Benutzer:Tonia286/Leistungswirtschaftliche Risiken

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Leistungswirtschaftliche Risiken (auch Leistungsrisiken) sind die Risiken, die vorrangig entlang der Wertschöpfungskette zur Fertigung von Gütern oder Bereitstellung von Dienstleistungen und deren Umsetzung an den Märkten entstehen. In erster Linie werden dabei realwirtschaftliche Prozesse betrachtet, auch wenn aus leistungswirtschaftlichen Risiken finanzwirtschaftliche und besonders Zahlungsfähigkeitsrisiken resultieren können. Eine geeignete Untergliederung der leistungswirtschaftlichen Risiken findet in Betriebsrisiken, Absatz- und Beschaffungsrisiken statt. Dabei werden Betriebsrisiken dem betrieblichen Funktionsbereich Produktion zugeordnet, da sie in erster Linie in Verbindung mit dem Leistungserstellungsprozess stehen. Absatzrisiken sind dagegen im Vertrieb zu finden, wenn geplante Umsatzerlöse nicht erzielt werden können und Beschaffungsrisiken entsprechend in der Beschaffung, da sie die Folge aus Verlusten durch überspannte Preise für Materialien sind.

Betriebsrisiken

Betriebsrisiken bezeichnen eventuell aufkommende Verluste, welche aufgrund des Versagens von internen Personen, Prozessen und Systemen oder externen Ereignissen herbeigeführt werden. Dabei werden nur rechtliche Risiken einbezogen. Strategische Risiken und wirtschaftliche Verluste, die aufgrund von Rufschädigung eines Betriebs entstehen, sind nicht Teil der Betriebsrisiken. Der Fokus liegt hierbei auf den systematisch gegliederten Verlustquellen, also den Ursachen für aufkommende Verluste.

Betriebsrisiken werden im Allgemeinen in interne und externe Betriebsrisiken unterteilt (s. eigene Abb. Einteilung von Betriebsrisiken [1]).

Einteilung von Betriebsrisiken

Interne Betriebsrisiken

Als interne Risiken werden allgemein die Risiken bezeichnet, die sich auf die Geschäftsabwicklung innerhalb des Unternehmens beziehen. Eine weitere Unterteilung der internen Betriebsrisiken ist durch Personen, Prozesse und Systeme, die den Geschäftsbetrieb durchführen, möglich. Im Vergleich zu externen Risiken kommen zur Steuerung interner Betriebsrisiken vorrangig aufbau- und ablauforganisatorische Maßnahmen, die vom Unternehmen selbst durchlaufen werden, in Frage. Risikovermeidung ist nicht möglich, da als Folge das Einstellen der Geschäfte und damit gleichzeitig der Verzicht auf Chancen bzw. Gewinne das Resultat wäre, was sich nicht mit dem grundlegenden Ziel einer Unternehmung vereinen lässt.

Personenrisiken

Zu den Personenrisiken gehören allgemein die Risiken, die durch Verluste aufgrund menschlichen Versagens durch Mitarbeiter des Unternehmens, entstehen. Prinzipiell ist es schwer eine Abgrenzung vorzunehmen, da somit nicht alle Personenrisiken hinsichtlich ihrer Ursache abgedeckt werden können. Beispielsweise Verluste, die aufgrund von mangelnder Qualifikation und Motivation entstehen, als auch Schäden durch ein schlechtes Betriebsklima, falsches Führungsverständnis, fehlende Kommunikation, usw. sind dem Personenrisiko zuzuordnen, aber müssen nicht unmittelbar als „Versagen“ interpretiert werden. Auch Verluste durch den Ausfall von Mitarbeitern durch z.B. Unfall oder Krankheit sind als Personenrisiken zu betrachten.

Maßnahmen:

Die Maßnahmen zur Verhinderung von Personenrisiken bilden in erster Linie personelle Schulungsmaßnahmen (z.B. zum Arbeits- und Gesundheitsschutz) und die Einstellung von sehr gut ausgebildeten Personal. Aber auch organisatorische Maßnahmen (z.B. Stellvertreterregelungen, Erarbeitung von Notfallplänen oder die Einführung von Compliance Regeln als Verhaltensrichtlinien für die Mitarbeiter können wirkungsvolle Mittel zur Personenrisikovermeidung darstellen. Nicht zuletzt stehen für die Überwindung von Personenrisiken z.B. der Abschluss von Unfall-, Berufshaftpflichtversicherungen oder Versicherungen gegen internen Betrug zur Verfügung.

