Delegation (Organisationskonzept)

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Delegation als Organisationskonzept bzw. das Delegieren als Vorgang (lateinisch delegare, „hinschicken, anvertrauen, übertragen“[1][2][3]) bedeutet in der Organisationslehre die vertikale Übertragung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung an nachgeordnete Stellen oder Aufgabenträger.

Allgemeines

Die Delegation ist neben Standardisierung und Partizipation eine Form der vertikalen Arbeitsteilung.[4] Ziel der Delegation in hierarchischen Organisationen (Behörden, Institutionen, Unternehmen) sind einerseits die Entlastung Vorgesetzter oder übergeordneter Stellen, damit diese sich auf Strategieaufgaben konzentrieren können, sowie andererseits die Erhöhung der Arbeitsmotivation der Mitarbeiter und die Ausschöpfung ihrer Fähigkeiten. Durch das bewusste Delegieren von Aufgaben mit höherem Anforderungs- als Fähigkeitsprofil des Mitarbeiters kann außerdem Personalentwicklung betrieben werden (Jobenrichment oder Jobenlargement). Der Übertragende heißt Delegat oder Delegierender, der Begünstigte ist der Delegationsempfänger. In der Ökonomie entspricht die Delegation dem Prinzip der Subsidiarität.

Modell

Einfaches Delegationsmodell
Modell der Führung „von oben nach unten“ („Top-Down“)
Modell der Führung „von unten nach oben“ („Bottom-Up“)

Die Delegation ist ein Organisationsmittel zur Umwandlung klassischer „top-down“-Hierarchien hin zur modernen „bottom-up“-Strukturen und somit ein Mittel zur Dezentralisation, da durch sie eine Vielzahl von Personen Entscheidungsbefugnisse erhalten können. In ihrer reinen Form schließen sich Zentralisation und Dezentralisation aus, doch „die Kombination beider Strategien wird möglich, wenn grundsätzliche Entscheidungen über Ziele und Strategien der Leistungserstellung sowie -vermarktung zentralisiert, die operativen Entscheidungen über das konkrete, alltägliche Vorgehen zur Realisation von Zielen und Strategien dagegen dezentralisiert werden.“[5]

Entsprechend dem Prinzip „Management by Exception“ befassen sich Vorgesetzte mit Ausnahmefällen, während sich Mitarbeiter um Normalfälle kümmern. Hierzu ist eine Definition von Ausnahme und Normalfall notwendig. Weiterhin müssen aus den Gesamtzielen der Organisation Teilziele abgeleitet werden, um von diesen wiederum Aufgaben ableiten und übertragen zu können.

Grundsätzlich nimmt die Möglichkeit der Delegation mit der Schwierigkeit der Aufgaben (vor allem ihrem Innovationsgehalt) ab und mit der Qualifikation der Delegationsempfänger zu. Mit der Aufgabenverlagerung muss zugleich eine Verlagerung der Kompetenz und Verantwortung erfolgen (Kongruenzprinzip der Organisation).

Die Delegation hat vor allem die Entlastung des Vorstandes von sich wiederholenden Aufgaben („Routinearbeiten“) zum Ziel.[6] Er muss dabei in Arbeitsanweisungen/Dienstanweisungen genau abgrenzen zwischen Einzelfällen und Routinearbeiten.

Harzburger Modell

Betriebliche operative Entscheidungen werden hiernach nicht mehr vom Vorstand getroffen, sondern jeweils von Mitarbeitern auf den unteren Hierarchieebenen, zu denen diese Entscheidungen ihrem Wesen nach gehören.[7] Dem Vorstand verbleibt mehr Arbeitszeit für konstitutive Entscheidungen. Durch Delegation erhält der Mitarbeiter neben einem fest umgrenzten Aufgabenbereich auch die entsprechenden Kompetenzen und Verantwortung.[8] Reinhard Höhn verlangt dabei die gleichgewichtige Delegation von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung (Kongruenzprinzip der Organisation).[9] Vorgesetzte dürfen in diesen Aufgabenbereich ihrer Mitarbeiter nicht eingreifen und dort auch keine Entscheidungen treffen, es sei denn, es liegt akute Gefahr oder eine Störung vor.

Rückdelegation

Von einer unerlaubten Rückdelegation wird gesprochen, wenn ein Entscheidungsträger eine in seinem Kompetenzbereich liegende Entscheidung nicht trifft oder Verantwortung hierfür nicht übernimmt, sondern auf eine höhere Hierarchieebene verlagert. Wer die Entscheidungskompetenz innehat, ist verpflichtet, sie auch wahrzunehmen. Keine Rückdelegation ist dagegen die vertikale Eskalation von Entscheidungen bei Störungen im Rahmen des Störungsmanagements. Das Evokationsrecht eines Vorgesetzten oder Fachvorgesetzten, die Bearbeitung einer Sache an sich ziehen, ist ebenfalls keine Rückdelegation.

Bewertung

Da Delegation vor allem Dezentralisierung bedeutet, hat sie einen höheren Bedarf an Koordination zur Folge. Diesem Problem kann zwar durch Organisationsmodelle und durch effizienten Medieneinsatz bei der Kommunikation begegnet werden, doch werden hier umso mehr Grenzen sichtbar, je größer eine Organisation ist: „Fehlerfreie Delegation über viele Ebenen der Hierarchie mit wirkungsvoller Koordination aller Aktionen ist somit unwahrscheinlich, wenn nicht sogar utopisch. Fehler der Zielzerlegung und -koordination bilden somit ein Restrisiko, das jede Unternehmung tragen muss“.[5] Mit dem Delegationswertkonzept ist es zumindest in der Theorie möglich den Wert einer Delegation zu berechnen.

Siehe auch

Literatur

  • Richard Guserl: Das Harzburger Modell: Idee und Wirklichkeit. 2. Auflage. Gabler Verlag, Wiesbaden 1976, ISBN 3-409-38131-7.
  • Oskar Grün: Organisation. In: Fritz Scheuch (Hrsg.): Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Service Fachverlag, Wien 1990, ISBN 3-85428-170-6.
  • Oskar Grün: Delegation. In: Alfred Kieser (Hrsg.): Handwörterbuch der Führung. Poeschl Verlag, Stuttgart 1987, ISBN 3-7910-8028-8.
  • Reinhard Höhn/Gisela Böhme: Der Weg zur Delegation von Verantwortung im Unternehmen – Ein Stufenplan. 5. Auflage. Verlage für Wissenschaft, Wirtschaft und Technik, Bad Harzburg 1979, ISBN 3-8020-0207-5.
  • Manfred Schulte-Zurhausen: Organisation. 3. Auflage. Franz Vahlen, München 2002, ISBN 3-8006-2825-2.

Weblinks

Wiktionary: Delegation – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Online-Wörterbuch Pons
  2. Online-Wörterbuch albertmartin.de
  3. Beschreibung unter Beliebte Fehler korrekturen.de
  4. Margit Osterloh/Jetta Frost: Prozessmanagement als Kernkompetenz. 1996, S. 162.
  5. a b Georg Schreyögg, Organisation, 2004, S. 362.
  6. Günter Wöhe/Ulrich Döring, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 25. Auflage, 2013, S. 102; ISBN 9783800646876
  7. Reinhard Höhn/Gisela Böhme, Führungsbrevier der Wirtschaft, 1974, S. 6.
  8. Reinhard Höhn/Gisela Böhme, Führungsbrevier der Wirtschaft, 1974, S. 9.
  9. Reinhard Höhn/Gisela Böhme, Führungsbrevier der Wirtschaft, 1974, S. 10.