Diskussion:Die pornographische Phantasie

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Der Artikel „Die pornographische Phantasie“ wurde im Juni 2021 für die Präsentation auf der Wikipedia-Hauptseite in der Rubrik „Schon gewusst?vorgeschlagen. Die Diskussion wird voraussichtlich hier archiviert. Der Artikel wurde nicht auf der Hauptseite präsentiert.

Seitenangaben

Am Ende vieler Abschnitte befinden sich Seitenangaben. Meiner Meinung nach stören sie doch arg den Lesefluss und lassen den Artikel so wie eine Hausarbeit für die Uni wirken. Im Gegensatz fehlen in einigen Absätzen Quellenangaben. Sind diese Absätze belegbar oder handelt es sich um Interpretationen der Person, die den Artikel verfasst hat? Hier sollte Wikipedia:WWNI beachtet werden. --Elfabso (Diskussion) 01:08, 13. Jun. 2021 (CEST)

Danke für den hilfreichen Hinweis, vier Augen sehen immer mehr als zwei. Ich werde in den nächsten Tagen die vermissten Nachweise ergänzen und die Seitenzahlen in Fußnoten packen. --Stilfehler (Diskussion) 17:55, 13. Jun. 2021 (CEST)

Review (13.–25. Juni 2021)

Die pornografische Phantasie (engl. Originaltitel: The Pornographic Imagination) ist ein Essay, den Susan Sontag erstmals 1967 in der Zeitschrift Partisan Review veröffentlicht hat. Sie begründet darin ihre Auffassung, dass pornografische Texte ernsthafte und sogar gehobene Literatur sein können. Im Anschluss an diese Überlegungen plädiert sie für eine generelle Erweiterung des Literaturbegriffs.

Nicht ganz einfach verdaulich (wie jemand an anderer Stelle bereits angemerkt hat), aber nach meiner Einschätzung extrem spannend, nicht nur weil hier die konservative Literaturkritik und Literaturwissenschaft eine satte Breitseite bekommt. Man fragt sich auch, warum sich der feministische Pornografiestreit an Sontags rotzfrecher und kluger Parteinahme nicht viel stärker abgearbeitet hat. Kandidatur ist vorstellbar, Kritik wäre jetzt sehr hilfreich. --Stilfehler (Diskussion) 20:18, 13. Jun. 2021 (CEST)

Ein sehr professionell und offensichtlich mit viel Sachkenntnis geschriebener Artikel. Folgendes ist mir aufgefallen (ohne dass ich schon alles gelesen habe):

  • Die Abschnittsüberschrift Die pornografische Phantasie finde ich zu unspezifisch. Inhaltsangabe oder ähnlich wäre treffender.
  • Die Rezeption dürfte gern länger sein.
  • Folgender Satz ist irgendwie unvollständig und dadurch unverständlich: Die Gründe, aus denen Richter Bryan, statt die Unschädlichkeit von Pornografie aufweisen, ...
  • Auch bei folgendem, sehr langen Satz scheint etwas zu fehlen: Dennoch befand Sontag sich damit im Gegensatz zur Mehrzahl der Teilnehmer ...

--Stegosaurus (Diskussion) 17:49, 14. Jun. 2021 (CEST)

Klasse, danke fürs Lesen! Ich werde das in den nächsten Tagen abarbeiten. Gruß, --Stilfehler (Diskussion) 21:10, 14. Jun. 2021 (CEST)

Ich finde, der Umfang der Rezeption steht mit dem Umfang der Inhaltswiedergabe in einem Missverhältnis. Normalerweise könnte man bei einer so umfangreichen Inhaltsbeschreibung auch eine mindestens ähnlich lange Rezeption erwarten. Doch der Rezeptionsabschnitt ist nur recht kurz, die Außen- und Nachwirkung des Essays scheint begrenzt. Es stellt sich daher die Frage, ob eine so lange und ausführliche Inhaltsbeschreibung gerechtfertigt ist. Meine Haltung dazu stammt allerdings aus der Erfahrung mit Film- und Serienartikeln, sodass ich mir unsicher bin, ob man bei einem Essay-Artikel wie diesem ähnlich argumentieren kann. Ich habe auch etwas den Eindruck, dass hier das Thema des Essays (pornografische Texte als gehobene Literatur) stärker (zu stark?) diskutiert wird als der Essay selbst, somit besteht die Gefahr des Vorwurfs, den Kern des Artikelgegenstands zu verfehlen. Dies nur einige Eindrücke, sicher bin ich mir nicht.--Stegosaurus (Diskussion) 10:00, 18. Jun. 2021 (CEST)

