Benutzer Diskussion:Parzi/Bücher
Dawkins „Fehlschluss“
Hallo Parzi, auf dieser Seite nennst Du Dawkins evolutionsbasiertes Argument gegen die Existenz eines höher als die Schöpfung selbst organisierten Schöpfers eine Petitio principii. Ich habe natürlich gleich nachgeschaut und gefunden, dass Du das auch in diesen Artikel eingebracht hast, aus dem es dann aus (vermutlich) eher formalen oder Verfahrens-Gründen wieder gelöscht wurde. Ich denke aber, die Charakterisierung als Petitio principii trifft es inhaltlich nicht.
Zunächst mein Problem: Ich besitze die deutsche Ausgabe nicht, mit der Du belegst, sondern nur die englische, in der ich eine annähernd der deutschen entsprechende Formulierung nicht gefunden habe. (Wer weiß auch, wie da Hinzufügungen oder Weglassungen von Vorworten den Seitenzeiger gegenüber der englischen Ausgabe – Paperback von 2007 bei Black Swan, ISBN-9780552774291 – verstellt haben; mit einer Übersetzungs-Expansion en→de von etwa 1,2 hatte ich durchaus schon gerechnet.) Ich wäre Dir deshalb für eine genauere Lokalisierung – Kapitel und relative Lage darin – dankbar.
Nun zur Sache, ich stütze mich hierbei auf meine bloße Lektüre-Erinnerung. Der zufolge benutzte Dawkins einen Schluss folgender Art:
- In der Evolution der Lebewesen gehen die einfacheren Lebensformen den komplexeren voran, weil die mehr Entwicklungszeit und -geschichte brauchen. (Kumulative Evolution.) Insbesondere entsteht höhere Intelligenz spät.
- Also kann auch eine angenommene höchste Intelligenz Schöpfergott erst spät in der Entwicklung entstehen und nicht an deren Anfang stehen.
Formal ist das also kein logisch schludriger Zirkelschluss, sondern ein Induktionsschluss in der Art: Wenn es doch da und da und da so war, dann wird es auch dort so gewesen sein. Dass man es vielleicht in der deutschen Übersetzung für einen Zirkelschluss verkennen können mag, ist vor mir natürlich nicht auszuschließen.
Ein Induktionsschluss kann natürlich immer fehlgehen, dann aber nicht aus rein logischen Argumenten. Man könnte auch gegen den Schluss einwenden, dass das Schöpfungsgeschehen ganz anderer Art sei und solche Induktionsschlüsse dafür deshalb nicht gälten. Denn Dawkins setzt voraus, dass es sich auch dabei um ein natürliches Geschehen handele.
Eine logische Widerlegung der Schöpfungsidee ist das Argument also gewiss nicht, und es enthält auch einen Appell an die Plausibilität für den Leser, nämlich eben und selbstverständlich ein naturförmiges Geschehen anzunehmen. Das scheint mir aber ein geringerer Frevel zu sein als der völlig gängige Appell der Schöpfergottanhänger an den wohl uns Menschen leider eingeborenen Animismus: „Warum steht dieser blöde Stuhl so da, dass ich mir die Zehen anstoße, der macht das mit Absicht!“ Dergleichen kann man nicht nur von kleinen Kindern hören. Der erste naive Gedanke geht eben immer auf eine personale Ursache.
Mich hat übrigens am Buch gestört, dass der Autor jede ethische Verunsicherung des Lesers tunlichst meidet, ich vermute, entweder weil er auf diesem Felde selbst nur geringe Zweifel hegt oder weil er den Leser nicht kopfscheu machen will, beides fände ich nicht gut. Davon abgesehen dürfte er nur schon Bekehrten predigen. In früheren Jahren habe ich nämlich oft Gläubigen gegenüber das bekannte logische Argument gegen den Gottesbeweis mit der ersten Ursache vorgebracht – wenn alles eine Ursache hat, dann hat auch Gott eine Ursache – nur um dann fast immer nach zwei Minuten wieder zu hören, „Aber das kann doch einfach nicht sein, dass die Welt keine Ursache hat, also muss es einen Gott geben.“ S.o. zum Animismus.
Noch eine Frage: Wieso schlafen Dir bei den Wahlverwandtschaften nicht die Füße ein? Und eine Empfehlung: Ein Mord, den jeder begeht als Einstieg in das Werk des Autors.