Elefanten im Schienenverkehr
Elefanten im Schienenverkehr nehmen gegenüber anderen Tieren eine Sonderstellung ein. Zum einen werden sie als Arbeitselefanten zum Verschub von Waggons genutzt, außerdem stellen sie aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts besondere Anforderungen für einen Transport und auch eine größere Gefahr als andere Tiere bei Unfällen dar.
Rangieren mit Elefanten
In den Hauptverbreitungsländern des Asiatischen Elefanten (Elephas maximus), Indien,[1][2] Thailand und Sri Lanka wurden Arbeitselefanten zum Rangieren von Güterwagen eingesetzt.
Transport von Elefanten
Für den Transport von Zirkuselefanten hielten eine Reihe von Bahngesellschaften, aber auch Zirkusunternehmen selbst in vielen Ländern besondere Güterwagen vor. Der Transport von Elefanten stand, wenn ein Zirkus mit der Bahn reiste, immer im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit.[Anm. 1]
Deutschland
In Deutschland wurden 1925 für den Circus Krone drei „Elefanten-Transport-Spezialwagen“ bei der Waggonfabrik Josef Rathgeber gebaut. Diese zunächst weißen, später gelben Wagen besaßen Überlänge[Anm. 2], 31,5 m² Ladefläche und hatten gegenüber normalen gedeckten Güterwagen zwischen den Achsen einen tiefer liegenden Boden sowie große Schiebetüren. Die Wagen waren als Privatgüterwagen und zunächst bei der Deutschen Reichsbahn, später bei der Deutschen Bundesbahn (DB) mit Heimatbahnhof München Hauptbahnhof eingestellt. Sie konnten bis zu fünf Elefanten aufnehmen.[3] Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zwei dieser Wagen verschrottet, da kleinere Elefanten auch in normalen Güterwagen untergebracht werden konnten. Lediglich für die größten Elefanten wurde ein Exemplar bis zum Ende des Bahntransports beim Zirkus Krone im Jahr 1999 vorgehalten, das bei der DB zuletzt unter der Gattungsbezeichnung Hkko lief.[4] Dieser Wagen hatte ursprünglich die Betriebsnummer 516 596[Anm. 3], später 21 80 020 0 700-1 und 23 80 220 2 000-8, und ist museal erhalten.[5][6]
Schweiz
Der Schweizer Circus Knie verwendete seit 1933 ebenfalls spezielle Elefantentransportwagen, die bei den SBB als Gattung Hcks geführt wurden.[7] Im Gegensatz zu dem abgesenkten Boden der deutschen Wagen erhielten diese ein erhöhtes Dach, um die nötige Ladehöhe zu ermöglichen.[8][9]
USA
In den USA transportierte der Ringling Bros. and Barnum & Bailey Circus bis zum Mai 2016 auch die Elefanten in seinen beiden Sonderzügen in speziell dafür ausgelegten Wagen.[10] Auf Elefanten – und damit auch deren Transport – wurde aufgrund gesteigerter Auflagen des Tierschutzes seitdem verzichtet; im Mai 2017 schloss der Zirkus mit seiner letzten Aufführung.[11]
Betriebszwischenfälle
Deutschland
Nerdin
Beim Transport von drei Elefanten des Cirkus Hagenbeck auf der Mecklenburg-Pommerschen Schmalspurbahn (MPSB) Mitte 1930 in je einem offenen Güterwagen entgleiste in einer Kurve bei Nerdin einer dieser Wagen. Als Unfallursache wurde eine zu heftige Eigenbewegung des Elefanten vermutet. Die Unfallstelle wurde nach diesem Ereignis als „Elefantenkurve“ bezeichnet.[12]
Wuppertal
Am 21. Juli 1950 ließ der Zirkus Althoff seinen halbwüchsigen Elefanten Tuffi zu Werbezwecken mit der Wuppertaler Schwebebahn fahren. Das durch das Fahrgeräusch verschreckte Tier durchbrach bereits nach wenigen Metern zwischen den Stationen Alter Markt und Adlerbrücke die Seitenwand des Fahrzeugs und stürzte in die Wupper, wobei es sich kaum verletzte. Bei den mitfahrenden Reportern brach eine Panik aus und es gab einige Verletzte. Franz Althoff und der verantwortliche Leiter der Verkehrsabteilung der Wuppertaler Stadtwerke, der die Fahrt genehmigt hatte, wurden in einem Strafverfahren wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr zu Geldstrafen verurteilt. Die Schwebebahn sei als Transportmittel für Elefanten ungeeignet, stellte das Gericht – nicht ganz überraschend – fest.
Der Vorfall wurde so bekannt, dass er bis heute örtliche Folklore darstellt, für Werbezwecke genutzt wird und die Milchwerke Köln-Wuppertal sogar ihre Milchprodukte nach Tuffi benannten. Die von dem Unfall erhältlichen Postkarten und Fotos sind allerdings alle Fotomontagen. Den Augenblick des Sturzes hat niemand im Bild festgehalten.
