Blasius Bernauer

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Blasius Bernauer (* 3. Februar 1740 in Todtnau; † 27. Mai 1818 in Staufen im Breisgau) war ein deutscher Orgelbauer des Spätbarock und Vater des Orgelbauers Xaver Bernauer.

Leben

Blasius Bernauers Leben und Werk hat der Orgelsachverständige Bernd Sulzmann (1940–1999) erforscht und umfassend in einem Aufsatz behandelt.[1]

Blasius Bernauer wurde am 3. Februar 1740 in Todtnau getauft, woraus auf sein Geburtsdatum geschlossen wird.[2] Seine Eltern waren Michael Bernauer und Anna Thoma, die am 4. Juli 1728 in Todtnau geheiratet hatten. Er hatte zwei Geschwister: Anna Bernauer, deren Sohn Nikolaus Schuble in Pfaffenweiler ebenfalls Orgelbauer wurde, und Andreas Bernauer, der in Todtnau als Orgelmachergeselle bei Stimmungen und Reparaturen von Orgeln in Erscheinung trat.

Blasius Bernauer ist erstmals 1762 in St. Ulrich im Schwarzwald als Geselle bei dem damals in Burkheim am Kaiserstuhl lebenden Orgelbauer Adrien Joseph Pottier zu verzeichnen. Bernd Sulzmann geht davon aus, dass er seine Lehre bei Pottier vielleicht schon um 1755 angetreten hatte, zusammen mit seinem Bruder Andreas. Im Markgräflerland waren zu der Zeit nur zugewanderte Orgelbauer tätig; Blasius Bernauer war neben Johann Baptist Hug aus Freiburg der erste einheimische Meister.

Nachdem Pottier 1763 in die Schweiz abgewandert war, blieb Blasius Bernauer am Oberrhein und wurde als Meister selbstständig tätig. Am 15. April 1765 heiratete er in Heitersheim die dortige Bürgerin Anna Maria Brendtlin. Er lebte aber in Staufen im Breisgau, wie sein Angebot für den Bau einer Orgel für die ehemalige Schlosskirche in Sulzburg im selben Jahr ausweist: „Burger und orgelmacher in stauffen“[3] Dort wurde auch am 3. Dezember 1768 sein einziges Kind geboren, der Sohn Franz Xaver.

Unterschrift von Blasius Bernauer

Nach einigen gescheiterten Orgelbauprojekten in seinem engeren Umfeld ging Blasius Bernauer von 1772 bis 1783 nach Rheinfelden in der Schweiz, wo er schließlich seines Lebenswandels und seiner Schulden wegen ausgewiesen wurde – so verkaufte er 1781 eine Orgel nach Steinen für 400 Gulden, bekam aber fast nichts ausbezahlt, weil davon Schulden abgetragen wurden. In den folgenden Jahren kam es in Laufen nicht zur Durchführung eines Vertrages mit dem „sehr geschickten aber dem Trunk hin wiederum sehr ergebenen Orgelmacher“, er war bei dem Orgelbauer Joh. Philipp Jacob Schaefer in Ötlingen anzutreffen, „der selbst hungern musste“, sowie bei Schreinern in Güttigheim (Weiler bei Müllheim) und Höllstein (Ortsteil von Steinen).

Blasius Bernauer war am Oberrhein von der Nordschweiz bis nach Freiburg im Breisgau tätig. Sein Sohn Xaver sollte diesen Arbeitsbereich noch weiter ausdehnen. „In den meist armen Gemeinden waren kleine, billige und gute Orgeln gefragt, mit denen Blasius und Xaver Bernauer schnell aufwarten konnten, da manche Instrumente schon vorgefertigt in der Werkstatt standen.“[4]

1801 ist Blasius Bernauer noch einmal als Mitarbeiter seines Sohnes verzeichnet und wird dann bis zu seinem Tod als selbstständiger Orgelbauer nicht mehr erwähnt.[5]

Werke

Das Schicksal der Werke von Blasius und Xaver Bernauer kommentiert Bernd Sulzmann: „Von der fast 70 Jahre währenden Aktivität der Orgelmacher ist nicht mehr viel übrig geblieben. Immerhin reichen diese Reste aus, um ihre solide Arbeitsweise auch unserer Zeit zu dokumentieren und die Meister nicht ganz in Vergessenheit geraten zu lassen. Die Tragik ihres Lebensweges hat sich auf ihre Schöpfungen übertragen.“[6]

Von Blasius Bernauers Werken sind noch folgende Überbleibsel bekannt:

