Dynamische Wegweiser mit integrierten Stauinformationen
Als Dynamischer Wegweiser mit integrierten Stauinformationen, kurz dWiSta, wird in Deutschland ein Anzeigesystem bezeichnet, das Verkehrsinformationen an die Verkehrsteilnehmer weitergibt. Die Anzeigetafeln befinden sich an Schilderbrücken und werden vor Autobahnanschlussstellen oder Autobahnknotenpunkten in Deutschland aufgestellt.
Das Anzeigesystem besteht in verschiedenen deutschen Bundesländern aus einem statischen Teil, der die Richtungspfeile und Autobahnnummern beinhaltet, und zwei lichttechnischen Anzeigeblöcken, je einem für die Geradeaus-Richtung und für die Abbiege-Richtung. Jeder Block besteht aus einem Feld für vordefinierte Warnhinweise, wie Baustelle, Allgemeine Gefahrenstelle und Stau, sowie Sinnbildern wie dem Stadion-Symbol, einem Feld für den Umlenkungspfeil und einem dreizeiligen, frei programmierbaren Schriftfeld (vier Zeilen in Hessen). Hessen und Baden-Württemberg setzen ein einziges frei programmierbares Grafikfeld ein.
Die ersten Anzeigen dieser Art wurden 2005 in Hessen am Wiesbadener Kreuz und am Mönchhof-Dreieck gebaut.
Anwendung
Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg gibt es im Wesentlichen zwei größere Netzmaschen, die sich für Wechselwegweisung eignen:[1]
- Rhein-Neckar-Raum: Der Bergstraßenkorridor bezeichnet den Abschnitt der Bundesautobahnen A 5 und A 6 (auf hessischer Seite bildet die A 67 die Fortsetzung letzterer), in dem diese zwischen Darmstädter Kreuz und Kreuz Walldorf parallel zueinander geführt werden. Ein Wechsel zwischen beiden ist auf baden-württembergischen Gebiet über zwei Querverbindungen – die A 656 und die A 659 – möglich. Bei Stau auf einer der Strecken wird daher der Fernverkehr südwärts (Basel, Stuttgart) bzw. nordwärts (Frankfurt, Darmstadt) über eine dieser Querspangen auf die jeweils andere Autobahn geleitet. Hierfür stehen dWiSta an mehreren Zufahrten der Autobahnkreuze Viernheim, Weinheim, Mannheim, Heidelberg und Walldorf. Am Viernheimer Kreuz und dem Weinheimer Kreuz besteht ein lückenloser Übergang zur hessischen Netzbeeinflussung; in den südlichen Zufahrten dieser Knotenpunkte sind dWiSta hessischer Bauart aufgestellt.
- Leonberg-Walldorf sowie Karlsruhe-Heilbronn: Die Autobahnen A 5, A 6, A 8 und A 81 begrenzen eine annähernd quadratische Fläche, in deren Ecken sich die Autobahnkreuze und -dreiecke Walldorf, Weinsberg, Karlsruhe und Leonberg befinden. An den entsprechenden Zufahrten dieser Knotenpunkte sind dWiSta aufgestellt. Da die Reisezeiten zur jeweils gegenüberliegenden Ecke über jeweils beide Routen annähernd gleich sind, kann hier bereits bei relativ geringer Staulänge eine Alternativroute ausgewiesen werden.
Weiterhin sind dWiSta an den Anschlussstellen Stuttgart-Zuffenhausen (nur Fahrtrichtung Süden) und Stuttgart-Plieningen (nur Fahrtrichtung Westen) vorhanden, um in Verbindung mit den Anzeigen am Dreieck Leonberg und Kreuz Stuttgart den Verkehr Richtung Messe und Flughafen zu leiten. An der Anschlussstelle Stuttgart-Flughafen sind außerdem Wegweiser mit Prismenwendern installiert.
Bayern
Bereits zwischen 1998 und 2003 wurden im Forschungsprojekt Mobinet die ersten freiprogrammierbaren, dynamischen Informationstafeln entwickelt und an der A 8 West, der Eschenrieder Spange in Fahrtrichtung München installiert. Mit diesen frei programmierbaren Wechseltextanzeigen kann der Verkehr Richtung München bei Überlastung der Hauptroute stadteinwärts Richtung Verdistraße und Arnulfstraße alternativ über den Autobahnring A 99 zur Anschlussstelle Ludwigsfeld und von dort aus über die Dachauerstraße zum Mittleren Ring geführt werden.
