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Der elektrische Bahnbetrieb in Bayern wurde von der Bayerischen Staatsbahn ab 1912 aufgenommen und durch die Deutsche Reichsbahn bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges rund um München ausgebaut. Das Netz umfasst wichtige Strecke des elektrifizierten Netzes in Nord-Süd- und Ost-West-Richtung. Diese Strecke mit zahlreichen Steilrampen und Kurven wurde von schweren Kohlenzügen nebst einem beachtlichen Urlauber- und Ausflugsverkehr befahren. Da vorher nur wenige Erfahrungen mit einem elektrischen Vollbahnverkehr vorlagen, wurde das elektrifizierte Netz in Bayern ein ausgedehntes Experimentierfeld für elektrische Antriebssysteme und die Infrastruktur der Energieversorgung.

Neben den staatlich getriebene Elektrifizierungen wurden auch mehrere Lokalbahnstrecken bereits ab 1896 von privaten Akteuren elektrifiziert.

Geschichte

Vorgeschichte

Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts wurde auf die Probleme des Eisenbahnbetriebs mit Dampflokomotiven, die die damals die Hauptlast des Eisenbahnverkehrs trugen hingewiesen. Dies war einerseits die Notwendigkeit von hochwertiger Steinkohle, sowie andererseits des schlechten Wirkungsgrades bei deren Verbrennung. So gab die Deutsche Reichsbahn im Jahr 1922 etwa 600 Millionen Reichsmark für Steinkohlen und deren Transport aus.[1] Doch erst der verlorene Ersten Weltkrieg und die darauf folgenden Gebietsverluste im Saarland und in Oberschlesien mit deren Steinkohlezechen gab Anreize sich mit alternativen Brennstoffen auseinander zu setzen. Die noch im ausreichenden Maß vorhandene Braunkohle konnte aber für die Feuerung in Dampflokomotiven nur sehr eingeschränkt nutzbar gemacht werden. Die zeitgleiche Weiterentwicklung in den Bereichen der Hochspannungstechnik begünstigten die Überlegungen zusätzlich.

Besonders in Bayern gab es bereits vor dem Ersten Weltkrieg Bestrebungen sich von der teuren "Import-Kohle" unabhängig zu machen. Dazu kam dass in Bayern die Nutzung der Wasserkraft zur Stromerzeugung sehr günstig erschien.

In einer Denkschrift über die Wasserkräfte Bayerns wurde das vorhandene Wasserkraft-Potential auf 320.000 PS geschätzt.[2] Von den K.Bay.St.B. wurde daher Walter Reichel mit einer weitergehenden Untersuchung beauftragt. [3][4][5][6][7][8]

Erste Streckenelektrifizierung und Betriebsaufnahme

Die ersten Erfahrungen mit der elektrischen Zugbeförderung wurden in Bayern bereits mit der Eröffnung der mit Einphasen-Wechselstrom elektrifizierten Bahnstrecke Murnau-Oberammergau gesammelt. Die Bahnstecke wurde von der Lokalbahn Aktien-Gesellschaft Anfang des Jahres 1905 eröffnet. Bereits 1908 beschloss die bayerische Regierung die neu zu bauende Strecke (Innsbruck-)Grenze bei Scharnitz-Garmisch-Partenkirchen und weiter nach Griesen(-Reutte in Tirol) zusammen mit den Österreichischen Bundesbahnen von Anfang an zu elektrifizieren. Dazu wurde zwischen Bayern und Österreich ein Staatsvertrag unterzeichnet, der neben den genannten Strecken auch die Strecke (Salzburg-)Freilassing-Berchtesgaden umfasste.

Im gleichen Jahr wurde von der Königlich Bayerischen Staatseisenbahn die Bahnstrecke Berchtesgaden–Hagender Stein(-Salzburg) eröffnet. Für diese Lokalbahn war von Anfang an der elektrische Zugbetrieb geplant, jedoch mit Gleichstrom und einer Spannung von 1000 V.


https://archive.org/details/elektrotechnisch4319unse/page/318/

Strecken

Infrastruktur

Kraftwerke

Es wurde bereits früh erkannt, dass in Bayern das Potenzial zur Nutzung der Wasserkraft sehr groß ist. Bereits der für die ersten von der LAG erbauten elektrischen Bahnstrecken in Bayern benötigte Strom wurde deshalb in Wasserkraftwerken erzeugt. Aufgrund der örtlichen Begrenztheit und dem im Verhältnis geringem Verkehr dieser Strecken wiesen diese Kraftwerke nur eine geringe Leistung auf.

