Bundeseinkehrstelle

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Werbeschild „Radfahrer Station.“

Bundeseinkehrstellen, auch Bundeshotel, Bundesgasthof oder Verkehrslokal, waren Dorfkrüge, Gasthäuser, Restaurants und Hotels, die von Radfahrerbünden ihren Mitgliedern bevorzugt empfohlen wurden. In der Blütezeit der regionalen Radfahrerbünde Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts gehörten Rabatte für Radwanderer zu den Vorteilen, die die Radfahrerbünde Mitgliedern unter anderem boten.[1] Die Gastwirte der Bundeseinkehrstellen profitierten ihrerseits von der Mitgliedschaft in einem Radfahrerbund durch zusätzliche Gäste.

Handbuch 1925 – Lausitzer Radfahrer-Bund e. V., Bundeseinkehrstellen des LRB mit Kretschamen, die teils heute noch wirtschaften. S. 29–31.

Eine vollständige Liste der Bundeseinkehrstellen von 1925 ist vom Lausitzer Radfahrer-Bund überliefert.[2] Bereits 1898 berichtet die Thorner Presse von der Errichtung neuer Bundeseinkehrstellen des Deutschen Radfahrer-Bundes.[3] Im Handbuch für Mitglieder des Arbeiter-Radfahrerbundes „Solidarität“ wurden die Regeln und ein Mustervertrag für die Einrichtung neuer Bundes-Einkehrstellen gedruckt.[4]

Das Schweizerische Sozialarchiv schreibt in den Archivfindmitteln: „Das Tourenfahren wurde durch eine Reihe von Dienstleistungen unterstützt (Unfallversicherung, Einkehrstellenverzeichnisse, Erledigen von Grenzformalitäten, Tourenvorschläge etc.).“[5] Vom Steiermärkischen Arbeiter-Radfahrerbund heißt es: „Bestimmte Gast- und Kaffeehäuser wurden als Einkehrstellen empfohlen – etwa das Lokal List in Mürzzuschlag –, im Reichsorgan wurden die Genossen explizit ersucht, nur in Klublokale einzukehren und ‚andere Lokale möglichst zu meiden‘.“[6]

Bundeshotels und Unionshotels

Die Bundeshotelfrage – bzgl. Anzahl und Qualität geeigneter Gasthäuser, geforderter Bundesmitgliedschaft der Bundeswirthe, gebotener Rabatte und Ausstattung (z. B. ein ordentlich verschließbarer Maschinenraum) – wurde bspw. in der Bundeszeitung Deutscher Radfahrer-Bund 1893 diskutiert.[7]

  • Dickkopfplatz in Elze: Deutsches Haus L. Temme, Weiterhin ist zwischen dem zweiten und dritten Erdgeschossfenster von rechts noch die Schrift Radfahrer Bundes Hotel so eben zu erkennen. Dieser Hinweis wurde vom Deutschen Radfahrer Bund (1884 bis 1919) an ausgewählte Hotels vergeben.[8]
  • Harth-Pöllnitz / Großebersdorf: Hotel Adler
  • Greifswald: Burmeister’s Hotel – Bundeshotel für Radfahrer[9]

Auf den ersten Seiten des 13. Bandes der Reihe Rad-Rundfahrten in Deutschland: Odenwald und Neckarthal heißt es: „Mit B (Bundeshotel) sind Gasthöfe bezeichnet, welche den Mitgliedern des Deutschen Radfahrer-Bundes, mit U (Unionshotel) solche, die den Mitgliedern der Allgemeinen Radfahrer-Union (Deutscher Tourenclub) besondere Vergünstigungen gewähren.“[10]

Bundeseinkehrstellen und Bundesgasthöfe

Die Liste der Bundeseinkehrstellen des Lausitzer Radfahrer-Bunds im Handbuch 1925 umfasst 111 Gaststätten. Weitere Beispiele:

  • Verzeichnis der Ortsvertreter, Bundeshotels und Einkehrstellen im Gau 31.[11]
  • Königreich Sachsen, 1899: Empfehlenswerte Gasthöfe u. Gastwirtschaften. (Nur Bundesgasthöfe und Bundesgastwirtschaften.)[12]
  • Bundes-Gasthäuser des D.R.-B. in Mitteldeutschland: Magdeburg, Erfurt, Gotha, Plauen.[13]
  • Großenhain: Börners Restaurant, Radeburger Straße 4, Verkehrslokal der organisierten Arbeiterschaft, Einkehrstelle des Arbeiter-Radfahrer-Bundes „Solidarität“, ca. 1911.[14]
  • Machern: Gasthof zur Eisenbahn. Der Gasthof diente ab den 1890er Jahren lange Zeit dem Deutschen Radfahrer-Bund wie auch dem 1891 neugegründeten Sächsischen Radfahrer-Bund als Bundesgasthof.[15]
  • Zwenkau: Gaststätte „Goldner Adler“[16]
  • Ostseebad Misdroy. Bundes-Einkehrstelle! Genz Hotel u. Restaurant (Anzeige in: Norddeutsche Radsport-Zeitung)[17]
  • Salzkammergut: B. W. = Bundeswirtshaus des Deutschen Radfahrer-Bundes[18]
  • Auch der Süddeutsche Radfahrer-Bund hatte assoziierte Bundeseinkehrstellen.[19]
  • Gau 29: 1898 wurden Bundeseinkehrstellen in Culm (Chełmno), Peplin, Skurz (Skórcz), Spengawsken (Szpęgawsk) errichtet.[20]