Gehäuse der Chororgel in St. Peter

In St. Peter hatte sich Adrien Joseph Pottier vertraglich verpflichtet, die Orgel umzubauen, die von Johann Georg Fischer (1697–1780) aus Freiburg 1734 gebaut worden war; „ein erbärmliches Geschirr“, wie Andreas Silbermann anmerkte. Pottier wanderte dann jedoch ab, sodass Blasius Bernauer die Arbeiten 1764 – offenbar sehr zufriedenstellend – vollendete.[7] Schon vorher hatte er 1762/63 die Chororgel zum Preis von 225 Gulden neu gebaut. Die Orgel selbst wurde im Zuge der Säkularisation nach Önsbach abgegeben, wo sie nicht mehr vorhanden ist. Lediglich der reich verzierte (nördliche) Orgelkasten verblieb wegen des Widerstands des Pfarrers in St. Peter, wie auch sein südliches Pendant, das als Schrank diente. So ist nur eine Erinnerung an die Fähigkeit von Blasius Bernauer als Schreiner verblieben, denn die Zierstücke stammen von Matthias Faller.[8] In den Orgelkasten ist 2015 von Rieger Orgelbau eine neue Orgel eingebaut worden, allerdings nun auf der Südseite.[9]

Truhenorgel im Chor der St.-Martins-Kirche, Rheinfelden (Aargau)

Blasius Bernauer hatte 1770 in Rheinfelden AG die große Orgel umgesetzt. 1775 vervollständigte er dieses Instrument und reinigte außerdem die Chororgel. Der Orgelsachverständige Ernst Schiess beschrieb 1950 diese Truhenorgel mit 6 Registern (von denen 3 original sind, während 3 weitere 1823 bzw. 1948 erneuert wurden): „Der Ersteller des Instrumentes muß ein tüchtiger Meister gewesen sein […] Nach meiner Meinung dürfte das Orgelwerk aus dem Elsass stammen.“ Sulzmann hält es für zweifelsfrei, dass es um 1770/72 von Blasius Bernauer geliefert wurde: „Pfeifen und Klaviaturen sind bündige Indizien seiner Urheberschaft; auch die Gitterfüllungen des Corpus gestatten eine einwandfreie Zuordnung.“[10] Gegen diese Zuweisung spricht, dass bereits in einer Quittung von 1770 eine „kleine Orgel“ genannt wird: „10 fl. werden auß der Schafneӱ für Hr. Orgelmacher Bernauer für die grosse orgel abzubrechen, und die kleine zu recht zu machen bezahlt.“[11] An anderer Stelle wird die Orgel als ein Instrument aus dem 17. Jahrhundert beschrieben, unter Bezugnahme auf eine Notiz von 1613, die eine Chororgel mit einem ähnlichen Register beschreibt, wie bei der erhaltenen.[12]

Gehäuse der Brüstungsorgel in der Kirche Maria Himmelfahrt in Tiengen

In Tiengen hatte Blasius Bernauer 1771 in der Kirche Maria Himmelfahrt eine auf der Brüstung der Empore sitzende Orgel gebaut. Die Register dieser Orgel sind aus einem Umbauangebot von Konrad Albiez von 1856 bekannt.[13] 1957 baute Johannes Klais Orgelbau in den erhaltenen Orgelprospekt eine neue Orgel ein.

Chororgel in der Kirche St. Johann in Laufenburg (Aargau)

Blasius Bernauer[14] baute diese Orgel[15] 1776.[16] Sie verfügt über 8 Manualregister und ein angehängtes Pedal.[17]

Manual CD–c3
Copel 8′
Principal 4′
Gedackt 4′
Octav 2′
Quinte 11/3
Superoctav 1′
Cornet III 22/3 ab c′
Mixtur III 1′

Pedal (C–c oder d) angehängt

Die Orgel ist fast vollständig erhalten, ein „historisches Instrument im Originalzustand am ursprünglichen Ort“.[18] 1966 wurde sie von Metzler Orgelbau tiefgreifend restauriert und soweit erforderlich ergänzt, wobei verwurmte Holzpfeifen nach der alten Mensur neu erstellt wurden. Es fehlten lediglich die Bälge, vier Prospektpfeifen und die Mixtur. Die Orgel hat einen „lebendigen, satt-obertönigen“, „warmen Klang“.[19]

Die Orgel von 1787 in Hertingen
Pfeifenkasten in Hertingen, mit Ausnahme der im Vordergrund sichtbaren Mixtur mit den Original-Pfeifen von Bernauer

