Deutsche Gesellschaft für Ernährung

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Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.
(DGE)
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Zweck: Förderung, Auswertung und Publikation ernährungswissen­schaftlicher Forschung sowie Ernährungsberatung und -aufklärung
Präsident: Jakob Linseisen[1]
Geschäftsführerin: Kiran Virmani[2]
Gründungsdatum: 4. November 1953[3]
Mitgliederzahl: 4130: 97 % Einzelmitglieder, 3 % Wirtschafts­verbände und Unternehmen[4]
Sitz: Bonn, DeutschlandDeutschland Deutschland
Website: www.dge.de
Sitz der DGE in Bonn, Godesberger Allee 18

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) ist eine unabhängige wissenschaftliche deutsche Fachgesellschaft in der Rechtsform eines gemeinnützigen eingetragenen Vereins. Sie ist nach ihrer Satzung[5] dem Gemeinwohl und der Wissenschaft verpflichtet und verfolgt vor allem zwei Ziele: Förderung, Auswertung und Publikation ernährungswissenschaftlicher Forschung sowie Ernährungsberatung und -aufklärung im Dienste der Gesundheit der Bevölkerung. Die DGE fördert die vollwertige Ernährung. Sie stellt Forschungsbedarf in ernährungsrelevanten Fragen fest, sammelt Ergebnisse, wertet sie aus und macht sie öffentlich. Die DGE gibt Empfehlungen, Leitlinien und Stellungnahmen anhand wissenschaftlicher Forschung heraus. Sie veranstaltet wissenschaftliche Tagungen, Seminare und Lehrgänge.

Ihr Publikationsorgan ist seit 1954 die Ernährungs-Umschau. Die Fachzeitschrift erscheint monatlich und wendet sich mit aktuellen Ergebnissen wissenschaftlicher Untersuchungen sowohl an Forscher als auch Ernährungsfachkräfte. Das ebenfalls monatlich erscheinende Journal Annals of Nutrition and Metabolism[6] ist das englischsprachige Organ der DGE. Alle DGE-Mitglieder erhalten die Online-Ausgabe kostenfrei. Eine ihrer Richtlinien sind die 10 Regeln der DGE, die seit 1956 mehrfach überarbeitet und verändert wurden.

Die Gesellschaft wurde 1953 gegründet. Sie wird zu etwa 70 Prozent von Bund und Ländern über öffentliche Mittel finanziert. Die restlichen 30 Prozent werden durch eigene Einnahmen, Gebühren für Schriften und Medien, Beratungen und Lehrgänge sowie Mitgliedsbeiträge gedeckt.

Ihren Sitz hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung im Gebäude der ehemaligen Ständigen Vertretung der DDR im Bonner Ortsteil Plittersdorf.

Geschichte

Die Ernährungswissenschaft wurde während des Nationalsozialismus durch die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsforschung (DGEF, 1935–1945) vertreten, die als Vorgängerorganisation der DGE anzusehen ist. Die DGEF unterstand dem Reichsgesundheitsamt und sah ihre Aufgabe in der „Stärkung des Volkskörpers“, der „Politikberatung“ und der „Volksaufklärung“. Sie wollte die Gesundheit des Volkes durch Ernährung verbessern. Gleichzeitig sollte sie als gleichgeschaltete Fachgesellschaft politische Strategien des Regimes wissenschaftlich untermauern und bei der Umsetzung unterstützen.[7] Nach Ende des Krieges stellte die DGEF ihre Aktivitäten ein.

1953 wurde die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) als gemeinsame Organisation mehrerer Vereinigungen und Vereine gegründet, die sich mit dem Themenbereich Ernährung und Gesundheit beschäftigten. Diese Vereinigungen wurden gleichzeitig kooptierte Mitglieder und deren Vorsitzende automatisch Mitglieder des Vorstands. Die Satzung wurde am 4. November 1953 verabschiedet, die erste offizielle Mitgliederversammlung fand am 4. März 1954 in Mainz statt.