Stationen des Rad- und Motorradfahrer-Verbands „Concordia“ mit Sitz in Bamberg wurden nur mit Einkehrstelle bzw. Hilfsstation bezeichnet.[21][22]

Standquartiere

Als Standquartier wurden Unterkünfte bezeichnet, die als Ausgangspunkt mehrtägiger Aufenthalte, bspw. am Ort eines Bundestages, dienten. Beim 43. Bundesfest des BDR 1926 in Dresden inserierten Hotels in der Festzeitung als Standquartiere bestimmter BDR-Gaue.[23]

Siehe auch

  • Soziale Netzwerke. In: „Aufs Rad – Genossen alle!“ Der Radfahrerbund »Solidarität« und die Arbeitersportbewegung in Ludwigshafen.[24]
  • Verkehrslokal
  • Vereinigung Deutscher Radsport-Verbände
  • Nordmährischer Grenzbote, 1936, 20. August 1936 Číslo 94 (kein Open Access, Zugriff nur in Räumen der Bibliothek (Vědecká knihovna v Olomouci – VKOL))
  • Bundesbecher

Literatur

  • Regina und Manfred Hübner: Trink, Brüderlein, trink. Illustrierte Kultur- und Sozialgeschichte deutscher Trinkgewohnheiten. Ed. Leipzig, Leipzig 2004, ISBN 3-361-00575-2, S. 198 f.

Einzelnachweise

  1. Bredow / Osthavelland: Gasthof Grünefeld – Rabatte für Mitglieder des Deutschen Radfahrerbundes 1920
  2. Bundeseinkehrstellen des Lausitzer Radfahrer-Bunds, Handbuch 1925 des LRB, S. 29 ff.
  3. Thorner Presse 1898, Jg. XVI, Nro. 194 + Beilage, 20. August 1898, Provinzialnachrichten, dritte Spalte.
  4. Handbuch für Mitglieder des Arbeiter-Radfahrerbundes „Solidarität“ / Bearb. von Karl Fischer. Hrsg.: Arbeiter-Radfahrerbund „Solidarität“, Offenbach a. M., 1908. S. 153–156.
  5. Archivfindmittel: Arbeiter-Touring-Bund ATB / Arbeiter-Radfahrer-Bund der Schweiz „Solidarität“, Union du Touring ouvrier UTO. Signatur: Ar 51, 1906–2013, Stand per: 10. April 2017.
  6. Die „Kavallerie des Proletariats“. ARGUS Steiermark – Die Radlobby
  7. Zur Bundeshotelfrage. In: Deutscher Radfahrer-Bund: Fachzeitschrift für die Interessen des Radfahrens, Magdeburg, 6. Jahrg. 1893, S. 102.
  8. Temme Deutsches Haus um 1920. Heimat- und Geschichtsverein Elze und seiner Ortsteile e. V.
  9. Anzeige. In: Adreßbuch für Berlin und seine Vororte, 1900, Anhang: Wegweiser fü die Reise, S. 5. „Greifswald – Burmeister’s Hotel“ (rechts unten).
  10. Band 13: Odenwald und Neckarthal. Rad-Rundfahrten in Deutschland: Führer f. Radfahrer. S. 4
  11. Fahrtenbuch des Gaues 31 Schleswig-Holstein Deutschen Radfahrer-Bundes, Flensburg 1911, S. 5 ff. UB Kiel digital.
  12. Touren-Buch des Sächsischen Radfahrer-Bundes, 1899, S. 84.
  13. Wegweiser durch Mitteldeutschland für Radfahrer, Band 1 und 2, Leipzig 1897. SLUB Dresden digital
  14. Großenhain i. S. und Umgebung in Wort und Bild. S. 45. SLUB Dresden digital
  15. Zur Geschichte der Gaststätten in Machern: „Gasthof zu Machern“, später „Gasthof zur Eisenbahn“
  16. 125 Jahre Radfahrer-Verein Zwenkau 1890 e. V., Nummer 07-2015 306. Beilage der „Zwenkauer Nachrichten“ 7. August 2015 @1@2Vorlage:Toter Link/www.localbook.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. localbook Zwenkau
  17. Anzeige regelmäßig ab Juli 1900 in: Norddeutsche Radsport-Zeitung, 1900/1901
  18. Tourenbuch des Salzkammergutes für Radfahrer, 1899 Abkürzungen und Zeichenerklärung, S. 4.
  19. ebay 2017: Schild Süddeutscher Radfahrer-Bund e. V. * Einkehrstelle / 20.er Jahre – Deutschland.
  20. Thorner Presse 1898, Jg. XVI, Nro. 194 + Beilage, 20. August 1898
  21. ebay: Original Emailleschild „Concordia“ Einkehrstelle
  22. ebay: Original Emailleschild „Concordia“ Hilfsstation
  23. Bundes-Fest-Zeitung zum 43. Bundesfest des Bundes Deutscher Radfahrer, Nr. 13, 15. Juli 1926, Tweet: @radfahrerwissen, 5. Juli 2018.
  24. sozialdemokratie-rlp.de