Benutzer Diskussion:Mschuma3

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Martin Schumacher

Der Artikel „Problem der Entstehung der Masse nach 60 Jahren gelöst“

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Eine ausführliche Darstellung wurde publiziert in:

"Nambu's Nobel Prize, the meson and the mass of visible matter", Martin Schumacher, Ann. Phys. (Berlin) 526, 215 (2014); arXiv:1403.7804 [hep-ph].


Die Masse der sichtbaren Materie: Der späte Triumph des Julian Schwinger

Julian Schwinger entwickelte bereits 1957 eine im wesentlichen richtige Theorie der Entstehung der Masse, die erst kürzlich mit dem Nachweis des von Schwinger postulierten -Mesons bestätigt wurde

Martin Schumacher
II. Physikalisches Institut der Universität Göttingen
Friedrich-Hund-Platz 1
37077 Göttingen


Die Masse elementarer Teilchen wird durch das Higgs-Boson vermittelt, das kürzlich mit einer Masse von 125.090.24 GeV nachgewiesen wurde. Die im Nukleon enthaltenen Quarks besitzen elementare (Strom-)Massen von 5 MeV (up) und 9 MeV (down), die nur 2% zur Nukleonmasse beitragen. Ergänzt man den durch Schwingers -Meson vermittelten Beitrag, so erhält man die Konstituentenmassen 331 MeV (up) und 335 MeV (down), aus denen sich nach Abzug einer Bindungsenergie die Nukleonmassen ergeben [1].

Schwingers Theorie der Entstehung der Masse

Im Jahre 1957 stellte Julian Schwinger die Frage, warum Teilchen mit verschiedenen Massen existieren, obgleich von einem theoretischen Standpunkt aus eine Welt mit masselosen Teilchen viel einfacher, oder mit anderen Worten, viel symmetrischer wäre. Schwinger war sich darüber im Klaren, dass diese Frage von fundamentaler Bedeutung ist. Deshalb gab er seiner Publikation den Titel "Eine Theorie fundamentaler Wechselwirkungen" und benutzte als Abstract ein Zitat Einsteins mit dem Wortlaut "Eine axiomatische Basis der theoretischen Physik kann nicht dem Experiment entnommen werden, sondern muss frei erfunden werden". Der Zweck der Arbeit war es, eine Beschreibung aller Teilchen im Rahmen einer quantisierten Feldtheorie zu liefern, die Gegenstand von Schwingers Forschung in den Jahren von 1951 bis 1954 gewesen war. In der Arbeit von 1957 betrachtet Schwinger das -Meson, das nach seiner Auffassung als viertes Teilchen den drei -Mesonen zugeordnet ist. Die Entdeckung eines damals und bis vor wenigen Jahren unbekannten Teilchens machte Schwinger im Zusammenhang mit einer Theorie der -Mesonen, die er als Isospintriplett auffasste. Der Isospin hat in Analogie zum Spin zunächst die Quantenzahl I=1/2, sodass man zwei Isospinvektoren braucht um durch Zusammensetzung zum Isospin I =1 zu gelangen. In Analogie zum Spin liefert die Zusammensetzung der beiden Isospinvektoren aber nicht nur den Wert I=1 sondern zwangsläuffig auch den Wert I=0. Diese Erkenntnis markiert die Geburtsstunde des ersten skalaren Teilchens, des -Mesons. Schwinger führte weiter aus, dass die Abwesenheit dieses Teilchens unter den beobachteten Teilchen nicht notwendig bedeutet, dass es nicht existiert. Als skalares Teilchen mit einer vermuteten Masse größer als zwei -Massen müsste das Meson äußerst instabil sein, da es sich sehr schnell in zwei -Mesonen umwandeln kann. Deshalb ist es nicht erstaunlich, dass das -Meson 1957 nicht bekannt war und sich später so lange einer experimentellen Beobachtung entzogen hat. Als eine erste Anwendung diskutierte Schwinger (1957) die Masse des -Leptons. Im Rahmen einer quantisierten Feldtheorie entspricht das -Meson einem -Feld . Als Feld das skalar unter allen Operationen im dreidimensionalen Isospinraum und in Raum und Zeit ist, besitzt einen nichtverschwindenden Vakuum-Erwartungswert . Dieser Vakuum-Erwartungswert ist nach Schwingers Auffassung die Ursache der Masse aller Teilchen, da sich die in enthaltene "Energie" durch eine Kopplung in der Form als Masse auf das Teilchen überträgt, worin g die Stärke der Kopplung beschreibt. Diese Argumentation hat im Prinzip auch heute noch Bestand. Allerdings ist im Falle des -Leptons nicht der Vakuum-Erwartungswert des -Feldes sondern der des Higgs-Feldes [3] die relevante Größe. Aus heutiger Sicht führt Schwinger eine generische Beziehung zwischen der Masse m eines Teilchens und dem Vakuum-Erwartungswert eines skalaren Feldes in der Form

ein, aus der sich die folgenden Beziehungen ergeben

,
,
.