Prozessrisiken

Unter den Prozessrisiken können allgemein Risiken durch Schäden bzw. Verluste aufgrund von Störungen des Geschäftsablaufes, die nicht vorrangig auf IT-Risiken und/oder Personenrisiken basieren, verstanden werden. Beispiele für diese Risikogruppe sind:

  • der Verlust von Informationen aufgrund fehlerhafter Prozessschritte
  • falsche Entscheidungen, die auf fehler- oder lückenhafte Prozesse zurückzuführen sind
  • das Auftreten von Verlusten aufgrund unvorhergesehener Ausnahmefälle in Prozessen oder
  • Störungen aufgrund lückenhafter Ablaufbeschreibungen und Fehlern in der Ablauf- und/oder Aufbauorganisation

Ein berühmtes Beispiel in der Wirtschaftspraxis war der Fall der Barings Bank unter Nick Leeson. Ein Schaden in Höhe von 1,2 Mrd. US $ entstand durch fehlende Kontrollmechanismen in den Arbeitsabläufen. Der Fehler bei der Einstellung von Nick Leesons könnte aber zum Beispiel auch in erster Linie ein Personenrisiko darstellen. Hier wird die Schwierigkeit deutlich, die einzelnen Betriebsrisiken immer klar voneinander abzugrenzen, denn schlussendlich lassen sich alle Verluste mit menschlichem Handeln in Zusammenhang bringen.

Maßnahmen:

Insbesondere Aufbau- und ablauforganisatorische Maßnahmen sind zur Risikovermeidung einzuhalten:

  • Strukturierte und klare Zuweisung von Aufgaben und Kompetenzen
  • Eindeutige Standards und Weisungen
  • Separation von Kontroll- und Ausführungsfunktion
  • Wartung, vorbeugende Instandhaltung von Maschinen

IT-Risiken

Unter dem Begriff IT - Risiken (auch Systemrisiken) versteht man allgemein alle möglichen Schäden durch:

  • Fehler in der Datenverfügbarkeit (Diebstahl und/oder manipulative Bearbeitung von Daten)
  • Ausfall von IT-Systemen (Netzwerk-, Hardwaredefekte) und Softwareanwendungen
  • Vernachlässigung rechtlicher Bestimmungen hinsichtlich der verwendeten IT-Systeme.

Die IT-Risiken sind jedoch sehr vielschichtig und mit der Begriffsbestimmung noch nicht alle IT-Risiken abgedeckt. Durch die Komplexität und der täglich wachsenden technischen Weiterentwicklung wird auf eine detaillierte Ausführung verzichtet. Einzelne besonders aktuell wichtige Systemrisiken sind aber:

  • Risiken durch Viren
  • Kurz- oder langfristige Cyberattacken auf einzelne Systeme oder das gesamte Netzwerk
  • Tippfehler in der Eingabe durch Angestellte
  • Zu wenig Kontroll- und Stichhaltigkeitschecks bei größeren Datensammlungen.

Maßnahmen:

Die Vermeidung von Systemrisiken kann allgemein in folgende Kategorien von Maßnahmen untergliedert werden:

  • IT – Security (Firewall, Datenverschlüsselung)
  • Maßnahmen in der IT - Infrastruktur
  • Organisatorische Schritte (EDV-Weiterbildungen für Angestellte, Organisation der Zugriffsbefugnisse, Aufbesserung der Netzwerkstrukturen, Aufhebung von Insellösungen, Backup-Systeme usw.)
  • Maßnahmen zur Datensicherheit (z.B. Datenschutzkonzept, Datenbeauftragter, Erarbeitung Notfallplan)

Externe Betriebsrisiken

Externe Betriebsrisiken sind definiert durch Gefahren, die vom Unternehmen nicht direkt oder nur geringfügig beeinflusst werden können. Im Wesentlichen unterscheidet man dabei in Rechts- und Naturrisiken.

Durch die geringe Beeinflussbarkeit liegt die Priorität der Risikosteuerung hier hauptsächlich beim Abschluss von Versicherungen und nur selten bei unternehmensinternen Maßnahmen.

Rechtsrisiken

Rechtsrisiken werden hauptsächlich durch die Änderung von Gesetzen dominiert. Hierbei sind beispielsweise Änderungen von steuer- und sicherheitsbezogenen Gesetzen, wie Brandschutz, zu erwähnen.

Außerdem beinhalten sie potentielle Verpflichtungen zur Zahlung von Bußgeldern und Geldstrafen, welche aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen entstanden sind. Dazu kommen aber auch Schadensersatzansprüche aus abgeschlossenen Verträgen, Verstöße gegen rechtliche Auflagen und Delikte durch Drittparteien.

