Siderit

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Eisenspat)
Siderit
Galena-Quartz-Siderite-tuc1028e.jpg
Siderit mit Galenit (oben links) aus Neudorf im Harz
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen
  • Eisenkalk
  • Eisenspat
  • Raseneisenerz
  • Spateisenstein
  • Stahlstein
  • Weißeisenerz
Chemische Formel Fe[CO3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Carbonate (und Verwandte, siehe Klassifikation)
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
5.AB.05 (8. Auflage: V/B.02)
14.01.01.03
Kristallographische Daten
Kristallsystem trigonal
Kristallklasse; Symbol ditrigonal-skalenoedrisch; 3 2/m
Raumgruppe R3c (Nr. 167)Vorlage:Raumgruppe/167[1]
Gitterparameter a = 4,69 Å; c = 15,38 Å[1]
Formeleinheiten Z = 6[1]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4 bis 4,5
Dichte (g/cm3) 3,7 bis 3,9
Spaltbarkeit vollkommen nach {1011}
Bruch; Tenazität uneben bis muschelig
Farbe gelb, braun, schwarz
Strichfarbe weißgelb
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz bis Perlmuttglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,875
nε = 1,633[2]
Doppelbrechung δ = 0,242[2]
Optischer Charakter einachsig negativ

Siderit, auch unter den bergmännischen Bezeichnungen Eisenkalk, Eisenspat, Spateisenstein, Chalybit und Stahlstein oder unter seiner chemischen Bezeichnung Eisencarbonat bzw. Eisen(II)-carbonat bekannt, ist ein häufig vorkommendes Mineral aus der MineralklasseCarbonate und Nitrate“ (ehemals Carbonate, Nitrate und Borate). Es kristallisiert im trigonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Fe[CO3] und entwickelt meist spätige oder derbe Massen bzw. feinkörnig dichte, kugelige und traubenförmige Aggregate, auch Sphärosiderit genannt. Eher selten sind rhomboedrische Kristalle mit bisweilen gekrümmten Flächen anzutreffen.

Siderit hat für gewöhnlich eine blassgelbe bis braune Farbe. Manganreiche Varietäten treten eher in schwarzer Färbung auf. Die Kristalle sind durchsichtig bis durchscheinend und glänzen glas- bis perlmuttartig. Bemerkenswert ist die sehr gute Spaltbarkeit nach den Rhomboederflächen.

Etymologie und Geschichte

Seinen Namen erhielt das Mineral 1832 durch François Sulpice Beudant, der es bezugnehmend auf seine Zusammensetzung „Siderose“ nannte, nach

σίδηρος

sideros, dem griechischen Wort für Eisen. Erstmals wissenschaftlich beschrieben wurde Siderit 1845 von Wilhelm Ritter von Haidinger.

Als eines der wichtigsten Eisenerze ist Siderit allerdings schon seit urgeschichtlichen Zeiten bekannt. Mit seiner Verarbeitung begann in diversen Kulturen zu unterschiedlichen Zeitpunkten die Eisenzeit.

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Siderit zur Mineralklasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung der „Wasserfreien Carbonate ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Calcit, Gaspéit, Magnesit, Otavit, Rhodochrosit, Smithsonit, Sphärocobaltit und Vaterit die „Calcitgruppe“ mit der System-Nr. V/B.02 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Siderit in die Klasse der „Carbonate und Nitrate“ (die Borate bilden hier eine eigene Klasse) und dort in die Abteilung der „Carbonate ohne zusätzliche Anionen; ohne H2O“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Art der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Erdalkali- (und andere M2+) Carbonate“ zu finden ist, wo es zusammen mit Calcit, Gaspéit, Magnesit, Otavit, Rhodochrosit, Smithsonit und Sphärocobaltit die „Calcitgruppe“ mit der System-Nr. 5.AB.05 bildet.

Die Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Siderit wie die veraltete 8. Auflage der Strunz’schen Systematik in die gemeinsame Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort in die Abteilung der „Wasserfreien Carbonate“. Hier ist er zusammen mit Calcit, Magnesit, Rhodochrosit, Sphärocobaltit, Smithsonit, Otavit und Gaspéit in der „Calcitgruppe (Trigonal: R-3c)“ mit der System-Nr. 14.01.01 innerhalb der Unterabteilung der „Wasserfreien Carbonate mit einfacher Formel A+CO3“ zu finden.

