Benutzer:UweRohwedder/Studentaufsland

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie


Aktion 1. Juli (VDS-MV-Beschluss)

"In Besorgnis um den wachsenden Bildungsnotstand in der Bundesrepublik Deutschland werden am 1. Juli 1965 von den Studentenschaften der Bundesrepublik und Westberlins Kundgebungen und Demonstrationen veranstaltet, um allen Bemühungen um einen verstärkten Ausbau des Bildungswesens Nachdruck zu verleihen. In den ersten beiden Monaten des Sommersemesters werden die Studentenschaften mit Flugblattaktionen und Veröffentlichungen in der Studentenpresse umfassend über die derzeitige Bildungssituation in der Bundesrepublik informiert.

Begründung:

  1. Die deutsche Studentenschaft hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Stellungnahmen zur Bildungssituation in der Bundesrepublik abgegeben. Die Ständige Konferenz der Kultusminister, der Wissenschaftsrat, die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Westdeutsche Rektorenkonferenz und andere Institutionen auf dem Gebiet des Bildungswesens haben ebenfalls in Denkschriften, Aufsätzen und Stellungnahmen auf den wachsenden Bildungsnotstand hingewiesen. Es muss jedoch mit Bedauern festgestellt werden, dass – abgesehen von Ausnahmen – in Bund und Ländern bei weitem nicht alle Maßnahmen ergriffen wurden, die zur Abwendung des Bildungsnotstandes erforderlich sind.
  2. Der Bundesminister für wissenschaftliche Forschung hat am 28. Januar dieses Jahres einen Forschungsbericht vorgelegt, der vom Bundeskabinett verabschiedet worden ist. Darin wird festgestellt, dass die finanziellen Aufwendungen für die Wissenschaft in den nächsten Jahren verdoppelt werden müssen. Wir finden es unverantwortlich, dass der Bundestag in dieser Lage die Mittel für die Wissenschaftsförderung nicht erhöht, sondern die vorgesehenen Mittel gekürzt hat.
  3. Wir finden es unbegreiflich, dass der Bundestag ein Gesetz beschließt, das Hunderttausenden von Schülern weiterführender Schulen ohne Rücksicht auf deren Bedürftigkeit 40 DM zuteilt. Auf diese Weise wird eine Summe von 450 Mio. DM ohne nennenswerten bildungspolitischen Effekt ausgegeben. Wir fordern, dass endlich in Zusammenarbeit von Bund und Ländern eine gezielte, sozial- und bildungspolitisch wirksame Ausbildungsförderung in der Bundesrepublik verwirklicht wird.
  4. Wir sind empört darüber, dass die Regierungen von Bund und Ländern noch immer keine langfristigen, gemeinsamen Investitions-, geschweige denn Finanzierungspläne für Wissenschaft und Bildung entworfen haben. Statt dessen wird das wenige verfügbare Geld kurzfristig in Form von Wahlgeschenken verpulvert.
  5. Die Politiker überschütten uns mit kulturpolitischen Deklamatio-nen. Sie sollten statt dessen der Bevölkerung endlich sagen, welche Opfer gebracht werden müssen, wenn die Bundesrepublik den Anschluss an die internationale Entwicklung im Bildungswesen wiedergewinnen soll. Wir protestieren dagegen, dass Steuersenkungen beschlossen werden, wenn sich unser Staat in einer Notlage befindet, die nur durch Einziehung neuer Steuern überwunden werden kann."