Cyanacetamid

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Strukturformel
Strukturformel von Cyanacetamid
Allgemeines
Name Cyanacetamid
Andere Namen
  • 2-Cyanoacetamid
  • Cyanomethylformamid
  • 3-Nitrilo-propionamid
Summenformel C3H4N2O
Kurzbeschreibung

schwach gelblicher bis weißer Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 107-91-5
EG-Nummer 203-531-8
ECHA-InfoCard 100.003.211
PubChem 7898
ChemSpider 7610
Eigenschaften
Molare Masse 84,077
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,061–1,062g·cm−3[2]

Schmelzpunkt

119–120 °C[1]

Löslichkeit
  • wenig in Ethanol (1,3g·l−1 bei 20 °C)[1]
  • gut in Wasser (150g·l−1 bei 20 °C)[2]
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [3]
07 – Achtung

Achtung

H- und P-Sätze H: 302​‐​315​‐​319​‐​335
P: 261​‐​305+351+338 [3]
Toxikologische Daten

< 7230 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Cyanacetamid ist ein Feststoff und ein Derivat der Essigsäure. Es weist als Amid der Cyanessigsäure eine Nitril-, eine CH-acide Methylengruppe und eine Amidfunktion im Molekül auf.

Gewinnung und Darstellung

Cyanacetamid wird durch Umsetzung von Cyanessigsäureethylester mit konzentriertem wässrigem Ammoniak in 86–88%iger Ausbeute erhalten.[1]

Herstellung von Cyanacetamid aus Cyanessigsäureethylester und Ammoniak

Eine neuere Synthese ist die Umsetzung von Halogenacetamiden mit Alkalicyaniden in Gegenwart von Wasser.[4]

Chemische Eigenschaften

Die aciden Wasserstoffatome im Cyanacetamid reagieren leicht mit Formaldehyd oder mit Halogenen. Wegen seiner Reaktivität und Multifunktionalität ist Cyanacetamid ein Ausgangsstoff beispielsweise für die Synthese von Heterocyclen.

Verwendung

Cyanacetamid dient als Ausgangsstoff für die Herstellung von Malonsäuredinitril, wobei die Amidgruppe durch Reaktion mit Phosphorpentachlorid (PCl5) oder Phosphorylchlorid (POCl3) zur Nitrilgruppe dehydratisiert wird.[5] Die Reaktion kann auch in 1,2-Dichlorethan als Lösemittel durchgeführt werden.[6]

Die Umsetzung mit Brom führt zum – inzwischen obsoleten – Biozid 2,2-Dibromcyanacetamid DBNPA.

Die Cyclokondensation von 1,3-Diketonen mit Cyanacetamid liefert in einer Guareschi-Thorpe-Reaktion 3-Cyano-2-pyridone. Nachfolgende Hydrolyse der Cyanogruppe in wässriger Säure, Decarboxylierung, Chlorierung und katalytische Hydrierung führt zu 2,4-Dialkylpridinen.[7]

Cyclisierung von Cyanacetamid mit 1,3-Diketonen

Ein Syntheseweg zum Gichtmittel Allopurinol geht von Cyanacetamid aus, das mit Formamidin und nachfolgendem Ringschluss mit Hydrazin ein substituiertes Pyrazol ergibt, das mit Formamid zum Pyrazolo-pyrimidin Allopurinol cyclisiert wird.[8]

In den Synthesen der Antituberkulotika Ethionamid und des homologen Prothionamid dient Cyanacetamid als Edukt.

Einzelnachweise

  1. a b c d B. B. Corson, R. W. Scott, and C. E. Vose: Cyanoacetamide In: Organic Syntheses. 9, 1929, S. 36, doi:10.15227/orgsyn.009.0036; Coll. Vol. 1, 1941, S. 179 (PDF).
  2. a b c Datenblatt Cyanacetamid bei Merck, abgerufen am 13. Februar 2010.
  3. a b Datenblatt Cyanoacetamide bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 24. Februar 2018 (PDF).
  4. Patent DE2538254C2: Verfahren zur Herstellung von Cyanacetamiden. Angemeldet am 28. August 1975, veröffentlicht am 7. Juni 1984, Anmelder: BASF AG, Erfinder: Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger.
  5. B. B. Corson, R. W. Scott, and C. E. Vose: Malononitrile In: Organic Syntheses. 10, 1930, S. 66, doi:10.15227/orgsyn.010.0066; Coll. Vol. 2, 1943, S. 379 (PDF).
  6. Alexander R. Surrey: Malononitrile In: Organic Syntheses. 25, 1945, S. 63, doi:10.15227/orgsyn.025.0063; Coll. Vol. 3, 1955, S. 535 (PDF).
  7. Eberhard Breitmaier, Günther Jung: Organische Chemie. 5., überarb. Auflage. Thieme, Stuttgart, New York 2005, ISBN 3-13-541505-8.
  8. A. Kleemann, J. Engel: Pharmazeutische Wirkstoffe, 2. Aufl., Georg Thieme, Stuttgart - New York, 1982.