Kristallstruktur

Siderit kristallisiert trigonal in der Raumgruppe R3c (Raumgruppen-Nr. 167)Vorlage:Raumgruppe/167 mit den Gitterparametern a = 4,69 Å und c = 15,38 Å sowie 6 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]

Eigenschaften

Siderit ist in Salzsäure nur nach Erwärmen löslich, wobei er unter Bildung von Kohlenstoffdioxid (CO2) aufschäumt. Er unterscheidet sich dadurch vom Calcit (Kalkspat), der bereits mit kalter verdünnter Salzsäure heftig aufschäumend und CO2 bildend reagiert.

Modifikationen und Varietäten

Oligonit ist eine manganhaltige und Pistomesit eine magnesiumhaltige Varietät des Siderit.[3]

Bildung und Fundorte

„Siderit-Rose“ auf Quarz aus Redruth, Cornwall, England

Siderit ist in einer Reihe von Gesteinstypen anzutreffen – so bildet er sich diagenetisch in tonigen Sedimenten in Form sogenannter Toneisensteinkonkretionen und metasomatisch in karbonatischen Sedimenten, was bis hin zu abbauwürdigen Vorkommen nach heutigen Maßstäben führen kann. Außerdem ist das Mineral in hydrothermalen Erzgängen anzutreffen, die bei mittleren bis niedrigen Temperaturen gebildet wurden. Darüber hinaus kommt Siderit in verschiedenen metamorphen und magmatischen Gesteinen vor.

Als größtes Sideritvorkommen der Erde gilt der Erzberg in der Steiermark (Österreich) mit etwa 400 Millionen Tonnen abbauwürdiger Erzmenge. Bislang (bis 2010) wurden davon rund 250 Millionen Tonnen abgebaut. Die derzeitige Jahresförderung aus dem größten Erztagebaubetrieb Westeuropas beträgt rund 2 Millionen Tonnen Feinerz (entsprechend 6,5 Millionen Tonnen Gestein).[4]

Weitere bedeutende, aber bereits großteils abgebaute Vorkommen von Siderit in Österreich finden sich in Radmer in der Steiermark (Untertagebau 1939 bis 1979 mit zuletzt ca. 450.000 Tonnen jährlich) sowie am Hüttenberger Erzberg in Kärnten (Bergbau von ca. 300 v. Chr. bis 1978, zuletzt ca. 200.000 Tonnen jährlich im Untertagebau, Höchststand 1940 mit 313.000 Tonnen). In Deutschland befinden sich beachtliche Sideritlagerstätten im Siegerland (Westfalen), im Westerwald, im Harz (Neudorf), im Thüringer Wald (Schmalkalden, Kamsdorf) sowie im sächsischen Erzgebirge. An der Saar wurde es in Form von Lebacher Eiern gefördert.

Große Sideritlagerstätten findet man außerdem in Australien, Böhmen (Tschechien), Bolivien, Minas Gerais (Brasilien), China, Portugal (Panasqueiro), Spanien und England (Tavistock in Devonshire sowie Camborne Redruth in Cornwall). Berühmt sind auch die spektakulär aussehenden spätigen Massen, die in Mont Saint-Hilaire in Québec (Kanada) entdeckt wurden.

Insgesamt konnte Siderit bisher (Stand: 2011) an rund 4700 Fundorten nachgewiesen werden, so auch in Gesteinsproben des Mittelatlantischen Rückens und des Chinesischen Meeres (Qiongdongnan-Becken).[2]

Verwendung

Facettierter Siderit aus der Morro Velho mine, Nova Lima, Minas Gerais, Brasilien

Siderit ist mit nahezu 50 % Eisengehalt und wegen seiner leichten Verhüttung ein wertvolles Eisenerz.

Für die Verwendung als Schmuckstein ist Siderit zu weich und zu empfindlich. Klare und optisch ansprechende Varietäten werden gelegentlich für Sammler in verschiedenen Glatt- oder Facettenschliffen angeboten.[5][6]

Siehe auch

Literatur

  • Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7., vollständige überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer Verlag, Berlin u. a. 2005, ISBN 3-540-23812-3, S. 64.
  • Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Dörfler Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 114.

Weblinks

Commons: Siderit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 286.
  2. a b c Siderite bei mindat.org (englisch)
  3. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. 5. Auflage. Christian Weise Verlag, München 2008, ISBN 978-3-921656-70-9, S. 191.
  4. Christian Treml: Erzberg: 250 Millionste Tonne Erz abgebaut. (PDF; 40 kB) VA Erzberg GmbH, 11. Mai 2010, abgerufen am 13. Mai 2010.
  5. Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. 16. überarbeitete Auflage. BLV Verlag, München 2014, ISBN 978-3-8354-1171-5, S. 222.
  6. realgems.org – Siderit (mit Abbildungen verschiedener Roh- und Schmucksteine)