Ich verstehe. Die Rezeption ist bei diesem Essay, soweit ich welche habe ausgraben können, aus verschiedenen Gründen allerdings tatsächlich ziemlich schmal. Selbst was ich aus dem Feminismus berichten konnte, ist streng genommen eher ein Ignorieren des Essays als eine Rezeption, denn Ästhetisches interessiert die Pornogegnerinnen schon von ihrem Argumentationsansatz her nicht. Die Sex-positiven Feministinnen habe ich noch auf meiner ToDo-Liste (habe aber auch hier wenig Hoffnung). Die beste Spur scheint mir im Moment die Paraliteratur-Bewegung zu bieten (darum habe ich auch die auf meiner ToDo-Liste), aber auch für die war Sontags Essay bestenfalls eine Anregung unter vielen. Kurz: Wo nichts ist, kann man auch nichts schreiben.
Ein weiterer Plan, den ich davon unabhängig verfolge, ist eine Straffung des Essay-Inhalts, verbunden mit einer verbesserten Darstellung dessen, was Sontag eigentlich sagen will. Da steht mir im Moment noch zu viel drin, was etwas obskur oder ungereimt klingt, etwa in dem Abschnitt übers Obszöne. Sontag scheint eine kleine Tendenz zur intellektuellen Koketterie zu haben, sie hält mit ihrem Wissen gelegentlich hinterm Berg und macht stattdessen Andeutungen, die nur sehr stark Belesene verstehen. Das zu detektieren, zu kapieren und mit expliziten Informationen zu ergänzen ist für mich im Moment die eigentliche Herausforderung. Vielleicht kommt ja auch hier im Review noch mehr dazu. --Stilfehler (Diskussion) 15:55, 18. Jun. 2021 (CEST)

Zu „Jacques Rivière hatte, aus denselben Gründen wie Sontag, eine Revision des Literaturbegriffs bereits 1924 angemahnt. Nicht nur hat die Mainstream-Literaturkritik diese Forderung nicht zur Kenntnis genommen, sondern die sogenannte „experimentelle“ und „Avantgarde“-Literatur wurde, etwa von Leslie Fiedler, auch wiederholt für tot und erledigt erklärt“: Ist vielleicht krumm formuliert und anders gemeint? Im Moment scheint mir der Satz

  1. Leslie Fiedler zu einem Vertreter der "Mainstream-Literaturkritik" zu erklären und ihm
  2. zu unterstellen, er habe den Schuss nicht gehört und beharre trotz Rivieres "Revision" auf einem altmodischen und längst überkommenen Literaturbegriff

Das Gegenteil ist natürlich der Fall: Fiedler war das enfant terrible der amerikanischen Literaturkritik schlechthin, die Nemesis des Mainstream sozusagen, und hat so viel wie kaum ein zweiter dazu beigetragen, all das zum Gegenstand der Literaturkritik zu adeln, was du unter "Paraliteratur" subsumierst: SF, Pulp, Horror, Pornografie usf. (zu Fiedler & Pornografie s. insbesondere Cross the Border — Close the Gap). Richtig ist, dass Fiedler Literature mit capital L (bzw. literatoor...) und insbesondere die mutwillig schwierige, exaltiert künstliche Avantgarde-Literatur der Moderne für tot erklärt hat (s. What was Literature?), aber da ist er mit der Sontag (und vermutlich auch mit Riviere) doch vollkommen d'accord; im Moment liest es sich aber so, als wären Sontag und Fiedler polare Gegensätze. --2003:DA:A718:C00:34BC:77E:B13F:D863 17:42, 19. Jun. 2021 (CEST)

Täusche ich mich, oder findet sich im Kapitel "Rezeption und weitere Entwicklung des Diskurses" eigentlich gar keine Rezeption, sondern nur die "weitere Entwicklung des Diskurses"? Ich sehe da allerhand themenverwandtes, aber eigentlich so recht nix und niemanden, das/der sich tatsächlich auf den Sontagschen Essay bezöge. Ebenso geht's mir mit dem Kapitel zur Paraliteratur, da wird der Eindruck erweckt, die Sontag sei grundlegend für oder unzertrennlich verbunden mit diesem Begriff, den sie tatsächlich ja gar nicht verwendet. --2003:DA:A718:C00:34BC:77E:B13F:D863 18:12, 19. Jun. 2021 (CEST)

