Benutzer:Xaver Querkel/Vogtländische Metallwerke AG in Rodewisch/Sa.

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Vogtländische Metallwerke AG in Rodewisch/Sa.
Rechtsform zuletzt Aktiengesellschaft
Gründung 1593
Auflösung 26.02.1926
Auflösungsgrund Liquidation aufgrund desolater Geschäftslage
Sitz Rodewisch
Leitung zunächst: Peter Ficker

zuletzt: zugehörig zur Metallwarenfabrik Wilhelm Schmidt, Hannover

Mitarbeiterzahl 128 (1808)

62 (1857) 45 (1886)

Branche Messingwerk

Die Vogtländische Metallwerke AG in Rodewisch/Sa. war ein Messingwerk im Rodewischer Ortsteil Niederauerbach, das aus einem 1593 gegründeten Eisenhammer hervorhing und 1926 aufgelöst wurde. 1622 erhielt es ein chursächsisches Privileg und war im folgenden bedeutend für die sächsische Wirtschaft. In Folge der Hyperinflation war ein Weiterbetrieb der Anlagen nicht mehr möglich.

Heute wird an zwei Tafeln an die lange Industriegeschichte in Niederauerbach erinnert.

Geschichte

Vom Eisenhammer zum Messingwerk

Im Erzgebirge und Vogtland gab es Bergbau auf Eisen- und Zinnerze. Insbesondere das Wappen der Stadt Falkenstein weist darauf hin. Um die abgebauten Materialien verarbeiten zu können wurden Eisenhammer gegründet. Für Niederauerbach ist der erste Hammer in einer Lehnurkunde für Nicolaus Züßler aus dem Jahr 1473 erwähnt. Es wird allerdings vermutet, daß die ursprüngliche Gründung mit dem Entstehen der Ortschaft Niederauerbach um 1450 zusammenfiel.[1] In der Lehnsurkunde wird Züßler und seinen Söhnen Wenzel und Andres Züßler das "Rechten Erben, Erbnehmen unndt Nachkommen" des Eisenhammers erteilt.[2] Im 16. wechselte das Werk häufig den Besitzer. 1593 war Casper Herrmann, der damalige Besitzer, nicht mehr in der Lage seine Zahlungsverpflichtungen zu bedienen. Deshalb kam es am 28. August 1593 zum Verkauf des Werkes für 730 Gulden an Peter Ficker. Der chursächsische Floßmeister der Elbe- und Saale-Flößerei aus Zwickau übernahm einen Hammer im desolaten Zustand. Im Kaufbrief heißt es wörtlich

„[Er] hat solches Hammerwergk sambt dem Wohnhauß und feldern also eingehen lassen und verwüstet, das man auch nicht mehr hat schmieden können, und ist solche Verwüstung und Abnehmen gerathen, das das Wehr im grundt hinwegk. Auch der Graben ausgerissen, die Radestube und fluder eingesunken, kein ganzes Radt darinnen gewesen ist. [...] ,welches Alles mit großen unkosten wieder erbauet und geschabt werden muß.“[3][4]

Aufstieg des Hüttenwerkes

Ficker war im Gegensatz zu seinen Vorgängern vermögend und geschäftstüchtig, sodaß der Hammer bereits 1598 abbezahlt war. 1599 kaufte er auch das Vorwerk Niederauerbach von Sebastian Metzsch zum Preis von 5.000 Gulden. Unter Ficker wurde die Lehnsabhängigkeit Niederauerbachs von den Herren von Planitz beendet und Niederauerbach wurde zum eigenen Gerichtsbezirk; Ficker damit zum Lehnsherr. Dieser Zustand wurde bis Mitte des 19. Jahrhunderts aufrecht erhalten. Bereits 1603 beantragte Peter Ficker eine staatliche Begünstigung für sein neu gegründetes und noch im Aufbau befindliches Werk, das neben der Messingherstellung weiterhin die Eisenverarbeitung betrieb. Am 27. Mai 1603 wurde ein auf 15 Jahre befristetes chursächsisches Privileg ausgestellt, das dem Begünstigten ermöglichte alle Produktionsaufgaben in Chursachsen allein herstellen zu dürfen.