Weiterhin gibt es dWiSta z. B. am Autobahnkreuz Biebelried. Zu beachten ist, dass in den Großräumen Nürnberg und München ebenfalls Verkehrsleitsysteme existieren, die jedoch Prismenwender anstelle von dWiSta verwenden.
Hessen
Das engmaschige Autobahnnetz Südhessens verfügt über viele Alternativrouten und eignet sich deshalb besonders gut für den Einsatz von Netzbeeinflussungssystemen. Bereits Anfang der 1970er Jahre experimentierte man mit ersten Möglichkeiten der Wechselwegweisung, um den Verkehr an stauanfälligen Strecken vorbei zu leiten und einen gleichmäßigeren Verkehrsfluss zu gewährleisten. So werden z. B. vorm Darmstädter Kreuz auf den parallel verlaufenden Autobahnen 5 und 67 Wechselwegweiser zur verkehrsabhängigen Steuerung des nach Süden fahrenden Verkehrs eingesetzt. Gleiches galt auch für die Netzmasche zwischen dem Rüsselsheimer Dreieck und Wiesbaden, über die Verkehr zwischen A 67 und A3 in Fahrtrichtung Köln alternativ über die A 60, A 671 und A 66 geleitet werden konnte. Damals wurden mechanische Wegweiser mit klappbaren Textfeldern (substitutive Wechselwegweiser) verwendet, die wechselnde Ziele anzeigen konnten.[2]
In den 1990er Jahren wurden entlang der A 5 drei große Tafeln mit LED-Schriftfeld (in Fahrtrichtung Norden eine vorm Frankfurter Kreuz, in Fahrtrichtung Süden je eine vorm Bad Homburger Kreuz und dem Nordwestkreuz Frankfurt) installiert. Diese wurden als additive Wegweiser mit Wechseltextanzeige bezeichnet und bildeten eine Ergänzung zu den bestehenden Wechselwegweisern.[3] Mit vermehrtem Aufkommen der heutigen dWiSta wurden die Anzeigen Ende der 2000er Jahre wieder demontiert.
Seit 2005 werden in Hessen im Rahmen der Aktion Staufreies Hessen 2015 die dynamischen Informationstafeln zur Lenkung des Verkehrs verwendet. Vorteil dieser Anzeigen ist, dass neben der Umleitung weitere Informationen, wie z. B. der Grund für die Umleitung sowie die zu erwartenden Zeitverluste, an die Autofahrer gegeben werden können. Dadurch soll die Akzeptanz von Umleitungsempfehlungen und damit die Effizienz der Anzeigen weiter gesteigert werden, damit der Verkehr bestmöglich im Netz verteilt wird. Die Steuerung der hessischen Netzbeeinflussungssysteme erfolgt auf Basis der aktuellen Verkehrslage rund um die Uhr durch die Verkehrszentrale Deutschland (bis 2020: Verkehrszentrale Hessen) in Frankfurt. Bis auf wenige Ausnahmen (A 648 stadteinwärts; A 5/A 67 vor Darmstädter Kreuz in Südrichtung; A3 am Offenbacher Kreuz in Fahrtrichtung Osten) wurden die mechanischen Wechselwegweiser nicht durch die dWiSta ersetzt, sondern lediglich ergänzt. 2021 gab es insgesamt 67 dWiSta-Anzeigen an 28 Knotenpunkten in Hessen.[4]
Der bedeutendste Unterschied zwischen hessischen dWiSta und denen anderer Länder ist, dass die LED-Flächen für die geradeaus führende und die abzweigenden Fahrtrichtungen nicht physisch getrennt sind. Dies ermöglicht die Anzeige von Informationen über die gesamte Fahrbahnbreite. Zur Trennung der Fahrstreifen werden bei Bedarf vertikale weiße Balken zwischen den Spuren eingeblendet (wie im obigen Bild). Auch sind die LED-Flächen größer; üblicherweise passen bis zu vierzeilige Anzeigen in DIN 1451-Mittelschrift darauf, während dWiSta anderer Länder nur dreizeilige Anzeigen und eine schmälere Schriftart verwenden.