Zur Steuerung der Rechtsrisiken kann sich das Unternehmen drei Hauptinstrumenten bedienen:

  • Eigene Rechtsabteilung: Eine eigene Rechtsabteilung ist grundsätzlich erst ab einer bestimmten Unternehmensgröße sinnvoll. Es entstehen dabei hohe Fixkosten, allerdings kann das Unternehmen zeitliche und sachliche Prioritäten selbst festlegen und es lohnen sich auch Arbeiten an kleineren Rechtsrisiken.
  • Externe Rechtsberatung: Eine Externe Rechtsberatung eignet sich vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen. Bei diesen ist der Bedarf an Rechtsberatungen oftmals nicht eindeutig abzuschätzen und sie können die Beratung dann je nach Bedarf in Anspruch nehmen. Dadurch können Fixkosten gesenkt werden.
  • Rechtsschutzversicherung: Rechtsschutzversicherungen werden in Kombination mit externen Rechtsberatungen genutzt. Die Fixkosten werden zwar durch die Versicherung erhöht, allerdings sinkt das Risiko für ungeplante hohe Ausgaben aufgrund von Rechtsrisiken. Die Fixkosten bleiben dabei trotzdem weiter unter denen einer eigenen Rechtsabteilung.

Diese Verallgemeinerung gilt allerdings nicht für jede Branche und jeden Sonderfall. Im Einzelfall kann beispielsweise auch eine externe Rechtsberatung eine eigene Rechtsabteilung unterstützen oder auch für kleine Unternehmen eine eigene Rechtsabteilung sinnvoll sein.

Unabhängig der Wahl des besten Instruments sollte es in einem Unternehmen von besonderer Bedeutung sein, bevorstehende Stresssituationen durch Gesetzesänderungen u.ä. frühzeitig zu identifizieren. Der Betrieb sollte sich diesbezüglich schnellstmöglich stabilisieren, wie zum Beispiel durch Rückstellungen oder andere Anpassungen.

Naturrisiken

Zu den Naturrisiken gehören Schäden, welche beispielsweise durch Feuer, Erdbeben, Unwetter oder Überschwemmungen herbeigeführt werden.

Da derartige Naturereignisse nur in den seltensten Fällen vom Menschen abgewendet werden können, zählt hierbei vor allem der Umgang mit ihnen. Eine Möglichkeit der Bewältigung solcher Schäden ist, sich schon im Vorhinein mit den möglichen Risiken zu beschäftigen und somit Vorsorge zu betreiben.

Für Betriebe ist das wichtigste Instrument zur Steuerung von Naturrisiken das Abschließen von Versicherungen, welche im Schadensfall für den finanziellen Schaden aufkommen. Diese können auch nur einen Teilbetrag übernehmen, jedoch sollte das Unternehmen den Betrag durch eine Versicherung abdecken, welcher nicht durch eine Rückstellung gedeckt werden kann.

Außerdem können auch Maßnahmen, die der Risikobegrenzung dienen, ergriffen werden. Dazu zählen zum Beispiel Rauchmelder, Wasserschutzsysteme oder Wetterfrühwarnsysteme.

Auch hier gilt: Die Risiken können für verschiedene Unternehmen und verschiedene Branchen unterschiedlich bedeutsam sein. Jeder Betrieb sollte also für sich selbst entscheiden, welche Art von Schadensminimierung sinnvoll ist.

Beschaffungsrisiken

Die Beschaffungsrisiken beziehen sich auf diejenigen Güter, die zur eigenen Produktion, von Drittanbietern bezogen werden müssen. Darunter fallen materielle, sowie immaterielle Güter und Produktionsfaktoren. Je nach Unternehmen und Branche, in der das Unternehmen tätig ist, sind die Ausprägungen des Beschaffungsrisikos unterschiedlich. Das Beschaffungsrisiko umfasst alle Verlustgefahren, die durch die Beschaffung von Gütern und weiteren Produktionsfaktoren auftreten können und vor dem Einsatz zur eigentlichen Produktion entstehen. Zu unterscheiden sind folgende Risiken, die dem Beschaffungsrisiko zugeordnet werden können:

Bedarfsdeckungsrisiko

Unter dem Bedarfsdeckungsrisiko versteht man den Verlust, der entsteht, wenn die Produktionsfaktoren, die zur Erstellung des Produktes benötigt werden, nicht bereitgestellt werden können. Zum einen bedeutet dies Gewinnverlust und zum Anderen kann es zu Schadensersatzforderungen kommen, wenn der Käufer seine Ware nicht erhält.

Transportrisiko

Das Transportrisiko umfasst alle Verluste, die durch den Transport der Produktionsfaktoren bis zum Unternehmen auftreten können.

Lagerrisiko

Das Lagerrisiko umfasst alle Verluste, die bei der Lagerung der Produktionsfaktoren bis zur Leistungserstellung auftreten können.

