Earnshaw-Theorem

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Das Earnshaw-Theorem ist ein Lehrsatz in der Elektrodynamik. Es besagt, dass es kein statisches Magnet- oder elektrisches Feld gibt, das Objekte in einem stabilen Gleichgewicht halten kann. Es ist benannt nach Samuel Earnshaw, der es 1842 bewies.

Erklärung

Ein Punkt, an dem ein Probekörper eine stabile Gleichgewichtslage annehmen soll, muss ein Minimum des Potentials sein. Wird der Probekörper aus diesem Minimum wegbewegt, so kostet dies Arbeit. Anschaulich wirkt auf den Probekörper eine rücktreibende Kraft zum Minimum hin.

Die Aussage des Theorems lässt sich direkt aus den Maxwell-Gleichungen folgern. Im quellenfreien Raum ist für ein magnetisches und elektrisches Feld, sowie auch für das Gravitationsfeld und andere -Felder, die Divergenz gleich 0. Bei überall verschwindender Divergenz gibt es aber bestenfalls Sattelpunkte. Daher gibt es mindestens eine Richtung, in welche der Probekörper keine rücktreibende Kraft erfährt. Auch bei einer beliebig kleinen Auslenkung in diese Richtung wird der Probekörper nicht mehr zum Sattelpunkt zurückkehren.

Als empirische Bestätigung des Theorems galt die Unmöglichkeit, nur mit Dauermagneten stabil schwebende Konstruktionen zu erstellen. Für die magnetische Levitation benötigt man aktiv geregelte, dynamische Felder. Allerdings zeigte 1939 Werner Braunbek – entgegen dem Earnshaw-Theorem –, dass es Magnetfelder gibt, in denen diamagnetische Körper in stabiler Lage schweben könne.

Beweis

Das Theorem kann mit Hilfe mehrdimensionaler Funktionsanalysis gezeigt werden. Sei dazu das elektrische Potential. Notwendige Bedingung für ein Extremum im Punkt ist, dass ist. Eine weitere notwendige Bedingung für ein Extremum ist, dass die Hesse-Matrix im Punkt nicht indefinit ist. Weiterhin wird gefordert, dass nicht alle Eigenwerte sind, da sonst ein Sattelpunkt vorliegt. Zudem soll in einer Epsilonumgebung des Extremums keine Ladung vorhanden sein, denn es geht ja um ein allein durch elektrostatische Felder erreichtes stabiles Gleichgewicht.

Unter Verwendung von linearer Algebra und der Maxwell-Gleichungen, mit Ladungsfreiheit folgt aus dass

Daraus folgt, dass, wenn nicht alle Eigenwerte gleich null sind, die Hesse-Matrix indefinit ist und somit kein Extremum vorliegen kann.

Beispiel

Dieses Beispiel verdeutlicht die Aussage des Earnshaw-Theorems. Die Laplacegleichung bzw. die erste Maxwell-Gleichung im quellenfreien Raum lautet:

Ein einfaches Beispiel für ein hypothetisches Potential , das in allen drei Raumrichtungen (, und ) anziehend wäre, lautet:

mit den drei Konstanten a, b, c > 0 (alle drei Konstanten größer Null). Einsetzen in die Laplacegleichung ergibt

Damit diese Gleichung erfüllt sein kann, muss aber mindestens eine der drei Konstanten kleiner Null sein. Das bedeutet, dass das Potential in mindestens einer der drei Raumrichtungen abstoßend sein muss. Das widerspricht jedoch der Annahme, dass es ein Potential gibt, das in allen drei Raumrichtungen anziehend ist.

Praktische Bedeutung

In der experimentellen Physik werden Aufbauten benötigt, die Teilchen fangen können. Aufgrund des Earnshaw-Theorems müssen aufwändigere Methoden als statische Felder verwendet werden.

Ionen können z. B. durch Verwendung von elektrischen Wechselfeldern in einer Ionenfalle gefangen werden. Ein Beispiel hierfür ist die Paul-Falle. In dieser wirkt auf Ionen (aber auch auf elektrisch neutrale Teilchen wie neutrale Atome oder Neutronen) durch ponderomotorische Kräfte bei kleinen Auslenkungen eine rücktreibende Kraft.

Literatur

  • Samuel Earnshaw: On the nature of the molecular forces which regulate the constitution of the luminiferous ether. In: Transactions of the Cambridge Philosophical Society. Band 7, 1842, ZDB-ID 208399-1, S. 97–112.