Bourekas-Filme

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Der Begriff Bourekas-Filme (hebräisch: סרטי בורקס) beschreibt ein israelisches Filmgenre, das in den 1960er und 1970er Jahren in Israel populär war. Der Name basiert auf dem israelischen Gebäck Bourekas, einem international auch als Börek bekannten Blätterteiggebäck.

Geschichte

Uri Klein, Filmkritiker der israelischen Zeitung Haaretz beschreibt die Bourekas-Filme als „skurriles israelisches Genre komischer Melodramen und Rührstücke ... basierend auf ethnischen Stereotypen“.[1] „Es waren hausgemachte Farcen und Melodramen, die in einer schwierigeren Episode Israels eskapistische Unterhaltung boten.“[2] Der Begriff wurde vom israelischen Filmregisseur Boaz Davidson, selbst Regisseur einiger Bourekas-Filme, geprägt. Er ist angelehnt an das italienische Filmgenre der Spaghetti-Western.

Gefilte-Fisch-Filme

Als Gefilte-Fisch-Filme oder auch „Bourekas für Aschkenasim“ werden einige wenige Bourekas-Filme bezeichnet, deren Protagonisten aschkenasischer Herkunft sind und in denen auch Ghetto-Folklore eine Rolle spielt.[3]

Eine Auswahl dieses filmischen Subgenres:

  • Kuni Lemel, 1968 (Israel Bekers)
  • Lupo, 1970 (Golan)
  • Kuni Lemel in Tel Aviv (1976) (Joel Silberg)
  • Lupo in New York (1976) (Davidson)
  • Hershele, 1977 (Joel Silberg)
  • Marriage Tel Aviv Style, 1980 (Joel Silberg)
  • Aunt Klara (HaDoda Klara), 1977 (Avraham Hefner)

Themen

Hauptthema vieler Bourekas-Filme sind ethnische Konflikte, besonders zwischen Juden mizrachischer (orientalischer) und aschkenasischer (europäischer) Herkunft. Held vieler Filme ist ein für gewöhnlich sehr armer, aber gewitzter mizrachischer Jude, der in Konflikt mit Institutionen des Staates oder aschkenasischen Juden gerät, die oft als reich, eitel, kaltherzig, sozial entfremdet und arrogant dargestellt werden. In vielen Filmen werden hebräische Dialekte, besonders die der marokkanischen, persischen oder polnischen Juden, von den Schauspielern imitiert. Eine weitere Rolle spielen Slapstick-Humor, Verwechslungen und die Verquickung von Melodram und Komödie.

In einem Aufsatz mit dem Titel A Shtetl in Disguise: Israeli Bourekas Films and their Origins in Classical Yiddish Literature (deutsch: Ein verkleidetes Stetl: Israelische Bourekas-Filme und ihre Ursprünge in der klassischen jiddischen Literatur) schrieb der Filmemacher und Kritiker Rami Kimchi, dass die Darstellung der mizrachischen Gesellschaft in diesen Filmen stark an die Darstellungen des osteuropäischen Stetls im 19. Jahrhundert erinnere, die von klassischen jiddischsprachigen Autoren verbreitet wurde.[4] Kimchi führt den kommerziellen Erfolg der Filme auf den hybriden Charakter der israelischen Gesellschaft zurück, in der aus Israel stammende Mizrachim und aus der europäischen Diaspora eingewanderte Aschkenasim zusammen leben. Aus diesem Grund erfüllen die Filme seiner Meinung nach die politischen, sozialen und psychologischen Bedürfnisse beider Publikumsgruppen. Er zählt elf zwischen 1964 und 1977 produzierte Filme zum Kern des Bourekas-Genres.

