Chajim Fürst

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Heinrich Ruben Chajim Fürst (geboren ca. 1580; gestorben am 28. März 1653[1] in Altona) war ein jüdischer Kaufmann in Hamburg.

Leben

In einer Schleswiger Akte befanden sich ein allgemeiner Schutzbrief des Grafen Ernst zu Holstein-Schaumburg ohne Namen vom 5. Mai 1612 und ein beigefügtes Namensverzeichnis, das schutzverwandte Juden aufzählte. Laut Recherche von Eduard Duckesz, der davon ausging, dass Fürst hochdeutscher, also aschkenasischer Jude war, waren es laut dem Namensverzeichnis in Altona acht und in Hamburg neun aufgezählte Juden inklusive Heinrich Ruben Chajim Fürst, der als Hayen oder Haim Ruben bezeichnet wurde. Es ist gut möglich, aber nicht belegt, dass diese Namen mit dem Schutzbrief zusammenhängen.[2]

1649 wurden die hochdeutschen Juden aus Hamburg vertrieben und auch für portugiesische Juden wurde es ab 1650 in Hamburg schwerer, und so zog er nach Altona.[3] Laut Eintrag vom 2. Januar 1651 im Altonaer Grundbuch besaß er in der Straße Breite Straße ein Haus. In ihren Memoiren schrieb Glückel von Hameln, dass er der reichste Mann der Gemeinde in Altona gewesen sei,[4] mit einem Vermögen von 20.000[5] oder 10.000 Reichstalern.[6] Bis zu seinem Tod war er Gemeindevorsteher der Gemeinde in Altona. Durch eine grassierende Krankheit, durch die viele Gemeindemitglieder starben, starb auch er. Sein Grab und das seiner Frau befinden sich auf dem Jüdischen Friedhof Altona an der Königstraße. Auch das Grab seines Sohnes Salomon befindet sich dort, der zwei Tage später als er an der Krankheit starb. Andere Gräber von Familienmitgliedern befinden sich ebenfalls auf dem Friedhof. Zudem befanden sich auf den inzwischen nicht mehr existenten Friedhöfen Jüdischer Friedhof Ottensen und Jüdischer Friedhof am Grindel Gräber der Familie Fürst.[7][8]

Die Schriftstellerin und Dichterin Dagmar Nick gibt in ihrem Buch Eingefangene Schatten – Mein jüdisches Familienbuch an, dass Heinrich Ruben Chajim Fürst portugiesischer, bzw. sephardischer Jude gewesen sei, und seine Vorfahren sich von Duques (Herzog) in Fürst umbenannten. In dem von Michael Brocke und dem Salomon Ludwig Steinheim-Institut herausgegebenen Buch Verborgene Pracht: Der jüdische Friedhof Hamburg-Altona – Aschkenasische Grabmale wird davon ausgegangen, dass er und seine Familie aschkenasische Juden waren.

Mit seiner Frau Sara (gest. 1. September 1666) hatte Fürst vier Söhne und zwei Töchter. Die Söhne hießen Salomon (Armenvorsteher und Kassenwart), Moses (gest. 1640), Nataniel, auch Netaniel (Gemeindevorsteher) und Jeremias (Rabbiner).[9] Moses Israel Fürst war ein Enkel von Chajim Fürst,[10] der Sohn seines Sohnes Moses und dessen Frau Bella. Da mehrere Nachfahren von Chajim Fürst sich mit Mitgliedern der Familie Goldschmidt verehelichten und Kinder zeugten, gehört auch Glückel von Hameln zu seinem erweiterten Familienkreis, die mit einem Goldschmidt verheiratet war.

