Bund für Geistesfreiheit

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Der Bund für Geistesfreiheit (Kurzbezeichnung bfg) ist eine freigeistig orientierte Körperschaft des öffentlichen Rechts in Bayern in verschiedenen Ortsgemeinschaften. Der bfg Bayern ist ein Dachverband von neun örtlichen Gemeinschaften mit insgesamt ca. 8000 Mitgliedern, deren größte Ortsgemeinschaft der bfg München mit etwa 2300 Mitgliedern ist. Der bfg Augsburg ist eigenständig (seit 2018 kein Mitglied des bfg Bayern) und hat etwa 2100 Mitglieder.

Geschichte

Die Ursprünge reichen bis zur Deutschen Revolution von 1848 zurück; er entstammt der freireligiösen Bewegung. Frühere Bezeichnungen des bfg Bayern waren Freireligiöse Landesgemeinde Bayern K. d. ö. R. und Freigeistige Landesgemeinschaft Bayern (FLGB) K. d. ö. R. Im Dezember 1934 wurde die Freireligiöse Landesgemeinde verboten.[1] Die freireligiöse Gemeinde in München (bfg München) konnte jedoch weiter bestehen und war Mitglied in der nicht verbotenen Freien Religionsgemeinschaft Deutschlands. Einzelne Personen und Gruppen schlossen sich der Deutschen Glaubensbewegung an.[2]

Im Jahr 1947 wurde die Freireligiöse Landesgemeinde Bayern wieder gegründet und erhielt den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie nannte sich ab 1977 Freigeistige Landesgemeinschaft Bayern und seit 1990 Bund für Geistesfreiheit (bfg) Bayern. Auch verschiedenen Ortsgemeinschaften entschieden sich im Laufe der Jahre für diese Bezeichnung.[3]

Ziele

Das erklärte Ziel des bfg Bayern ist die Interessenvertretung der konfessionslosen Bürger, also Menschen, die keiner Kirche oder einer anderen Glaubensgemeinschaft (Islam, Judentum, Hinduismus etc.) angehören. Insbesondere vertritt er Menschen mit freigeistiger, agnostischer, humanistischer oder atheistischer Weltanschauung.

Der bfg Bayern ist nach der Satzung „dogmenfrei, humanistisch, demokratisch und überparteilich“. Er steht für die Grundwerte Selbstbestimmung, Toleranz, Vernunft und Humanität als Mitmenschlichkeit. Er orientiert sich an den Grundsätzen der Aufklärung und des Humanismus und fordert eine konsequente Trennung von Staat und Kirche. Ein wichtiges Anliegen ist, die Privilegien der Kirchen und Religionsgemeinschaften abzubauen.

Der bfg Bayern erhält – wie mehrere kleine Religionsgemeinschaften – einen Staatszuschuss, den der Freistaat Bayern von sich aus gewährt. Hingegen tritt der bfg Augsburg für das Ende aller Staatszuschüsse für Kirchen und andere Weltanschauungsgemeinschaften ein.

Organisation

Der bfg Bayern gehört dem Zentralrat der Konfessionsfreien sowie der Vereinigung Internationale Humanistische und Ethische Union an. Mehrere Regionalgliederungen des bfg Bayern sind Mitglied im Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten.

Der bfg Bayern hat Mitgliedsorganisationen in Bamberg, Deggendorf, Erlangen, Fürth, Kulmbach/Bayreuth, München, Neuburg/Ingolstadt, Nürnberg, Regensburg und Schweinfurt. Einzelne Ortsgemeinschaften sind als eingetragene Vereine registriert, die weitaus meisten als Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die Freidenker Ulm/Neu-Ulm sind als korporatives Mitglied dem bfg Bayern angeschlossen.[4] Er hat 8000 Mitglieder. Vorsitzender ist Michael Wladarsch.[5]

Der bfg Augsburg ist seit 1990 eine eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts und trat 2018 aus dem bfg Bayern aus. Er hat nach eigenen Angaben 2100 Mitglieder.[6] Vorsitzender ist Gerhard Rampp (* 1950).[7]

Viermal im Jahr erscheint die Freigeistige Rundschau, eine Publikation des bfg Bayern. Im Bayerischen Rundfunk bestreitet der bfg Bayern regelmäßig alle 6 Wochen sonntägliche Rundfunkvorträge.

Mitgliedsbeiträge und Spenden sind aufgrund der anerkannten Gemeinnützigkeit steuerlich absetzbar.

Wirken

Am 30. November 2016 erklärte das Bundesverfassungsgericht auf Antrag des bfg das totale Tanzverbot am Karfreitag, wie es bis dahin in Bayern gegolten hatte, für verfassungswidrig. Durch das generelle Verbot seien die Versammlungs- und Weltanschauungsfreiheit verletzt worden.[8] Der bfg veranstaltet Heidenspaß-Partys am Karfreitag, seit dies vom Bundesverfassungsgericht erlaubt wurde.[9]

Eine Mitgliedschaft im bfg Bayern schützte bis 2017 bei glaubensverschiedenen Ehen in Bayern vor dem Einzug des Besonderen Kirchgeldes. 2018 gab die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern, die als einzige Konfession das Besondere Kirchgeld erhob, bekannt, dass sie dieses nicht mehr erheben werde.[10] Eine 2019 eingereichte Verfassungsbeschwerde soll eine bundesweit einheitliche Regelung zum Schutz vor dem Besonderen Kirchgeld in anderen Bundesländern erwirken.