Darsteller und Regisseure

Bourekas-Filme waren in Israel in den 1960er und 1970er Jahren sehr erfolgreich, wurden aber auch als oberflächlich kritisiert. Einige der Hauptdarsteller und Regisseure waren:

  • Ze'ev Revach: Schauspieler und Regisseur, der an vielen berühmten Bourekas-Komödien beteiligt war, wie Hagiga B'Snuker (1975), Charlie Ve'hetzi (1974), Rak Hayom (1976), Gonev Miganav Patoor (1977), Ta'ut Bamispar (1979), Ha-Muvtal Batito (1987), Lo La'alot Yoter (1979), Sapar Nashim (1984), Pa'amaim Buskila (1998) etc. Revach gilt als das Gesicht des Genres, er produzierte noch bis zum Ende der 1980er Jahre Bourekas-Filme.
  • George Obadiah: ein Regisseur, der viele Melodrame produzierte, die vom türkischen Kino inspiriert (oft auch kopiert) wurden. Seine bekanntesten Filme sind: Ariana (1971), Nurit (1972), Sarit (1974), Na'arat haparvarim (1979) etc. Obadiah machte auch Komödien wie Nahtche V'Hageneral (1972), Fishke Bemilu'im (1971) and Koreyim Li Shmil (1973).
  • Yehuda Barkan: Schauspieler und Regisseur, der an vielen Bourekas-Filmen beteiligt war: Lupo (1970) and Lupo B'New York (1976), Katz V'Carasso (1971), Charlie Ve'hetzi (1974), Hagiga B'Snuker (1975), Bo Nefotzetz Million (1977) etc. Barkan spielte auch in der 1980er-Filmreihe Abba Ganuv mit und führte Regie.
  • Boaz Davidson: Regisseur vieler Bourekas-Komödien wie Charlie Ve'hetzi (1974), Hagiga B'Snuker (1975), Mishpahat Tzan'ani (1976) und Lupo B'New York (1976). Seine Filme Charlie Ve'hetzi und Hagiga B'Snuker hatten in den 1990er Jahren ein Revival und gelten in Israel als Kultfilme.
  • Josef Shiloach: Schauspieler vieler Bourekas-Komödien, der auch ernstere Rollen spielte und in verschiedenen Hollywoodfilmen auftrat. Eine Figur, mit der er besonders in Zusammenhang gebracht wird, ist der des Persers, ein sinnlich-grotesker Typ mit starkem persischen Akzent.
  • Tuvia Tzafir: Schauspieler in diversen Bourekas-Filmen, besonders in der Rolle des grotesken aschkenasischen Juden.
  • Menahem Golan: Regisseur und Schauspieler vieler erfolgreicher Filme wie Lupo (1970), Fortuna (1966), My Margo (1969), und Queen of the Road (Malkat haKvish) (1971).

Auswahl bekannter Bourekas-Filme

Rezeption

Die Bourekas-Filme waren kommerziell sehr erfolgreich, wurden aber häufig von der Filmkritik als geistig anspruchslos und vulgär verrissen. Mit Sorge betrachtet wurde die Frage, wie diese Filme die israelische Gesellschaft gegenüber dem Ausland darstellten.[5] In einer Kritik über Sallah Shabbati schrieb Biltzki in der Zeitung Al hoMishmar: „Da in Israel ethnische Gruppen nicht nur im verzerrten Spiegel eines verdrehten Humors dargestellt werden, sondern auch im hässlichen Spiegel des öffentlichen Lebens[...], sollten wir es uns zweimal überlegen, ob so ein Film uns im Ausland repräsentieren sollte.“[6]

Das Ende des Genres

Gegen Ende der 1970er Jahre schwand die Popularität der Bourekas-Filme. Der israelische Film der 1980er Jahre wurde politischer und wandte sich kontroverseren Themen zu. Viele Bourekas-Filme haben heute in Israel jedoch immer noch Kultstatus.

Einzelnachweise

  1. And Then There was One, Uri Klein, Haaretz
  2. Overview: Israeli film
  3. Ella Shohat: Israeli Cinema: East/West and the Politics of Representation, New. Auflage, I.B. Tauris, London 2010, ISBN 978-1-84511-312-4, S. 114.
  4. A Shtetl in Disguise, Rami Kimchi
  5. Ella Shohat: Israeli Cinema: East/West and the Politics of Representation, New. Auflage, I.B. Tauris Co & Ltd, London 2010, ISBN 978-1-84511-312-4, S. 124.
  6. Biltzki: Another Opinion on "Sallah Shabbati". In: Al hoMishmar. November.