Betriebsstofftransporter Klasse 707
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Unter der Bezeichnung Betriebsstofftransporter Klasse 707 beschafft die Deutsche Marine zwei Flottentanker, die die Schiffe der Rhön-Klasse ab 2024 ablösen sollen. Diese Planung wurde am 17. Juli 2019 durch den Generalinspekteur der Bundeswehr und am 23. Juni 2021 vom Deutschen Bundestag genehmigt. Es handelt sich dabei um Doppelhüllentanker mit gegenüber ihren Vorgängern erheblich gesteigerten taktischen und logistischen Kapazitäten.
Geschichte
Aufgrund zunehmender Probleme bis hin zu Totalausfällen der bisherigen Rhön-Klasse aus den 1970er Jahren und der Tatsache, dass diese nicht mehr die Umweltschutzvorgaben erfüllten, um in einige Häfen anzulaufen (z. B. in den USA), wurde entschieden neue Betriebsstofftransporter für die Bundeswehr zu beschaffen. Aufgrund des Druckes von Seiten des Bundesrechnungshofes, der die hohen Wartungskosten der aktuellen Schiffe rügte, welche sich auf über 20 Mio. Euro jährlich gesteigert haben, sollte die Beschaffung möglichst schnell erfolgen. Bereits 2024 sollen die Rhön-Klasse durch die neuen Schiffe ersetzt werden.[1][2] Diese Planung wurde am 17. Juli 2019 durch den Generalinspekteur der Bundeswehr genehmigt.[3]
Die daraufhin startende Ausschreibung war auf nationale Bieter begrenzt. 2021 waren nur noch die MV Werften und Lürssen Werft im Wettbewerb, deren Angebote den ursprünglichen Finanzrahmen von ca. 540 Mio. € zum Teil weit übertrafen. In folgenden wurden der ursprüngliche Forderungskatalog weiträumig zusammengestrichen.[4] →siehe:Technik und Kritik
Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags hat das Programm am 23. Juni 2021 genehmigt. Der Finanzbedarf wird mit 914,3 Mio. € veranschlagt.[5] Im Juli 2021 wurde der Bauauftrag mit einem Volumen von 870 Mio. € an die Lürssen-Werft vergeben, die die Schiffe zusammen mit der Meyer Werft bauen wird. Ein Großteil der Fertigung soll auf der zu Meyer gehörenden Neptun Werft in Rostock erfolgen, die Konstruktion soll in Papenburg erfolgen.[6][7] Das erste Schiff soll der Marine 2024 zulaufen.[8]
Technik
Einer der Hauptgründe für die Anschaffung, neben dem allgemein schlechten Zustand der bisherigen Betriebsstofftransporter, waren die gestiegenen Anforderungen im Bezug auf den Umweltschutz. So verfügt die neue Klasse 707 über eine Doppelhülle, Ballastwasser-Aufbereitungsanlage und einer verbesserten Abgasanlage (Standard nach: IMO Tier III), die den Emissionsausstoß vermindert. Auch ein ABC-Schutz ist vorhanden.[9][10] Es ist eine Krankenstation mit direktem Zugang vom Flugdeck angedacht, womit Rettungsmissionen erleichtert werden sollen, was eine weitere Fähigkeit neben dem Transport darstellt. Zudem ist die Fähigkeit vorgesehen, modular Container mit verschiedenen Funktionszwecken aufnehmen zu können.[2] In ihrer Hauptfähigkeit soll sie die Versorgung auf See von bis zu drei Schiffen parallel durchführen können, davon zwei querab und eines über das Heck[11] und dabei über eine Besatzung von bis zu 65 Personen verfügen. Gemäß dem Mehrbesatzungskonzept[12] der deutschen Marine werden die beiden Tanker drei Besatzungen bekommen.
Gleichzeitig soll die neue Klasse auch eine deutliche Leistungssteigerung den Vorgängern gegenüber aufweisen.[8] Die neuen Schiffe fallen mit 20.000 t Verdrängung und 170×24 Metern um einiges größer aus als ihre Vorgänger der Rhön-Klasse, die ihrerseits 130×23 Meter messen und knapp 14.200 t verdrängen. Das Schiff verfügt somit über 10 statt 2 Stellplätze für TEU Container und bietet Platz für einen Hubschrauber der Größe eines NH90. Diese können allerdings lediglich auf dem Flugdeck landen, da kein Hangar auf dem Schiff untergebracht ist. Die Reichweite beläuft sich weiter auf 8.000 Seemeilen.[9]
Ursprünglich war geplant, dass die Schiffe bis zu 15.000 m³ Betriebsstoffe laden können im Kontrast zum Vorgänger der auf 11.500 m³ limitiert war. Allerdings wurde dies aufgrund von Preiserhöhungen auf 12.000 m³ reduziert genauso wie die ehemals angedachte maximal Geschwindigkeit von 20 auf 18 Knoten. Der Tiefgang von ehemals 8 m konnte auch nicht gehalten werden und erhöhte sich auf 9,5 m.[3][10] Darüber hinaus wurde auch ein Beschussschutz der Kommandobrücke und Kommunikationsgeräte nach Nato-Vorgaben gestrichen.[4] Mit diesen Anpassungen will sich die Marine Standardprodukten der Werftindustrie annähern.
