Elektronenstrahltechnik
Die Elektronenstrahltechnik ist ein Teilgebiet der Elektrotechnik.
Beschreibung
Anwendungen und Wirkprinzipe, die die gezielte technische Emission von Elektronen zur Grundlage haben. Dabei dient das Elektron als Energiequelle für einen physikalisch oder chemisch wirksamen Prozess. Das Elektron wird dann entweder als informationsübertragendes Medium für eine Projektion (Optik) verwendet oder wirkt als energieübertragendes Medium bei verfahrenstechnischen Anwendungen auf ein Zielsubstrat ein. Es gibt diverse industrielle und wissenschaftliche Anwendungsgebiete und eine stetig weiterentwickelte Theorie, die bereits auf die Physik Ende des 19. Jahrhunderts zurückgeht.
Wirkprinzip
Es gibt mehrere Funktionsprinzipien, um der Kathode, dem emittierenden Körper, genügend Energie zuzuführen, damit Elektronen emittiert werden können, wobei die spezifische, materialabhängige Austrittsarbeit der Elektronen erreicht werden muss. Dabei verschleißt der emittierende Körper in Abhängigkeit von der Emissionsintensität. Diese Prinzipien sind:
- Feldemission basierend auf elektrischer Feldstärke
- Glühemission, in der englischsprachigen Literatur auch als thermionische Emission bezeichnet, basierend auf thermischer Energie (siehe dazu Edison-Richardson-Effekt), einschließlich feldverstärkter Glühemission (siehe Schottky-Effekt)
- Sekundäremission basierend auf primären Elektronenbeschuss
- Gasentladung/Plasmaangeregte Emission, basierend auf Beschuss durch ionisierte Gase
- Photoemission basierend auf Einstrahlung durch Photonen (siehe Photoelektrischer Effekt)
All diese Prinzipien zeichnen sich durch spezifische Anwendungsgebiete aus und haben unterschiedliche Charakteristika.
Physikalische Grundlagen
- Edison-Richardson-Effekt (Emission der Elektronen)
- Schottky-Effekt (Emission der Elektronen)
- Spitzenentladung (Emission der Elektronen)
- Tunneleffekt (Emission der Elektronen)
- Feldemission (Emission der Elektronen)
- Plasma (Physik) (Emission der Elektronen in Vakuum oder ionisiertem Gas)
- Meißner-Schaltung (Emission der Elektronen)
- Boersch-Effekt (Emission der Elektronen)
- Vakuumtechnik (Stabilisierung der Elektronen, freier Flug)
- Optoelektronik (Stabilisierung der Elektronen, Fokussierung)
- Elektronenoptik (Stabilisierung der Elektronen, Fokussierung)
Verbreitete Bauteile
- Kathode (Emissionsquelle)
- Kathodenstrahlröhre (Emissionskammer)
- Fluoreszenzanzeige (Projektionsfläche)
- Elektronenröhre (Emissionskammer)
- Magnetron (Emissionsquelle)
- Vakuumkammern für den Arbeitsprozess
Geschichte
Wesentliche Grundlagen wurden nach der Erfindung der Glühbirne durch Edison mit der Braunschen Elektronenröhre gelegt. Diese fand unter anderem Anwendung in Rundfunktechnik. Manfred von Ardenne entwickelte die Technologie weiter und machte sie unter anderem auch für das Elektronenmikroskop und nach dem Krieg für das Schweißen, Verdampfen, Trennen (Fertigungstechnik) und Schmelzen anwendbar. Nach der Wende und friedliche Revolution in der DDR gingen viele ehemalige Mitarbeiter aus dem privaten Forschungsinstitut „Manfred von Ardenne“ im neu gegründeten Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik Dresden auf, und eine wegweisende Arbeit aus dem Jahre 1975 wurde 1995 in fast unveränderter Form neu aufgelegt. In der Zwischenzeit wurde die Anwendung von Elektronenstrahltechnik im industriellen Bereich immer verbreiteter, und es finden inzwischen regelmäßige Symposien in den Vereinigten Staaten von Amerika und Ost-Asien zum Thema statt, sodass die Technologie weiter entwickelt wird. Neue Bereiche sind Medizintechnik und Luft- und Raumfahrttechnik.
wesentliche Beiträge durch:
- Thomas Edison (Feldemission)
- Heinrich Hertz (Weiterentwicklung)
- Ferdinand Braun (Kathodenröhre)
- Heinrich Barkhausen (Elektronenröhrencharakterisierung)
- Max Dieckmann (Fernseher aus braunscher Kathodenröhre)
- Erwin Wilhelm Müller („Erster Mensch, der ein Atom gesehen hat“ – erfand das Elektronenfeldmikroskop)
- Manfred von Ardenne (Weiterentwicklung Fernseher, Mikroskope, Verfahrenstechnische Anwendbarkeit)
Anwendung als Informationsmedium
- frühere Radiotechnologie
- Bildröhren-Fernseher Surface-Conduction-Electron-Emitter-Display
- Elektronenmikroskop, Feldelektronenmikroskop
- Oszillatoren
- Röntgengeräte
- Elektronenstrahllithografie
Anwendung als Energieträger in Ingenieurtechnischen Produktionsverfahren
Der Einsatz der Elektronenstrahltechnik im Bereich der Produktion ist ein Teilgebiet der Produktionstechnik, einem physikbetonten Bereich des allgemeinen Maschinenbaus, der sich teilweise mit der Verfahrenstechnik überschneidet. Zusammen mit anderen Verfahren dient es der Herstellung von Gütern zur Befriedigung von Interessen im Rahmen eines Wirtschaftskreislaufes.
Siehe Elektronenstrahl-Materialbearbeitung
- Verdampfungsanlagen Elektronenstrahlverdampfen
- Schmelzanlagen Elektronenstrahlschmelzen
- Bearbeitungsanlagen (Trennen/Schneiden)
- Schweißanlagen
- Beschichtungsanlagen
- als strahlenchemische (biozide) Behandlung von Saatgut
Literatur
- S. Schiller, U. Heisig, S. Panzer: Elektronenstrahltechnologie. Verlag Technik, Berlin 1995, ISBN 3-341-01152-8. (Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik Dresden)
- A. Heger: Technologie der Strahlenchemie von Polymeren. Carl Hanser Verlag, München/ Wien 1990, ISBN 3-05-500200-8.
- P. G. Garratt: Strahlenhärtung. Curt R. Vincentz Verlag, Hannover 1996, ISBN 3-87870-431-3.
- Helmut Schultz: Elektronenstrahlschweißen (= Fachbuchreihe Schweißtechnik. Bd. 93). 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Verlag DVS – Schweißen und Verwandte Verfahren, Düsseldorf 2017, ISBN 978-3-945023-85-3.
- Klaus-Rainer Schulze: Elektronenstrahltechnologien (= Wissen kompakt. Bd. 1). DVS Media, Düsseldorf 2011, ISBN 978-3-87155-225-0.
- Patent DE102011115913A1: Fügen und Trennen von Werkstücken mit einem Elektronenstrahl im Nicht-Vakuum.