Das sind gute und sehr stichhaltige Punkte, danke für dieses sehr hilfreiche Feedback! Im „Rezeptions“abschnitt hangle ich mich zugegebenermaßen deshalb an thematisch Verwandtem entlang, weil ich echte Rezeption bisher gar nicht gefunden habe. Herumeiern ist natürlich keine Lösung. Sehr dankbar bin ich dir auch für die Bemerkungen zu Fiedler. Ich werde mich da in den nächsten Tagen einlesen (Postmoderne ist für mich trotz Germanistikstudium Neuland). --Stilfehler (Diskussion) 02:28, 20. Jun. 2021 (CEST)
Die Germanistik (oder vllt. auch eher das deutsche Feuilleton) hat sich anno 1968 sogar eine ausgewachsene "Fiedler-Debatte" geliefert. Dieser Text hier gibt einen guten Überblick, die Sontag wird auch erwähnt, allerdings wird nicht auf The Pornographic Imagination, sondern auf Notes on Camp referiert. Und a propos Notes on Camp fällt mir auf, dass dieser viel bekanntere Sontagsche Text im Artikel zur Pornographic Imagination gar nicht genannt wird, obwohl die beiden Essays doch eine durchaus ähnliche Thematik haben (beide versuchen eine Ästhetik des "Schunds" zu formulieren und widmen sich übel beleumundeten, der sexuellen Perversion verdächtigen Hervorbringungen der Massen- bzw. Subkultur). Vielleicht wäre es erhellend, den Essay im Sontagschen Werkzusammenhang und insbes. ↔ Notes on Camp zu betrachten? --2003:DA:A718:C00:34BC:77E:B13F:D863 09:19, 20. Jun. 2021 (CEST)
Danke für diese sehr hilfreichen Hinweise und Ideen! Literatur und Kritik an der Mainstream-Literaturkritik spielt bei Sontag eine so große Rolle, dass sich wahrscheinlich auch an anderer Stelle noch etwas findet (eine Sontag-Konkordanz wäre hilfreich :-). Auf Werkzusammenhang wäre ich, obwohl das absolut naheliegend ist, shame on me, ohne deinen Hinweis nicht gekommen (danke!), das klingt mir wie eine Herausforderung. Nachdem ich gerade mal einen Blick in den NGram Viewer getan habe (der Name des Essays peakt im Jahre 1994!), gehe ich jetzt auch davon aus, dass da viel mehr Rezeption sein muss. --Stilfehler (Diskussion) 17:18, 20. Jun. 2021 (CEST)

Hab mir gestern mal den Essay selbst vorgeknöpft - den ich zuvor gar nie gelesen hatte, bislang kannte ich den Inhalt nur aus zweiter Hand, also aus deinem Artikel - und bin jetzt doch etwas verwundert. Also insbesondere frage ich mich, wie du darauf kommst, Goodmans Pornography, Art, and Censorship zum Aufhänger zu machen? Nach der Lektüre deines Artikels hatte ich den Eindruck, dass Sontags Essay quasi eine Antwort auf Goodman ist, und sie sich also an ihm abarbeitet („In ihrem Essay Die pornografische Phantasie greift Sontag viele der von Goodman behandelten Punkte auf, geht aber darüber hinaus“, schreibst du einleitend); schließlich gönnst du Goodman ein ganzes Kapitel, und zwar das allererste, das den Titel "Kontext: Pornography, Art, and Censorship von Paul Goodman" trägt, mit auführlicher Zusammenfassung und vertiefenden Infos über den Lady-Chatterley-Prozess...aber all das spielt doch in Sontags Artikel eintlich keine Rolle? Goodman wird in Sontags Text nur vier (4) Mal erwähnt, wenn ich nix überlesen habe, und zwar beiläufig; zwei dieser vier Stellen entfallen auf knappe Bonmots (je ein Satz), die der Sontag offenbar gut gefallen haben und die sie daher einstreut - aber zu keiner Zeit und an keiner Stelle setzt sie sich mit den Goodmanschen Thesen auseinander, die du in deinem Artikel ausführlich rekapitulierst und mit Sontag abgleichst? Sontag nennt ja noch nicht einmal den Titel von Goodmans Essay, nichtmal inner Fußnote, sondern spricht bloß im Schlussabsatz von an essay on the subject some years ago‘: in „einem“ Essay „vor ein paar Jahren“ hat er mal was geschrieben... das will mir alles so gar nicht mit der Darstellung deinem Artikel zusammenpassen. Wie in Gottes Namen...? --2003:DA:A718:C00:34BC:77E:B13F:D863 16:13, 21. Jun. 2021 (CEST)

