Diskussion:Gustav Nehrlich

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Einige Anmerkungen zum Artikel und wichtige Links

Aus Interesse auf den Artikel gestoßen, aber wo anfangen? Auffallend ist nicht nur hier, dass Künstlerlexika Fehler oft tradierten. Auch sind Zufallsfunde nicht aussagekräftig, etwa der „Nekrolog“ in Ludwig v. Schorns "Kunstblatt" vom Juni 1840, denn Nehrlich starb nicht 54-jährig (das Blatt verwechselte die typografisch ähnliche 3 mit 5, ein häufiger Fehler). Siehe: [1]; [2], hier kommt noch die Anschlussnummer 70 vom 10. März 1840 hinzu; sowie [3]. Übrigens findet sich auch der Name und das Todesdatum seiner Frau: Jakobine, geb. Heimüller, [4]. Für sie gibt es noch andere zeitgenössische Quellen.

Der Abschnitt „Abweichende Angaben“ (zudem 3x Nehring statt Nehrlich) kann ebenso samt Einzelnachweise 4 bis 6 ganz raus, denn die irrige, aber längst korrigierte Nennung des väterlichen, angeblich gleichlautenden Vornamens, geht auf Nagler zurück.

Wer aber war der Graf Demidoff? Man sollte meinen, dieser Jahresbericht des Kunst-Vereins München konnte mit Zahlen, Vornamen usw umgehen: [5]. Aber der Nachruf irrte mehrfach und trotzdem ist er wichtig. Der russische Edelmann bekam hier den Vornamen „Demetrius“. Doch unten im Text dann Anatole von Demidoff, so dass deutlich wird, dass es sich um den Bruder Pawel Nikolajewitsch Demidow handelte. Und der starb am 5. April 1840 in Mainz, wie es - das Jahr korrekt - in dem Nachruf des Kunst-Vereins auf Nehrlich steht. Und, nicht in Hechingen lebte die Familie 1840, sondern seit März 1839 in München; offenbar aber war Gustav Nehrlich schon zuvor gänzlich und gegen Gehalt für Demidoff tätig. --Imbarock (Diskussion) 17:03, 30. Okt. 2021 (CEST)

Ein fast zwingender Hinweis auf Nehrlichs Geburtsdatum im von Eduard Duller hrsg „Deutsches Stammbuch“ von 1838, Seite VIII ([6]). Demnach wurde er am 24. Oktober 1805 in Karlsruhe geboren. Die Angabe ist glaubhaft, denn Duller arbeitete mehrfach mit Nehrlich zusammen. Etwa in einem 2 x 1,3cm [sic!] kleinen Karlsruher Miniaturkalender „Almanach auf das Jahr 1838“ oder der ebenso winzige Karlsruher „Bijoux-Almanach auf das Jahr 1836“ (und auf 1839) mit jeweils 12 niedlichen Compositionen von G. Nehrlich. Gustav war demnach bei seinem Tode 34 Jahre alt, was einerseits den Zahlendreher „5“ statt „3“ im „Kunstblatt“ erklärt, andererseits auch der ältere, ausführliche Nachruf („Edle Handlung“) in der „Bayerischen National-Zeitung“ vom 21. April 1840 bestätigt, hier war er ebenso 34 Jahre alt (= obiger Link3). Entgegen stehen der obige Link2 vom 9. März 1840, übernommen von Link1 vom 11. März, je die Angabe „33 J. alt“. Das aber war wohl ein Irrtum, denn selbst wenn er im Oktober 1807 geboren worden wäre, dann starb er im März 1840 mit 32 Jahren. Gerade G. K. Naglers, „Neues allgemeines Künstler-Lexicon“, 10. Band, Mü 1841, S. 179 (geschrieben deutlich vor dem Tode Nehrlichs) legte den „Grundstein“ für die stets vage Annahme 1807. Duller 1837/38 ist die einzige präzise Angabe. Von wem sonst, als von Nehrlich selbst hatte Duller die Geburtsdaten. Ich warte aber ab. --Imbarock (Diskussion) 15:43, 7. Nov. 2021 (CET)