Bis 1610 wurde durch ihn das Messingwerk aufgebaut, nachdem der Ausbau des Hammers nicht möglich war.[5] Zwischen 1611 und 1618 wurden insgesamt 1089 Zentner Messing gefertigt. Aufgrund des Kupfermangels, der die Messingproduktion erschwerte und der großen Investitionen entschied sich Peter Ficker 1610 mit drei Konsorten zusammenzuarbeiten. Dabei handelte es sich um den kaiserlichen Rat und Reichspfennigmeister Joachim von Loß auf Pillnitz, den chursächsischen Oberkämmerer Rudolf Vitzthum von Apolda, der ein enger Freund der späteren Churfürsten Christian II. und Johann Georg I. war, und um den Geheimen Kommerzienrat Christoph Felgenhauer. In dieser Zeit wurde auch Mathias Gnaspe als Produktionsleiter vor Ort eingestellt.[1]

Mit dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges 1618 wurden die ohnehin vorhandenen Probleme bei der Kupferbeschaffung allerdings noch größer. In dieser Zeit wurden viele Facharbeiter aus den Nachbarländern angeworben. Drahtzieher, Kesselschlager, Messingbrenner, Drahtschneider und Schaber wurden insbesondere aus Ilsenburg (Grafschaft Stollberg-Wernigerode, nachweislich 15 Personen), Neubrunn (Herzogtum Coburg, nachweislich 4 Personen), Bündheim (Herzogtum Braunschweig), Lübeck und Hamburg (je 1 Person) rekrutiert. Erster namentlich bekannter Arbeiter war der Ilsenburger Drahtzieher Kilian Koch, der mindestens von 1599 bis 1613 in Niederauerbach arbeitete.[6]

Die Geschäftslage war 1614 nicht gut. Von 65 produzierten Zentnern Messing wurden nur 38 verkauft; damit das Werk aber rentabel wird, wären etwa 500 Zentner nötig gewesen. Während der privilegienfreien Zeit von 1618 bis 1622 verlegte Gnaspe einen Teil der Produktion in sein eigenes Werk in Ellefeld.

Am 18. März 1622 wurde das zweite Privileg durch den sächsischen Churfürsten Johann Georg I. gewährt. Durch den Einfluß der neben Peter Ficker nun mit drei Viertel am Werk beteiligten Vertrauten des Churfürsten fielen die Begünstigungen noch stärker aus als 1603. Es mußte sogar ein 215 Jahre eher gegründetes Freiberger Unternehmen aufgeben. Das neue Privileg umfaßte:

  • das Recht "auf ewige Zeit in ganz Sachsen die alleinige Messingherstellung" durchführen zu können;
  • das freie Backen, Brauen, Schenken und Schlachten in Niederauerbach, um die Werksarbeiter ernähren zu können;
  • die Möglichkeit das Werk an einen anderen Ort zu verlegen, ohne daß das Privileg erlischt;
  • die Zusicherung, daß das Privileg ohne zeitliche Begrenzung auch für die Erben und Erbnehmer des Churfürsten seine Gültigkeit behält.[7]

Nach diesem Privileg mußte auch Gnaspe in Ellefeld nach Gerichtsverhandlungen wieder aufgeben. Die allgemeinen Verschlechterungen in Folge des Dreißigjährigen Krieges waren auch in Rodewisch spürbar. 1632/33 und 1640 herrschten jeweils schreckliche Zustände im Göltzschtal, sodaß die Einheimischen im Wald hausten, um den Drangsalen zu entgehen. Auch das Messingwerk litt, und zwei der vier Teilhaber schieden aus dem Geschäft aus. 1641 gaben die Erben Felgenhauers ihr Erbe an den Sohn Peter Fickers, Dr. Abel-Ficker, ab; 1642 zogen die Erben des Joachim von Loß zu Pillnitz nach. Erst 1662 folgten die Nachfolger Vizthums von Apolda. Ab diesem Jahr lagen alle Anteile wieder bei der Familie Ficker, die nunmehr durch Abel-Fickers Witwe Magdalena Ficker vertreten waren. Nachfolgend wurde eine Zersplitterung der Anteile verhindert. Ab 1640 wurde das Werk an frühkapitalistische Unternehmer verpachtet. Die Hauptbeteiligten waren ab 1641 nach einem Vertrag vom 12. Oktober 1940 Melchior Haugk und Jacob Körber, die zuvor Schreiber im Werk waren und zudem mit den Fickers verschwägert gewesen sein sollen sowie Nicolaus Pezold, über den nichts weiter bekannt ist als sein Name. Bis 1944 wurden von jedem Gesellschafter 3.000 rT eingezahlt. Weitere 3.500 rT wurden durch Nicolaus Pezold und Egidius Böhme aus Dresden. Die Pacht betrug 500 Gulden (300 für das Messingwerk und 200 für das Hammerwerk).[7] In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts verlief die Entwicklung des Werkes anders als zuvor. Mit dem allgemeinen Wirtschaftsaufschwung kam auch das Messingwerk zu größeren Produktionsmengen (bis zu 800 Zentner pro Jahr), die es ermöglichten etwa 20 Personen kontinuierlich zu beschäftigen. Die Pachtverträge wurden bis 1677 mehrfach verlängert, zuletzt mit einer Laufzeit von 15 Jahren. 1660 war das Gesellschaftskapital auf 48.000 rT erhöht worden. Erst ab diesem Zeitpunkt erfolgten jährliche Ausschüttungen an die Gesellschafter. 1675/76 wurde das Privileg auf Betreiben Gnaspes Schwiegersohn Hermann Hütten angefochten und das bisherige Privileg wurde aufgeweicht. Das "jure prohibendi" wurde gelockert und es konnte ein zweites Werk im benachbarten Ellefeld entstehen, das zwar nie zur Blüte kam, das Niederauerbacher Werk allerdings behinderte.

