Einzelbewerber

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Als Einzelbewerber bezeichnet man einen Kandidaten für ein politisches Amt, der bei einer Wahl antritt, ohne von einer Partei aufgestellt worden zu sein. Einzelbewerber sind meist parteilos. Es kommt jedoch auch vor, dass Parteimitglieder als Einzelbewerber antreten.

Bundestagswahlen

Um bei deutschen Bundestagswahlen als Einzelbewerber anzutreten, muss man mindestens 200 Unterstützungsunterschriften von Wahlberechtigten des Wahlkreises vorlegen. Erreicht ein Einzelbewerber wenigstens 10 % der Erststimmen, erhält er Wahlkampfkostenerstattung.[1]

Anzahl von Einzelbewerbern bei Bundestagswahlen[2]
1949 1953 1957 1961 1965 1969 1972 1976 1980 1983 1987 1990 1994 1998 2002 2005 2009 2013 2017 2021
117* 6 2 6 2 19+ 7 17 9 9 261# 51° 37 105 60 60 166% 81 111& 197
* Davon 77 Vertreter von Vertriebenenorganisationen
+ Davon 10 als Unabhängige Demokraten 69 auftretende Mitglieder der Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher
# Darunter 245 der Friedensliste
° Darunter 19 von Der Springende Punkt, einer Wahlinitiative für die dreistufige Volksgesetzgebung
% Darunter 62 des Willi-Weise-Projekts, 21 der Wählervereinigung Für Volksentscheide
& Darunter 25 von "Bürgerkandidaten – für Gemeinwohl und Volksentscheid", 17 der Internationalistischen Liste (MLPD-nah)[3]

Bei der ersten Bundestagswahl traten noch 117 Einzelbewerber an, unter anderem weil die Vertriebenenorganisationen keine Parteilizenz erhalten hatten. Insgesamt entfielen 4,8 % der Stimmen auf Einzelbewerber. Drei Einzelbewerber zogen in den Bundestag ein: Eduard Edert (als gemeinsamer Kandidat von CDU, FDP und DP), Franz Ott (als Vertriebenervertreter) sowie Richard Freudenberg (später Mitbegründer der Freien Wähler Baden-Württemberg).

Bereits 1953 traten nur noch sechs Einzelbewerber an. Freudenberg scheiterte bei seiner erneuten Kandidatur. Bis 1983 traten nie mehr als 19 Einzelbewerber an. 1987 trat die Friedensliste in fast allen Wahlkreisen mit Einzelbewerbern aber ohne Landeslisten an. Seit der Wiedervereinigung ist die Zahl der Einzelbewerber angestiegen, ohne dass diese jedoch größere Erfolge erzielen konnten. Dabei treten immer wieder größere Gruppen von Einzelbewerbern an, z. B. des Willi-Weise-Projekts 2009 und 2013, oft mit der verbindenden Forderung nach mehr direkter Demokratie. 2017 entfielen 0,18 % der Erststimmen auf Einzelbewerber.

Ergebnisse über 10 % von Einzelbewerbern seit 1953[2]
Wahl Bewerber Wahlkreis Kennwort Stimmen Anteil Bemerkung
1953 Richard Freudenberg 180 Mannheim-Land Wählervereinigung Freudenberg „parteilos“ 15.709 20,8 % 1949 als Unabhängiger gewählt
1969 Wilhelm Daniels 63 Bonn Aktionskomitee „Daniels in den Bundestag“ 29.895 20,1 % Ehemaliger Bonner Oberbürgermeister (Ex-CDU)
1983 Helmut Palmer 167 Göppingen Bürgerrechtler 28.456 19,8 % „Remstal-Rebell“
1987 Helmut Palmer 168 Waiblingen Wählergruppe „Bürgerrecht“ 31.625 19,2 %
Franz Handlos 213 Deggendorf HANDLOS-WÄHLERGRUPPE 17.523 17,2 % seit 1972 für CSU im Bundestag, 1983–1985 Vorsitzender der REP
1990 Helmut Palmer 193 Reutlingen Partner Palmer 16.148 11,3 %
2005 Martin Hohmann 176 Fulda Hohmann 39.545 21,5 % seit 1998 für die CDU im Bundestag, 2003 ausgeschlossen
Konrad Dippel 236 Weiden Danke für Ihr Vertrauen! 17.944 13,6 %
2009 Konrad Dippel 235 Weiden Ihr freier Bürgerkandidat der Nordoberpfalz -für Volksentscheide – vielen Dank für Ihr Vertrauen 17.196 14,1 %

Kommunalwahlen

In Gemeinderäten insbesondere kleinerer Ortschaften sind Einzelbewerber häufig vertreten. In manchen Orten stellen sie sogar die Mehrheit der Gemeinderäte.

Einzelnachweise