Orgel in der Evangelischen Kirche Hertingen Blasius Bernauer hat diese Orgel 1787 erbaut. Es war die letzte bekannte, bei der er eigenständig als Meister tätig war. Nach 1790 tritt er nur noch als Mitarbeiter seines Sohnes Xaver Bernauer, der das Geschäft führt, in Erscheinung.[20]

Manual CD–c3
Copel 8′
Principal 4′
Gedackt 4′
Octav 2′
Quinte 11/3
Cornet 22/3 ab c′
Mixtur III 1′

Tremulant, Pedal (C–d) angehängt

Die Orgel ist fast vollständig erhalten. Bei der Restaurierung 1972 durch Hermann Eule wurde der gesamte Prospekt, in dem teilweise auch das Cornet V steht, erhalten, wie auch die Bälge, Windladen, Klaviaturen und das Pfeifenwerk; lediglich die Mixtur musste erneuert werden. Die letzte Restaurierung 2014 wurde durch den Orgelbauer Jens Steinhoff aus Schwörstadt vorgenommen. Dabei wurde die Orgel auf der umgebauten Empore der Kirche auch umgesetzt, um sie besser sichtbar zu machen und den Klang im Raum zu verbessern.[21] „Das kleine Dorforgelchen ist eines der reizendsten Instrumente am Oberrhein.“[22] „Blasius erreicht in Hertingen mit nur sieben Stimmen eine unübertroffene klangliche Aussage.“[23]

Würdigung

Bernd Sulzmann sieht Blasius Bernauer als ein Opfer der Französischen Revolution und ihrer Auswirkungen am Oberrhein und fasst seine Bewertung der beiden Meister Bernauer zusammen: „Es wird der Nachwelt immer unbegreiflich bleiben, wie diese Künstler in ihrer Armut billige und gediegene Instrumente liefern konnten, die heute noch entzücken.“[24]

Werkliste

Neben Reparaturarbeiten und Neubauprojekten, die nicht zu Aufträgen geführt haben, listet Bernd Sulzmann die von Blasius Bernauer neu gebauten Orgeln auf:

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
1762 St. Ulrich Klosterkirche Zusammenarbeit mit Adrien Joseph Pottier, nicht erhalten
1762/63 St. Peter (Hochschwarzwald) Klosterkirche
Chororgel (St.Peter auf dem Schwarzwald) jm53778.jpg
Chororgel, nur Gehäuse erhalten
1763/64 St. Peter (Hochschwarzwald) Klosterkirche Umbau und Rückpositiv, nicht erhalten
1765 Sölden (Schwarzwald) Sölden 6[25] Nicht erhalten
1765 Kaiseraugst St. Martin Nicht bei Sulzmann,[26] nicht erhalten
1770/72 Rheinfelden AG St. Martin I/p 6 Truhenorgel im Chor, erhalten[27]
1771 Tiengen Maria Himmelfahrt
Orgelempore in der Kirche Maria Himmelfahrt WT-Tiengen.JPG
I/P 13–14 Brüstungsorgel (Positiv), nur Gehäuse erhalten
ca. 1772 St. Blasien Dom I 4 Oratorium, Kapellenorgel, nicht erhalten
1773 Waldshut Stadtpfarrkirche Chororgel, nach Neubau der Stadtpfarrkirche 1804 abgegeben nach Gersbach, nicht erhalten
ca. 1775 Augst Nicht erhalten
ca. 1776 Laufenburg AG St. Johann I/p 8 Chororgel, Einzelheiten oben
ca. 1780 Laufenburg Nicht erhalten
1781 Hauingen St. Nikolaus I/p 9–10 „Neue schon vorgefertigte Orgel“, nicht erhalten
1781/84 Steinen Nicht erhalten
1782 Niedereggenen Evangelische Kirche I/p 8 Nicht erhalten
1782 Weitenau St. Peter Nicht erhalten
1783 Fischerbach St. Michael Nicht bei Sulzmann,[28] nicht erhalten
1784 Laufen St. Johannis I/P 12 Zusammen mit Joh. Philipp Jacob Schaefer, nicht erhalten
1786 Bad Bellingen St. Ledodegar I/P 13 Nicht erhalten
1787 Hertingen Evangelische Kirche
Bernauer Orgel Hertingen jm38345.jpg
I/p 7 Weitgehend erhalten
vor 1798 Schliengen St. Leodegar Chororgel, zusammen mit Xaver Bernauer, nicht bei Sulzmann,[29] nicht erhalten
1801 Kappel St. Peter und Paul Zusammen mit Xaver Bernauer, Gehäuse und Teile des Werks im Orgelbauersaal der Orgelstiftung Waldkirch erhalten

Literatur

  • Bernd Sulzmann: Quellen und Urkunden über Leben und Wirken der Orgelmachersippe Bernauer-Schuble im Markgräflerland. In: Acta Organologica Band 13, 1979, S. 124–192.