Auf der A 3 Richtung Würzburg ist vor der AS Kelsterbach seit 2017 als Pilotprojekt eine Anlage in Betrieb, die je nach Situation als Anzeigequerschnitt zur Streckenbeeinflussung oder als dWiSta genutzt werden kann. Im Normalbetrieb wird dieser Anzeigequerschnitt als Streckenbeeinflussungsanlage genutzt. Hessen Mobil untersucht hiermit, ob sich z. B. bei dicht aufeinanderfolgenden Autobahnkreuzen, -dreiecken und -anschlussstellen auf diese Weise Anzeigestandorte einsparen lassen.[5]
In der unmittelbaren Umgebung von Frankfurt existieren auch Wegweiser, die eine Mischung aus statischer Wegweisung und Wechselwegweisung per LED-Feld anzeigen. Diese werden zusammen mit den dWiSta im Großraum Frankfurt bei Veranstaltungen (Messegelände oder Stadion) verwendet, um den Besucherverkehr dieser Veranstaltungen weiträumig über verschiedene Routen zu verschiedenen Parkflächen zu leiten. Eine solche Wegweiserkette wurde 2017 auf der A 648 installiert, um den Messeverkehr zu leiten;[6] zuvor waren auf diesem Abschnitt mechanische Wechselwegweiser mit Prismenwendern vorhanden. Eine weitere derartige Wegweiserkette befindet sich seit 2013 auf der A 5 (in südlicher Fahrtrichtung) vor der Anschlussstelle Frankfurt-Niederrad, da die dortigen Parkflächen teilweise für Besucher von Fußballspielen verwendet werden.
Seit Anfang 2020 sind die Anzeigen der dWiSta an hessischen Autobahnen in der Regel nicht mehr dunkel, sondern zeigen im Normalfall (keine größere Störung auf einem nachfolgenden Autobahnabschnitt bekannt) die zu erwartenden Reisezeiten zu nachfolgenden Knotenpunkten (Autobahnkreuze/-dreiecke oder wichtige Anschlussstellen) minutengenau an. Auch wird bei Verkehrsbehinderungen meist nicht mehr die Staulänge in Kilometern, sondern die exakte Verlustzeit in Minuten angezeigt. Dies erfolgt in der Regel bei Verlustzeiten von mehr als 5 Minuten. Zeigt der Wegweiser die Reisezeiten an und es gibt Verzögerungen zu den angegebenen Zielen, so werden diese bereits ab der ersten Minute angezeigt. Bereits einige Jahre vor Einführung der flächendeckenden Zeitangaben wurden solche an der dWiSta vor der Anschlussstelle Friedberg in Fahrtrichtung Norden eingesetzt.
Nordrhein-Westfalen
Die ersten 38 dWiSta-Anzeigen wurden 2005 im Zuge der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland auf dem Kölner Autobahnring aus A 1, A 3 und A 4 sowie deren großer Zubringer A 57 und A 59 errichtet. Die Kölner Anlage wurde im Jahre 2008 um vier Tafeln, je zwei in Fahrtrichtung Olpe und Mönchengladbach, am Kreuz Kerpen erweitert. Des Weiteren wurden im selben Frühjahr die beiden Tafeln auf der A 1 in Höhe Köln-Lövenich in Fahrtrichtung Euskirchen wegen des Baus eines Lärmschutztunnels zurückgebaut. Die beiden Tafeln wurden in angepasster Form im Herbst 2008 am Nadelöhr Heumarer Dreieck in Fahrtrichtung Frankfurt (A 3), Aachen (A 4) bzw. Bonn (A 59) wieder in Betrieb genommen.
Im selben Jahr wurde im Rahmen einer Erweiterung der Großraum Düsseldorf-Mönchengladbach mit insgesamt 19 Tafeln einbezogen – hauptsächlich in Richtung Düsseldorf an den Kreuzen Breitscheid, Hilden, Meerbusch, Neersen, Neuss-Süd und Neuss-West. Zudem wurde eine einzelne Tafel am Kreuz Düsseldorf-Nord installiert, die Pkw über die Rückstaus am Mörsenbroicher Ei informiert.
Das Münsterland sowie das östliche Ruhrgebiet wurden im Jahre 2011 durch 10 Standorte in die Steuerung eingebunden. Die Tafeln befinden sich paarweise an den Kreuzen Lotte/Osnabrück in Fahrtrichtung Dortmund, Schüttorf in Fahrtrichtung Osnabrück, Wuppertal-Nord in Fahrtrichtung Bremen und Hagen sowie am Autobahndreieck Bottrop in Fahrtrichtung Hannover.