Lieferrisiko

Das Lieferrisiko umfasst alle Verluste, die durch den Ausfall (Lieferausfallrisiko), Mängel (Liefermängelrisiko) und eine unerwartete Preisänderung (Lieferpreisrisiko) auftreten können. Bis auf das Lieferpreisrisiko können die Risiken allgemein den Betriebsrisikiken zugeordnet werden. Dieses umfasst je nach Branche und Unternehmen unterschiedliche weitere Risiken. Nachfolgend sind Beispiele für Unterrisiken aufgeführt.

  • Rohstoffe und Massengüter unterliegen täglichen Preisschwankungen, die aus historischen Daten an eine zugehörige Standardabweichung gekoppelt sind. Die Rohstoff- und Warenpreisrisiken sind somit problemlos auf das Value at Risk-Konzept übertragbar.
  • Güter, die nicht täglich börslich gehandelt werden, brauchen historische Geschäftsdaten, beziehungsweise Expertenmeinungen, damit eine Standardabweichung geschätzt werden kann.
  • Investitionsgüter sind sehr schwer risikotechnisch darzustellen, da zum einen der Planungshorizont unter Umständen sehr lang ist und je nach Branche und Unternehmen sich die Investitionsgüter enorm unterscheiden.
  • Die Personalbeschaffung ist ein weiteres nicht zu vernachlässigendes Risiko. Unerwartete Erhöhungen von Löhnen und Gehältern können nur durch eine geschätzte Standardabweichung abgebildet werden, da deren Entwicklung stark von unternehmensexternen Faktoren abhängt.

Steuerung von Beschaffungsrisiken

Für die Steuerung von Beschaffungsrisiken stehen zwei Hauptinstrumente zur Verfügung.

Für Rohstoffe, die man börslich erwerben kann bzw. muss, stehen Warenterminkontrakte zur Verfügung, womit Unternehmen zu einem bestimmten Termin Waren zu einem bestimmten Preis kaufen können, ohne von den preislichen Schwankungen an der Börse betroffen zu sein. Somit ist das Unternehmen gegen zukünftige Preisschwankungen abgesichert.

Das zweite Hauptinstrumentarium besteht aus der Absicherung von nicht börslich gehandelten Rohstoffen durch langfristige Lieferverträge. Hierbei ist zu beachten, dass der Rohstoffhändler hohe Preise ansetzen wird, um selber sein Gewinn zu maximieren. Hier ist für das einkaufende Unternehmen entscheidend, das eigene Gewinn-Nutzen-Risiko zu analysieren, um herauszufinden, ob längerfristige Verträge Sinn ergeben. Um die Höhe des Gewinns abzuschätzen, sollte man vorher die Absatzrisiken in Betracht ziehen.

Absatzrisiken

Absatzrisiken beinhalten alle möglichen Verlustgefahren bzw. negative absatzseitige Faktoren nach Plan- und Zielwerten, welche sich bei der Veräußerung von Produkten und nach deren Erzeugung herausbilden können.

Arten von Absatzrisiken

Verkaufsrisiko

Wichtigster Unterpunkt des Absatzrisikos ist das Verkaufsrisiko. Dieses beschreibt den ungünstigen Fall, in dem das Unternehmen die produzierten Güter nicht absetzen kann. Unterteilt wird in Verkaufsausfallrisiko, Verkaufspreisrisiko, Verkaufsmengenrisiko und Verkaufszeitrisiko. Die Literatur behandelt zum Teil ebenfalls Verkaufsmängelrisiko, also ein mangelhafter Gesamtabsatz, und Verkaufsqualitätsrisiko, welches einen ungenügenden Absatz in der gewünschten Qualität beschreibt. Mangelhafter Absatz lässt sich jedoch ebenso wie Verkaufsqualitätsrisiko i.w.S. zu Verkaufsmengenrisiko zuordnen. Ein Verkaufsausfall tritt ein, wenn für produzierte Güter kein Käufer gefunden wird. Werden Produkte nicht zum geplanten Preis oder in geplanter Menge abgesetzt, bezeichnet man dies als Verkaufspreis- bzw. Verkaufsmengenrisiko. Geschieht ein Verkauf nicht in der geplanten Zeit, entsteht ein Verkaufszeitrisiko. Insgesamt wird bei allen Teilaspekten des Absatzrisikos vor allem deutlich, dass es sich hierbei um Abweichungen gegenüber den Planungsgrößen (Preis, Menge, Qualität, Zeitintervall) handelt. Häufig wird unter dem Verkaufsrisiko das zentrale unternehmerische Risiko generell verstanden, welches nur teilweise minimiert werden kann.

Erfüllungsrisiko

Ein weiterer Unterpunkt ist das Erfüllungsrisiko (siehe auch Herstatt-Risiko), unter dem man einen Verlust für einen Vertragspartner versteht, wobei der andere Partner seinen Verpflichtungen bis zu einem Stichtag nicht nachkommt. Dies kann sowohl auf entgeltlichen Verpflichtungen, als auch auf vertraglich zugesicherten Produkten beruhen, welche nicht produziert oder geliefert werden können.