Die Gründer der DGE (unter anderem Heinrich Kraut) verschwiegen die nationalsozialistische Vorgängerorganisation DGEF. Es gab keine Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit. In der Satzung von 1953 wird als wichtiges Ziel genannt, die „Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Bevölkerung durch Anleitung zu richtiger und vollwertiger Ernährung zu erhalten und zu steigern.“

Zum ersten Vorstand der DGE gehörten u. a. Hermann Ertel, Erich Grafe, Louis Grote, Wilhelm Heupke, Heinrich Kraut und Franz Wirz. Erster Präsident war Heupke, der jedoch bereits vor der ersten Mitgliederversammlung zurücktrat und auch aus der DGE ausschied. Sein Nachfolger wurde Grafe, 1956 folgte Kraut[8] und 1958 Kühnau, der die DGE bis 1964 leitete.

Organisation

Die Mitgliederversammlung der DGE ist das oberste Organ, das das Wissenschaftliche Präsidium und den Verwaltungsrat wählt. Das Wissenschaftliche Präsidium erarbeitet vor allem Positionen und stellt fest, in welchen Bereichen der Ernährung Forschungsbedarf besteht. Der Verwaltungsrat überwacht und bestellt die Geschäftsführung, prüft den Jahresabschluss und genehmigt den Arbeitsplan der DGE. In der Öffentlichkeit wird die DGE durch die Geschäftsführung repräsentiert, die die fachlichen Aufgaben der DGE initiiert und koordiniert. Die DGE unterhält eine Hauptgeschäftsstelle mit ca. 80 Mitarbeitern in Bonn. Ihre Fachreferate gliedern sich in die folgenden Bereiche: Wissenschaft, Fachmedien/Sektionskoordination, Fortbildung, Gemeinschaftsverpflegung und Qualitätssicherung und Öffentlichkeitsarbeit sowie das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderte Projekt IN FORM in der Gemeinschaftsverpflegung. Seit 2015 zählen auch die Projekte Diet-Body-Brain (DietBB)[9] und Geprüfte IN FORM-Rezepte[10] sowie das EU-Projekt JANPA[11] zur DGE. Die Inneren Dienste in der Hauptgeschäftsstelle sind für administrative und finanzielle Belange der DGE zuständig. Darüber hinaus arbeitet die DGE eng mit Vernetzungsstellen und Sektionen in verschiedenen Bundesländern zusammen.

Auf Länderebene ist die DGE durch Sektionen in den Bundesländern Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen vertreten. Sie tragen das Fachwissen der DGE in ihre regionalen Netzwerke und informieren zu Ernährungsfragen, beraten und organisieren Fachtagungen und Fortbildungsseminare für Multiplikatoren.

Wissenschafts- und Journalistenpreise

Hans Adolf Krebs-Preis (seit 1981)

Alle vier Jahre vergibt die DGE den Hans-Adolf-Krebs-Preis für besondere Leistungen in der Grundlagenforschung. Er prämiert wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit generellen Fragen zur Ernährungs- oder Lebensmittelwissenschaft und ihrer ernährungsphysiologischen Bedeutung auseinandersetzen. Der Wissenschaftspreis ist mit 5000 Euro dotiert.

Max Rubner-Preis (seit 1979)

Gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin vergibt die DGE alle vier Jahre den Max-Rubner-Preis für hervorragende wissenschaftliche Untersuchungen im Bereich der Ernährungstherapie oder der Prävention ernährungsmitbedingter Krankheiten. Er ist mit 5000 Euro dotiert. Beide Preise stellt die Stiftung zur Förderung der DGE zur Verfügung.

Journalisten-Preis (seit 1990)

Die DGE vergibt jährlich einen Preis an Journalisten der Publikumsmedien in den Kategorien Tages- und Wochenzeitungen, Publikumszeitschriften, Hörfunk, TV und Internet für besonderes Engagement in der Ernährungsaufklärung. Der Preis ist für jeden der genannten Medienbereiche mit 2000 Euro dotiert.