Kritik
Zwischenzeitlich hatte die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft gegen das eingeschränkte Vergabeverfahren geklagt, weil sie dabei nicht berücksichtigt worden war. Von Seiten des Bundesministerium der Verteidigung wurde dies mit der schlechten finanziellen Lage der Werft und ihrem vorangegangenen Insolvenzverfahren begründet.[4] Zu einer Entscheidung kam es nicht, da die Werft ihre Klage zwei Wochen vor der Hauptverhandlung zurückzog. Eine Begründung für diesen Schritt nannte das Unternehmen nicht.[13] Das Oberlandesgericht Düsseldorf stellte allerdings später fest, dass die Beschwerde „aller Voraussicht nach erfolgreich gewesen“ wäre und daher die Verfahrenskosten vom Ministerium getragen werden müssen.[14][15]
Zudem wurde kritisiert, dass durch das Begrenzen des Vergabeverfahrens auf nationale Unternehmen die Kosten weitaus höher ausfallen. Schlussendlich stieg der Finanzbedarf von ca. 540 Mio. €, die ursprünglich angedacht waren, auf 914,3 Mio. €. Zugleich wurde aber bereits bei Vorlage der ersten Angebote, aufgrund der Kostenüberschreitungen, die Liste mit den Anforderungen reduziert um so die Kosten zu senken (Für Details siehe: Technik).
Nach Branchenvertretern ist die daraus resultierende Variante der Schiffe allerdings weitestgehend mit einem zivilen Tanker vergleichbar, da militärische Kernkomponenten und Eigenschaften gestrichen wurden. Diese seien für einen weitaus günstigeren Preis marktverfügbar, weshalb der Preis für diese Version der Schiffe überzogen sei.[4] Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch der Bundesrechnungshof und Experten vom Beschaffungsamt der Bundeswehr. Dennoch empfahl letzteres dem Bundesverteidigungsministerium wegen möglicher „Auswirkungen auf die Einsatzbereitschaft der Marine“ das Angebot zu akzeptieren.[16] Auch kam, durch den erhöhten Tiefgang, das Problem der Stationierung der Schiffe hinzu, da nun eine Vertiefung des Marinestützpunktes in Wilhelmshaven nötig wird, wenn er als Heimathafen, wie ursprünglich geplant, dienen soll.[9]
Einzelnachweise
- ↑ Marine ersetzt ihre Pannen-Tanker. In: Hansa International Maritime Journal. 29. Juli 2019, abgerufen am 14. Februar 2022.
- ↑ a b Dorothee Frank: Vertrag zu den neuen Doppelhüllentankern. In: Behörden Spiegel. 16. Juli 2021, abgerufen am 14. Februar 2022 (deutsch).
- ↑ a b Projektbeginn: Neue Tanker für die Flotte. Abgerufen am 14. Februar 2022.
- ↑ a b c d Werften: Neue Tanker für die Marine sprengen den Kostenrahmen. Abgerufen am 14. Februar 2022.
- ↑ Bericht bei augengeradeaus, abgerufen am 27. Juni 2021
- ↑ Meyer Werft profitiert von Marine-Großauftrag für Lürssen. 8. Juli 2021, abgerufen am 26. September 2021.
- ↑ Bremer Lürssen-Werft erhält erneut Rüstungsauftrag in Millionenhöhe. 28. Juli 2021, abgerufen am 26. September 2021.
- ↑ a b Lürssen bekommt Zuschlag für zwei Marine-Tankschiffe, abgerufen am 8. Juli 2021
- ↑ a b c ES&T Redaktion: Neue Betriebsstoffversorger unter Vertrag. Abgerufen am 14. Februar 2022 (deutsch).
- ↑ a b ES&T Redaktion: Flottenbauprogramm wird konkret. Abgerufen am 14. Februar 2022 (deutsch).
- ↑ Two new Replenishment Fleet Oiler for the German Navy. In: European Security & Defence, abgerufen am 31. Juli 2019.
- ↑ Marineglossar des Deutschen Maritimen Instituts, abgerufen am 5. August 2019.
- ↑ Ove Jensen: Flensburger Werft: Ausschreibung für Marinetanker: FSG nimmt Beschwerde zurück | shz.de. Abgerufen am 14. Februar 2022.
- ↑ Tankschiffe für die Marine: Böser Brief für das Verteidigungsministerium. In: Tagesschau.de. 21. April 2022, abgerufen am 16. Juni 2022.
- ↑ Oberlandesgericht Düsseldorf, Verg 51/20, abgerufen am 16. Juni 2022
- ↑ 250 Millionen zu viel: Überteuerte Tanker für die Bundeswehr. In: NDR. 22. März 2022, abgerufen am 4. April 2022.