Dezemberfieber

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Dezemberfieber oder Novemberfieber ist ein kritischer Begriff für das in Behörden der öffentlichen Verwaltung zu beobachtende Verhalten, zugewiesene, aber noch nicht verbrauchte Finanzmittel am Jahresende komplett auszugeben.

Ursachen

Zu diesem Zweck suchen die Behörden gegen Jahresende nach Möglichkeiten, das Geld doch noch auszugeben, denn die Ausgabeermächtigungen (nichts anderes sind Haushaltstitel) können in der Regel nicht ins nächste Jahr übernommen werden, sondern verfallen.

Damit droht die Gefahr, vor allem bei Haushaltstiteln, die mehrere Jahre nicht verbraucht wurden, dass das Budget in Folgejahren um den Betrag gekürzt wird, der im abgelaufenen Jahr oder der in den ablaufenden Jahren nicht benötigt wurde. Damit würde der Handlungsspielraum der Behörde eingeengt. Auch leidet möglicherweise die Bedeutung der betreffenden Abteilung darunter, weil sie unter Umständen auch an der Summe der abfließenden Gelder gemessen wird.

Diese Bestrebungen führen z. B. auch dazu, dass am Ende des Jahres Rechnungen von Auftragnehmern für noch nicht vollständig erbrachte Lieferungen und Leistungen bezahlt werden, in der Hoffnung und im Vertrauen darauf, dass sie am Anfang des nächsten Jahres ordnungsgemäß erbracht werden. Gefährlich ist dies für die Beamten, weil eventuell das Unternehmen, das noch gar nicht oder unvollständig geleistet hat, nach Zahlung in Bankrott geht. Um diese Gefahr zu vermeiden, lassen sich Haushälter für die Behörde manchmal Bankbürgschaften von den Lieferanten geben.

Manchmal gibt es gegen Jahresende Haushaltssperren, um das (in manchen Fällen sinnlose) Geldausgeben zu unterbinden, jedoch führen diese mitunter nur zu einer Vorverlegung der Ausgaben, dem Novemberfieber. Haushaltssperren können natürlich auch schon zu Beginn eines Haushaltsjahres verhängt werden bzw. ein Ansatz überhaupt erst zum Oktober oder November des laufenden Jahres freigegeben werden (aus unterschiedlichen Gründen, beispielsweise um durch Zinseinnahmen einen ausgeglichenen Haushalt zu erzielen); in diesem Fall liegt die Ursache für die „fieberhaften“ Ausgaben in den letzten Monaten des Jahres also nicht bei der betreffenden Behörde.

Negative Folgen

Ein solches Dezemberfieber stellt einen Verstoß gegen zwei Haushaltsgrundsätze dar. Erstens dürfen Ausgaben nur getätigt werden, wenn sie notwendig, und zweitens auch erst dann, wenn sie fällig sind. Bei richtiger Betrachtung wird Behörden auch gar kein Geld zugewiesen, sondern die Haushaltsansätze stellen lediglich eine Ermächtigung dar, eine bestimmte Summe zu Lasten der jeweils zuständigen öffentlichen Kasse auszugeben. Das Geld, eigentlich die Ansatzsumme, in einem Haushaltsansatz existiert also nicht wie auf einem Girokonto oder Sparbuch, sondern stellt nur die Höhe der Ermächtigung dar, auf die reale Geldsumme zum Beispiel auf dem Konto einer Landeskasse per Kassenanordnung zuzugreifen, die dann an einen Lieferanten auszahlt. Das Ausnutzen der Ermächtigungen am Jahresende für Leistungen, die nicht benötigt werden, erhöht sinnlos die Verschuldung des Landes, das Vorziehen der Beschaffung von nötigen Leistungen und das Vorziehen der Bezahlung von nötigen Leistungen vor Fälligkeit erhöht die Zinslast des Landes, weil der Kredit früher aufgenommen werden muss.

Dezemberfieber in der Wirtschaft

Ein ähnliches Verhalten wird auch in Großunternehmen mit Kostenstellenplanung beobachtet, bei der sich die Budgethöhe des Folgejahres am Vorjahr orientiert.

Abmilderung durch Reformen

Oft wird das Dezemberfieber dem buchhalterischen System der Kameralistik angelastet, weil es dazu zwingt, Haushaltsmittel bis zum Jahresende auszugeben; es kommt aber auch in der Doppik vor. Tatsächlich resultiert es aus dem Haushaltsgrundsatz der Jährlichkeit.

In einigen Bundesländern sind beispielsweise in Hochschulen sogenannte Globalhaushalte eingerichtet worden, die sowohl das Verschieben von Geldmitteln zwischen einzelnen Töpfen erleichtern als auch die Möglichkeit einräumen, überzählige Gelder in das nächste Haushaltsjahr hinüberzuretten. In Rheinland-Pfalz dürfen Hochschulen z. B. 75 % der am Jahresende nicht verbrauchten Mittel aus dem Personalbereich in festzulegende Titel im Bereich Personal und Sachausgaben übertragen, bei Übertragung in den Investitionsbereich dürfen sogar 100 % übertragen werden. Restliche Sachmittel können zu 75 % in Sachtitel oder 100 % in Investitionstitel übertragen werden. Restinvestitionsmittel können zu 100 % in Investitionstitel des Folgejahres übertragen werden. Normalerweise können reguläre Haushaltsmittel nur zur Vollendung nicht am Jahresende abgeschlossener Vorhaben ins Folgejahr übertragen werden.

Harmlose Gründe

Statistiken über den Geldverbrauch der öffentlichen Verwaltung zeigen einen gleichmäßigen Geldfluss im restlichen Jahr, aber einen signifikanten Anstieg am Jahresende. Der Anstieg der Ausgaben kurz vor Jahresschluss hat teilweise aber auch einfache und harmlose Gründe. So werden, wenn die Haushalte gegen Ende des Jahres die Liste der offenen Bestellungen durchgehen, Firmen und Auftragnehmer oft gedrängt, die Leistung endlich zu erbringen. Auch werden Firmen, die die Leistung erbracht, aber noch keine Rechnung gestellt haben, gedrängt das zu tun, weil die Haushalte nicht mit zahlreichen offenen Fällen in den Jahresabschluss gehen wollen. Die Haushälter wollen also ohne Festlegungen in das neue Jahr gehen.

Möglich ist auch, dass der Haushalt einer Institution so eng ist, dass der Haushälter eine kleine Reserve für unerwartete Ausgaben wie Schäden an Maschinen oder Gebäuden vorhalten muss. Deshalb schiebt er an sich nötige Investitionen auf, bis das Jahr fast um ist und es unwahrscheinlich wird, dass noch größere Schäden auftreten. Dann verbraucht er die nun voraussichtlich nicht mehr benötigte Reserve rasch für nötige oder wenigstens sinnvolle Beschaffungen.

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