Ernährungsempfehlungen

Ernährungskreis

Der Ernährungskreis der DGE ist ein 1956 entwickeltes grafisches Schema für die von ihr vertretene vollwertige Ernährung. Dem Beispiel der Lebensmittelpyramide des USDA folgend, wurden in den 1990er Jahren angepasste Empfehlungen veröffentlicht.[12] 2005 wurde aufgrund neuer Erkenntnisse in der Ernährungswissenschaft (z. B. Nurses’ Health Study) eine dreidimensionale Pyramide als Präsentationsform gewählt um quantitative und qualitative Empfehlungen getrennt voneinander deutlich machen zu können.[13] Zentrum dieser neuesten Empfehlung bildet wieder der Ernährungskreis. Verschiedene Gruppen von Lebensmitteln werden in einem Kreis, jeweils mit ihrem empfohlenen Anteil an der Gesamternährung, symbolhaft durch Vertreter der Lebensmittelgruppen dargestellt. Seit 2003 symbolisiert ein Glas Wasser in der Mitte des Kreises die tägliche empfohlene Menge an Getränken, die konsumiert werden soll.

Der DGE-Ernährungskreis zeigt den Weg zu einer gesundheitsfördernden und vollwertigen Ernährung. Er unterteilt das Lebensmittelangebot in sieben Gruppen:

Lebensmittelgruppen
1 Getreide, Getreideerzeugnisse, Kartoffeln
2 Gemüse, Salate
3 Obst
4 Milch, Milchprodukte
5 Fleisch, Wurst, Fisch, Eier
6 Fette, Öle
7 Getränke

Bei Beachtung dieser Vorgaben setzt sich die tägliche Energieaufnahme wie folgt zusammen: 30 bis 35 Prozent Fette, zehn bis 15 Prozent Eiweiß, 55 bis 60 Prozent Kohlenhydrate. Je größer ein Kreissegment ist, desto größere Mengen sollten aus der Gruppe verzehrt werden. Lebensmittel aus kleinen Segmenten sollten dagegen sparsam verwendet werden. Für eine abwechslungsreiche Ernährung empfiehlt die DGE sich aus der Lebensmittelvielfalt der einzelnen Gruppen zu bedienen. Ist die Zusammenstellung an einem Tag nicht ausgewogen, kann dies an den folgenden Tagen ausgeglichen werden. Auf die Wochenbilanz kommt es an.

Eine Studie über die Effektivität dieser komplexen 3D-Präsentation bei der Vermittlung von Empfehlungen wurde durchgeführt und ergab im Mittel aus 42 Probanden 80 % korrekte Antworten zu der Pyramide.[14]

10 Regeln der DGE

Seit 1956 formuliert die DGE in den 10 Regeln der DGE, wie sich jeder genussvoll und zugleich gesund erhaltend ernähren kann. Die Regeln werden auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse formuliert und gelten für jedes Alter, mit Ausnahme von Säuglingen. Zuletzt wurden sie 2017 aktualisiert.[15]

Präsidenten der DGE

Positionierung zur vegetarischen und veganen Ernährungsweise

Die DGE vertritt die Position, dass (ovo)lacto-vegetarische Ernährung als Dauerernährung geeignet sein könne, betont dabei aber die Notwendigkeit einer sorgfältigen Lebensmittelauswahl, besonders für die Ernährung von Kindern.[24] Nach vorliegenden und von der DGE ausgewerteten Studienergebnissen könne Stand April 2016 nicht von einem gesundheitlichen Vorteil der Vegetarier gegenüber sich vergleichbar ernährenden Mischköstlern mit einem geringen Fleischanteil in der Ernährung ausgegangen werden. Allerdings könne angenommen werden, dass eine pflanzenbetonte Ernährungsform – mit oder ohne einen geringen Fleischanteil – gegenüber der derzeit in Deutschland üblichen Ernährung mit einer Risikosenkung für ernährungsmitbedingte Krankheiten verbunden ist.

Bei einer rein pflanzlichen Ernährung ist nach Einschätzung der DGE die ausreichende Versorgung mit bestimmten Nährstoffen nicht oder nur schwer möglich. Der kritischste Nährstoff sei Vitamin B12. Zu den potenziell kritischen Nährstoffen bei veganer Ernährung gehörten außerdem Protein bzw. essentielle Aminosäuren und langkettige Omega-3-Fettsäuren sowie die Vitamine D und Riboflavin sowie die Mineralstoffe Calcium, Eisen, Jod, Zink und Selen. Die DGE empfiehlt vegane Ernährung für Schwangere, Stillende, Säuglinge, Kinder und Jugendliche ausdrücklich nicht. Diese speziellen Bevölkerungsgruppen hätten ein höheres Risiko für Nährstoffdefizite. Wer sich dennoch vegan ernähren möchte, sollte dauerhaft ein Vitamin-B12-Präparat einnehmen, auf eine ausreichende Zufuhr vor allem der kritischen Nährstoffe achten und gegebenenfalls angereicherte Lebensmittel und Supplemente verwenden. Dazu sollte eine Beratung durch eine qualifizierte Ernährungsfachkraft erfolgen und die Versorgung mit kritischen Nährstoffen regelmäßig ärztlich überprüft werden.