Literatur

  • Max Grunwald: Hamburgs deutsche Juden bis zur Auflösung der Dreigemeinden 1811, A. Jansen, Hamburg 1904, S. 5 (Digitalisat)
  • David Jakob (auch Jacob) Simonsen: Eine Confrontation zwischen Glückel Hameln's Memoiren und den alten Hamburger Grabbüchern in Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums, 1905, S. 103 (PDF-Datei)
  • Glückel von Hameln: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Autorisierte Übersetzung von Bertha Pappenheim nach der Ausgabe von David Kaufmann, S. Meyer und W. Pappenheim, Wien 1910, S. 23, 30 und 141 (Digitalisat)
  • Eduard Duckesz: Zur Geschichte und Genealogie der ersten Familien der hochdeutschen Israeliten-Gemeinden in Hamburg-Altona, Max Leßmann, Hamburg 1915, S. 7 (ab 1612), 8, 10, 31 und 38 (Digitalisat)
  • Ulla Hinnenberg; Stadtteilarchiv Ottensen (Hrsg.): Die Kehille. Geschichte und Geschichten der Altonaer jüdischen Gemeinde. Dingwort, Hamburg 1996, ISBN 3-871-66-043-4.
  • Glückel von Hameln: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Aus dem Westjiddischen übersetzt von Bertha Pappenheim, Vorwort von Viola Roggenkamp. Beltz, Weinheim / Basel 2005, ISBN 978-3-407-22169-8.
  • Michael Brocke (Hrsg.), Salomon Ludwig Steinheim-Institut (Hrsg.): Verborgene Pracht: Der jüdische Friedhof Hamburg-Altona – Aschkenasische Grabmale, Sandstein Kommunikation, Dresden 2009, u. a. S. 178 (Chajim), S. 179 (Sara), S. 180 (Salomon), ISBN 978-3940319333
  • Dagmar Nick: Eingefangene Schatten – Mein jüdisches Familienbuch, Kapitel Die Fürsts, C. H. Beck, München 2015, ISBN 978-3-406-68148-6 (Leseprobe, Google Books)

Weblinks

Commons: Chajim Fürst – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Grabstein von Chajim Fürst, Digitale Edition – Jüdischer Friedhof Hamburg-Altona, Königstraße, hha-3335 (Website vom Salomon Ludwig Steinheim-Institut)
  • Grabstein von Sara Fürst, Digitale Edition – Jüdischer Friedhof Hamburg-Altona, Königstraße, hha-3333
  • Grabstein von Salomon Fürst, Digitale Edition – Jüdischer Friedhof Hamburg-Altona, Königstraße, hha-3334
  • Grabsteine der Familie Fürst und Kurzbiographien (dänisch)

Einzelnachweise

  1. Grabstein, Sterbedatum
  2. Eduard Duckesz: Zur Geschichte und Genealogie der ersten Familien der hochdeutschen Israeliten-Gemeinden in Hamburg-Altona, Max Leßmann, Hamburg 1915, S. 7 und 8
  3. Nachweis Dagmar Nick: Eingefangene Schatten - Mein jüdisches Familienbuch, C. H. Beck, München 2015 (Leseprobe Google Books)
  4. Seite 30, Die Memoiren der Glückel von Hameln (übersetzt 1910), Wikimedia Commons
  5. Max Grunwald: Hamburgs deutsche Juden bis zur Auflösung der Dreigemeinden 1811, A. Jansen, Hamburg 1904, S. 5
  6. Seite 23, Die Memoiren der Glückel von Hameln (übersetzt 1910), Wikimedia Commons
  7. Max Grunwald: Hamburgs deutsche Juden bis zur Auflösung der Dreigemeinden 1811, A. Jansen, Hamburg 1904, S. 316 u. 321
  8. Datenbank Grindelfriedhof, u. a.
  9. Eduard Duckesz: Zur Geschichte und Genealogie der ersten Familien der hochdeutschen Israeliten-Gemeinden in Hamburg-Altona, Max Leßmann, Hamburg 1915, S. 38
  10. Grabstein von Israel Fürst, Digitale Edition – Jüdischer Friedhof Hamburg-Altona, Königstraße, hha-1278