Christian Meyer (Politiker)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Christian Meyer (* 23. Juli 1975 in Holzminden)[1] ist ein deutscher Politiker (Bündnis 90/Die Grünen). Vom 19. Februar 2013 bis 21. November 2017 war er Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Niedersachsen im Kabinett von Stephan Weil. Seit Februar 2008 ist er Mitglied des Niedersächsischen Landtages und war von August 2010 bis Februar 2013, sowie seit November 2017 stellvertretender Vorsitzender der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.[2] Außerdem kandidiert er als Spitzenkandidat der Niedersächsischen Grünen zusammen mit Julia Willie Hamburg zur Landtagswahl in Niedersachsen 2022 am 9. Oktober 2022.

Leben

Nach dem Abitur im Jahr 1995 am Campe-Gymnasium Holzminden absolvierte Meyer den Zivildienst im Sprachheilkindergarten der Lebenshilfe Holzminden. Von 1996 bis 2002 studierte er Volkswirtschaftslehre, Öffentliches Recht, Politik- und Medienwissenschaften an der Universität Göttingen mit dem Abschluss Diplom-Sozialwirt. 2003 war er für die Europaabgeordnete Hiltrud Breyer in den Bereichen Klimaschutz, Umwelt, Energie und Atomausstieg in Berlin und Brüssel tätig. Von 2004 bis zum Einzug in den Landtag 2008 war er Geschäftsführer des Fördervereins Ökologische Steuerreform.

Christian Meyer ist ledig und lebt in Holzminden.

Politisches Wirken

Meyer war von 2006 bis 2013 Ratsherr im Stadtrat Holzminden. Außerdem war er von 1996 bis 2001 und ist er seit 2006 erneut Kreistagsabgeordneter in Holzminden und von 2006 bis 2013 Sprecher der Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Bei der Landtagswahl in Niedersachsen 2008 zog er über die Landesliste erstmals in den Niedersächsischen Landtag ein. Als Agrarpolitiker trug Christian Meyer von 2008 bis 2013 den Unmut über die negativen Auswirkungen der Massentierhaltung in Niedersachsen in den Landtag[3] und verschaffte den damit einhergehenden, drängenden Tierschutz-, Umwelt- und sozialen Problemen Aufmerksamkeit im Parlament und in den Medien. Er sprach sich für mehr Tierschutz, gegen Lobby-Verstrickungen in der Agrarindustrie und für bessere Wertschätzungen der von Landwirten geleisteten Arbeit aus.[4]

Nach der Landtagswahl am 20. Januar 2013 wurde er erneut Abgeordneter des Niedersächsischen Landtages. Bei der Wahl erzielten SPD und Grüne eine Mehrheit von einem Landtagsmandat, woraufhin beide Parteien eine Regierung bildeten. Am 19. Februar 2013 wurde Christian Meyer als Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Kabinett von Ministerpräsident Stephan Weil vereidigt.

In den ersten Wochen im Amt bewältigte Verbraucherminister Meyer mehrere Krisen um verunreinigte Futtermittel und Betrug bei Hühnereiern und startete die „sanfte Agrarwende“ mit klaren Vorgaben für Großställe und den Ausbau der Förderung für den Ökologischen Landbau.[5]

Zur Förderung der Ernährungsbildung von Kindern und von regionalen, vor allem ökologisch wirtschaftenden Bio-Lieferanten, initiierte Christian Meyer als niedersächsischer Landwirtschaftsminister die Teilnahme Niedersachsens am EU-Schulobstprogramm, welche 2014 erstmals erfolgte.[6] Mittlerweile nehmen über 1500 Schulen und Kindertageseinrichtungen in Niedersachsen und Bremen am EU-Schulprogramm teil.[7]

Als Niedersachsens Landwirtschaftsminister führte Christian Meyer 2015 als einen Anreiz für mehr Tierschutz in Niedersachsens Ställen die sogenannte Ringelschwanzprämie ein, bei der unversehrte und gesunde Ringelschwänze von Schweinen als Indikator für bessere Haltung finanziell belohnt werden.[8] Außerdem wirkte Meyer darauf hin, dass Enten, die für die Lebensmittelgewinnung gehalten werden, eine Möglichkeit zum Baden und zur Gefiederpflege erhalten.[9] Ein Imkerbonus zur Förderung der Bienen wurde eingeführt, was zu einer Rekordzahl an Neuimkern und Blühflächen von Landwirten in Niedersachsen 2015 führte.[10]

Als zuständiger Minister für Raumordnung in Niedersachsen erwirkte er 2016 eine Reduzierung der Vorranggebiete Torfabbau von 21.350 Hektar auf 3.370 Hektar im Landesraumordnungsprogramm von Niedersachsen. Auf diesen verbliebenen Hektaren darf nur noch nach einem Konzept von Naturschutzbund (Nabu) und Industrieverband Garten mit Klimakompensation Torf abgebaut werden. Außerdem wurden 37.000 Hektar als Vorranggebiete für die Torferhaltung ausgewiesen.[11]