Stimmt, von „an Goodman abarbeiten“ kann keine Rede sein. Sicher hat sie Goodman rezipiert (es gibt von ihr, wie ich inzwischen gesehen habe, sogar einen eigenen Goodman-Essay) und Goodman ist mit seinem verdrucksten Blick auf Pornografie auch bei ihr angeeckt, aber weil sie ihn und (außer Elliott und Steiner) niemanden sonst explizit nennt, hat er von mir wohl mehr Aufmerksamkeit bekommen, als er verdient. Ich mag ihre Position so und würde den Essay gern im Kontext zeigen, werde aber langsam unsicher, ob ich da, weil ich nicht genug gelesen habe, nicht an meine Grenzen gerate. Wie auch immer, bevor ich irgendwelche größeren Entscheidungen treffe, werde mir erst einmal Zeit nehmen, um mehr von Sontags Essays zu lesen (auch z.B. The imagination of disaster) , und auch Fiedler und die Postmoderne interessieren mich jetzt natürlich. Weil ich damit genug zu tun habe, werde ich den Review wahrscheinlich bald pausieren lassen, aber später neu starten. Wenn du den Artikel weiter beobachtest, würde mich das sehr freuen. --Stilfehler (Diskussion) 22:51, 21. Jun. 2021 (CEST)

Ich würde den "Kontext" großräumiger abstecken: Anlass und Thema des Essays ist doch vor allem die scheußliche Diskrepanz, die die Sontag zwischen der französischen und der amerikanischen bzw. anglophonen Literaturkritik klaffen sieht, und sein Zweck ist es, diesen Abgrund zu überbrücken. Wieder und wieder kommt sie darauf zu sprechen, was die Franzosen den Amis und den Engländern im Diskurs mittlerweile alles voraus haben, oder andersherum betrachtet, was die Angelsachsen so alles verschlafen haben in den letzten paar Jahrzehnten. Scharfen Schüsse im Seitentakt:

  • The point would seem to be obvious. Yet, apparently, that's far from being the case. At least in America and England the reasoned scrutiny and assessment of pornography is held firmly within the limits of the discourse employed by psychologists […] (S. 206)
  • But nowhere in the Anglo-American community of letters have I seen it argued that some pornographic books are interesting and important works of art […] (S. 207)
  • There's another reason, apart from this categorizing of pornography as a topic of analysis, why the question […] has never been genuinely debated. I mean the view of literature itself maintained by most English and American critics […] (S. 207)
  • Simply extrapolating from the conception of literature maintained by most English and American critics today, it would follow that the literary value of pornography bas to be nil. But these paradigms don't stand up to close analysis in themselves, nor do they even fit their subject. (S. 208)
  • Only when English and American critics evolve a more sophisticated view of literature will an interesting debate get underway. (S. 209)
  • One would never guess from the confident pronouncements on the nature of literature by most American and English critics that a vivid debate on this issue had been proceeding for several generations […] (S. 210)
  • To this day, though, that ferment remains alien, unassimilated, and persistently misunderstood in the English and American world of letters […] (S. 211)
  • Now, the results of this intricate, one-eyed way of looking at modern literature have been several decades of unparalleled interest and brilliance in English and American-particularly American-criticism. But it is an interest and brilliance reared on bankruptcy of taste and something approaching a fundamental dishonesty of method. (S. 212)
  • […] that agonized reappraisal of the nature of literature which has been preoccupying literary Europe for more than half a century; but lacking that context, they must prove almost unassimilable for English and American readers […] (S. 212)
  • Two French books recently translated into English […] conveniently illustrate some issues involved in this topic, barely explored in Anglo-American criticism […] (S. 214)
  • The quality and theoretical density of the French interest in Sade remains virtually incomprehensible to English and American literary intellectuals […] (S. 217)