Gl. (2) und (3) setzen die Lepton- bzw. Current-Quark-Massen in Beziehung zum elektroschwachen Vakuum-Erwartungswert des Higgs-Feldes v und Gl. (4) die Konstituentenmasse der Quarks im chiralen Limes (cl), wo die Effekte des Higgs-Feldes als ausgeschaltet angenommen werden, in Beziehung zur -Zerfallskonstante im chiralen Limes, die in diesem Falle den Vakuum-Erwartungswert des -Feldes repräsentiert. Hier wird berücksichtigt, dass die elementaren Teilchen ihre Massen durch Kopplung an das Higgs-Feld beziehen und die Konstituenten-Masse ohne den Effekt des Higgs-Feldes durch Kopplumg an das -Feld. Der Vakuum-Erwartungswert des Higgs-Feldes beträgt v = 246 GeV und der des -Feldes im chiralen Limes MeV. F?ur die Lepton-Higgs- und Quark-Higgs- Kopplungskonstanten bez. gibt es bisher keine Theorie, aus der sie sich berechnen lassen. Für die Quark--Kopplungkonstante gibt es dagegen eine Möglichkeit der Berechnung, die allerdings nicht von dem oben dargestellten linearen -Modell, sondern von Nambus Modell des Quark-Kondensats zur Verfügung gestellt wird.

Nambus Modell des Quark-Kondensats

Im Jahre 1961 veröffentlichten Nambu und Jona-Lasinio eine Theorie der Entstehung der Masse, für die Nambu 2008 den Nobelpreis f?ür Physik erhielt. Nambu ging in dieser Theorie von einer Analogie zur Supraleitung aus, die sich in eine Theorie des Quark-Kondensats übersetzen lässt. Das Quark-Kondensat entsteht aus dem Dirac-See der Current-Quarks im Falle einer starken Kopplung zwischen den Quark-Antiquark-Paaren. Für eine schwache Kopplung verhält sich der Dirac-See der Quarks genau so wie der Dirac-See der Elektronen. In tiefunelastischen Lepton-Streuprozessen lassen sich die Quarks und der zugehörige Dirac-See bei mittleren Werten der Kopplungskonstante beobachten und wir erhalten Verteilungsfunktionen der Valenz-Quarks, See-Quarks und Gluonen. Im Grundzustand des Nukleons nähert sich die Kopplungskonstante dem Wert 1. Dies ist verbunden mit einem Phasenübergang, bei dem die Konstituentenquarks und das Quark-Kondensat entstehen. Aus dem up-Quark-Anteil und dem down-Quark-Anteil des Quark-Kondensats lässt sich das von Schwinger eingeführte -Meson

zusammensetzen, das Träger des -Feldes ist. Die folgenden Figuren 1 und 2 dienen der Veranschaulichung.

Figure 1: Sombreropotential
Figure 1 zeigt das Sombrero-Potential für das -Meson und das Higgs-Boson.
Die Vakuum-Erwartungswerte der beiden Felder sind durch das Minimum der Potentialkurve
gegeben. Die Goldstone-Bosonen sind durch die ohne Higgs-Feld masselosen
-Mesonen und die Longitudinal-Komponenten der Vektor-Bosonen  gegeben. Nach
Einschalten des Higgs-Feldes bekommt das -Meson eine Masse, die sich als Produkt
aus den Massen der Current-Quarks und aus dem Quark-Kondensat zusammensetzt. Die
Longitudinal-Komponenten der Vektor-Bosonen werden durch den Brout-Englert-Higgs-
(BEH)-Mechanismus auf die zunächst masselosen Vektor-Bosonen ?übertragen, wobei diese
ihre Masse erhalten.
Figure 2: Tadpole Graphen
Figure 2 beschreibt die Wechselwirkung eines Quarks mit dem Quark-Kondensat 
durch eine Kontaktwechselwirkung (links) und durch den Austausch eines -Mesons. 
Dabei entsteht die Konstituenten-Masse im chiralen Limes. ?Über den parallelen Vorgang für das 
Higgs-Boson entsteht der noch fehlende Teil der Gesamtmasse des Konstituenten-Quarks. 