Bildnis Kaspar Hauser

Die Datierung des Hauser-Porträts auf 1830 ist fraglich. Im „Karlsruher Unterhaltungsblatt“ von 1835 wurde die Abbildung ohne die Signatur „G.Nehrlich“ erstmals veröffentlicht, auch in dem anschließenden, mehrteiligen Text „Kaspar Hauser“ steht nur zu Beginn „Mit einem Bildnisse“. Dies, obwohl derselbe Band des Blatts zahlreiche und explizit von Gustav Nehrlich signierte Illustrationen aufweist. Auf Wikimedia-Commons ([7]) findet sich seit Juni 2015 dasselbe Porträt, aber eben mit Signatur. Woher es die Benutzerin „Pedantin9“ hatte, wurde nicht offen gelegt. Sicher war es nicht das stockfleckige Bild, abgebildet in Mayer/Tradowsky (1984) S. 422, welches S. 790, Anm. 121 aus „Privatbesitz“ stamme. Die beiden Autoren schrieben, dass das Porträt von G. Nehrlich mit der „eigenhändigen Widmungszeile“ Kaspars versehen sei (also: Kaspar Hauser Nürnberg den 4ten July 1830). Aber was besagt das? Für Mayer-Tradowsky ist das von Nehrlich signierte Blatt ein Kupferstich, bei Gebert in Nürnberg, anlässlich der Auktion einer „Kaspar Hauser-Sammlung“ am 6. Juli 1927 ([8]) ein Stahlstich.

Frappierend bleibt, dass Johann Lorenz Kreul, siehe auch die jüngste Diskussionsseite Kaspar Hauser, am 17. Juni 1830 Kaspar ungefragt bei Biberbach abgeholt [habe], um ihn für Feuerbach zu malen. Tatsächlich ist das eine Bild (ursprünglich das Pastell von Kreul, dann 1832 für Feuerbachs Buch von Fr. Fleischmann grafisch umgesetzt) ohne das andere (von G. Nehrlich) nicht denkbar. Für Nehrlich war das Porträt von Kreul möglicherweise die Vorlage. Aber warum übernahm dann Nehrlich das Faksimile einer Hauser-Unterschrift, datiert auf den 4. Juli 1830? Da stimmt etwas nicht, ähnlich nämlich die „schlechte“ Radierung Hausers des Christoph Veit Schellhorn, die ebenso einen datierten Namenszug Hausers aufweist: Kaspar Hauser am 7ten November 1830, Verlag Eichhorn in Nürnberg, welches Bild bereits Giehrls Buch „Kaspar Hauser der ehrliche Findling“ von 1830 beigegeben war. Ganz anders die Lithografie des Frankfurters Johann Nikolaus Hoff (1798-1873), die mit Abstand beste Kopie nach Kreul und gerade sie könnte die Vorlage für Nehrlich gewesen sein. Im „Allgemeiner Portrait-Katalog von W.E. Drugulin“, Leipzig 1860, wird sie auf S. 314 geführt als: fol. Kreul p. ad viv. 1830. J.N. Hoff lith. Wie kann es sein, dass das für Feuerbach persönlich (dann auch eine Doublette für Daumer) gemalte Bild Kreuls kurz nach seiner Entstehung im Juni 1830 von Hoff und Nehrlich kopiert werden konnte? Unbekannt bleibt, von welchem Verlag Nehrlichs Bildnis „gestochen“ wurde. Die Auflage muss klein gewesen sein, denn bislang ist es nicht gelungen eine Verkaufsanzeige in zeitgenössischen Zeitungen zu ermitteln. Womöglich war es nicht Nehrlich, der Hausers Faksimile-Schrift unter sein Bild setzte, sondern der unbekannte Verleger. Was den Verzicht auf die Signatur „G. Nehrlich“ im Karlsruher U-Blatt 1835 bewirkte, mag die Gratwanderung bzgl des Badengerüchts gewesen sein. Einerseits war der Vater Gustavs, Carl Nehrlich, in Karlsruhe in Ungnade gefallen (seine für 1828 projektierte, literarisch-künstlerische Zeitschrift „Die Jahreszeiten“ wurde nach dem Probeblatt verboten, er verlor auch seinen „Job“ beim Hoftheater), andererseits porträtierte sein Sohn Gustav noch 1835 Großherzog Leopold mit Familie und der Artikel „Kaspar Hauser“ im Unterhaltungsblatt vermied es sorgfältig das Badengerücht direkt zu erwähnen. Fazit: Ob Nehrlich noch 1830 seine Kopie des Kreul-Porträts von KH vornahm und dies auch noch wenige Tage, Wochen, nach Kreul, bleibt eine offene Frage. Beide scheinen sich indes nicht gekannt zu haben, keinerlei Hinweise vorhanden. --Imbarock (Diskussion) 18:29, 6. Nov. 2021 (CET)