Einzelnachweise

  1. Bernd Sulzmann: Quellen und Urkunden über Leben und Wirken der Orgelmachersippe Bernauer-Schuble im Markgräflerland. In: Acta Organologica Band 13, 1979, S. 124–192.
  2. Bernd Sulzmann: Orgeln und Orgelmacher in St. Peter. In: Hans-Otto Mühleisen (Herausgeber): St. Peter im Schwarzwald, München 1977, S. 154
  3. Sulzmann, S. 169 f.
  4. Sulzmann, S. 126
  5. Sulzmann, S. 127–129
  6. Sulzmann, S. 152
  7. Sulzmann, St. Peter, S. 144 f.
  8. Sulzmann, wie vor, S. 150 f.
  9. Badische Zeitung vom 26. Januar 2015 online
  10. Sulzmann, S. 187 f.
  11. Jürg A. Bossardt: Die Stadtkirche St. Martin zu Rheinfelden. In: Rheinfelder Neujahrsblätter 1978, S. 94.
  12. Peter Fasler: Orgelverzeichnis Schweiz und Liechtenstein online; der Hinweis auf die Notiz auch bei Bossardt, S. 93.
  13. Sulzmann, S. 152. (Anmerkung 79a)
  14. Peter Fasler: Orgelverzeichnis Schweiz und Liechtenstein online, verweist auch auf „weitere Handwerker und ‚flüchtige Orgelbauer‘“, vergleiche auch die folgende Anmerkung
  15. Hörprobe aus der nachfolgend genannten CD von Martin Neu online
  16. Sulzmann gibt 1786 an, unter Bezugnahme auf Bernhardt Edskes. Rudolf Bruhin, ehemaliger Konsulent für Orgelbau der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege, hatte von der Kantonalen Denkmalpflege Aargau 1778/1780 genannt bekommen, wobei zusätzlich noch auf eine Mitarbeit von Franz Joseph Uhl aus Prag hingewiesen wird (persönliche Mitteilung vom 15. Dezember 2014). In der Beilage zu der CD von Martin Neu: Bach and the South German Tradition, Vol. 2, audite 2011, S. 15, nennt er 1776. 1783 war Bernauer zwar in Rheinfelden schon ausgewiesen, 1785 hielt er sich aber in der Schweiz, in Güttingen auf, vergleiche Sulzmann, S. 170.
  17. Sulzmann, S. 152; Martin Neu, S. 18; Metzler, persönliche Mitteilung vom 15. Dezember 2014. Wenn im Werkverzeichnis von Metzler online 9 Register angegeben werden, ist das ein Versehen. Fasler will fälschlich nur 7 Register sehen.
  18. Bruhin, Beilage zur CD, S. 15.
  19. Friedrich Sprondel. In: Fono Forum, 1. Mai 2012; Rainer Goede, www.kirchenmusik.de (offline); Jerry Dubins, Fanfare 1. Februar 2012. Alle in Besprechungen der CD von Martin Neu.
  20. Sulzmann, S. 128
  21. Eine Orgel zieht aus, Badische Zeitung am 12. Juli 2014 online; Zum Glück kein Holzwurm, Badische Zeitung vom 23. Dezember 2014 online; Bild der Orgel bei Orgelbau Steinhoff online
  22. Bernd Sulzmann: Historische Orgeln in Baden (1690–1890). München/Zürich 1980, ISBN 3-7954-0421-5, S. 124. Wenn Sulzmann von dem „einzigen erhaltenen Werk ihres Erbauers“ spricht, verengt er den Blick auf Baden.
  23. Sulzmann, S. 143
  24. Sulzmann, S. 128
  25. Manfred Hermann: Kath. Pfarrkirche St. Fides und Markus Sölden, Kunstverlag Josef Fink 2002, ISBN 3-89870-014-3, S. 6
  26. Denkmalschutzinventar des Kantons Aargau DSI-KAU002
  27. zugeschrieben von Sulzmann, S. 187 f.
  28. Werner Scheurer, in: Die Ortenau, 61. Jahresband 1981, S. 322 f.
  29. Chronik der Pfarrkirche online