Derzbachhof

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Derzbachhof

Der Derzbachhof, mit dem Hausnamen Feichthof, ist der wohl älteste noch erhaltene Bauernhof in München. Das Gebäude ist als Baudenkmal in die Bayerische Denkmalliste eingetragen.[1]

Lage

Der Hof liegt im historischen Ortskern des Münchner Stadtteils Forstenried an der Forstenrieder Allee 179, schräg gegenüber der Heilig-Kreuz-Kirche. Es ist Bestandteil des denkmalgeschützten Ensembles Forstenried,[2] steht aber auch als ein Einzeldenkmal unter Denkmalschutz.

Beschreibung

Das Gebäude ist ein zweigeschossiger Einfirsthof vom Mitterstalltyp und trägt ein überstehendes Satteldach mit einem zur Straßenseite hin vorspringenden Giebel. Das Erdgeschoss ist durchgehend gemauert. Das Obergeschoss des ehemaligen Wohnteils ist in Blockbauweise ausgeführt. Entlang seiner Südseite zieht sich ein Balkon, der sich früher auch über die Giebelseite erstreckte. Das Obergeschoss des ehemaligen Wirtschaftsteils ist in verbretterter Ständerbauweise ausgeführt. An der Rückseite des Hauses liegt eine Auffahrt zur Hochtenne, die sich über das gesamte Obergeschoss des Wirtschaftsteils erstreckt.[3]

Geschichte

Der spätbarocke Derzbachhof entstand 1751 als Halbhof aus der Aufspaltung des alten Ochsenbauernhof durch das Kloster Polling.[3] Veith Graf von Forstenried erwarb das Anwesen. Sein Vorname ist vermutlich der Ursprung des Hausnamens Feichtbauer. In der Zeit um 1800 wurde sein Wirtschaftsteil verlängert. Seinen jetzigen Namen bekam der Hof erst um 1920, als der Forstenrieder Bauernsohn Derzbach dort einheiratete. Das Ehepaar bekam ausschließlich Töchter.

Seit den 1980er Jahren steht der Derzbachhof leer und droht zu verfallen. 1997 verstarb die letzte Derzbach-Hoferbin, 2012 die letzte der 5 Derzbach-Schwestern. Die Stadt München verstärkte 2016 ihre Anstrengungen, um den historischen Hof vor dem Verfall zu retten und traf mit der Erbengemeinschaft Vereinbarungen, die das Baudenkmal stabilisieren sollten. Um den Eigentümern einen weiteren Anreiz zu liefern, wurde ein genehmigter Vorbescheid aus dem Jahr 2009 für den Neubau eines Mehrfamilienhauses und den Umbau des Bauernhauses in ein Zweifamilienhaus nochmals verlängert.[4] 2017 erwarb der Investor Euroboden das Grundstück von der Erbengemeinschaft mit der Absicht, den Hof zu sanieren.

Umbaupläne

Zur Finanzierung der Hofsanierung baut der Investor auf dem Gelände einen Neubau mit insgesamt 17 Wohnungen, im ehemaligen Wirtschaftsgebäude (Tenne) vier weitere Wohnungen. Mit der Konzeptentwicklung wurde der Architekt Peter Haimerl beauftragt.[5]

Das führte bei einigen Bürgern zu Widerstand bis hin zu einer Petition an den Bayerischen Landtag Ende Januar 2019, welche erfolglos war. Eine weitere Petition von Anwohnern, die lediglich 430 Befürworter fand, unterstützte dagegen die Pläne mit dem Argument, dies sei die einzige, realistische Möglichkeit, das marode Gebäude zu retten.[6] Kurz darauf erging im Februar 2019 der positive Bauvorbescheid der LBK München.[7]

Baugegner kritisierten insbesondere die Massivität des Bauvorhabens. Sie befürchten, dass dadurch das Erscheinungsbild des historischen, denkmalgeschützten Dorfkernensembles Forstenried gestört wird und der Ensembleschutz gefährdet ist.