2017 beendete Meyer als Tierschutzminister endgültig das extrem schmerzhafte Amputieren des Schnabels bei Legehennen und Moschusenten.[12] Außerdem führte er ein neues Label für Weidemilch ein.[13] Minister Meyer machte sich außerdem für den Schutz des Grünlandes in Niedersachsen stark.[14]

Er hob die Prämien für den Ökolandbau in Niedersachsen auf Rekordniveau an[15] und rief gemeinsam mit den Öko-Anbauverbänden den „Aktionsplan Ökolandbau“ ins Leben.[16]

Durch die Schaffung zahlreicher neuer Stellen beim Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), stärkte Christian Meyer die Lebens- und Futtermittelüberwachung und drängte auf eine Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung.[17]

Meyer setzte sich für eine natürliche Waldentwicklung und mehr Naturwaldflächen im niedersächsischen Landeswald ein.[18] Um die enormen Nährstoffüberschüsse durch die Massentierhaltung in Niedersachsens Böden zu verringern, initiierte Christian Meyer als Agrarminister erstmals den Nährstoffbericht für Niedersachsen, stärkte die niedersächsische Düngebehörde personell beachtlich und verschärfte die Verbringungsverordnung.[19]

Seit November 2017 ist Christian Meyer im Landtag stellvertretender Vorsitzender der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen Niedersachsen. Hier ist er Sprecher für Naturschutz, Bauen & Wohnen, Bürgerrechte, Regionalentwicklung, Verwaltungsreform, Katastrophenschutz sowie Medien- und Netzpolitik.[20] Er macht sich unter anderem für die Gründung einer Landeswohnungsbaugesellschaft für erschwinglichen Wohnraum[21], eine Solarpflicht für Neubauten und bei Dachsanierungen[22] sowie eine Landesmoorgesellschaft stark, die alle staatlichen Moorflächen managen, die Wiedervernässung beschleunigen und den Abruf von Fördergeldern bündeln soll.[23] Außerdem spricht sich Meyer für einen klimawandelgerechten Katastrophenschutz[24] und eine Versachlichung der Debatte um den Schutz der Wölfe in Niedersachsen aus.[25]

Kontroversen

Paschedag-Affaire

Am 29. August 2013 gab Ministerpräsident Stephan Weil die Abberufung des Staatssekretärs im Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Udo Paschedag (Grüne), bekannt, der damit vorzeitig in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde. Paschedag habe unter anderem durch eine falsche schriftliche Angabe zu seinem Dienstwagen das Vertrauen verletzt.[26] Als seinem Vorgesetzten wurde Meyer hierbei vorgeworfen, bereits seit Wochen von dem falschen Vermerk gewusst zu haben.[27] Den Rücktrittsforderungen der Opposition aus CDU und FDP kam er nicht nach.[28]

Mitarbeiterbeschwerden

2016 gab es laut einem Bericht der Hannoverschen Allgemeinen 31 Beschwerden vonseiten der Mitarbeiter im Landwirtschaftsministerium über den Führungsstil des Ministers: Angefangen damit, dass er „bei Begegnungen im Haus seine Mitarbeiter/innen grüßen und nicht komplett ignorieren“ könnte sowie „einen engen Kreis von grünen Parteifreunden um sich [halte] und […] auch nur diesen gegenüber Wertschätzung und einen freundlichen Umgang walten [lasse]“, würden Beförderungsstellen „nach Gutsherrenart“ und bevorzugt an grüne Parteifreunde vergeben. Zudem sei bei einer Personalie die Arbeitnehmervertretung übergangen worden.[29]

Mitgliedschaften und Preise

Meyer ist Mitglied bei BUND, NABU, Greenpeace, WWF, attac, FÖS, Holzmindener Tafel, Bürgerinitiative Pro Fachhochschule Holzminden und des Bürgerbegehrens gegen den Ausverkauf der Stadtwerke Holzminden und initiierte mehrfach Bürgerbegehren u. a. gegen den Ausverkauf der Stadtwerke Holzminden und die Privatisierung der Abfallwirtschaft.

2015 verlieh ihm der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerverband wegen seines „beispielhaften Engagements für Imkerei und Bienen“ den „goldenen Stachel“.[30]

2017 wurde Meyer von dem European Milk Board (EMB) mit der goldenen „Faironika“ ausgezeichnet, um sein Engagement für höhere und faire Milchpreise zu würdigen.[31]

