Egon Ammann

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Egon Ammann (* 9. Oktober 1941 in Bern[1]; † 9. August 2017 in Berlin[2]) war ein Schweizer Verleger und Gründer des Ammann Verlages.

Leben

Egon Ammann begann nach der Schulzeit ein Studium der Altphilologie in Fribourg und in Zürich, das er jedoch abbrach. Stattdessen machte er bei der Buchhandlung A. Francke AG in Bern eine Lehre als Sortimentsbuchhändler.[2] Danach lebte er zeitweilig in Istanbul, wo er für die deutsch-türkische Buchhandlung von Franz Mühlbauer arbeitete.[3] Außerdem unterrichtete er am dortigen Goethe-Institut. In die Schweiz zurückgekehrt, stellte ihn Otto F. Walter als Lektor in seinem Walter Verlag ein. Walter wurde jedoch kurz danach von dessen Aktionären aus dem Verlag gedrängt, so dass die Anstellung Ammanns hinfällig wurde. So gründete dieser 1966 seinen eigenen Verlag, den Kandelaber Verlag. Bei Kandelaber erschienen Bücher des damals noch unbekannten Gerhard Meier, Aufsätze von Adolf Muschg, Gedichte von Hans Rudolf Hilty und Felix Philipp Ingold sowie eine Anthologie von Gedichten aus dem Prager Frühling.[4] Der geschäftliche Erfolg blieb jedoch aus, 1970 musste der Kandelaber Verlag Konkurs anmelden. Ammann ging nach Barcelona und war Lektor bei Editorial Seix Barral. Zudem verdingte er sich als „rejón“, als Diener eines Toreros.[5]

1975 übertrug ihm Siegfried Unseld die Leitung der Schweizer Filiale des Suhrkamp Verlages in Zürich. Ammanns Aufgabe war es, junge Schweizer Autoren aufzuspüren und zu fördern.[6]

1981 gründeten er und seine Frau Marie-Luise Flammersfeld in Zürich den Ammann Verlag.[7] Den Anstoß gab ein Manuskript von Thomas Hürlimann, dessen Erzählung „Die Tessinerin“ das erste Buch war, das der Ammann Verlag herausbrachte.[8] Anfangs konzentrierte Ammann sich auf Schweizer Autoren, später verlegte er u. a. Dostojewski in den Übersetzungen von Swetlana Geier, Fernando Pessoa, Konstantinos Kavafis, László Krasznahorkai, Georges-Arthur Goldschmidt, Éric-Emmanuel Schmitt, den im Gulag gestorbenen Dichter Ossip Mandelstam und Abraham Sutzkever, den Chronisten des Wilnaer Ghettos.[9] „Er sah Bücher, wo es sie noch gar nicht gab. Er fand die Poesie, wo andere achtlos vorübergingen.“[10] 1983 brachte er Wole Soyinka heraus – und hielt dessen Bücher im Programm, auch als der Verwaltungsrat angesichts eines erbärmlichen Absatzes (in drei Jahren 14 Bücher bei einer Auflage von 5000 Exemplaren) darauf drängte, Soyinka auszusondern.[11] Dann, 1986, erhielt sein Autor den Literaturnobelpreis, „einer vieler Glücksfälle, die den von Geldsorgen geplagten Verlag über einen längeren Zeitraum am Leben erhielten“.[8] In wirtschaftlich schwierigen Zeiten unterstützen ihn George Reinhart und Monika Schoeller.[4]

Am 10. August 2009 kündigte Egon Ammann die Schließung des Verlages zum 30. Juni 2010 an.