Nordamerika
Am 15. September 1885 starb Jumbo, der wohl berühmteste Elefant seiner Zeit, als er von einem Expressgüterzug der Grand Trunk Railway in St. Thomas, Ontario, angefahren wurde. Der Zirkus Barnum and Bailey: The Greatest Show on Earth hatte seine Zelte neben der Bahnlinie aufgeschlagen. Mit Erlaubnis der Bahngesellschaft wurden die Tiere zwischen dem auf einem Nebengleis abgestellten Zirkuszug und dem Zelt über die Gleise geführt. Bei dem Unfall wurden Jumbo und ein weiterer Elefant vom ankommenden Güterzug erfasst und in den Zirkuszug gestoßen. Die Lok, deren Schlepptender und zwei Wagen des Güterzugs entgleisten.[13][14]
1891 wurde von der Southern Pacific Railroad ein Elefant in einem Zug befördert. In der Nähe von Delta, Kalifornien, gelang es ihm, mit seinem Rüssel den Haltebolzen aus der Kupplung zu ziehen und diese zu lösen. Die Lokmannschaft bemerkte erst nach 30 km, dass der Zug getrennt worden war.[15]
Indien
Im Naturschutzgebiet Chapramari, im Distrikt Jalpaiguri im indischen Bundesstaat Westbengalen, kam es mehrfach zu schweren Unfällen zwischen Zügen und Elefanten. Bei einem Unfall am 8. Februar 2002 wurde ein Elefant getötet und zwei wurden verletzt[16], 2007 wurden insgesamt 20 Elefanten bei mehreren Unfällen mit Zügen angefahren und starben[17] und bei einem weiteren Eisenbahnunfall 2010 wurden sieben Elefanten getötet.[18] Der schwerste Unfall aber ereignete sich am 13. November 2013, als ein Zug in eine Elefantenherde fuhr, wobei ebenfalls 7 Tiere starben und weitere verletzt wurden.
Namensgeber
Die ersten vierachsigen Straßenbahnwagen-Serie in Zürich erhielten die Bezeichnung VBZ Ce 4/4 «Elefant», ebenso die letzte an die Schweizerischen Bundesbahnen ausgelieferten Groß-Dampflokomotive SBB C 5/6.
Literatur
- Heinz-Georg Klös: Freundschaft mit Tieren. Berlin 1997. ISBN 3-86124-331-8, S. 48–55.
- Stephan Oettermann: Die Schaulust am Elefanten. Eine Elephantographia curiosa. Frankfurt am Main 1982. ISBN 3-8108-0203-4, S. 69–82.
- Volkhard Stern: Der Zirkus kommt! Immer auf Achse – Zirkus-Sonderzüge in Deutschland von 1900 bis 2000. Freiburg 2012. ISBN 978-3-88255-889-0
Weblinks
Anmerkungen
Einzelnachweise
- ↑ Foto eines Elefanten beim Rangieren eines gedeckten Güterwagens
- ↑ Indian Railways – The British Legacy. Mit Fotos von rangierenden Elefanten.
- ↑ Stern, S. 84, Abbildung bei Stern, Frontispiz, aus „Deutscher Bundesbahn-Kalender“, Blatt: 15. bis 21. März 1953, und S. 16 aus „Deutscher Reichsbahn-Kalender“ 12. bis 14. März 1934, S. 27, 36 (Nr. 519 095), 84, 85.
- ↑ Stern, S. 84, 108.
- ↑ Fussmarsch der Circus Krone Elefanten vom Güterbahnhof zum Schützenplatz in Hannover. In: Website „Norberts Internationale Circuswelt“. Abgerufen am 2. Januar 2021 (Foto des Wagens 23 80 220 2 000-8 vom Oktober 1992).
- ↑ Diskussion über die Krone-Elefantentransportwagen bei drehscheibe-online.de
- ↑ Materiallagerwagen Hcks 202 dsf-koblenz.ch
- ↑ Diskussion zu den Knie-Elefantenwagen in einem Schweizer Modellbahnforum.
- ↑ Foto in: Stern, S. 121.
- ↑ Stern, S. 120; NN: Eine Diva geht von Bord. In: Geo 4/2016, S. 16f.
- ↑ NN: Eine Diva geht von Bord. In: Geo 4/2016, S. 16f.
- ↑ Wolf-Dietger Machel: Die Mecklenburg-Pommersche Schmalspurbahn. 2. Aufl. Stuttgart 1997. ISBN 3-613-71053-6, S. 127f.
- ↑ Jumbo the Circus Elephant and his Tragic Death
- ↑ Jan Bondeson: The Cat Orchestra & the Elephant Butler. Stroud 2006. ISBN 0-7524-3934-0, S. 132f.
- ↑ George B. Abdill: Pacific Slope Railroads. Seattle 1959, S. 126.
- ↑ NN: Elephant hit by train dies. In: The Times of India v. 12. Februar 2002.
- ↑ Alexander Abad-Santos: Elephants In India Keep Getting Killed by Trains. In: The Atlantic Wire v. 14. November 2013.
- ↑ Somen Sengupta: Call of the Wild. In: The Statesman v. 11. November 2012.