Eberhard Graf Wolffskeel von Reichenberg

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Eberhard Wolffskeel von Reichenberg als Oberleutnant;1910

Eberhard Graf Wolffskeel von Reichenberg (geboren als Freiherr Wolfskeel von Reichenberg); (* 17. August 1875 in Uettingen; † 26. Dezember 1954 in Würzburg) war als deutscher Major und Stabschef des stellvertretenden Kommandeurs der IV Osmanischen Armee, Fahri Pascha, aktiv am Völkermord an den Armeniern beteiligt, bei dem er 1915 mit deutscher Artillerie ein Kloster in Zeitun (Süleymanlı) und das Armenierviertel von Urfa zerstörte.[1] Seiner Frau schrieb er am 16. Oktober 1915:

„Der Kampf ist beendet. Urfa ist genommen. Es ging schliesslich viel rascher, als ich erwartet hatte. [...] Heute hörte man keinen Schuß mehr. Die Stadt wird noch durchsucht nach Versteckten, im allgemeinen ist aber bereits alles, was nicht totgeschlagen ist, in Gefangenschaft. Soweit war die Sache ja ganz interessant und hübsch. Jetzt beginnt jedenfalls wieder der unerfreuliche Teil. Der Abtransport der Bevölkerung und die Kriegsgerichte. Mit beidem brauch’ ich mich ja Gott sei Dank nicht zu befassen, das sind innertürkische Angelegenheiten, die mich nichts angehen, aber man kann schliesslich nicht vermeiden, es zu sehen, und das ist schon nicht angenehm.“

Brief an Sofie-Henriette Gräfin Wolffskeel von Reichenberg, 16. Oktober 1915[2][3]

Sein Name wurde aus den Berichten von Johannes Lepsius, der nach dem Massaker 1896/1897 in Deutschland das Armenische Hilfswerk gründete, entfernt. Sein Nachlass befindet sich im Bundesarchiv in Freiburg.[4]

Privatleben

Wolffskeel von Reichenberg war ein Sohn des Karl Wolffskeel von Reichenberg. 1894 machte er Abitur am Wilhelmsgymnasium München.[5] Er heiratete am 30. Juni 1903 gegen den Willen seiner Familie die Schauspielerin Marietta Olly. Die Hochzeit musste in England stattfinden. Als Armeeangehöriger wurde er wegen seiner Heirat zur Strafe nach Fernost versetzt[6], wo er der Belagerung von Port Arthur beiwohnte.

Die Ehe wurde geschieden und er heiratete in zweiter Ehe Sophie-Henriette Edle Herrin von Berger (4. Februar 1893 bis 25. Mai 1975). Auch diese Ehe blieb kinderlos. Der SS-Offizier Karl Freiherr Michel von Tüßling war sein Neffe.

Einzelnachweise

  1. Jürgen Gottschlich: Beihilfe zum Völkermord: Deutschlands Rolle bei der Vernichtung der Armenier. Links, Ch, 13. März 2015, ISBN 978-3-86284-299-5.
  2. Von Reichenberg: Zeitoun, Mousa Dagh, Ourfa: Letters on the Armenian Genocide, edited and introduced by Hilmar Kaiser, Princeton, 2001, S. 52–55. Hier zitiert nach: Internet
  3. Johannes Gutenberg-Universität Mainz: Armeniergräuel 1915/16: Militär II - Osmanisch-deutsche Verflechtungen und die Armeniergräuel im Ersten Weltkrieg. In: JGU Blogs . 10. September 1916. Abgerufen am 2. Mai 2018.
  4. http://www.nachlassdatenbank.de/viewsingle.php?category=W&person_id=15581&asset_id=16891&sid=668497085140824376870.
  5. Jahresbericht über das K. Wilhelms-Gymnasium zu München 1993/94.
  6. New York Times, 22. Dezember 1904

Weblinks

Literatur

  • Eberhard Count Wolffskeel von Reichenberg: Zeitoun, Mousa Dagh, Ourfa. Letters on the American genocide. Hrsg. von Hilmar Kaiser. Gomidas Institute, Princeton, N.J. 2001 (2. Aufl. 2004), ISBN 1-903656-43-5.
  • Wolfdieter Bihl: Die Armenische Frage im Ersten Weltkrieg. In: 1915-1985: Gedanken über einen Völkermord. (Hrsg. von Artem Ohandjanian). Wien 1985, S. 14–15.
  • Jürgen Gottschlich: Beihilfe zum Völkermord. Deutschlands Rolle bei der Vernichtung der Armenier. Ch. Links Verlag, Berlin 2015.