Beispiel: Ein Unternehmen kann das vom Kunden bestellte Obst nicht ausliefern.

Lagerrisiko

Mit dem Lagerrisiko beschreibt man qualitative oder quantitative Beeinträchtigungen von Produkten aus dem Lagerbestand (siehe auch Lagerrisiko).

Beispiel: Das in Kisten lagernde Obst bekommt Druckstellen und ist für den Verkauf an den Kunden ungeeignet.

Transportrisiko

Beschädigungen oder Verluste der Ware auf dem Weg zum Kunden werden als Transportrisiko definiert. Sofern der Wert der Ware es zulässt, können diese Risiken durch Versicherungen abgedeckt werden.

Beispiel: Beim Transport der fertiggestellten Produkte verunfallt der LKW, wodurch die Produkte beschädigt werden.

Abnahmerisiko

Das Abnahmerisiko untergliedert sich zum einen in das Zahlungsrisiko, wobei der Käufer zu spät oder gar nicht zahlt. Zum anderen beschreibt es das Risiko, dass die gekauften Produkte nicht abgenommen werden. Hierbei können Anzahlungen bzw. Teil-Vorauszahlungen eine Absicherung bilden.

Beispiel: Da der Kunde zahlungsunfähig ist, kann er die bestellten Produkte dem Unternehmen nicht abnehmen.

Anwendung des Value at Risk (VaR) Konzeptes

Um Absatzrisiken beherrschen und minimieren zu können, ist eine genaue Zuordnung zu den oben genannten Arten unabdingbar. Allgemein ordnet man zur Beherrschung von Erfüllungsrisiko, Lagerrisiko, Transportrisiko und Abnahmerisiko die aufgezählten Arten i.w.S. den Betriebsrisiken zu, welche unter dem Punkt Betriebsrisiken näher erläutert werden. Der Teilaspekt des Zahlungsrisikos lässt sich je nach Grad der Auswirkung (verzögerte Zahlung oder kompletter Ausfall) dem Liquiditätsrisiko oder dem Ausfallrisiko zuordnen. Für eine gesonderte Betrachtung im Gebiet des Absatzrisikos bleibt somit das Verkaufsrisiko. Dieses stellt den Kern des Absatzsrisikos dar und soll mit seinen wichtigsten Unterpunkten (Verkaufsmengenrisiko, Verkaufspreisrisiko) näher betrachtet werden. Die risikobehaftete Zielgröße, auch Risikofaktor, stellt in diesem Teilgebiet des Risikomanagements der Umsatzerlös dar. Dieser ist definiert mit dem Preis pro Stück multipliziert mit der Verkaufsmenge. Diese Definition deckt somit beide Bestandteile des Absatzrisikos ab. Für spezifische Betrachtungen ist dies allerdings von Nachteil, da eine gesonderte Betrachtung beider Komponenten angestrebt werden sollte.

Elementares Konzept für die Bestimmung von Risiken ist der Value at Risk (VaR), welcher auch bei Absatzrisiken zum Einsatz kommt. Hierbei gelten drei Einschränkungen:

  1. Absatzwege können hierüber nicht bestimmt werden, da der VaR per Definition in Geldeinheiten (monetären Werten) gemessen wird.
  2. Preis und Menge stehen über eine Preis-Absatz-Funktion in einem negativ korrelierenden Verhältnis, welches berücksichtigt werden sollte. Dies ist im VaR-Konzept schwierig einzubeziehen.
  3. Absatzmenge ist ein exogener Faktor (wird von Konsumentenverhalten beeinflusst), während der Preis vom Unternehmen gesetzt wird. Daraus ergeben sich auch unterschiedliche Verteilungen, welche es zu berücksichtigen gilt.

Um diese Besonderheiten berücksichtigen zu können, werden unterschiedliche Methoden des VaR-Konzeptes angewandt. Diese gliedern sich in Simulationsverfahren und in analytische Methoden.

Simulationsverfahren, Bsp. Monte-Carlo-Simulation

Für einen genauen Ablauf und zu wissenschaftlichen Erkenntnisse sehen Sie Monte-Carlo-Simulation.

Vereinfachend werden im ersten Schritt sowohl für Preis als auch für Absatzmenge diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilungen geschätzt. Anschließend werden Zufallszahlen von 0 bis 1 generiert, welche an die Verteilungsfunktion angelehnt werden. Dieses Vorgehen erscheint plausibel, da grenzenlos viele Faktoren mit unterschiedlichen Verteilungen in die Rechnung einbezogen werden.