Im Jahr 2018 wurde eine Klage hinsichtlich der Diskriminierung von weltanschaulichen Verbänden im Rundfunkstaatsvertrag beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht, nachdem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof auch in zweiter Instanz abschlägig beschieden hatte.[11][12]

Im Oktober 2018 reichten der bfg Bayern, bfg München und 25 Unternehmer, Politiker und Künstler, darunter Konstantin Wecker, Klage gegen den Kreuzerlass ein, dem zum 1. Juni 2018 eingeführten § 28 der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden in Bayern. Am 27. Mai 2020 entschied das Verwaltungsgericht München, dass die Aufhebung des § 28 AGO im Wege der Normenkontrollklage zu behandeln sei und verwies den entsprechenden Teil der Klage an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Am 17. September 2020 wies das Verwaltungsgericht München die anderen Teile der Klage ab, da laut Gericht nicht hinreichend dargelegt worden sei, durch welche Kreuze die Kläger betroffen seien und es nicht hinsichtlich der Häufigkeit und Schwere der Betroffenheit differenziert worden sei. Am 25. Mai 2022 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof statt; am 2. Juni 2022 wurden die Klagen abgewiesen. Die Kläger kündigten eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht an.[13][14]

Preise

Der Ludwig-Feuerbach-Preis wird vom bfg Augsburg seit 2001 vergeben. Bisherige Preisträger:[15][16][17]

Seit 2020 vergibt der bfg Bayern den Ludwig-Feuerbach-Schülerpreis für den Ethikunterricht an bayerischen Schulen.[18][19][20]

Publikationen

  • Karl Bierl (Hrsg.): 25 Jahre Bund für Geistesfreiheit (bfg) Regensburg. 1977 bis 2002. Bund für Geistesfreiheit, Regensburg 2002.
  • Helmut Steuerwald/Heinz J. G. Gremer: Bund für Geistesfreiheit Bayern, publiziert am 3. Juni 2019; in: Historisches Lexikon Bayerns[21]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Helmut Steuerwald: Kritische Geschichte der Religionen und freien Weltanschauungen. Eine Einführung. Angelika Lenz, Neustadt am Rübenberge 1999, ISBN 3-933037-08-5, S. 511.
  2. Helmut Steuerwald: Kritische Geschichte der Religionen und freien Weltanschauungen. Eine Einführung. Angelika Lenz, Neustadt am Rübenberge 1999, ISBN 3-933037-08-5, S. 510 ff.
  3. Bund für Geistesfreiheit Bayern – Historisches Lexikon Bayerns. Abgerufen am 2. Juni 2022.
  4. Ortsgemeinschaften des Bundes für Geistesfreiheit in Bayern | Bund für Geistesfreiheit. Abgerufen am 2. Juni 2022.
  5. Der Vorstand des bfg Bayern | Bund für Geistesfreiheit. Abgerufen am 2. Juni 2022.
  6. Kurze Zusammenfassung der Geschichte und Entwicklung des Bundes für Geistesfreiheit Augsburg. In: bfg-augsburg.org. Abgerufen am 2. Juni 2022.
  7. Vorstand - bfg Augsburg. Abgerufen am 2. Juni 2022.
  8. Generelles Tanzverbot an Karfreitag in Bayern ist verfassungswidrig. Süddeutsche Zeitung vom 30. November 2016
  9. Bayerischer Rundfunk Miriam Harner: Heidenspaß-Party an Karfreitag: „Gott ist es egal, ob irgendwo in Bayern 250 Leute umeinanderhupfen“. 13. April 2017 (br.de [abgerufen am 28. April 2019]).
  10. Bayerische Landeskirche schafft als erste „besonderes Kirchgeld“ ab (Memento vom 3. März 2019 im Internet Archive)
  11. Muss das Spaghettimonster GEZ bezahlen? (hpd.de [abgerufen am 26. September 2018]).
  12. Abendzeitung, Germany: Zoff um Rundfunkbeitrag am VGH München: Atheisten-Bund contra Religion. (abendzeitung-muenchen.de [abgerufen am 26. September 2018]).
  13. Thomas Balbierer: Bayern: VGH-Richter weisen Klagen gegen Kreuzerlass zurück. Abgerufen am 2. Juni 2022.
  14. LTO: BayVGH weist Klagen gegen Söders Kreuzerlass ab. Abgerufen am 2. Juni 2022.
  15. Arik Platzek: Bayerischer Feuerbach-Preis geht an Gründer der Giordano-Bruno-Stiftung. In: diesseits.de. 12. Oktober 2012, abgerufen am 16. Mai 2022.
  16. „Willst du Gutes tun, dann tue es für den Menschen“. Abgerufen am 16. Mai 2022.
  17. Feuerbachpreis. Abgerufen am 2. Juni 2022.
  18. Preisverleihung Ludwig Feuerbach Schülerpreis 2019/2020 | Bund für Geistesfreiheit. Abgerufen am 16. Mai 2022.
  19. Frank Riegler, Erwin Schmid: Preis für "Die Kantsche Moralphilosopie". In: hpd.de. 21. Juni 2021, abgerufen am 16. Mai 2022.
  20. Wolfgang Hüßner: Ludwig-Feuerbach-Preis: 'Im besten Sinn eine Suchende'. In: mainpost.de. 22. Juli 2020, abgerufen am 16. Mai 2022.
  21. Bund für Geistesfreiheit Bayern – Historisches Lexikon Bayerns. Abgerufen am 2. Juni 2022.