Ein Umweg führt über Gustav Nehrlichs Schillerbildnis, das in der Nr. 35 /1834, nach S. 136, Tafel XVIII, des Karlsruher Unterhaltungsblatts veröffentlicht wurde – mit Signatur Nehrlichs [9]. Es entstand als Lithografie nach Anton Graff. Nehrlich nutzte also für seine Porträts fast immer Vorlagen und jene die im Unterhaltungsblatt veröffentlicht wurden, entstanden folglich für und im Verlag von C. F. Müller / Karlsruhe, Buchdruckerei, Buchhandlung etc. Restbestände kamen später auf den antiquarischen Markt, daher auch so selten. --Imbarock (Diskussion) 17:45, 17. Nov. 2021 (CET)

Selbstbildnis, von 1832, 1829, sicher nicht von 1839

Schwierig, den EN 9 eines Auktionshauses aus dem Jahr 1951 zu überprüfen. Doch was ist damit: [10], „Kunst-Blatt“ Nr. 80 vom 4. Oktober 1832 zur Kunstausstellung in Karlsruhe im Mai 1832, Männliches Porträt, Miniatur, von G. Nehrlich. Ein vor seiner Staffelei sitzender Künstler etc. Zweifelsohne die Miniatur, welche 1951 versteigert wurde. Ein Selbstbildnis ist dadurch keinesfalls ausgeschlossen, aber 1839 kann nicht stimmen. Übrigens im selben Kunst-Blatt, Nr. 89, 6. November 1832, Fünfzehn bildliche Darstellungen aus Goethe's Faust in Conturen, von G. Nehrlich. Er hatte sie also in Karlsruhe mit ausgestellt. --Imbarock (Diskussion) 16:18, 7. Nov. 2021 (CET)

Und nun auch einen Beleg aus 1829 gefunden, Verzeichniss der Kunstausstellung der königlich bayerischen Akademie der bildenden Künste am 12. Oktober 1829, S. 29: [11] Das Miniaturgemälde mit der Nr. 354, Ein junger Maler, dürfte dasselbe Selbstbildnis sein. Würde auch den Fehler erklären, warum in der 1951er Auktion „1839“ angegeben war, statt „1829“. Tatsächlich zeigt das Bild – je nach Geburtsjahr 1807 oder 1805 - einen 22- bis 24-Jährigen und nicht einen 32- bis 34-Jährigen. 1832 kehrte Gustav zudem zurück nach Karlsruhe, weshalb er dort auch an der Ausstellung teilnahm.

Kurz noch zu den Karlsruher Adressbüchern: [12]. 1832 lebten in der Langestraße 124 in Karlsruhe K(arl) Nehrlich, Hofballettänzer u. Tanzlehrer, zusammen mit dem Zeichenlehrer (wohl der Vater Johann Karl) und in der Langestr. Nr. 169 ein Maler Nehrlich (= Gustav). 1838 Schwester Auguste als Balletttänzerin, Gustav ist auch noch aufgeführt. Das 1839er Adressbuch fehlt und 1840 fehlen sowohl Auguste als auch Gustav. 1845 lebte Gustavs Schwester Auguste (nun als Blumenmacherin) zusammen mit Gust. Malers Kinder in der Waldstr. 81. 1849 leben die Kinder noch in derselben Straße, Auguste jetzt in anderer Wohnung. 1852 das nächste Adressbuch: Tanzlehrer noch da, Kinder immer noch in der Waldstr. Ab 1853 nur noch des Tanzlehrers Witwe und deren Tochter. Der Tanzlehrer war Karl Nehrlich und offenbar der Bruder von Gustav, denn von einem Bruder sprach bereits Eduard Duller im „Deutschen Stammbuch“. --Imbarock (Diskussion) 15:19, 10. Nov. 2021 (CET)

Gustav kam 1831 zurück nach Karlsruhe, was dem langen Brief Karl Nehrlichs an Goethe vom 24. August 1831 zu entnehmen ist: [13]. Beschränkte Vorschau, aber dasselbe Buch, leider unpaginiert, mit dem ganzen Brief: [14]. In dem Brief finden sich weitere Details. Karl schreibt am Schluss: Mein Sohn ist erst 15 Jahre alt und giebt die schönsten Hoffnungen für die Zukunft. Dies kann nur falsch transkribiert worden sein oder Karl selbst hatte sich verschrieben. Es muss lauten „25 Jahre“, denn nur das passt zu dem im Okt. 1805 geborenen Gustav. Auch erfährt man, dass G. bereits in München und ohne Rücksprache mit dem Vater die Darstellungen zu Faust konzipiert hatte. Und nun sehe man sich das Selbstporträt erneut an, insbesondere den verschwommenen linken Ausschnitt einer Zeichnung. Ist denn darauf nicht ein stehender Knabe, ein kleines Teufelchen sowie Faust mit dem Pudel zu erkennen? Ein weiterer Beleg, dass das Selbstbildnis in München entstanden ist und darum auch 1829 dort erstmals ausgestellt war unter dem Titel: Ein junger Maler. --Imbarock (Diskussion) 17:05, 15. Nov. 2021 (CET)