Usw. usf. - ein wüster Rundumschlag in der Anglosphäre ist das, ein Rufmassaker geradezu: in ihrem heiligen Zorn erklärt die Sontag unterschiedslos und ohne Rücksicht auf Einzelschicksale die gesamte schöngeistige "Anglo-American community" zu Banausen und metzelt jeden und alles nieder, was da kreucht und fleucht in der "English and American world of letters". Die Opfer sind also zahlreich, aber namenlos; außer ehmt Elliot und Steiner, die immerhin beiläufig erwähnt werden (je 1 Mal), was man wohl dahingehend deuten kann, dass Sontag diese Herren zumindest ein bisschen ernster nahm als den Rest, sowie Goodman aber auch der spielt in ihren Ausführungen trotz seiner 4 honorable mentions doch wirklich nur eine sehr kleine Nebenrolle. --2A01:C22:A5FD:7F00:7FB4:C953:DF0F:EC33 03:04, 23. Jun. 2021 (CEST)

Und noch ein paar lose Gedanken zum französisch-amerikanischen Kulturautausch, bzw. zu dessen Mangel:

  • Dass in US und UK nicht oder kaum registriert und rezipiert wurde/wird, was in F passiert, liegt zum Teil natürlich schlicht daran, dass die allerwenigsten amerikanischen Leser am frz. Diskurs teilhaben können, alldieweil sie kaum oder gar kein Französisch können - anders als die Sontag, die ja mühelos & fließend français parlierte, an der Sorbonne studiert hat, vor und nach 1967 öfter und lange in Paris lebte und viele frz. Intellektuelle nicht nur im Original gelesen, sondern persönlich getroffen, wenn nicht sogar unter den Tisch getrunken hat. Das schreibt sie in ihrem Essay so natürlich nicht, aber dass die Sontag mindestens so sehr in der französischen wie in der amerikanischen Geistestradition geschult ist und sie öfter eine Vermittlerrolle zwischen diesen beiden Welten gespielt/an sich gerissen hat, ist wohl als "Kontext" nicht ganz unwichtig. (Mangelnde Französischkenntnisse kann man allerdings & zugegebenermaßen gerade George Steiner, der bei Sontag namentlich als altmodischen Vertreter bzw. Verteidiger angelsächsischer Prüderie genannt wird, nicht unterstellen, denn er hat schließlich den umgekehrten Weg hinter sich, also von Paris nach New York; wie übrigens auch Jacques Barzun, der aber schon in den 1960ern ziemlich aus der Zeit gefallen wirkte; aber das sind Ausnahmen...)
  • Dass es Sontags Anliegen/Auftrag ist, die amerikanische Literaturkritik auf Augenhöhe zur französischen zu stemmen, scheint mir übrigens auch der ursprüngliche Publikationsrahmen nahezulegen, das war nämlich nicht irgendeine, sondern eine programmatische Sondernummer (Special Issue) der Partisan Review, die zwar unter dem Motto What's Happening to America steht, und Comments from at home and abroad (s. Digisat der Titelseite) versammelt, aber eigentlich gehts dort vor allem um Frankreich: An erster Stelle kommt Sontags Essay, gefolgt von Leo Bersanis Beitrag Criticism, French Style, der topaktuell über die Theorietrends auf den Pariser Laufstegen informiert: Barthes und Foucault schon wieder démodé, der heiße Scheiß in diesem Sommer ist Lacan, usw....Jedenfalls verfolgen Sontag und Bersani denselben Bildungsauftrag: Vermittlung französischen Geistesguts an das amerikanisches Publikum, damit es den Anschluss an die intellektuelle Weltspitze nicht verliert. Ich schätze mal, dass das kein Zufall ist, sondern von Rahv, also dem Herausgeber der Partisan Review, genau so angeleiert & in Auftrag gegeben wurde? (In Westdeutschland hat man zu dieser Zeit ja ebenfalls befürchtet, im internationalen Theoriewettrüsten abgehängt zu werden, und damit begonnen, das französische Arsenal ins Deutsche zu übersetzen, s. Der lange Sommer der Theorie, aber das nur am Rande...)
  • Das gleiche Feld wie Bersani und Sontag beackert übrigens exakt zur gleichen Zeit - und auch zuvor schon - Gore Vidal: In French Letters: Theories of the New Novel (erschienen in Encounter, Dezember 1967) erklärt er ausführlich, was die Herren und Damen Sarraute, Robbe-Grillet usw. unlängst so alles ausgeheckt haben in Frankreich, ohne dass jemand in den USA davon Kenntnis nähme - mit Ausnahme von Susan Sontag. Er schreibt ausdrücklich und anerkennend (was beim notorisch arroganten Vidal an ein Wunder grenzt): Among American commentators, only Susan Sontag in Against Interpretation and Other Essays, published in 1966, has made a sustained effort to understand what the French are doing, and her occasional essays on their work are well worth reading. Die Sontag scheint ihm also mindestens brauchbar bei seinem erklärten Ziel, den sittlichen Verfall der amerikanischen Gesellschaft und Literatur aktiv zu befördern, bis mindestens französische Zustände erreicht sind, bei gleichzeitiger Anhebung des amerikanischen Intellekts auf europäisches Niveau (um die amerikanische Leserschaft ins Verderben zu locken, hat ja bereits 1940ern den Schweinkram von Anais Nin beworben, aber auch das sei nur ganz am Rande erwähnt...)