Weblinks

Commons: Christian Meyer (Grüne) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gabriele Andretta (Hrsg.), Referat für Presse, Öffentlichkeitsarbeit, Protokoll: Landtag Niedersachsen. Handbuch des Niedersächsischen Landtages der 18. Wahlperiode. 2017 bis 2022, 1. Auflage, Hannover: Niedersächsischer Landtag, 2018, S. 100
  2. Christian Meyer | Landtag Niedersachsen. Abgerufen am 8. Oktober 2021.
  3. Christoph Link: Der Hähnchenkrieg reicht bis in die Kirchen. In: Stuttgarter Zeitung. 3. Januar 2013, abgerufen am 6. April 2022.
  4. Christian Meyer: Rede Christian Meyer: Erneuter Stallbauboom und vermehrte Billigfleischproduktion in Niedersachsen zulasten der Bürgerinnen und Bürger sowie des Tier- und Umweltschutzes. 24. September 2009, abgerufen am 6. April 2022.
  5. Bilanz nach 100 Tagen. In: Niedersächsisches Ministerium für Landwirtschaft. 3. Juni 2013, abgerufen am 6. April 2022.
  6. Schulobstprogramm: Minister Meyer besucht teilnehmende Grundschule. In: Niedersächsisches Ministerium für Landwirtschaft. 9. Oktober 2014, abgerufen am 6. April 2022.
  7. Schulobstprogramm. In: Niedersächsisches Ministerium für Landwirtschaft. Abgerufen am 6. April 2022.
  8. Agrarminister Meyer: Ringelschwanz-Prämie für mehr Tierschutz. 20. Juni 2014, abgerufen am 6. April 2022.
  9. Minister Meyer: Enten brauchen Wasser zum Baden. 14. September 2015, abgerufen am 6. April 2022.
  10. Minister Meyer: Über 10 Millionen Euro jährlich für Bienen, Wespen und Hummeln. In: Niedersächsisches Ministerium für Landwirtschaft. 14. Juli 2017, abgerufen am 6. April 2022.
  11. Kabinett beschließt überarbeiteten Entwurf des Landesraumordnungsprogramms. In: Niedersächsisches Ministerium für Landwirtschaft. 26. April 2016, abgerufen am 6. April 2022.
  12. Ab 2017 bleibt in Niedersachsen der Schnabel dran. In: Niedersächsisches Ministerium für Landwirtschaft. 30. Dezember 2016, abgerufen am 6. April 2022.
  13. Meyer stellt neues Weidemilch-Label vor. In: agrar heute. 21. April 2017, abgerufen am 6. April 2022.
  14. Agrarminister Meyer: „Charta Weidehaltung“ klares Bekenntnis zum Erhalt des Grünlandes und zur Vielfalt der Betriebsformen. In: Niedersächsisches Ministerium für Landwirtschaft. 28. Oktober 2015, abgerufen am 6. April 2022.
  15. Ökolandbau in Niedersachsen mit kräftigem Wachstumsschub. In: Niedersächsisches Ministerium für Landwirtschaft. 26. April 2016, abgerufen am 6. April 2022.
  16. Meyer plant Aktionsplan Ökolandbau. In: herd-und-hof.de. 12. Juni 2016, abgerufen am 6. April 2022.
  17. Verbraucherschutzminister Christian Meyer will LAVES fachlich und personell verstärken. In: LAVES. 2. Mai 2013, abgerufen am 6. April 2022.
  18. Forstminister Meyer: Wieder mehr vom Wald lernen und ihn schützen. In: Niedersächsisches Ministerium für Landwirtschaft. 11. Juli 2014, abgerufen am 6. April 2022.
  19. Gülleverbringung wird in Niedersachsen besser überwacht. In: Niedersächsisches Ministerium für Landwirtschaft. 29. Juni 2017, abgerufen am 6. April 2022.
  20. Webseite von Christian Meyer. Abgerufen am 6. April 2022.
  21. Christian Meyer: Christian Meyer: Wohnungsbaugesellschaft jetzt erforderlich und nicht erst nach der Landtagswahl. 2. Juli 2021, abgerufen am 6. April 2022.
  22. Christian Meyer: Grüne kritisieren faulen Kompromiss der Landesregierung bei Solarpflicht. 8. März 2022, abgerufen am 6. April 2022.
  23. Land verpasst Moor-Millionen. In: Peter Mlodoch, Weser Kurier. 3. März 2022, abgerufen am 6. April 2022.
  24. Meyer: Entscheidung für mehr Katastrophenschutz ist überfällig. In: Christian Meyer. 1. März 2022, abgerufen am 6. April 2022.
  25. Grüne: Klares Stoppschild für Umweltminister Lies. In: Christian Meyer. 8. Februar 2022, abgerufen am 6. April 2022.
  26. Ulrich Exner: Niedersachsen feuert grünen Raffke-Staatssekretär. In: Die Welt. 29. August 2013, abgerufen am 15. Dezember 2016.
  27. Landtag in Niedersachsen: Untersuchungsausschuss soll Dienstwagenaffäre prüfen. In: Spiegel Online. 30. August 2013, abgerufen am 15. Dezember 2016.
  28. dpa: Meyer: Trotz Fehler in Paschedag-Affäre nicht an Rücktritt gedacht. Focus Online, 9. Februar 2014, abgerufen am 22. Juni 2022.
  29. Mitarbeiter beschweren sich über Christian Meyer. Abgerufen am 25. Mai 2022.
  30. Imker ehren Agrarminister Meyer mit dem „Goldenen Stachel“. Pressemitteilung. Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, 23. Januar 2015, abgerufen am 15. Dezember 2016.
  31. Christian Meyer erhält „Goldene Faironika“ des European Milk Board. In: Niedersächsisches Ministerium für Landwirtschaft. 11. Juli 2017, abgerufen am 6. April 2022.