In der gleichen Zeit entstand auch ein neues Werk in Graslitz, mit dem zwar die Vereinbarung getroffen wurde, daß es sich nicht auf dem sächsischen Markt betätigen werde, trotzdem jedoch zum Konkurrenten wurde, da es sich nicht an die Abmachungen hielt. Körber und Haugk hatten ungeschickt agiert, was zur Trennung der Geschäftspartner 1679 führte.[7] Haugk, der Körber seine Anteile auszahlen mußte und zudem die Pacht nicht gezahlt hatte, geriet im folgenden in finanzielle Schwierigkeiten und wurde durch die Fickers aus dem Betrieb getrieben. Zwar erstritt er vor Gericht weiterwirtschaften zu dürfen und erhielt das Werk 1690 wieder, konnte wegen des schon zwei Jahre später endeten Vertrages aber nicht wieder arbeiten. Viele Arbeiter verarmten in dieser Zeit und wanderten nach Graslitz oder zusammen mit Körber nach Leutenberg ab, der dort ein neues Werk aufbaute. Am 16. Dezember 1695 ging das Werk an Marie Sophie Horn, geb. Ficker, über, die es am gleichen Tag an den Freiberger Bürgermeister Martin Albert verkaufte.[7]

Die Messinghandels-Sozietät

Im 18. Jahrhundert war das Werk zunächst im Besitz der Familie Conradi (1698 bis 1721). Am 14. Oktober 1721 ging das Werk an Dr. Johann Christoph Zeumer über, dessen Sohn Johann Friedrich es bis 1774 weiterbetrieb. Danach hielten Frau. Kanzleidirektor Schmidt, Frau. Dr. Müller und Frau. Amtsverwalter Kuhn, Beteiligungen. Die Zersplitterungen trugen weder zum Interesse am Werk, noch zu großer Fachkenntnis der Eigner bei, die sich hauptsächlich als Nutznießer am Erlös sahen. Das zeigt sich an den Wohnorten der Beteiligten, die von Zeitz bis Freiberg reichten, und somit einen engen Bezug zum Werk kaum möglich machten.