Die DGE verweist darauf, dass Lebensmittel, die bei veganer Ernährung konsumiert werden, nicht zwingend ernährungsphysiologisch günstig und gesundheitsfördernd seien. Gemüse, Hülsenfrüchte, Obst, Nüsse, Samen, wertvolle Pflanzenöle und Vollkornprodukte bewertet die DGE als vorteilhaft. Vegane Gerichte oder Lebensmittel, denen hohe Mengen an Zucker, Fetten und Speisesalz zugesetzt wurden, seien hingegen „ernährungsphysiologisch nicht günstig“.[25]

Kritik

Fragwürdige Ernährungsempfehlungen

Von den Ökotrophologen Ulrike Gonder und Nicolai Worm wurde Kritik an der DGE bezüglich ihrer Kompetenz und Glaubwürdigkeit geäußert. Wegen teilweise fragwürdiger und nicht ausreichend belegter Empfehlungen für oder gegen bestimmte Ernährungsweisen und Nahrungsmittel wurde der Vorwurf der Steuergeldverschwendung erhoben.[26]

Autoren des Recherchezentrums Correctiv kritisierten im September 2021, dass die DGE einen als umweltschädlich bewerteten Milchkonsum fördere. Die DGE empfehle in ihren zehn Regeln der vollwertigen Ernährung nicht das, „was für unseren Planeten und unsere Gesundheit besser wäre, sondern das, was die Deutschen ohnehin essen“. Die DGE sei nicht frei von Interessenskonflikten. In den Beiräten und Arbeitskreisen ihrer hessischen, thüringischen und niedersächsischen Vereinigungen säßen „Abgesandte von Molkereien“. Auch unter den 130 Wirtschaftsverbänden, Verbänden und Unternehmen, die Mitglieder der DGE sind, fänden sich Firmen aus der Lebensmittelbranche.[27]

Eine 2021 im Rahmen der One-Health-Initiative von Juliana Minetto Gellert Paris u. a. erstellte Studie bewertete die Ernährungsempfehlungen der DGE unter den Aspekten Gesundheit, Umweltschutz und Tierwohl. Verglichen wurde die Durchschnittsernährung in Nordrhein-Westfalen („Referenzdiät“) mit der DGE-Empfehlung, einer mediterranen Ernährung und einer veganen Ernährung. Nach Bewertung durch die Autoren wäre jede der drei alternativen Ernährungsformen aus der One-Health-Perspektive nachhaltig von Vorteil. Bezüglich Umweltfolgen schnitt die vegane Ernährung meist am besten ab, gefolgt von der mediterranen Ernährung. Nur der Wasserverbrauch beider Ernährungsweisen war höher als bei der DGE-Empfehlung. In Sachen Tierwohl bewerteten die Autoren die mediterrane Ernährung am schlechtesten. Dabei gingen sie davon aus, dass das üblicherweise konsumierte Fleisch komplett durch Fisch ersetzt wird. Da Fische und Meeresfrüchte deutlich kleiner sind als etwa Kühe oder Schweine, würden unter der mediterranen Ernährung erheblich mehr Tiere leiden als bei den anderen beiden Ernährungsweisen. Im Hinblick auf die menschliche Gesundheit bewerteten die Autoren vegane und mediterrane Ernährung besser als die DGE-Empfehlung.[28][29]

Die Regierungsparteien verständigten sich im Koalitionsvertrag von 2021, „die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung“ zu aktualisieren.[30]

