Bolle reiste jüngst zu Pfingsten

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Bolle reiste jüngst zu Pfingsten ist ein Volkslied aus dem Berliner Raum im Berliner Dialekt. Es ist wahrscheinlich um 1900 entstanden und wurde erstmals 1930 schriftlich veröffentlicht. Seit der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg ist es in vielen Liederbüchern zu finden.

Laut der Einschätzung des Musikwissenschaftlers Lukas Richter handelt es sich um ein Schwanklied auf den Prototyp des unbekümmerten, „rüdigen“ Berliners.[1] Im Lied spiegelt sich der Feiertagsausflug eines typischen Berliners in den damaligen Vorort Pankow mit der Schönholzer Heide wider. Durch die Vorstadtwagen und Kremserwagen war dies seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zum beliebten Freizeitvergnügen der Berliner geworden. Der verbreitete Spitzname Bolle steht dabei für eine nicht näher bestimmte Person.

Es gibt weder eine Beziehung zum Berliner Großkaufmann Carl Bolle noch zum Brandenburger Frisör Fritze Bollmann.

Text

1.

Bolle reiste jüngst zu Pfingsten,
Nach Pankow war sein Ziel;
Da verlor er seinen Jüngsten
Janz plötzlich im Jewühl;
’Ne volle halbe Stunde
Hat er nach ihm jespürt.
Aber dennoch hat sich Bolle
Janz köstlich amüsiert.

2.

In Pankow jab’s keen Essen,
In Pankow jab’s keen Bier,
War allet uffjefressen
Von fremden Leuten hier.
Nich’ ma’ ’ne Butterstulle
Hat man ihm reserviert!
Aber dennoch hat sich Bolle
Janz köstlich amüsiert.

3.

Auf der Schönholzer Heide,
Da jab’s ’ne Keilerei,
Und Bolle, jar nich feige,
War mittenmang dabei,
Hat’s Messer rausjezogen
Und fünfe massakriert.
Aber dennoch hat sich Bolle
Janz köstlich amüsiert.

4.

Es fing schon an zu tagen,
Als er sein Heim erblickt.
Das Hemd war ohne Kragen,
Das Nasenbein zerknickt,
Das rechte Auge fehlte,
Das linke marmoriert.
Aber dennoch hat sich Bolle
Janz köstlich amüsiert.

5.

Als er nach Haus' jekommen,
Da ging’s ihm aber schlecht,
Da hat ihn seine Olle
Janz mörderisch verdrescht!
’Ne volle halbe Stunde
Hat sie auf ihm poliert.
Aber dennoch hat sich Bolle
Janz köstlich amüsiert.

6.

Und Bolle wollte sterben,
Er hat sich’s überlegt:
Er hat sich uff die Schienen
Der Kleinbahn druffjelegt;
Die Kleinbahn hat Verspätung,
Und vierzehn Tage druff,
Da fand man unsern Bolle
Als Dörrjemüse uff.[2]

7.

Und Bolle wurd' begraben,
In einer alten Kist'.:
Der Pfarrer sagte 'Amen'
Und warf ihn uff 'n Mist.
Die Leute klatschten Beifall,
Und gingen dann nach Haus.
Und nun ist die Jeschichte
Von unserm Bolle aus![3]

Adaptionen

Da das Lied weit verbreitet ist, hat es zahlreiche Umdichtungen erfahren, unter anderem zu Demonstrationen und politischen Anlässen. Auch die Strophenzahl des Liedes variiert wie bei vielen volkstümlichen Liedern je nach Quelle.

Die Erlanger Band J.B.O. adaptierte das Lied 1997 in einer Rock-Version. Die Gruppe Maybebop veröffentlichte das Lied 2021 auf ihrem Album "Die Gedanken sind frei" in A-Cappella-Form.

Literatur

  • Karl Heinz Ocasek (Hrsg.): Fröhlich sein und singen ...: Lieder aus unserem Leben. Eulenspiegel-Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-359-00974-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Lukas Richter (Hrsg.): Mutter, der Mann mit dem Koks ist da: Berliner Gassenhauer. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1977 (mit Noten).
  2. Text und Melodie auf ingeb.org
  3. Bolle reiste jüngst zu Pfingsten. Abgerufen am 18. Februar 2022.