Soviel fürs Erste...--2A01:C22:B0AD:5500:C8E4:870C:316:6649 12:53, 23. Jun. 2021 (CEST)

Diese Agenda wird schon allein deutlich, wenn man sich Sontags Essaywerk mal als Ganzes ansieht… Danke, (ich hatte es direkt vor Augen und habe es nicht gesehen) das ist extrem hilfreich! --Stilfehler (Diskussion) 16:11, 23. Jun. 2021 (CEST)

Eine Kleinigkeit, die mir gerade erst auffiel: Das Lemma scheint zwischen neuer und alter Rechtschreibung hin- und hergerissen zu sein - mMn sollte man aus beiden ph ein f machen oder aus keinem (plädiere für Letzteres). Nur aus einem ist weder Phisch noch Fleisch...--89.14.242.185 22:27, 23. Jun. 2021 (CEST)

Danke für den Hinweis, ich muss das mal komplett durchprüfen. Wir haben eine Richtlinie, nach welcher fürs Lemma die Originalrechtschreibung in der Veröffentlichung verwendet werden muss. Obwohl ich selbst die reformierte vorziehe, würde ich um der Einheitlichkeit willen, wenn es irgendwie geht, die im Lemma verwendete durchziehen. --Stilfehler (Diskussion) 15:51, 24. Jun. 2021 (CEST)
Die angegebenen deutschen Übersetzungen schreiben aber „pornographische Phantasie“. Auch die aktuellste (?) Ausgabe schreibt es so. --Redrobsche (Diskussion) 20:24, 24. Jun. 2021 (CEST)
Danke, das hatte ich aus den Augen verloren. Ich habe die Seite entsprechend verschoben und das Lemma angepasst. --Stilfehler (Diskussion) 17:46, 25. Jun. 2021 (CEST)

Moderne Rechtschreibung

Zu dieser Kleinigkeit habe ich trotzdem noch mal eine Frage: Bei duden.de wird sowohl pornographisch als auch Phantasie als „Alternative Schreibung“ zu der „Von Duden empfohlene Schreibung“ pornografisch bzw. Fantasie eingeschätzt. Warum steht jetzt im Artikel, die moderne Rechtschreibung sei Die pornografische Phantasie? --Redrobsche (Diskussion) 17:44, 28. Jun. 2021 (CEST)

Die pornografische Phantasie deshalb, weil der Essay im Web (Google Books eingeschlossen) häufig auch unter diesem Titel zu finden ist. Von den beiden (!) zulässigen Schreibweisen Phantasie und Fantasie empfiehlt der Duden zwar die letztere, bezogen auf Sontags Essay ist die Schreibung Fantasie aber weitaus weniger verbreitet als Phantasie. Wenn bezogen auf Werktitel Hinweise auf moderne orthografische Varianten aufgeführt werden, so geht es, denke ich, an dieser Stelle nicht darum, die Leser über die aktuellen Rechtschreibregeln (oder gar Dudenempfehlungen) zu unterrichten, sondern nur darum, die tatsächlich verbreiteten Schreibvarianten des jeweiligen Werktitels aufzuweisen. --Stilfehler (Diskussion) 20:40, 28. Jun. 2021 (CEST)