„Die Gründe für diesen Entschluss liegen im fortgeschrittenen Alter der Verleger und in einer Marktsituation, die für Literatur zunehmend schwieriger wird. Ein Verlag mit dem Profil des Ammann Verlags ist eng an die verantwortlichen Personen gebunden und kann ohne sie nicht fortbestehen. Marie-Luise Flammersfeld und ich haben gegeben, was wir zu geben hatten. – «Alles hat seine Zeit»“

Verlagsmitteilung[12]

Danach lebten Egon Ammann und Marie-Luise Flammersfeld als Privatiers in Berlin.[4]

Zitat

  • «Lesen ist für mich Reisen ohne wegzugehen.»[13]

Literatur

  • »Das Lesen ist das Allerwichtigste.« Egon Ammann im Dialog mit Verena Auffermann. In: Irmgard M. Wirtz, Ulrich Weber, Magnus Wieland (Hg.): Literatur – Verlag – Archiv. Wallstein, Göttingen / Chronos, Zürich 2015, ISBN 978-3-8353-1644-7 (Wallstein) und ISBN 978-3-0340-1285-0 (Chronos), S. 225–239.
  • Thomas Hürlimann: Ahmed, der Levantiner. Laudatio auf Egon Ammann. In: Ders.: Himmelsöhi, hilf! Über die Schweiz und andere Nester. Ammann, Zürich 2002, ISBN 3-250-30010-1, S. 85–98.
  • »Einem Stern folgen, nur dieses...« Egon Ammann und sein Verlag, herausgegeben von Marie-Luise Flammersfeld und Ingrid Sonntag, Wallstein, Göttingen 2022, ISBN 978-3-8353-5179-0.

Fußnoten

  1. Egon Ammann im Munzinger-Archiv, abgerufen am 13. Dezember 2011 (Artikelanfang frei abrufbar)
  2. a b Egon Ammann ist tot, boersenblatt.net, 11. August 2017, abgerufen am 11. August 2017.
  3. »Das Lesen ist das Allerwichtigste.« Egon Ammann im Dialog mit Verena Auffermann. In: Irmgard M. Wirtz, Ulrich Weber, Magnus Wieland (Hg.): Literatur – Verlag – Archiv. Wallstein, Göttingen / Chronos, Zürich 2015, S. 225–239, hier S. 230.
  4. a b c Roman Bucheli: Die vielen Leben des Egon Ammann. In: Neue Zürcher Zeitung vom 8. Oktober 2011.
  5. »Das Lesen ist das Allerwichtigste.« Egon Ammann im Dialog mit Verena Auffermann. In: Irmgard M. Wirtz, Ulrich Weber, Magnus Wieland (Hg.): Literatur – Verlag – Archiv. Wallstein, Göttingen / Chronos, Zürich 2015, S. 225–239, hier S. 228.
  6. »Das Lesen ist das Allerwichtigste.« Egon Ammann im Dialog mit Verena Auffermann. In: Irmgard M. Wirtz, Ulrich Weber, Magnus Wieland (Hg.): Literatur – Verlag – Archiv. Wallstein, Göttingen / Chronos, Zürich 2015, S. 225–239, hier S. 231.
  7. Haus der Weltliteratur. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. Oktober 2011, S. 36.
  8. a b Tilman Spreckelsen: Aus der Nische ins Licht der Welt. Pessoa, Mandelstam, Hürlimann: Zum Tode des Schweizer Verlegers Egon Ammann. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. August 2017, S. 12.
  9. Cornelia Geissler: Er holte die Welt in die deutsche Sprache. Der Schweizer Verleger Egon Ammann ist im Alter von 75 Jahren gestorben. In: Frankfurter Rundschau vom 11. August 2017.
  10. Roman Bucheli: Er war unter den Büchernarren der leidenschaftlichste und verrückteste. In: Neue Zürcher Zeitung vom 12. August 2017, S. 40.
  11. Thomas Hürlimann: Ahmed, der Levantiner. Laudatio auf Egon Ammann. In: Ders.: Himmelsöhi, hilf! Über die Schweiz und andere Nester. Ammann, Zürich 2002, S. 85–98, hier S. 85.
  12. Ammann hört auf. Zum 30. Juli 2010 wird der Ammann Verlag seine publizistische Verlagsarbeit beenden., boersenblatt.net, 10. August 2009, abgerufen am 14. September 2017.
  13. „... Reisen ohne wegzugehen“. Der Verleger Egon Ammann. Ein Film von Peter K. Wehrli, Schweizer Fernsehen 2002.

Weblinks