Christianisierung Polens

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
„Die Christianisierung Polens 966“ (Ölgemälde des Historienmalers Jan Matejko, 1889)

Die Christianisierung Polens (polnisch Chrzest Polski für wörtlich Taufe Polens) zählt zu den entscheidenden Ereignissen der frühen Geschichte Polens.

Christianisierung aus dem Mährerreich oder Böhmen

Im Frühmittelalter dominierte auf dem Gebiet des heutigen Polen unter den dort siedelnden westslawischen Stämmen der Polanen, Wislanen, Masowier, Slensanen und Pomoranen der Glaube an Świętowit als Teil der paganen slawischen Religion.

Mit der Christianisierung des benachbarten Mährerreiches kamen als erste Stämme vermutlich die Wislanen und Slensanen in Kontakt mit dem Christentum. Der byzantinische Gelehrte Methodios bemühte sich um bzw. bedrohte mit der gewaltsamen Bekehrung (durch die Mährer) einen „sehr starken heidnischen Fürsten an der Weichsel“, der wahrscheinlich in Krakau oder Wiślica herrschte. Möglicherweise existierte von um 899/900 bis um 910 bereits ein Bistum in Krakau.[1] Die um 970 erbaute Rotunde der Allerheiligsten Jungfrau Maria in Krakau könnte unter böhmischer Herrschaft entstanden sein, weil nach einer Quelle aus dem späten 11. Jahrhundert die Stadt bereits 973 zum Bistum Prag gehörte.[2]

Taufe Mieszkos I.

Gemäß nicht eindeutig dokumentierter Überlieferung ließ sich Mieszko I., Fürst der Polanen aus dem Geschlecht der Piasten, am 14. April 966 taufen.[3][4] Seit 962 hatte er die Stämme in der historischen Region Großpolens vereint und vermutlich nach Wegen der Stabilisierung seines Machtbereiches gesucht. Ausschlaggebend für den Schritt zur Konversion dürfte auch die zuvor vollzogene Heirat mit der böhmischen Prinzessin Dubrawka gewesen sein, einer getauften Christin.[5][6]

Die hierarchische Struktur der christlichen Kirche ermöglichte Mieszko I. letztlich, seinen Einfluss in der Gesellschaft zu stärken. Die bisherige pagane slawische Religion konnte dies nicht leisten.[7] Aber die Abkehr von den alten Göttern konnte auch Legitimationsprobleme mit sich bringen, da die Verbindung zu den Ahnen damit abgeschnitten wurde.[6] Der Übertritt zum Christentum brachte Mieszko I. und seinen Nachfolgern auch die Gleichstellung mit anderen westlichen Herrschern und ermöglichte damit bessere staatliche Beziehungen.[6]

Der genaue Ort der Taufe von Mieszko I. ist heute umstritten. Als Mögliche Tauforte werden Ostrów Lednicki, Gnesen, Posen, Regensburg,[8][4][7] Köln oder sogar Rom vermutet.

Bistum Posen

968 wurde das Bistum Posen gegründet. Es wurde formell dem Erzbistum Magdeburg unterstellt.[9] Wie weit diese Unterordnung tatsächlich bestand, ist besonders in der polnischen Forschung umstritten. Es existiert die Position, die Kirche sei eigenständig, dem Papst direkt unterstellt und nicht von der Reichskirche abhängig gewesen.[6] In der deutschen Forschung zweifelt man hingegen nicht an dem grundsätzlichen Tatbestand der Unterstellung unter Magdeburg. Wie weit diese in der Realität tatsächlich ging, ist Gegenstand einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung.

Erster Bischof von Polen wurde Jordan, der vermutlich schon zuvor dem Hof Mieszkos I. angehörte.[6][7] Die Herkunft Jordans ist nicht gesichert. Er kam mit der böhmischen Prinzessin Dubrawka entweder aus Italien oder aus dem Rheinland[10] nach Polen. Dass er böhmischer Herkunft war, ist ebenfalls umstritten.[6]

Die ältesten Amtsträger der polnischen Kirche waren böhmischer Herkunft.

Aus dieser Zeit stammen die ersten Gotteshäuser Polens. Es sind teilweise vorromanische Bauten wie Kapellen und Kirchen in der Burg von Ostrów Lednicki, die ältesten Kirchen von Posen, Kruszwica und andere.

Erzbistum Gnesen

Im Jahr 1000 wurde eine neue Organisationsform für die noch junge polnische Kirche geschaffen. Auf einem Treffen des römisch-deutschen Kaisers Ottos III. mit dem polnischen Fürsten Bolesław I. wurde durch den Akt von Gnesen bei der Heiligsprechung Adalberts von Prag das Erzbistum Gnesen geschaffen. Es folgte damit eine faktische Unabhängigkeit vom Erzbistum Magdeburg.

Kirchenprovinz Gnesen

Ausbreitung des Christentums

Die durch Mieszko I. begonnene Christianisierung, durch seine Nachfolger fortgeführt, war erfolgreich: Bis zum 13. Jahrhundert war das römisch-katholische Christentum überall in Polen verbreitet und wurde zur dominierenden Religion des Landes. Norman Davies bewertet die Annahme des römisch-katholischen Christentums als „das bedeutendste Ereignis der polnischen Geschichte“.[11]

Tausendjahrfeier 1966

Die polnische Kirche feierte 1966 das „Sacrum Poloniae Millenium“ (Heiliges Jahrtausend für Polen), die damalige Volksrepublik Polen feierte dagegen „Tysiąclecie Państwa Polskiego“ (1000 Jahre Polen).[8]

Literatur

  • Paul Fridolin Kehr, Das Erzbistum Magdeburg und die erste Organisation der christlichen Kirche in Polen, Abhandlungen der Königlich-Preußischen Akademie der Wissenschaften, 1920
  • Joseph Hergenröther, Joseph Kardinal Hergenröthers Handbuch der allgemeinen Kirchengeschichte, Band 2, 1913, „Die Christianisierung Polens“, Seite 288

Einzelnachweise

  1. Um 899/900 kamen vier Bischöfe aus Rom ins Mährerreich. Krakau könnte ein Sitz gewesen sein.
  2. Regensburg, Urkunde vom 29. April 1086 (Grenzbeschreibung des Bistums Prag). In: Regesta Imperii RIplus Regg. EB Mainz 1 [n. 1263] (online; abgerufen am 4. März 2017): „Wezilo ([Erzbischof von Mainz] 1084-1088)... Intervenient bei k. Heinrich IV, welcher die vereinigung des Olmützer bisthums mit dem Prager bestätigt und genau die grenze des derart erweiterten Prager bisthums bestätigt.“
  3. Jordanes-Annalen zu 966, Posener Annalen zu 960
  4. a b Jerzy Łojek: Kalendarz Historyczny. Warschau 1994, ISBN 83-7001-856-4, S. 12.
  5. Chronik des Thietmar von Merseburg
  6. a b c d e f Manfred Alexander: Kleine Geschichte Polens. Stuttgart 2008, ISBN 978-3-15-017060-1, S. 19–25.
  7. a b c Maria Bugucka: Dawan Polska. Warschau 1998, ISBN 83-85660-60-7, S. 30–32.
  8. a b Andrea Schmidt-Rösler: Polen. München/Regensburg 1996, ISBN 3-7917-1521-6, S. 15.
  9. Chronik des Thietmar von Merseburg
  10. Karl Völker: Kirchengeschichte Polens. Berlin/Leipzig 1930, S. 8.
  11. Norman Davies, Geschichte Polens, Beck-Verlag, München 2006, S. 163. ISBN 3-406-46709-1

Weblinks