Dezimalklassifikation

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Als Dezimalklassifikation bezeichnet man eine universelle Klassifikation zur Einteilung und Beschreibung von Wissen, die von Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) für Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel (1633–1714) entwickelt wurde. Leibniz war dort als Hofhistoriograf angestellt und für die Herzog August Bibliothek in Hannover und Wolfenbüttel zuständig, für die er die Dezimalklassifikation erstmals einsetzte.

Die Dezimalklassifikation basiert auf dem Dezimalsystem und teilt Wissen in zehn (Grund-)Kategorien ein, die jeweils in zehn Unterkategorien gegliedert werden; die Unterkategorien werden wiederum in jeweils zehn Unter-Unterkategorien aufgeteilt usw.; dieses Klassifikationsschema ist – im Gegensatz zu späteren Systemen – nicht genormt, kann also frei an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst werden.

Eine allgemein gehaltene Klassifikation für eine Bibliothek könnte folgendermaßen aufgebaut sein:

0: Allgemeines, Lexika, Wörterbücher
1: Literatur
2: Philosophie
3: Geschichte
4: Sozialwissenschaften (Anthropologie, Linguistik, Soziologie, Ethnologie)
5: Recht, Staat, Wirtschaft
6: Naturwissenschaften
7: Kunst
8: Musik
9: Reisen, Länderkunde

Anschließend werden die einzelnen Kategorien in Unterkategorien verzweigt; für Hauptkategorie 1 Literatur könnte die Einteilung folgendermaßen aussehen:

1.0: Epik (Roman)
1.1: Lyrik (Poesie)
1.2: Dramatik (Theater)
1.3: Märchen
1.4: Essay
1.5: Aphorismus
1.6: Briefe
1.7: Tagebücher, Memoiren
1.8: Übersetzungen
1.9: Literaturkritik

Eine alternative Einteilung könnte folgendermaßen aufgebaut sein:

1.0: Antike
1.1: Mittelalter
1.2: Renaissance
1.3: Barock
1.4: 18. Jahrhundert
1.5: 19. Jahrhundert
1.6: 20. Jahrhundert
1.7: 21. Jahrhundert
1.8: Orient, Indien, China
1.9: Literatur der schriftlosen Kulturen

Nun kann eine weitere Gliederungsebene mit weiteren Unterkategorien angelegt werden; für die Unterkategorie 1.0 Epos (Roman) könnte die Einteilung folgendermaßen aussehen:

1.0.0: Das Versepos aus mündlicher Tradition
1.0.1: Das Kunstepos (Vergil, Dante, Milton)
1.0.2: Der antike Roman
1.0.3: Das höfische Epos
1.0.4: Der Roman in Prosa (16. und 17. Jahrhundert)
1.0.5: Der Briefroman
1.0.6: Der Liebesroman
1.0.7: Der humoristische Roman
1.0.8: Der Entwicklungsroman
1.0.9: Der historische Roman

Die Dezimalklassifikation wurde um 1876 von Melvil Dewey erweitert und vor allem im angloamerikanischen Sprachraum unter der Bezeichnung Dewey-Dezimalklassifikation (DDC) bekannt. Das heute am häufigsten verwendete System ist die von Paul Otlet und Henri La Fontaine Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte Universelle Dezimalklassifikation (UDK; auch: Internationale Dezimalklassifikation).

In der Bibliothekswissenschaft bezeichnet man die Objekte, die klassifiziert werden, als Dokumentarische Bezugseinheit (DBE). Bei der Dezimalklassifikation handelt es sich um eine Analytische Klassifikation, die vom Allgemeinen zum Besonderen verzweigt (ramisiert); sie präkoordiniert das Wissen monohierarchisch, das heißt, es gibt jeweils nur einen Oberbegriff.

Siehe auch

Weblinks