Am 10. November 1696 wurde eine Sozietätsvereinbarung getroffen, an der Eigner Martin Albert mit seinem Stiefschwiegersohn Conradi und Johann Schwabe aus Leipzig beteiligt waren. Mit den Verträgen von 1700 kannten sich spätere Sozietäre kaum aus; eine Anpassung an aktuelle Gegebenheiten wurde erst 1825 durchgeführt. Diese mit unter schwerfällige Art zu wirtschaften machte ein rentables Geschäft im 18. Jahrhundert noch möglich, erschwerte aber die Entwicklung im 19. Jahrhundert beträchtlich. Um den Betrieb weiter zu ermöglichen wurden im Stile merkantilistischer Wirtschaftspolitik auf ausländische Waren Schutzzölle erhoben, die die Konkurrenz aus Graslitz und Leutenberg ausschaltete. Die Aufrechterhaltung des Privilegs war für die Eigner allerdings ein immerwährender Kampf, der insbesondere vor den churfürstlichen Reskripten von 1700/01 und deren Erneuerung 1714 und 1745 geführt wurde.[8] Die Niederauerbacher Sozietät konnte sich ab den 1720er Jahren somit endgültig durchsetzen. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts kam es zu einer beträchtlichen Produktionssteigerung: Lag die Messingerzeugnis 1696 beispielsweise noch bei 144,5 Zentnern, so lag sie 1704 bereits bei 752 Zentnern. Der Warenabsatz an Stückmessing, Tafel- und Rollmessing, grobem Schwarzdraht, geschabten Nadeldraht stieg von 800 Stk.(1704) auf 1888 Stk. (1754). Aufgrund des guten Absatzes wurde die Firma bis 1756 erheblich ausgeweitet. Der schon im Besitz Peter Fickers befindliche Muldenhammer wurde umgestaltet, die Neue Messingbrennhütte wurde 1708/09 errichtet, 1724 folgt die Elisabethhütte, später die Obere Messinghütte und die alte, untere sowie die Neue Drahthütte. Auch in Ellefeld wurde erweitert. Dortwurde die Alte Messingschlaghütte und die Vordere Drahthütte errichtet. Letztere wurde nach einem Brand 1785 sofort wieder aufgebaut.

Entwicklung der Arbeitskräfte
Gruppe 1699 1705 1730 1755
Meister ? 15 11 13
Gesellen ? 19 22 38
Lehrlinge ? 1 - 5
Gesamt 48 70 > 66 > 112

Kupferbeschaffung, Holz- und Holzkohleversorgung waren immer wieder Probleme. Galmei wurde insbesondere aus Oberschlesien geliefert. Die Produktivität zeigt sich an den an die Sozietät ausgezahlten Erlösen[8]:

1730 1736 1738 1740 1742 1744 1746 1747 1748 1750 1752 1754
6.400 Taler (auch folgend) 6.600 6.900 1.950 8.600 9.000 5.100 15.900 10.800 9.000 6.300 7.800

Kartoffelanbau und Werksschule

Im Vogtland war der Kartoffelanbau schon vor seiner deutschlandweiten Etablierung so stark vertreten, daß die Kartoffel als Volksnahrungsmittel bereits im ausgehenden 17. Jahrhundert eine größere Rolle spielte. Der früheste urkundliche Nachweis über Kartoffelanbau findet sich 1707. Im neuen Pachtvertrag von 1719 findet sich folgender Passus, der im vorangegangenen von 1697 noch nicht steht:

„Von denen Hüttenleuten und Häußlern will der Pachter die Dünger zu rechter Zeit ab und auf die Kartoffelfelder führen, den Acker zurichten, und denenselben einen Nutzen an Erdäpfeln, Kraut oder Flachs nehmen zu lassen, und so dann vor sich gebrauchen.“

Ebenfalls im ausgehenden 17. Jahrhundert, vermutlich erst in dessen letzter Dekade, finden sich Hinweise auf die Einrichtung einer Schule in Rodewisch. Für 1733 ist eine "Hammerschule" belegt, in der die Kinder der Messingarbeiter lernen konnten und, unter Einhaltung chursächsischer Schulgesetze, insbesondere mit der Religion vertraut gemacht werden sollten. Belegt ist, daß die Hammerschule anspruchsvoller war als übliche Landschulen, was den Ansprüchen der Sozietät hinsichtlich Rechnungslegung etc. geschuldet war. Im Gegensatz zur heutigen Schulpflicht, gab es damals keine Verpflichtungen, was dazu führte, daß insbesondere während der Erntezeit viele Schüler fehlten.[8]

Datum Jungen Mädchen insg. anwesende Schüler
26.11.1789 30 20 50
20.01.1790 36 28 64
18.02.1790 31 18 49
08.03.1790 36 28 54
31.05.1790 24 24 48
09.07.1790 12 6 18