Die Tafeln wurden bis zur Eröffnung der Verkehrszentrale Leverkusen manuell von den Verkehrsleitzentralen in Köln und Arnsberg gesteuert. Seit dem 29. April 2013 erfolgt die Steuerung der dWiSta-Tafeln (manuell) sowie der Verkehrsbeeinflussungsanlagen (automatisch oder manuell) zentral für ganz Nordrhein-Westfalen aus der Verkehrszentrale in Leverkusen. Grundlage für die Steuerung sind die vom Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen im Minutentakt gewonnenen Informationen über die Verkehrslage auf den Autobahnen.
Hamburg
Seit Mai 2006 ist auch im Großraum Hamburg ein solches System in Betrieb. Ursprünglich für die Lenkung des Verkehrs zur Fußball-WM gedacht, dient es nun zur Hinweisgebung von Staus und Störungen am und um den Elbtunnel in Hamburg. Die Tafeln sind am Horster Dreieck auf der A 1 und der A 7 im Süden und an der Anschlussstelle Neumünster-Süd im Norden aufgestellt. So ist es möglich das betroffene Gebiet über die A 1, A 21 und B 205 weiträumig zu umfahren.
Niedersachsen
dWiSta sind installiert bei Hannover auf der A2 bei der AS Hannover-Herrenhausen und dem Autobahnkreuz Hannover-Ost sowie in Hannover auf der B 6, dem Westschnellweg, vor der Schwanenburgkreuzung und der B 65, dem Südschnellweg, vor der Hildesheimer Straße.
dWiSta vor dem Autobahnkreuz Mainz-Süd. Hier der Hinweis auf einen Stau auf der A 60 in Richtung Frankfurt mit der Empfehlung, über Wiesbaden und die A 66 nach Frankfurt zu fahren (2012)
Gleiche Anzeigetafel diesmal mit Umleitungshinweis wegen der gesperrten Schiersteiner Brücke im Februar 2015
Rheinland-Pfalz
Rund um die Landeshauptstadt Mainz sind ebenfalls, spätestens seit 2012, dWiSta vor dem Mainzer Ring aufgebaut. Diese befinden sich an der A 60 vor dem Dreieck Mainz von Bingen kommend, sowie an der A 63 vor dem Kreuz Mainz-Süd von Alzey kommend. Weitere dWiSta befinden sich am Autobahnkreuz Koblenz und am Autobahndreieck Dernbach.
Saarland
Im Saarland sind dWiSta am Autobahnkreuz Neunkirchen sowie am Autobahndreieck Saarlouis vorhanden, seitdem das zuvor dort vorhandene, aus Prismenwendern bestehende Verkehrsleitsystem 2010 modernisiert wurde.[7]
Normen und Standards
Die Hinweise für die einheitliche Gestaltung und Anwendung an Bundesfernstraßen – Dynamische Wegweiser mit integrierten Stauinformationen (dWiSta) bilden in Deutschland den rechtlichen Rahmen für die Aufstellung der Wegweiser.
Siehe auch
- Wechseltextanzeige (Schweiz)
Literatur
- Stefan Grahl, Günter Sander: Ausstattung von Anschlussstellen mit dynamischen Wegweisern mit integrierter Stauinformation – dWiSta. In: Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen. Heft V 162, 2007.
Weblinks
- Hinweise für die einheitliche Gestaltung und Anwendung von Dynamischen Wegweisern mit integrierten Stauinformationen (dWiSta) an Bundesfernstraßen, Ausgabe 2004
- Pressemeldung des Landesbetriebes Straßenbau NRW: Größtes Verkehrssteuerungs-System in NRW in Betrieb
- autosieger.de: Neues Verkehrsleitsystem gegen Staus auf A1 und A7.
- autobahngeschichte.de Erstinbetriebnahme von 38 dWiSta-Tafeln
Einzelnachweise
- ↑ Straßenverkehrszentrale Baden-Württemberg: Netzbeeinflussung. Abgerufen am 6. September 2021.
- ↑ Schriftenreihe Verkehr der Universität Kassel
- ↑ Leit- und Informationssysteme für den Verkehr in Hessen
- ↑ Hessen Mobil: Verkehrsbeeinflussung – für Mobilität und Verkehrssicherheit. Abgerufen am 29. August 2018.
- ↑ Gina: SBA A3 Wiesbadener Kreuz-AK Frankfurt am Main-Süd in Betrieb gegangen! In: QSG Verkehrstechnik GmbH Dortmund. 26. November 2018, abgerufen am 12. November 2020 (deutsch).
- ↑ Hessen Mobil: Autobahnleitsystem Messe Frankfurt. Abgerufen am 21. Oktober 2021.
- ↑ Netzbeeinflussungsanlage | Saarland.de. Abgerufen am 16. August 2021.