Weit über 2000 Bürger aus München und Forstenried sprachen sich 2018 bei einer Unterschriftenaktion für den Erhalt des Hofensembles samt Nutzgarten mit Kraut- und Kräutergarten und Obststreuwiese, auch als Biotop, Grünfläche und Frischluftschneise aus. Haus und Hof als eines der letzten Beispiele historischer Bauernkultur in München sollte im Interesse der Allgemeinheit öffentlich zugänglich gemacht werden.

Ende November 2019 gab es eine Demo für ein Derzbachhof-Museum. Nahezu zeitgleich wurde der Bauantrag gestellt.

Nach den eingereichten Plänen verschwinden nicht nur Stall und Stadl mit den Futtertrögen, sondern auch wertvolle historische Räume im Wohnteil des Hofes. Die ehemalige Schwarzküche soll eine Toilette werden, die noch gut erhaltene Kornkammer im ersten Obergeschoss mit Holzschütten soll zu einem Bad umgebaut werden.[8][9]

Im Dezember 2019 wurde das markante Klohäusl vom Hof entfernt und entsorgt, Ende Juni 2020 die Kornschütten in der Kaminkammer zerstört.

Die Stadt München hat dem Investor Euroboden am 19. Februar 2020 die Baugenehmigung für die Sanierung und den Ausbau erteilt. Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung erteilte umfangreiche Auflagen, dass Renovierungen und Veränderungen denkmalgerecht erfolgen.[10] Im Frühjahr 2020 wurde mit den Bauarbeiten begonnen.

Durch die Coronapandemie bedingt konnte die Bürgerinitiative Dorfensemble Forstenried erst am 24. Juli 2020 gegen die Baugenehmigung mit einer Mahnwache protestieren. Die Initiative hält den Neubau im Bauerngarten und die Umbau- und Sanierungsarbeiten am Hof weiterhin für nicht ensemble- und denkmalgerecht. Eine weitere Mahnwache fand im September 2020 statt. Im Frühjahr 2021 wurden die Mahnwachen wieder aufgenommen, zunächst zusammen mit einer Wache am Uhrmacherhäusl in Giesing am 9. April 2021 und zuletzt am 28. Mai 2021 wieder in Forstenried gegenüber dem Derzbachhof.

Literatur

Weblinks

Commons: Derzbachhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Filme zum Derzbachhof

  • BR-Fernsehen:

Einzelnachweise

  1. Denkmalliste für München (PDF) beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, abgerufen am 14. Oktober 2019, Denkmalnummer D-1-62-000-1732
  2. Denkmalliste für München (PDF) beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, abgerufen am 14. Oktober 2019, Denkmalnummer E-1-62-000-15
  3. a b Denis A. Chevalley, Timm Weski: Landeshauptstadt München – Südwest (= Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]: Denkmäler in Bayern. Band I.2/2). Karl M. Lipp Verlag, München 2004, ISBN 3-87490-584-5, S. 188.
  4. Süddeutsche Zeitung: Rettungsaktion für den Derzbachhof. Abgerufen am 13. Juli 2020.
  5. Süddeutsche Zeitung: Apartments unterm Holzschindeldach. Abgerufen am 13. Juli 2020.
  6. Verfall des Derzbachhofs stoppen - Euroboden Konzept umsetzen - Online-Petition. Abgerufen am 13. Juli 2020.
  7. Jetzt steht fest: Der neue Derzbachhof wird kommen. In: Hallo München. 7. Februar 2019, abgerufen am 14. Oktober 2019.
  8. [1]
  9. Myriam Siegert: Investor sauer: Platzen die Pläne für den Derzbachhof? In: Abendzeitung. 29. Dezember 2018, abgerufen am 14. Oktober 2019.
  10. Süddeutsche Zeitung: Ein Denkmal erwacht zum Leben. Abgerufen am 13. Juli 2020.

Koordinaten: 48° 5′ 7,8″ N, 11° 29′ 43,2″ O