Auseinandersetzung mit Vorgeschichte

Die Historikerin Ulrike Thoms und der Buchautor Jörg Melzer wiesen darauf hin, dass in der DGE in der Anfangsphase eine Reihe von Personen in leitenden Funktionen aktiv waren, die bereits in der Zeit des Nationalsozialismus mit Ernährungsfragen befasst waren und teilweise mit der Regierung zusammengearbeitet hatten. Melzer spricht von „personeller Kontinuität“. Auch der Name der DGE erinnere an die in der NS-Zeit tätige und 1935 gegründete Deutsche Gesellschaft für Ernährungsforschung (DGEF).[8] Im Jahr 2006 warf Thoms der DGE öffentlich vor, sich nie von ihrer Vorläuferorganisation distanziert zu haben. „Weder die Existenz einer gleichnamigen Vorgängergesellschaft noch die Tatsache der weitgehenden Identität ihrer Mitglieder vor und nach 1945 wird auch nur erwähnt.“[31] Man könne die DGE durchaus als Nachfolgeorganisation ihres nationalsozialistischen Vorgängers auffassen.[31] Der Begriff „vollwertige Ernährung“ wurde bereits in der NS-Zeit verwendet, vor allem von Werner Kollath.

„Bis heute hat sich die DGE mit ihrer Vorgeschichte im Nationalsozialismus nicht auseinandergesetzt. Weder der persönliche Briefverkehr Krauts noch die ersten Publikationen der DGE, allen voran in der von ihr seit 1954 herausgegebenen Zeitschrift Ernährungs-Umschau, lassen eine inhaltliche Abwendung von den früheren inhaltlichen Ansätzen der Ernährungsforschung erkennen.“

Ulrike Thoms: Einbruch, Aufbruch, Durchbruch? Ernährungsforschung in Deutschland vor und nach 1945[31]

In der Ernährungs-Umschau 11/2016 setzte sich die DGE mit ihrer Vergangenheit auseinander. Sie erkannte die DGEF als ihre Vorgängerorganisation an: „Die DGE verurteilt, dass sich ihre Vorgängerin, die DGEF, vom Nationalsozialismus instrumentalisieren ließ und als willfähriger Helfer in der Umsetzung einer verbrecherischen Ideologie agierte. […] Die DGE bedauert, dass personelle und inhaltliche Kontinuitäten bei ihrer Gründung nicht thematisiert und kritisch reflektiert wurden. Die kritische Betrachtung der Rolle der Ernährungswissenschaft im nationalsozialistischen Deutschland ist auch heute noch nötig; sie darf nicht in Vergessenheit geraten.“[32]

