Brechung (Verslehre)

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Brechung bezeichnet in der Verslehre die Überschreitung einer metrischen Grenze (zum Beispiel Versgrenze oder Strophengrenze) durch das sprachliche Sinngefüge, wenn also die syntaktische Einheit der metrischen Einheit nicht entspricht. Man unterscheidet spezifisch:

Der Begriff wird vor allem im Bereich der mittelhochdeutschen Dichtung gebraucht, wo ab dem 12. Jahrhundert die Reim-Brechung (oder besser Reimpaar-Brechung, nicht zu verwechseln mit dem gebrochenen Reim) dazu dient, Reimpaarfolgen beweglicher zu gestalten. Bei der Reimpaar-Brechung gehört der erste Vers eines Reimpaars zur gleichen syntaktischen Einheit wie der vorhergehende Vers und der zweite Vers zur syntaktischen Einheit des folgenden Verses. Besonders häufig finden sich diese Reimpaar-Brechungen bei Gottfried von Straßburg und Konrad von Würzburg. Der Begriff findet sich bereits bei Wolfram von Eschenbach („rîme … samnen unde brechen“ Parzival, 337, 25 f.).

Eine entsprechende Brechung in der Langzeile wird in der althochdeutschen Verslehre als Hakenstil bezeichnet.

Literatur

  • Helmut de Boor: Zur Lehre von der metrischen Brechung in der mittelhochdeutschen Lyrik. In: Walther Steller (Hrsg.): Festschrift Theodor Siebs zum 70. Geburtstag. Marcus, Breslau 1933, S. 49–68.
  • Dieter Burdorf, Christoph Fasbender, Burkhard Moennighoff (Hrsg.): Metzler Lexikon Literatur. Begriffe und Definitionen. 3. Auflage. Metzler, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-476-01612-6, S. 97.
  • Otto Knörrich: Lexikon lyrischer Formen (= Kröners Taschenausgabe. Band 479). 2., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-47902-8, S. 32.
  • Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur. 8. Auflage. Kröner, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-520-84601-3, S. 100.