Veränderungen ab dem Siebenjährigen Krieg

Während des Siebenjährigen Krieges litt die Produktion durch den Einmarsch der Preußen in Sachsen. Mehrfach wechselte das Vogtland den Besitzer. Es ist unbekannt, ob gestörte Rohstofflieferung oder eingebrochener Absatzmarkt ursächlich für die Produktionsdezimierung waren. Auch die Veränderungen in der Sozietät waren der Entwicklung nicht förderlich. Durch Vererbung splitterten sich die Anteile auf viele z. T. Kleinbesitzer auf, was die Entscheidungsfindung schwierig machte. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde die Kupferversorgung aus der Mansfelder Region wieder problematisch. Über ein Vierteljahr mußten die Brennhütten stillgelegt werden. Teils ohne schriftliche Abmachungen wurden schließlich doch 1.000 Zentner Kupfer geleifert. Das reichte allerdings noch nicht aus und deckte lediglich zwei Drittel des Bedarfs. Auf der Leipziger Michaelis-Messe 1781 berieten die Sozien über die restliche Kupferversorgung. Mit staatlicher Unterstützung konnte von 1776 bis 1782 eine Einigung mit Mansfeldern erzielt werden.[9]

Seine Blütezeit erlebte das Messingwerk um 1800. Der größte Absatz wurde erwirtschaftet. Im Vergleich zur letzten Jahrhundertwende (Tabelle oben) arbeiteten damals auch mehr Arbeiter im Werk (Tabelle unten).

Gruppe 1790/91 1802 1808 1813
Brenner 6 8 7 6
Tafelschneider 1 . 1 .
Messingschlager 21 59 26 57
Grobdrahtzieher 27 ? 42 ?
Schaber 7 3 6 2
Drahtschneider 1 3 3 3
Scheibendrahtzieher 29 29 43 34
Zeugschmied 2 2 2 3
Kohlenmesser 2 ? ? ?
Tagelöhner 2 ? ? ?
Gesamt (fest beschäftigt) 97 105 128 105

Zu den besten Zeiten des Werkes verdienten die Arbeiter bis über 120 Rt. pro Jahr, allerdings abgestuft zwischen Meister und Gesellen und den verschiedenen Arbeitergruppen. So verdienten Messingbrenner 1790 128 Rt., während Zeugschmiede-Gesellen lediglich ein Auskommen von 52 Rt. hatten; Tagelöhner gar nur 45 Rt. Eigentlich ein gutes Brutto-Auskommen für die damalige Zeit. Die Arbeiter mußten aber unabhängig davon, ob ihre Kinder die Schule besuchten Schul- und Holzgeld zahlen und waren darüber hinaus auch dazu verpflichtet für gepachtetes Ackerland, das ebenfalls der Sozietät unterlag, Pacht zu begleichen. Derartige Ausgaben wurden vom Werk selbst einbehalten, ohne daß die Arbeiter das Geld bekamen. Das Auskommen reichte eben aber nur dann, wenn es zu keinen Produktionsstops kam. Mußten Arbeiter "feiern" (= vorübergehende Arbeitslosigkeit), reichte das Gehalt nicht, was zu Spannungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern führte. Trotzdem wurde versucht die Löhne an die aktuelle Preissituation anzupassen. Aufgrund dieser Situation schlachteten viele Familien selbst und bauten Gemüse bzw. Kartoffeln selbst an. Diese Arbeiterfamilien wurden als "Häußler" bezeichnet. Das Familieneinkommen, das vormals nur von den Männern erwirtschaftet wurde, mußte später auch von Frauen und Kindern getragen. Als es um 1802 zu einer großen Teuerungswelle kam, nahm die Sozietät den Einkauf von Getreide selbst in die Hand.[9]

Niedergang des Messingwerkes

  • 19 Jh. Das schützende chursächsische Privileg verliert seine Bedeutung (verschärft Konkurrent, technische Überalterung der Niederauerbacher Anlagen, Verringerung des Absatzes)
  • 1881 Bildung einer Aktiengesellschaft - Sächsische Metallwerke A-G
  • 1886 Auflösung wegen Unrentabilität - Verkauf des Werkes
  • um 1900 trotz Beteiligung am Kartell dt. Messingwerke nicht genügend Umsatz
  • 1919 Bildung der Vogtl. Metallwerke A-G
  • 1919 - 1923 Absatzschwierigkeiten und finanz. Nöte während der Inflation (große Verluste, keine Ausschüttung von Dividenden)
  • 1924 Konkurs: 7. Juli Stillegung des Werkes
  • 1926 Liquidation

Der Industriestandort nach der Liquidation

  • 1927 Umwandlung in RoTex
  • Produzierendes Gewerbe findet sich am Standort heute nicht mehr. Am ehemaligen Hauptwerk befindet sich heute ein Baumarkt.