Das allgemeine Vorgehen soll an einem Beispiel erklärt werden:

Wird ein Absatz von 1000 Stück und ein Absatz von 2000 Stück mit jeweils 50% erwartet, werden die Zufallszahlen von 0 bis 0,5 anhand der Verteilungsfunktion der Absatzmenge von 1000 Stück zugeordnet. Eine Zufallszahl von 0,5 bis 1 wird dementsprechend einer Menge von 2000 Stück zugeordnet. Gleiches Vorgehen gilt für den Preis von 30€ und 40€. Durch Multiplikation des Preises mit der Absatzmenge, die den Zufallszahlen zugeordnet sind, entsteht so ein zufällig generierter Umsatzerlös. Jede Multiplikation steht für ein Szenario:

Szenario 1: Zufallszahl Absatzmenge 0,3; Zufallszahl Preis 0,6; Umsatzerlös=40.000€

Szenario 2: Zufallszahl Absatzmenge 0,2; Zufallszahl Preis 0,8; Umsatzerlös=40.000€

Szenario 3: Zufallszahl Absatzmenge 0,9; Zufallszahl Preis 0,4; Umsatzerlös=60.000€

Szenario 4: Zufallszahl Absatzmenge 0,7; Zufallszahl Preis 0,3; Umsatzerlös=60.000€

Szenario 5: Zufallszahl Absatzmenge 0,4; Zufallszahl Preis 0,3; Umsatzerlös=30.000€

Hieraus lassen sich für jeden Umsatzerlös Eintrittswahrscheinlichkeiten ablesen. Der zu erwartende Umsatz liegt bei 46.000€ (=0,2x(30.000+2x60.000+2x40.000)). Ebenso lässt sich eine Verteilungsfunktion bilden. Zu 100% liegt der Umsatz bei mindestens 30.000€, zu 80% liegt er bei mindestens 40.000€ und zu 40% liegt er bei mindestens 60.000€. Durch lineare Interpolation kann daraus der VaR bestimmt werden (Sicherheitswahrscheinlichkeit = 90%):

30.000 +(90%-80%)/(100%-80%)x(40.000€-30.000€) = 35.000€

Mit 90%-iger Wahrscheinlichkeit wird ein Umsatz von 35.000€ nicht unterschritten, was zugleich den um den Erwartungswert korrigierten VaR beschreibt. Geht man vom Erwartungswert=46.000€ aus, so ist der maximal zu erwartende Wertverlust, also der VaR gleich 35.000€-46.000€=-11.000€. Eine solche Simulation bringt viele Vorteile, aber auch Nachteile mit sich. Sprechen z.B. Plausibilität, Einfachheit, sowie der Einsatz beliebig vieler Faktoren dafür, so gibt es auch gravierende Nachteile. Die Voraussetzung vieler zu erstellender Szenarien, keine Betrachtung über mehrere Liquidationsperioden und vor allem die nicht vorhandene Wiederholbarkeit schränken die Anwendung solcher Simulationen erheblich ein. Unterschiedliche Software führt zu unterschiedlichen Zufallszahlen/VaR‘s und somit zu keiner Prüfbarkeit bzw. Konstanz. Deshalb ist eine Empfehlung der Anwendung nur gegeben, wenn eine analytische Berechnung nicht möglich ist.

Analytische Methoden, Bsp. VaR

Generell müssen für die analytische Methode zunächst einmal Annahmen bezüglich der Verteilungen für Preis und Absatz getroffen werden. Diese Verteilungen folgen keinem generellen Grundprinzip, sondern müssen je nach Branche und Unternehmen individuell getroffen werden. Somit unterscheiden sich auch die Korrelationen unterschiedlicher Unternehmen stark. Kann kein Zusammenhang zwischen Absatzmenge und -preis ermittelt werden, so ist der erwartete Umsatzerlös aus den Erfahrungswerten zu generieren. Für die meisten Fälle lassen sich jedoch negative Korrelationen erkennen, siehe beispielsweise Preis-Absatz-Funktion oder Elastizitäten.


Beispiel

Für das Rechenbeispiel werden die gleichen Zahlen zugrunde gelegt wie bei der obigen Simulation (Zahlen beziehen sich auf einen Monat). Einfache Erwartungswert- und Standardabweichungsberechnungen werden vorausgesetzt.

Annahme: Normalverteilung und keine Korrelation

Erwartungswert(Preis) = 30€x0,5+40€x0,5=35€; Standardabweichung(Preis) = 5€

Erwartungswert(Menge) = 1.500; Standardabweichung(Menge) = 500

Erwartungswert(Umsatzerlös) = 52.500€ (vgl. 46.000€ bei Simulation); Standardabweichung(Umsatzerlös) = 19.202,86€

Mit dem erwarteten Erlös korrigiert ergibt sich ein korrigierter VaR von 27.920,34€.

