexualität und sexuellen Mythen.

Behandlungsmethoden

Im Gruppenprogramm gibt es folgende 3 Behandlungsmethoden:[1]

Kognitive Umstrukturierung

Da Sexualstraftäter ihre Taten vor sich selbst rechtfertigen und entschuldigen, hat diese Methode das Ziel, Denkmuster durch sokratisches Fragen (sokratische Methode) auf folgende Weise zu erkennen und zu verändern:

  • Welche Verbindung können Sie zwischen Ihren Taten und dem, was Ihnen vorher durch den Kopf gegangen ist, herstellen?
  • Wenn sie andere Leute sagen hören, dass die Dinge "einfach so" sind, was denken Sie darüber, warum so etwas gesagt wird?

Unangemessene Fragen wie Suggestivfragen, rhetorische Fragen, oder konfrontative Fragen sollten vermieden werden:

  • Denken Sie nicht, dass Ihr Opfer sich in der Situation machtlos gefühlt hat?
  • Haben Sie in diesem Moment nicht gedacht, dass Ihr Opfer es verdient?
  • Aber die Dinge passieren nicht einfach so, oder?

Modelling

Im Modelling hat der Therapeut die Aufgabe, antikriminelles Verhalten zu demonstrieren.

Positive Verstärkung

Bei dieser Methode wird antikriminelles Verhalten z.B. durch Lob belohnt.


Behandlungsinhalte

Deliktbearbeitung

In der ersten Programmversion des SOTP wurde direkt zu Beginn der Behandlung von Straftaten gesprochen. Diese Methode hat sich nicht bewährt, da noch kein vertrauensvolles Klima gebildet war und die Gruppenteilnehmer sich ausschließlich als Straftäter wahrgenommen fühlten. Da dies Widerstände in der Therapie erzeugte, wurde die Biografie des Gruppenteilenhmers integriert, welche vor der Deliktbearbeitung abgearbeitet wird.

Entscheidungsketten

Nach dem ABC-Modell der kognitiv-behavioralen Theorie führen fehlerhafte Bewertungen ("ich bin geheilt" / "ich habe meine Lektion gelernt") dazu, dass falsche Entscheidungen getroffen werden, und der Straftäter sich Risikosituationen aussetzt (z.B. Beziehungen zu alleinerziehenden Müttern sucht). Ziel ist es, Bewertungen, die zu Straften führen, zu erkennen, um zukünftige Risikofaktoren zu identifizieren. Dazu werden individuelle Entscheidungsketten erstellt.

Sexuelle Fantasien

Die stärksten Prädiktoren (Vorhersagevariablen) für einen einschlägigen Rückfall sind deviante sexuelle Fantasien. Aufgrund von Angst vor dem Verlust einer wichtigen "Selbsttröstung" und aufgrund von Scham ist die Auseinandersetzung mit sexuellen Fantasien eines der schwierigsten Aufgaben im SOTP. Eine Arbteit mit dem Thema sexuelle Fantasien setzt ein vertrauensvolles Klima und einen hohen Grad an Gruppenkohäsion voraus. Die Gruppenteilnehmer sollen lernen, dass sexuelle Fantasien etwas völlig natürliches sind und zum menschlichen Leben dazugehören. Weiter sollen die Gruppenteilnehmer lernen, welcher Zusammenhang zwischen sexuellen Fantasien und strafwürdigen Inhalten und Straftaten besteht. Es wird eine Unterscheidung zwischen "devianten" und "legalen" Fantasien eingeführt, wobei die legalen Fantasien wiederum in "legal und unbedenklich" und "legal, aber gefährlich" (z.B. ein 40 jähriger pädosexueller Mann, der bei einer Masturbation mit einem 17 jährigem Mädchen fantasiert) unterteilt werden. Die Gruppenteilnehmer sollen erkennen, dass die sexuellen Fantasien die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls erhöhen. Weiter sollen die Gruppenteilnehmer lernen problematische Anteile durch legale zu ersetzen.

Deliktmuster

Ziel hierbei ist es, Hintergrundfaktoren und Motivationen zu identifizieren, die bei den Tätern in Zusammenhang mit ihren Straftaten stehen. Es werden folgende 5 Bereiche analysiert:

  • Lebensstil (Substanzabhängigkeit, nicht-sexuelle Gewalt, Zusammenhang zwischen beruflicher Beschäftigung und Delikten sowie der Kontakt zu Menschen, die sexuelle Übergriffe billigen)
  • Beziehungen (Sexualstraftätern fällt es schwer, Beziehungen mit Erwachsenen einzugehen bzw. aufrechtzuerhalten. Dies kann zu Einsamkeit führen. Die Folge der Einsamkeit kann der Verlust des Gefühls von Schutz und Sicherheit sein. Deviantes sexuelles Erleben wird dann als Selbsttröstung erlebt)
  • Einstellungen (Einstellungen wie z.B. feindselige Männlichkeit, die Akzeptanz von Vergewaltigungs-Mythen, sexualisierte Sichtweise von Kindern. Es werden verzerrte Sichtweisen bearbeitet, die bei der Erstellung der Entscheidungsketten deutlich geworden sind)
  • Gefühle (Gefühlszustände (Langeweile, Niedergeschlagenheit, Ängstlichkeit, Ärger) sind oft Auslöser für Sexualstraftaten. Ziel ist es diese Gefühlzustände zu identifizieren)
  • Sexuelle Interessen (Es besteht ein starker Zusammenhang zwischen sexuellen Interessen und Sexualstraftaten. Außerdem werden sexuelle Interessen oft verleugnet. Ziel ist es, diesen Bereich in einer Gruppentherapie sorgfältig zu explorieren)

Empathietraining

Ziel dieser Therapie ist die Entwicklung von Opferempathie.

Inhalte des ersten Teils sind schriftliche Darstellungen sowie Videofilme aus Opfersicht.

Im zweiten Teil sollen die Straftäter versuchen die Perspektive ihrer Opfer einzunehmen. Dazu sollen sie das Deliktgeschehen als Ich-Erzähler aus Opfersicht darstellen und in Rollenspielen die Sichtweise ihrer Opfer übernehmen.

Zu Beginn des Empathie-Blocks soll der Straftäter einen Brief an das Opfer anfertigen. Dieser Brief wird am Ende nicht abgeschickt. In dem Brief soll der Täter sich mit dem Delikt und den Folgen für das Opfer auseinandersetzen. Dabei werden folgen Punkte bewertet:

  • Tateingeständnis
  • Verantwortungsübernahme
  • Kognitive Verzerrungen (Besonderen Fähigkeiten der Kindern, Kinder wissen über Sex bescheid, Sex schadet Kindern nicht, Sex mit Kindern ist akzeptabel, Frauen sind hinterlistig, Vergewaltigungsmythen, Einen Anspruch auf Sex haben) [2]
  • Erkennen der Entwicklung zur Tat
  • Erkennen von Risikosituationen
  • Opfer-Empathie
  • Erkennen der Tatfolgen für das Opfer

Rückfallvermeidung

Grundlage für die Erstellung von Selbstmanagement- und Rückfallvermeidungsplänen ist Wissen über situationsbezogene, kognitive und emotionale Faktoren, die einen Rückfall begünstigen oder wahrscheinlich machen.

Die in Entscheidungsketten identifizierten Risikosituationen, -gedanken, -gefühle und -verhaltensweisen wurden in früheren Programmversionen direkt behandelt und es wurden entsprechende Bewältigungsstrategien erarbeitet.

Dieses Vorgehen war zwar sinnvoll, jedoch war die Beteiligung der Gruppenteilnehmer nur mäßig.

Deshalb wurde das SOTP mit dem "Old Me/Future Me"-Ansatz erweitert: Unter Old Me (Altes Ich) wird die Person verstanden, die Straftaten begangen hat. Die Gruppenteilnehmer stellen mit Hilfe einer Collage das Leben des Old Me dar. Unter Future Me (Zukunfts Ich) wird die Person verstanden, die zukünftig sein soll (straffrei, eigene Wohnung, fester Arbeitsplatz, selbstbewußt etc.). Ziel ist es auf ein Future Me hinzuarbeiten.[1]

Medikamentöse Behandlung

Testung der Empathiefähigkeit

Grundlegend: Allgemeine Testung der Empathiefähigkeit.
Therapiebezogen: Testung vor, während und nach einer Therapie. Therapieziel erreicht?
Testergebnisse: Indikator für die Risikoeinschätzung. Gute Empathiefähigkeit vermindert Risiko.

Testung der Erregbarkeit bzw. Ansprechbarkeit auf Kinder

Therapieziel: Antiandrogene sollen Triebentstehung bzw. Erregbarkeit verhindern.

Wird eine Erregung durch Kinder ausgelöst? Wenn ja: wie intensiv ist diese?

Indikatoren für Erregung:

  • Physiologische Messung der Erregung (Genitalien, Gesicht, Augen, Pupillenerweiterung, Puls, Atmung usw.)
  • Messung der Gehirnaktivität (MRT, EEG usw.), z.B. Aktivitätslevel des limbischen Systems

Testung der Impulskontrolle

Siehe auch

Weblinks

Sex Offender Treatment Programme

Forschungsprojekte

Risikoeinschätzung

Einzelnachweise

  1. a b c W. Berner / P. Briken / A. Hill (Hrsg.): Sexualstraftäter behandeln mit Psychotherapie und Medikamenten. Deutscher Ärzte-Verlag Köln 2007, ISBN 978-3-7691-1235-1
  2. http://www.kriminologie.uni-hamburg.de/wiki/index.php/Sex_Offender_Treatment_Program

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