Die Figur 2 lässt in ähnlicher Form eine Darstellung der -Zerfallskonstante zu. Dies führt zu der Beziehung

und zu der Quark-Masse im chiralen Limes MeV. Hieraus ergeben sich durch Addition der Current-Quark-Massen MeV und MeV und daraus nach Abzug einer Bindungsenergie die Nukleonmassen [1].

Nachweis des -Mesons

Das -Meson war bis zur Mitte der 1990er Jahre ein hypothetisches Teilchen, da es nicht nachgewiesen worden war. Erste Hinweise ergaben sich ?uber die Reaktion

Figur 3: Differentielle Wirkungsquerschnitte für Comptonstreuung
Differentielle Wirkungsquerschnitte
für Compton-Streuung
am Proton bei den drei cm-
Streuwinkeln 75°, 90° und 120°.
Bei großen Winkeln und Energien
im Bereich von 450 bis 700 MeV
ist der differentielle Wirkungsquerschnitt
durch den t-Kanal-Pol des
-Mesons bestimmt.   Führt man die
Rechnung mit den Massen =
400, 600 und 800 MeV aus, so ergeben
sich die drei in der Abbildung
erkennbaren Kurven. Die Anpassung
liefert eine -Masse von
 = 600  70 MeV.

in der das -Meson als kaum erkennbare breite Resonanz auftritt. Bei der Compton- Streuung am Proton erscheint das -Meson als t-Kanal-Austausch, der der Reaktionskette entspricht. Aus kinematischen Gründen hat das -Meson in dieser Reaktionskette nur die Zwei-Photon-Breite von 2.6 keV. Der Nachweis erfolgte in einem Compton-Streuexperiment am Proton, das am Elektronenbeschleuniger MAMI (Mainz) ausgeführt wurde und im Jahre 2001 publiziert wurde. Das experimentelle Ergebnis MeV ist in sehr guter Übereinstimmung mit dem aus dem Nambu-Modell folgenden Wert MeV. Damit kann das von Schwinger postulierte -Meson und somit Schwingers Theorie der Entstehung der Masse als bestätigt angesehen werden.

References

[1] M. Schumacher, Ann. Phys. (Berlin) 526, 215 (2014), arXiv:1403.7804[hep-ph].

[2] Julian Schwinger, A Theory of the fundamental interactions, Annals of Physics: 2, 407 (1957)

[3] P.W. Higgs, Broken symmetries, massless particles and gauge fields, Phys. Lett. 12, 132 (1964); F. Englert and R. Brout, Broken symmetry and the mass of gauge vector mesons, Phys. Rev. Lett. 13, 321 ( 1964); P.W. Higgs, Broken symmetries and the masses of gauge bosons, Phys. Rev. Lett, 13, 508 (1964); P.W. Higgs, Spontaneous symmetry breakdown without massless bosons Phys. Rev. 145, 1156 (1966).

[4] M. Gell-Mann and M. Levy, The axial vector current in beta decay, Il Nuovo Cimento, 16, 705 (1960).

[5] Y. Nambu and G. Jona-Lasinio, Dynamical model of elementary particles based on an analogy with superconductivity I, II, Physical Review 122, 345 (1961);124, 246 (1961).

[6] R.G. Roberts, The structure of the proton, CAMBRIDGE MONOGRAPHS ON MATHEMATICAL PHYSICS (1990).

[7] H. D. Politzer, Effective quark masses in the chiral limit, Nuclear Physics, B117, 397 (1976).

[8] L. Alvarez-Ruso, et al., Nucleon mass and pion-nucleon sigma term from a chiral analysis of lattice QCD world data, Phys. Rev. D 88, 054507 (2013), arXiv:1304.0483 [hep-ph].

[9] Martin Schumacher, Mass generation via the Higgs boson and the quark condensate of the QCD vacuum, PRAMANA-journal of physics (Springer), special issue in (2016) 87:44, arXiv:1506.00410 [hep-ph].

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