Eine genauere Abbildung der Realität lässt sich durch den Zusammenhang des Preises und des Absatzes erzielen. Hier spielen Korrelationskoeffizienten (in der Regel von perfekt negativ korreliert bis unkorreliert, also -1 bis 0) eine wichtige Rolle. Für ein genaues Vorgehen bei der Berechnung sei auf den Artikel der Kovarianz verwiesen.

Auch andere Abbildungen wie z.B. ein konstanter Preis und ein normalverteilter Absatz (wenn das Unternehmen die Marktposition hat um den Preis konstant zu halten und dabei kurzfristige Absatzschwankungen in Kauf nimmt) lassen sich bei solchen Überlegungen einbeziehen. Unabdingbar ist hierbei nur die realitätsnahe Bewertung durch ein Unternehmen selbst, da sonst falsche Schlussfolgerungen gezogen werden.

Anwendung des Cash Flow at Risk Konzeptes

Während der VaR für die Bewertung von Erlösen des Marktrisikos gut geeignet ist, stößt man bei ganzheitlichen Betrachtungen der leistungswirtschaftlichen Risiken an dessen Grenzen. Die beiden wichtigsten Komponenten (Beschaffungsrisiken und Absatzrisiken) können separat gut mit dem VaR interpretiert werden. Um diese Komponenten zusammenzuführen und alle Faktoren von leistungswirtschaftlichen Risiken berücksichtigen zu können, bedient man sich der Messgröße der Cash Flows. Der operative Cash Flow eines Unternehmens beschreibt alle zahlungswirksamen Erträge abzüglich zahlungswirksamer Aufwendungen aus dem operativen Geschäft und beschreibt somit die Zielgröße der leistungswirtschaftlichen Tätigkeit. Zur genauen Bestimmung des operativen Cash Flows (über die direkte und indirekte Methode), siehe Cashflow. Eine Beispielbestimmung kann folgendermaßen aussehen:

+ Umsatzerlöse

- Materialaufwand

- Lohnaufwand

- Vertriebs- und Verwaltungsaufwand

- Zinsaufwand

- Steuerauflage

= Cash Flow

Zahlungswirksame Umsatzerlöse wurden bereits in Verbindung mit Absatzmengen- und Absatzpreisrisiko genauer beschrieben. Aktivierte Eigenleistungen und Verkäufe auf Ziel werden nicht berücksichtigt. Für eine Nicht-Einhaltung des Zahlungszieles siehe Ausfallrisiko.

Der Materialaufwand beschreibt für eine Risikobetrachtung den Punkt des Beschaffungsrisikos.

Je nach Art und Weise der Lohn- und Gehaltszahlungen kann mit dem Punkt des Lohnaufwandes ein Risiko in unerwarteten Lohnausgaben beschrieben werden. Zu Betriebs- und Verwaltungskosten lässt sich aufgrund unternehmensspezifischer Unterschiede keine generelle Angabe machen.

Der Zinsaufwand wird hier (operative Sichtweise) nur für Kreditaufnahmen zur Beschaffung von Produktionsmaterial definiert. Anderer Zinsaufwand wird dem finanzwirtschaftlichen Risiko (Zinsänderungsrisiko) zugeordnet und beschreibt das Risiko für Fremdkapital.

Der Steueraufwand ist wie der Zinsaufwand nur für Steuern auf operative Tätigkeiten zu verstehen.

Somit ist der Cash Flow at Risk, die für eine bestimmte Sicherheitswahrscheinlichkeit maximale negative Abweichung vom erwarteten zukünftigen Cash Flow. Eine Messung ist wiederum über Simulationen bzw. Analytische Methoden möglich.

Die analytischen Methoden sind hierfür die gängigsten und am häufigsten anwendbaren Methoden. Dabei wird für jeden separaten Rechenpunkt des Cash Flows der zugehörige VaR bestimmt. Anschließend müssen unter Beachtung von Korrelationen die einzelnen Rechenschritte ausgeführt werden.

