Diskussion:Kadavergehorsam/Archiv
Folgende Textpassage [< >] ist mir unklar: < ........... In der lateinischen Übersetzung heißt es 'perinde ac si cadaver essent', woraus das Missverständnis eines angeblichen „Kadavergehorsams“ entstanden zu sein scheint. (vgl. Literatur: Knauer). >
Sind denn die originalen Formulierungen des Ignatius von Loyola der Forderungen in den Konstitutionen für die Jesuiten in einer anderen Sprache als Latein abgefasst, so dass man von < In der lateinischen Übersetzung heißt es 'perinde ac si cadaver essent' > reden könnte? Wenn nicht, wie könnte der dann doch vermutlich originale lateinische Text “perinde ac si cadaver essent“ denn anders gemeint seint sein als: “ ebenso wie als wenn sie 'Kadaver' wären“ ? Vielleicht führen mich auch meine begrenzten Fertigkeiten (Schullatein) des Lateinischen in die Irre? -- 217.255.198.199 16:44, 26. Okt. 2008 (CET)
- Verspätete Antwort: Dein Latein trügt Dich hier nicht, mit "cadaver" ist tatsächlich nichts anderes als "Leichnam" gemeint. Die Constitutiones wurden von Ignatius aber auf Spanisch erarbeitet und dann von seinem Sekretär Juan Alfonso de Polanco ins Lateinische übersetzt. Ignatius selbst soll an dieser Stelle "cuerpo muerto" verwendet haben, den genauen spanischen Text dieser Stelle -- falls er erhalten ist --, kenne ich nicht, sondern nur eine Parallelstelle aus einem Brief Polancos vom 1. Juni 1555: "Desea en los de la Compañía vna resignatión de sus proprios voluntades, y vna indiferentia para todo lo que les fuere ordenado, lo qual suele significar por vn bastón de viejo, que se dexa mouer á toda la voluntad dél, o como de vn cuerpo muerto, que donde le lleuan va sin repugnatia ninguna."
- Weil der "Kadavergehorsam" der Jesuiten in der protestantischen und später der politischen Kritik eine nicht unerhebliche Rolle spielte, hatte der Orden in diesem Punkt besonderen Erklärungs- und Entlastungsbedarf. Eine m.W. erst neuere Erklärung besagt, daß Ignatius mit der minder eindeutigen Formulierung "cuerpo morto" statt eines Leichnams auch einfach nur einen leblosen Gegenstand gemeint haben könne, so wie den als zusätzlicher Vergleichsgegenstand genannten Stab in der Hand des Greisen. Außerdem hat man schon seit dem 16. Jh. (Robert Bellarmin) immer wieder darauf hingewiesen, daß der Vergleich der perfecta obedientia mit der Willenlosigkeit eines Leichnams jedenfalls nicht von Ignatius erfunden wurde, sondern schon bei Franz von Assisi erscheint (Thomas von Celano, Vita secunda, CXII, 152; Speculum perfectionis, cap. 48; Bonaventura, cap. VI, 4, 8ff.), wo mit "corpus mortuum" und "corpus exanime" in der grotesk-detaillierten Ausführung des Vergleichs (er wird u.a. in Purpur gekleidet und auf eine cathedra gesetzt) ganz eindeutig ein menschlicher Leichnam gemeint ist. Franziskus als Vorgänger spricht allerdings wieder gegen den jüngeren Entlastungsversuch, denn gerade aufgrund dieses Vorgängers scheint es naheliegend, daß Ignatius, der auch sonst so oft auf franziskanisches Vorstellungsgut zurückgreift, auch mit seinem "cuerpo muerto" nicht eine beliebige leblose Sache meinte, sondern an genau diese franziskanische Bildtradtion vom willenlosen Leichnam anknüpft.
- Den Artikel müßte man mal durchgreifend überarbeiten oder neu schreiben, aber ich komme derzeit leider nicht dazu und habe auch nicht alle nötigen Quellenmaterialien fertig zur Hand. --Otfried Lieberknecht 21:42, 22. Feb. 2009 (CET)