Diese Stellungnahme wurde vom Historiker Uwe Spiekermann kritisiert, der schon 2000 auf die bis in die 1970er Jahre gehende Kontinuität der nationalsozialistischen Funktionseliten in der DGE hingewiesen hatte. Die vermeintliche Aufarbeitung sei unzureichend, zumal hierbei abermals die Gründung der DGE als Nachfolgeorganisation der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsforschung als „notwendiger Neuanfang“ verbrämt und „die Illusion einer Ideologiefreien Fachgesellschaft gehegt“ würde.[33]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. dge.de
  2. dge.de
  3. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung feiert ihren 55. Geburtstag
  4. DGE.de: dge.de
  5. Satzung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. Stand vom Bonn, 9. September 2013.
  6. Annals of Nutrition and Metabolism, Karger Verlag
  7. Hans-Georg Joost, Helmut Heseker: Aufarbeitung: Geschichte der deutschen ernährungswissenschaftlichen Gesellschaften DGEF und DGE. (PDF) 2016, abgerufen im Januar 2018.
  8. a b Jörg Martin Melzer: Vollwerternährung: Diätetik, Naturheilkunde, Nationalsozialismus. Stuttgart 2003, S. 291.
  9. http://www.diet-body-brain.de/. Aufgerufen am 28. Juli 2017.
  10. Geprüfte IN FORM-Rezepte. dge.de.
  11. janpa.eu. Abgerufen am 28. Juli 2017.
  12. Vollwertig Essen und Trinken nach den 10 Regeln der DGE. (Nicht mehr online verfügbar.) DGE, 2. Juni 2002, archiviert vom Original am 2. Juni 2002; abgerufen am 26. Januar 2011.
  13. Peter Stehle et al.: Grafische Umsetzung von Ernährungsrichtlinien – traditionelle und neue Ansätze. Hrsg.: Ernährungsumschau. Vol. 4, 2005, S. 128–135 (dge.de [PDF; abgerufen am 21. Januar 2011]).
  14. Evaluationsstudie zum Einsatz und Nutzen der Dreidimensionalen Lebensmittelpyramide in der Ernährungsbildung und -beratung (Peer-Review-Verfahren) – Universität Flensburg, Ulrike Johannsen u. a. (12. August 2009).
  15. DGE: PM DGE. In: PM DGE 08/2017. DGE, 29. August 2017, abgerufen am 8. September 2017.
  16. a b c d e f g h i j k l m n o p Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.): 50 Jahre DGE-Ernährungswissen im Wandel der Zeit. 1. Auflage, Bonn 2003, S. 22–23.
  17. Anerkannter Ernährungswissenschaftler: Prof. Günther Wolfram feiert 65. Geburtstag. In: www.uni-protokolle.de. Abgerufen am 11. Dezember 2020.
  18. Archivlink (Memento vom 5. April 2010 im Internet Archive)
  19. Helmut Heseker neuer Präsident der DGE. In: www.dge.de. Abgerufen am 11. Dezember 2020.
  20. Archivlink (Memento vom 24. Januar 2013 im Internet Archive)
  21. Präsidium der DGE neu gewählt. In: www.dge.de. Abgerufen am 11. Dezember 2020.
  22. DGE mit neuem Präsidium. In: www.dge.de. Abgerufen am 11. Dezember 2020.
  23. DGE wählt Präsidium. Abgerufen am 23. März 2020.
  24. Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.: Ist vegetarische Ernährung für Kinder geeignet? In: DGE-aktuell 14/98. 21. Juli 1998. Im Webarchiv (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive) (Abgerufen am: 15. April 2016)
  25. Margrit Richter, Heiner Boeing, Dorle Grünewald-Funk, Helmut Heseker, Anja Kroke, Eva Leschik-Bonnet, Helmut Oberritter, Daniela Strohm, Bernhard Watzl für die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE): Vegane Ernährung – Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). In: Ernaehrungs Umschau international. 63(04), S. 92–102, doi:10.4455/eu.2016.021.
  26. Hans-Werner Loose: Kritik an Ernährungsberatung – Wissenschaftler hinterfragen Deutsche Gesellschaft für Ernährung. In: Die Welt. 6. September 1999. Onlineversion
  27. Die Milchlobby: Wie unsere Milch dem Klima und der Umwelt schadet. In: correctiv.org. 21. September 2021, abgerufen am 8. November 2021 (deutsch).
  28. Juliana Minetto Gellert Paris, Timo Falkenberg, Ute Nöthlings, Christine Heinzel, Christian Borgemeister, Neus Escobar: Changing dietary patterns is necessary to improve the sustainability of Western diets from a One Health perspective. In: Science of The Total Environment. 6. November 2021, ISSN 0048-9697, S. 151437, doi:10.1016/j.scitotenv.2021.151437 (sciencedirect.com [abgerufen am 1. Januar 2022]).
  29. Fleischarme Kost hat viele Vorteile. Abgerufen am 1. Januar 2022.
  30. KOALITIONSVERTRAG ZWISCHEN SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN UND FDP: Mehr Fortschritt wagen, Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. 2021, S. 45 (spd.de [PDF]).
  31. a b c Ulrike Thoms: Einbruch, Aufbruch, Durchbruch? Ernährungsforschung in Deutschland vor und nach 1945. In: Rüdiger vom Bruch u. a. (Hrsg.): Kontinuitäten und Diskontinuitäten in der Wissenschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts. 2006, S. 123 f.
  32. Hans-Georg Joost, Helmut Heseker: Aufarbeitung: Geschichte der deutschen ernährungswissenschaftlichen Gesellschaften DGEF und DGE. (PDF) November 2016, abgerufen im Januar 2018.
  33. Uwe Spiekermann: Künstliche Kost. Ernährung in Deutschland, 1840 bis heute. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2018, ISBN 978-3-525-31719-8, S. 708.