Beispiel

Für den Materialaufwand wird der VaR beispielhaft bestimmt, danach wird sich auf die Verrechnung der einzelnen VaR’s konzentriert:

Liquidationsperiode = 1 Monat; Sicherheitswahrscheinlichkeit = 90%:

Umsatzerlös: VaR=-22.400€

Materialaufwand:

Erwartungswert(Rohöl)=493,33€;

Erwartungswert(Kupfer)=800€;

Erwartungswert(Material)=1293,33€;

mit Korrelation=0,5 und Standardabweichungen für einen Tag ist die Kovarianz=0,02x0,01x0,5=0,0001;

Standardabweichung(Material)=(8002x0,012+493,332x0,022+ 2x800x493,33x0,0001)-2=15,50€; VaR(Material)=15,50€x1,28x20-2=88,73€ (positiv, da höher ausfallende Kosten den CF mindern)

Lohnaufwand: VaR(Lohn)=960€; Standardabweichung(Lohn)=750€

Vertriebs- und Verwaltungsaufwand: VaR(VV)=128€; Standardabweichung(VV)=100€

Zinsaufwand: VaR(Zins)=2,18€; Standardabweichung(Zins)=0,38€

Steueraufwand: VaR(Steuer)=466,66€; Standardabweichung(Steuer)=364,58€

Jetzt folgt unter Berücksichtigung von Korrelationen ein paarweises Zusammenfügen:

Rohertrag ist der Umsatzerlös abzüglich des Materialaufwandes, wobei eine Korrelation von +0,3 angenommen wird (Ein Anstieg der Beschaffungspreise führt zu einem leichten Anstieg des Absatzpreises):

Erwartungswert(Roh)=51.206,70€

Standardabweichung(Roh)=(17500€2x15,5€2-2x15,5€x17500€x0,3)-2=17.495,36€

VaR(Roh)=-17.495,36€x1,28=-22.394,06€

Lohn- und Verwaltungsaufwand mit einer Korrelation von +0,8:

Erwartungswert(LV)=10.500€

Standardabweichung(LV)=(750€2+100€2+2x750€x100€x0,8)-2=832,17€

VaR(LV)=1065,18€ (an dieser Stelle positiv, da erhöhte Kosten zu niedrigeren CF führt)

Finanzaufwand ist die Summe aus Zins- und Steueraufwand, wobei Unabhängigkeit angenommen wird:

Erwartungswert(Finanz)=1.114,58€

Standardabweichung(Finanz)=364,58€

VaR(Finanz)=466,66€ (auch positiv, da wieder Kosten)

Berechnung des CF aus den ermittelten Größen (unter Unabhängigkeit):

Erwartungswert(CF)=39.592,12€

Standardabweichung(CF)=17.518,93€

CFaR=-17.518,93€x1,28=-22.424,23€

Dies bedeutet, dass mit 90%iger Wahrscheinlichkeit der operative CF der betrachteten Periode um nicht mehr als 22.424,23€ geringer ausfallen wird.

Korrigierter CFaR=-22.424,23€+39.592,12€=17.167,89€

Mit 90%iger Wahrscheinlichkeit wird der CF der betrachteten Periode mindestens 17.167,89€ betragen.

Steuerung von Absatzrisiken

Die Steuerung von Risiken verhält sich ähnlich dem Trade-off einer Versicherung und ergibt, dass sich eine Maßnahme nur dann lohnt, wenn die Kosten für die Risikoreduzierung nicht größer sind als die zu erwartenden Besserungen (monetär, Kundenbindung, langfristige Absicherung etc.). Unternehmensspezifische Probleme, die zu Risiko führen, müssen auch spezifisch betrachtet werden. Generelle Ansatzpunkte sind jedoch z.B.:

  • Absicherung von Verkaufspreisen/ -mengen durch langfristige Kundenverträge (beachte evtl. Abschläge auf Preis, welche somit zu verminderte Umsatzerlöse führen)
  • Verbesserung in Marktanteilen führt zu stärkerer Verhandlungs- und Angebotsmacht, evtl. helfen hierbei Verkaufsgemeinschaften
  • Instrumente des Marketings (Produkt-, Preis-, Kommunikations-, Distributionspolitik oder unique selling proposition sowie Kundenzufriedenheit) minimieren Anfälligkeiten

Einzelnachweise

  1. Wolke, Thomas: Risikomanagement Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2008, ISBN 9783486587142

Literatur

  • Gleißner, Werner: Wertorientiertes Risikomanagement für Industrie und Handel Gabler Verlag, Wiesbaden 2001, ISBN 9783409116992, S. 111-137
  • Goldbrunner, Johann; Schlosser, Andreas: Zu nah an der Sonne - Die schlimmsten Pleiten der Finanzgeschichte Finanz Buch Verlag, München 2009, ISBN 9783898795029
  • Mayer, Julia: Naturrisiken und Vorsorge Universitäts- und Landesbibliothek Bonn, Bonn 2012
  • Rogler, Silvia: Risikomanagement im Industriebetrieb: Analyse von Beschaffungs-, Produktions- und Absatzrisiken Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH , Wiesbaden 2002, ISBN 9783663089285, S. 235 ff.
  • Wolke, Thomas: Risikomanagement Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2008, ISBN 9783486587142
  • Rechtsrisiken werden zum Systemrisiko. In: Die Bank 11/2015. 2015, ISSN 0342-3182.

Weblinks