Werksgebäude

--> Hefter

Heute

Der Überrest einer ehemaligen Esse des Werkes ist heute der letzte Überrest des Hauptwerkes. Die ehemaligen Hütten Neuhütte und Elisabeth-Hütte zwischen Niederauerbach (Rodewisch) und Grün (Lengenfeld) stehen nach wie vor und stehen entweder leer (Elisabethhütte; heute Mauersberger), oder werden als Holz-Recycling-Standort genutzt. Weiterhin befindet sich an der Einfahrt zum Baumarkt eine Tafel.


Kelch in der St.-Petri-Kirche, weitere Überreste (im Museum (?))

Literatur

  • Prof. Dr. Hans Otto Gericke. Das privilegierte sächsische Messingwerk Niederauerbach i. Vogtl. - Die Geschichte eines bedeutenden Hüttenwerkes von 1593 bis 1926. Vogtland-Verlag Plauen-Jößnitz 2008. Hrsg.: Wolfgang Günther. ISBN: 978-3-928828-5-1
  • Siegfried Walther. Rodewisch im Wandel der Zeit - Eine Chronik und ein wenig mehr... S. 28 - 35. Hrsg.: Stadtverwaltung Rodewisch 2011. ISBN: 978-3-942267-16-8.

Belege

  1. a b Prof. Dr. Hans Otto Gericke: Das privilegierte sächsische Messingwerk Niederauerbach i. Vogtl. - Die Geschichte eines bedeutenden Hüttenwerkes von 1593 bis 1926. Kapitel 2: Vom Eisenhammer zum Messingwerk in Niederauerbach. Hrsg.: Wolfgang Günther. Vogtland-Verlag, Plauen-Jößnitz 2008, ISBN 978-3-928828-45-1, S. 40–55.
  2. Siegfried Walther: Rodewisch im Wandel der Zeit - Eine Chronik und ein wenig mehr... Kapitel 2: Die Ortsteile von Rodewisch. Hrsg.: Stadtverwaltung Rodewisch. Rodewisch 2011, ISBN 978-3-942267-16-8, S. 28.
  3. 1
  4. Auszug aus dem Kaufbrief vom 28.8.1593, ursprünglich nach R I, NR. 11; eine Abschrift siehe im Gerichtshandelsbuch von Niederauerbach Nr. 1 in: Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv (HStADr) Dresden, Amtsgericht Auerbach, Nr. 69
  5. Museum Göltzsch Rodewisch. private Abschrift aus Messingwerk-Zimmer; Archivunterlagen
  6. Hans Otto Gericke: Das privilegierte sächsische Messingwerk i. Vogtl. - Die Geschichte eines bedeutenden Hüttenwerks von 1593 bis 1926. Hrsg.: Wolfgang Günther. Vogtland-Verlag, Plauen-Jößnitz 2008, ISBN 978-3-928828-45-1, S. 45.
  7. a b c d Hans Otto Gericke: Das privilegierte sächsische Messingwerk Niederauerbach i. Vogtl. - Die Geschichte eines bedeutenden Hüttenwerkes von 1593 bis 1926. Kapitel 3: Mehrfache Verpachtung des Messingwerkes im Verlaufe des 17. Jahrhunderts. Hrsg.: Wolfgang Günther. Vogtland-Verlag, Plauen-Jößnitz 2008, ISBN 978-3-928828-45-1, S. 56–71.
  8. a b c Hans Otto Gericke: Das privilegierte sächsische Messingwerk Niederauerbach i. Vogtl. Kapitel 4: Die Gründung der Messinghandels-Sozietät und deren Entwicklung bis zum Ausbruch des Siebenjährigen Krieges. Hrsg.: Wolfgang Günther. Vogtland-Verlag, Plauen-Jößnitz 2008, ISBN 978-3-928828-45-1, S. 72–126.
  9. a b Hans Otto Gericke: Das privilegierte sächsische Messingwerk Niederauerbach i. Vogtl. - Die Geschichte eines bedeutenden Hüttenwerkes von 1593 bis 1926. Kapitel 5: Starkes Wachstum der Produktion, zugleich Arbeiterelend in Teuerungszeiten. Hrsg.: Wolfgang Günther. Vogtland-Verlag, Plauen-Jößnitz 2008, ISBN 978-3-928828-45-1, S. 127–162.