Lokalbahn Aktien-Gesellschaft

  • Isartalbahn: Für den elektrischen Betrieb auf der Isartalbahn zwischen München und Höllriegelskreuth-Grünwald wurde 1900 von der LAG in Thalkirchen ein thermisches Kraftwerk mit zwei Dampf-Verbund-Maschinen mit einer Leistung von 150 PS errichtet.
  • Bahnstrecke Türkheim–Bad Wörishofen: Zunächst wurde der Strom für die Strecke von einem Kraftwerk mit Dampfmaschine und Generatoren erzeugt. Nachdem 1905 die Strecke 1905 von der LAG übernommen wurde, ersetzte diese die Dampfmaschine durch Güldnersche Sauggasmotoren. Als in Folge des Ersten Weltkriegs die Brennstoff-Lieferung immer schwieriger wurde, übernahm die Lech-Elektrizitätswerke die Stromlieferung.
  • Bahnstrecke Bad Aibling–Feilnbach: In Bad Aibling wurde an einem künstlichen Seitenkanal der Mangfall ein Wasserkraftwerk mit einer elektrischen Leistung von zweimal 78 Kilowatt errichtet.

Bayerische Staatsbahn

Bahnfernleitung

Zur Versorgung der an den Strecken gelegenen Unterwerken wurden von den Kraftwerken zu diesen Fernleitungen angelegt. Um die elektrischen Verluste gering zu halten wurden für die Fernleitungen höhere Spannungen gewählt, als dann in die Oberleitung eingespeist wurde.

Für die Bahnstrecke Innsbruck-Garmisch wurden von der Mittenwaldbahn AG zwei Unterwerke erbaut. Eins bei Reith und eins an der Schanz zwischen Griesen und Ehrwald. Beide Unterwerke wurden von einer an der Strecke entlang geführten Fernleitung versorgt die mit einer Spannung von 55 kV vom Ruetzkraftwerk gespeist wurde.

Im Mitteldeutschen Netz wurde eine Fernleitungsspannung von 60 kV und bei der Schlesischen Gebirgsbahn von 80 kV gewählt.

Um ein gemeinsames Bahnfernleitungsnetz aufzubauen und somit einen Energieaustausch zu ermöglichen, einigten sich im Jahr 1922 die Deutsche Reichsbahn, die Österreichischen Bundesbahnen, dir Schweizerischen Bundesbahnen, die Schwedischen und die Norwegischen Staatsbahnen auf eine Fernleitungsspannung von 110 kV, die auch bis heute angewandt wird.

Die Bahnstromnetze Bayers und Österreichs wurden am 22. Oktober 1940 über die Fernleitung Traunstein–Steindorf und am 18. Februar 1941 über die Fernleitung Kochel–Zirl verbunden.

Einzelnachweise

  1. Wechmann, Wilhelm (Hrsg.): Der elektrische Zugbetrieb der Deutschen Reichsbahn: Beiträge mit Benutzung amtlicher Quellen von Mitarbeitern im Bau und Betrieb der elektrischen Zugförderung der Deutschen Reichsbahn. Rom-Verlag, Berlin-Charlottenburg 1924 (tu-darmstadt.de [abgerufen am 22. August 2019]).
  2. Amtliche Denkschrift über die Wasserkräfte Bayerns. In: Z.d.V.D.E. 27. November 1907, S. 1393.
  3. Walter Reichel: Über die Einführung des elektrischen Betriebes auf den Bayerischen Staatsbahnen - Teil 1. In: Elektrische Kraftbetriebe und Bahnen. VI. Jahrgang, 13. Heft. R. Oldenbourg, Berlin 4. Mai 1908, S. 37 ff. (archive.org [abgerufen am 22. August 2019]).
  4. Walter Reichel: Über die Einführung des elektrischen Betriebes auf den Bayerischen Staatsbahnen - Teil 2. In: Elektrische Kraftbetriebe und Bahnen. VI. Jahrgang, 14. Heft. R. Oldenbourg, Berlin 14. Mai 1908, S. 40 ff. (archive.org [abgerufen am 22. August 2019]).
  5. Walter Reichel: Über die Einführung des elektrischen Betriebes auf den Bayerischen Staatsbahnen - Teil 3. In: Elektrische Kraftbetriebe und Bahnen. VI. Jahrgang, 16. Heft. R. Oldenbourg, Berlin 4. Juni 1908, S. 37 ff. (archive.org [abgerufen am 22. August 2019]).
  6. Walter Reichel: Über die Einführung des elektrischen Betriebes auf den Bayerischen Staatsbahnen - Teil 4. In: Elektrische Kraftbetriebe und Bahnen. VI. Jahrgang, 17. Heft. R. Oldenbourg, Berlin 13. Juni 1908, S. 37 ff. (archive.org [abgerufen am 22. August 2019]).
  7. Walter Reichel: Über die Einführung des elektrischen Betriebes auf den Bayerischen Staatsbahnen - Teil 5. In: Elektrische Kraftbetriebe und Bahnen. VI. Jahrgang, 18. Heft. R. Oldenbourg, Berlin 4. Juni 1908, S. 52 ff. (archive.org [abgerufen am 22. August 2019]).
  8. Walter Reichel: Über die Einführung des elektrischen Betriebes auf den Bayerischen Staatsbahnen - Teil 6. In: Elektrische Kraftbetriebe und Bahnen. VI. Jahrgang, 19. Heft. R. Oldenbourg, Berlin 4. Juli 1908, S. 55 f. (archive.org [abgerufen am 22. August 2019]).