DR-Baureihe 71.0

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DR-Baureihe 71.0
Nummerierung: 71 001–006
Anzahl: 6
Hersteller: Schwartzkopff, Borsig, Krupp
Baujahr(e): 1934–1936
Ausmusterung: 1956
Bauart: 1’B1’ h2t
Gattung: Pt 24.15
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer: 11.800 mm
Höhe: 4.165 mm
Fester Radstand: 3.000 mm
Gesamtradstand: 8.400 mm
Dienstmasse: 58,6 t
Reibungsmasse: 30,0 t
Radsatzfahrmasse: 15,0 t
Höchstgeschwindigkeit: 90 km/h / 100 km/h
Indizierte Leistung: 419 kW
Treibraddurchmesser: 1.500 mm / 1.600 mm
Laufraddurchmesser vorn: 850 mm
Laufraddurchmesser hinten: 850 mm
Steuerungsart: Heusinger
Zylinderanzahl: 2
Zylinderdurchmesser: 310 mm /330 mm
Kolbenhub: 660 mm
Kesselüberdruck: 20 bar
Anzahl der Heizrohre: 70
Anzahl der Rauchrohre: 26
Heizrohrlänge: 3.500 mm
Rostfläche: 1,38 m²
Überhitzerfläche: 28,60 m²
Verdampfungsheizfläche: 67,74 m²

Die DR-Baureihe 71.0 war eine zweifach gekuppelte Tenderlokomotive, die als Konkurrenzentwurf zu den Triebwagen der Deutschen Reichsbahn gedacht war. Ähnlich der bereits 30 Jahre zuvor gebauten bayerischen „Glaskasten“-Lokomotiven wurde eine moderne Heißdampf-Lokomotive konzipiert, die für Einmann-Bedienung ausgelegt und mit Übergangseinrichtungen zum Zug versehen war. So sollte auch dem Omnibus und dem wachsenden Individualverkehr auf der Straße im Wettbewerb begegnet werden. Die Hauptaufgabe dieser Einheitsdampflokomotiven bestand in der Beförderung von Personenzügen auf kurzen Nebenbahnstrecken.

Geschichte

Zwei der Dampflokomotiven wurden 1934 von dem Unternehmen Schwartzkopff gebaut und an das Lokomotiv-Versuchsamt Grunewald geliefert. Dort wurden sie bis Mai 1935 erprobt. Es stellte sich heraus, dass die Verbrauchswerte gegenüber anderen Dampflokomotiven der Reichsbahn nicht wie erhofft geringer geworden waren. Daraufhin bauten 1936 die Unternehmen Borsig und Krupp nochmals je zwei Lokomotiven, bei denen die Treibräder auf 1.600 mm und die Zylinderdurchmesser auf 330 mm vergrößert wurden. Diese Lokomotiven hatten eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h.

Zuerst kamen alle Maschinen zum Bw Bamberg. Dort wurden sie auf den Strecken Forchheim-Behringersmühle, Bamberg-Maroldsweisach und Bamberg-Scheßlitz eingesetzt. Ihre Leistungen waren jedoch nicht überzeugend. Daher wurden sie 1938 zum Bw Nürnberg Hbf, heute Bahnbetriebswerk Nürnberg West, umbeheimatet. Dort waren sie meist vor Arbeitszügen im Einsatz oder abgestellt. Gelegentlich sollen sie auf der Strecke Nürnberg – Feucht – Wendelstein gefahren sein. 1948 war keine der sechs Lokomotiven mehr in Betrieb.

Die Deutsche Bundesbahn übernahm nach dem Zweiten Weltkrieg alle Fahrzeuge. Sie erhielten 1952 im Ausbesserungswerk Kaiserslautern eine Hauptuntersuchung. Anschließend wurden sie in den Bahnbetriebswerken Kaiserslautern und Landau beheimatet. Die Tenderloks erreichten auf Strecken in der Pfalz Laufleistungen von täglich ca. 340 km. Bis August 1956 wurden dann alle Loks der Baureihe 71.0 ausgemustert. Es blieb kein Exemplar erhalten.

Technik

Alle sechs Lokomotiven waren zweizylindrige Heißdampfmaschinen und hatten eine automatische Rostbeschickung (Stoker) für den Ein-Mann-Betrieb. Der Kessel war genietet und bestand aus einem Schuss. Er war aus leicht legiertem Molybdänstahl und hatte einen Durchmesser von 1300 mm. Die geschweißte Feuerbüchse war aus Kupfer. Im Laufe des Dienstes wurde der Kesseldruck aus Sicherheitsgründen von 20 bar auf 16 bar herabgesetzt. Vor dem Schornstein befand sich in einer Nische auf dem Kesselscheitel der quer eingebaute Oberflächenvorwärmer. Nach dem Schornstein war der Generator für die Beleuchtung angebracht. Die Lokomotiven hatten eine Kolbenspeisepumpe und eine Dampfstrahlpumpe mit je 125 Litern pro Minute Leistung.

Alle Lokomotiven besaßen einen geschweißten Blechrahmen aus 16 mm-Platten. Die zweite Kuppelachse war angetrieben. Beide Kuppelachsen waren fest im Rahmen gelagert. Der Aufbau der Lokomotiven war in vier Punkten abgestützt. Die Laufräder waren in Bisselgestellen untergebracht und hatten ein Spiel von 65 mm nach beiden Seiten. Durch deren symmetrische Anordnung konnten gleiche Laufeigenschaften für beide Fahrtrichtungen erzielt werden.

Die 1934 gebauten Lokomotiven hatten einen Kohlevorrat von 3 t, die später gebauten Lokomotiven hatten nur 2,8 t. Auf alle Räder wirkten beidseitige Klotzbremsen. Die Wasserkästen seitlich am Kessel waren recht schmal gehalten, da auf der Heizerseite des Führerhauses eine Durchgangstüre vorhanden war, von der aus der Umlauf der Lok betreten werden konnte. Durch ein später entferntes Geländer gesichert, konnte der auf der Lok mitfahrende Zugführer dadurch und über ein herabklappbares Übergangsblech während der Fahrt zu den angehängten Wagen gelangen. So sollte das Mitführen eines Packwagens in den kurzen "Triebwagen-Zügen" erübrigt werden. Der rückseitige Kohlenkasten besaß anfangs ebenfalls eine Übergangsmöglichkeit, die aber später zur Vergrößerung der Vorräte ausgebaut wurde. Im mittleren Bereich des Rahmens zwischen den Kuppelachsen war ein dritter Wasserkasten vorhanden. Die Wasserkästen, der Vorratsbehälter für Kohle und das Oberteil des Sandkastens waren geschweißt.

Literatur

  • Josef Brandt: Baureihe 64. Der berühmte Bubikopf. Verlagsgruppe Weltbild, Augsburg 2008, DNB 991518128 Kapitel Die Baureihe 71, die kleinen Schwestern
  • Lokomotiv-Portrait - Die Baureihe 71.0 der früheren Deutschen Reichsbahn. In: Horst J. Obermayer (Hrsg.): Lok Magazin. Nr. 130. Franckh’sche Verlagshandlung, W. Keller & Co., 1985, ISSN 0458-1822, S. 52–55.
  • Manfred Weisbrod, Horst J. Obermayer: Eisenbahn-Journal Archiv VI/1997 Dampflok-Report Band 5. Hermann Merker Verlag GmbH, Fürstenfeldbruck 1994, ISBN 3-89610-022-X, S. 33 ff.

Weblinks