Fazit und Ende

Die Recherchen der letzten Tage haben ergeben, dass den klassischen Künstlerlexika mit ihren knappen Einträgen oder irgendwelchen Auktionshäusern nicht zu trauen ist. Viel bedeutsamer sind zeitgenössische, nie berücksichtigte oder vergessene Informationen aller möglichen Provenienzen, die nach einem kritischen Abgleich wertvolle Angaben liefern können. Es ging hier also nicht um Theoriefindung, sondern um realistische Fakten. Zwar gibt es noch vereinzelt heutige Arbeiten (etwa Tim Zumhof, Die Erziehung und Bildung der Schauspieler …, 2018, siehe: [15], mehr über Nehrlichs Vater im Buch), aber das sind Spezialthemen. Ich breche jetzt meine Recherchen ab. Schön wäre es, wenn formal kompetentere NutzerInnen als ich, noch das ein oder andere Bild Nehrlichs einpflegen könnten. --Imbarock (Diskussion) 18:26, 10. Nov. 2021 (CET)

Taufbücher Hechingen

Ich wollte aufhören und dann doch dieser abseitige Fund aus dem Jahr 1960, S. 23: [16], "Zeitschrift Hohenzollefsche Heimat." Auch wenn alte Kirchenbucheinträge manchmal Namen verwechselten etc., hier passt alles! Dass der Vater zunächst Pastor war, dann wegen Brustbeschwerden Hofzeichnungsmeister in Hechingen wurde, ehe er mit der Familie nach Karlsruhe wechselte, das munkelten schon andere Quellen.Tatsächlich ist im ersten digitalisierten Adressbuch Karlsruhes von 1818 ein einziger Nehrlich geführt, „Zeichenmeister“, also der Vater. Wenige Jahre zuvor muss die Familie nach Karlsruhe umgezogen sein. Jetzt erfährt man, verspätet nach über 60 Jahren, dass Gustav tatsächlich am 24. Oktober 1805 geboren wurde (wie schon E. Duller in den 1830ern schrieb) und in Hechingen. Zwei Brüder folgten (darunter sicher der spätere Tanzlehrer) und zuletzt, 1814, die Schwester Auguste. Das Einarbeiten wird etwas dauern, gerade wenig Zeit. --Imbarock (Diskussion) 17:28, 11. Nov. 2021 (CET)

Karl Nehrlich und "Wittich"

Wie Vermutungen in der Forschung zur Gewissheit werden. Vater Karl Nehrlich schrieb nie unter dem Pseudonym „Wittich“. Seine Schriften wurden mit Nachnamen oder auch mal mit „N.“ veröffentlicht. Doch da waren die 'Weissagungen des Baktis' und Goethe. Gewiss ist, Karl versandte seine „Erklärungen“ der Weissagungen in Versform am 19. Oktober 1827 von Karlsruhe aus an Goethe. Die Literatur der letzten Jahrzehnte stützte sich stets auf Max Hecker, der 1910 und insbesondere 1935 über Nehrlich, Wittich und Goethe schrieb. Hier können sogar Nehrlichs Verse nachgelesen werden: [17], S. 161 – 173. Der mutmaßende Satz Heckers, S. 171: Er [=Landesdirektionsrat M.C.V.Töpfer] wird zu gleicher Zeit auch mitgeteilt haben, daß Nehrlich seine Distichen unter dem Decknamen Wittich veröffentlichen wolle. Das ist kein Beweis, sondern Heckers Interpretation im Rahmen der allgemeinen Reaktionen auf Goethes Neudruck(e) in 1827 und eben auf die „Weissagungen“ bzw auf die Briefe Karls 1831 an Goethe bezüglich Gustavs Zeichnungen. Dass jener „Wittich“ mit Nehrlich gleichzusetzen ist, war Heckers Vermutung. Im Gegenteil, „Herr Karl Nehrlich“ hat nie einen Hehl daraus gemacht, wer er ist. Selbst eine andere Vermutung, es könne sich bei „Wittich“ um einen unbekannten, aber interessierten Landschaftsmaler namens Dietz gehandelt haben, war wenig überzeugend. Viel eher wäre zu berücksichtigen gewesen, dass „Wittich“ mit der Verleger- und Buchhändlerfamilie Wittich zu tun hatte (entweder jene in Berlin, oder jene in Leipzig, Darmstadt). --Imbarock (Diskussion) 10:50, 14. Nov. 2021 (CET)